Gründe:
Der Antrag der Antragstellerin,
1. den Beschluss des Antragsgegners vom 19. September 2019 über eine "Richtlinie über die Ausstattung der stationären Einrichtungen
der Psychiatrie und Psychosomatik mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal gemäß §
136a Abs.
2 Satz 1
SGB V (Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie/PPP-RL)", soweit er gemäß §
2 Abs. 2 PPP-RL von einer grundsätzlichen Unzulässigkeit der Leistungserbringung ausgeht, wenn die in § 6 der PPP-RL geregelten
verbindlichen Mindestvorgaben nicht erfüllt werden, vorläufig, bis zur Entscheidung in der Hauptsache, auszusetzen,
hilfsweise
2. den Antragsgegner zu verpflichten, seinen Beschluss vom 19. September 2019 über die Ausstattung der stationären Einrichtungen
der Psychiatrie und Psychosomatik mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal gemäß §
136a Abs.
2 Satz 1
SGB V (Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie/PPP-RL) vorläufig, bis zur Entscheidung in der Hauptsache,
auszusetzen,
hat keinen Erfolg.
A. Für die Streitigkeit ist der Senat erstinstanzlich zuständig. Der Eilantrag und die Klage richten sich unmittelbar gegen
eine Richtlinie des Antragsgegners i.S. des §
29 Abs.
4 Nr.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG), nämlich gegen die Richtlinie zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-RL) vom 19. September 2019 (Bekanntmachung
durch das Bundesministerium für Gesundheit im BAnz AT 31.12.2019 B6, Richtlinie nach §§ 136a i.V.m. §
136 i.V.m. §
92 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch,
SGB V). Sie ist am 01. Januar 2020 in Kraft getreten.
B. Der Antrag ist nicht zulässig. Er ist als solcher auf Erlass einer Regelungsanordnung nach §
86b Abs.
2 SGG gerichtet und statthaft. Der Senat hat bereits entschieden, dass vorläufiger Rechtsschutz gegenüber den Richtlinien des Antragsgegners
zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes eröffnet ist, wenn das durch den Eilrechtsschutz zu sichernde Hauptsacheverfahren
auf Überprüfung einer Norm in Gestalt der Feststellungsklage gerichtet ist (Beschluss vom 26.01.2011 - L 7 KA 79/10 KL ER).
Der Antrag ist aber unzulässig, denn es fehlt der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis für eine vorläufige gerichtliche
Regelung. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht dann, wenn die Antragstellerin durch die erstrebte gerichtliche Entscheidung einen
rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil erlangen könnte, den sie ohne gerichtliche Hilfe nicht erhielte. Dahinter steht der
Gedanke, dass niemand die Gerichte ohne Grund in Anspruch nehmen soll. Für die Antragstellerin besteht ein Erfordernis für
eine vorläufige gerichtliche Regelung nicht. Sie unterliegt zwar als zugelassenes Krankenhaus i.S. von §
108 SGB V seit 01. Januar 2020 den qualitativen Vorgaben der PPP-RL des Antragsgegners (§ 1 Abs. 2 PPP-RL). Als Krankenhaus wird sie
auch zur Beachtung von (personellen) Mindestvorgaben für die Behandlung der näher bezeichneten Patientinnen und Patienten
verpflichtet (§ 2 Abs. 2 PPP-RL). Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Erfüllung der Mindestvorgabe ist aber für die Antragstellerin
allein ein Vergütungsverlust. Ein Leistungserbringungsverbot ergibt sich aus § 2 Abs. 2 der PPP-RL hingegen nicht und wird
vom Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin auch nicht behauptet.
§ 2 Abs. 2 der PPP-RL bestimmt:
"Die Behandlung der den Behandlungsbereichen gemäß § 3 i.V.m. Anlage 2 zugeordneten Patientinnen und Patienten ist nach Maßgabe
der folgenden Regelungen dieser Richtlinie nur zulässig, wenn die in § 6 geregelten verbindlichen Mindestvorgaben erfüllt
werden."
Die Ermittlung der Mindestvorgaben bestimmt § 6 PPP-RL, wonach für jede in § 5 festgelegte Berufsgruppe je nach Behandlungsbereich
die in Anlage 1 bestimmten Minutenzeitwerte je Patient/Patientin mit der Anzahl der Behandlungswochen je Behandlungsbereich
multipliziert und danach in Stunden umgerechnet werden (§ 6 Abs. 1 bis 4, Abs. 5 PPP-RL).
Zwar könnte der reine Wortlaut von § 2 Abs. 2 PPP-RL mit der Verwendung eines Konditionalsatzes für die Auffassung der Antragstellerin
angeführt werden, dass eine Leistung ohne die Mindestvorgaben von einem Krankenhaus schon nicht erbracht werden darf (" ...Behandlung
nur zulässig , wenn "). Allerdings verweist § 2 Abs. 2 PPP-RL selbst auch auf die folgenden Regelungen der PPP-RL. Jedenfalls
sind die "Folgen bei Nichteinhaltung der Mindestvorgaben" in einer nachfolgenden Regelung, nämlich § 13 PPP-RL, bestimmt.
Das ergibt sich aus der Überschrift und der Regelungsanordnung. § 13 Abs. 3 bestimmt:
"Die Mindestvorgaben sind gemäß § 2 Abs. 5 quartalsbezogen in den Einrichtungen einzuhalten. Ein Ausgleich über einzelne Wochen
des Quartals ist möglich, soweit die Mindestvorgaben in der Einrichtung im gesamten Quartal im Durchschnitt erfüllt werden.
Bei Nichterfüllung gemäß § 7 Abs. 4 liegt die Nichterfüllung für die Berufsgruppe innerhalb der Einrichtung vor, bei der der
Umsetzungsgrad unter 100 Prozent liegt. Bei einer Nichterfüllung der Mindestanforderungen entfällt der Vergütungsanspruch
des Krankenhauses gemäß §
136 Abs.
1 Nr.
2 i.V.m. §
137 Abs.
1 SGB V. Die Berechnung der konkreten Höhe des Wegfalls des Vergütungsanspruchs wird bis zum 30. Juni 2020 durch den GBA beschlossen."
Die Rechtsfolge ist nach § 13 Abs. 3 Satz 4 allein der Vergütungsverlust, ein Verbot der Leistungserbringung ordnet die Bestimmung
gerade nicht an.
Selbst ein solcher Vergütungsverlust droht der Antragstellerin aber derzeit nicht, auch wenn sie nach eigenen Angaben die
Einhaltung der personellen Mindestvorgaben nicht nachweisen kann. § 16 Abs. 2 PPP-RL setzt als Übergangsregelung "die Vorgaben
bei Nichteinhaltung der Mindestvorgaben gemäß § 13 PPP-RL", damit die Rechtsfolge des Vergütungsverlustes, für das Jahr 2020
aus.
§ 16 PPP-RL bestimmt "Übergangsregelungen" wie folgt:
"(1) Die Mindestvorgaben nach § 6 müssen ab dem 01. Januar 2024 erfüllt werden. Für die Übergangszeit gilt folgendes gestuftes
Verfahren:
1. Die Mindestmengenvorgaben müssen ab dem 01. Januar 2020 zu 85 Prozent erfüllt sein. 2. Die Mindestmengenvorgaben müssen
ab dem 01. Januar 2022 zu 90 Prozent erfüllt sein.
(2) Die Vorgaben bei Nichteinhaltung der Mindestvorgaben gemäß § 13 finden erst ab dem 01. Januar 2021 Anwendung. [.] (5)
Abweichend von § 11 Abs. 2 sind die Nachweise für das Jahr 2020 bis zum 30. April 2021 in elektronischer Form [.] an das IQTIG
zu übermitteln."
Im Jahr 2020 droht der Antragstellerin entsprechend der klaren Übergangsregelung des § 16 Abs. 2 PPP-RL kein Vergütungsverlust,
wenn sie Leistungen erbringt, ohne dabei die Mindestvorgaben gemäß § 2 PPP-RL i.V.m. § 6 PPP-RL einzuhalten.
Dieses systematische Ergebnis wird bestätigt durch die Tragenden Gründe zum Beschluss des Antragsgegners vom 19. September
2019:
"Die Folge bei Nichterfüllung der Mindestanforderung ist gemäß den Vorgaben des Bundesgesetzgebers in den §§ 137 Abs. 1 Satz
3 Nr. 2,
136a Abs.
2 Satz 2,
136 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB V i.V.m. der ausdrücklichen Festlegung des GBA in §
5 Abs. 2 Nr. 1 der Qualitätsförderungs- und Durchsetzungs-Richtlinie (QFD-RL) der Wegfall des Vergütungsanspruchs. Die Sanktionen
werden für das Jahr 2020 ausgesetzt." (Tragende Gründe unter 2., S. 4 sowie zu § 13 Abs. 3 auf S. 25)
"Die Vorgaben bei Nichteinhaltung der Mindestvorgaben finden erst ab dem Jahr 2021 Anwendung, da die Spezifikation zur Erfassung
der Daten frühestens zum Herbst 2020 vorliegen wird." (Tragende Gründe zu § 16 Abs. 2, S. 27).
Letzte Zweifel an der Berechtigung zur Leistung hat der Antragsgegner schließlich jüngst in seinem Beschluss vom 27. März
2020 zur Aussetzung der Nachweispflichten des § 11 PPP-RL (BAnz AT 08.04.2012 B4) beseitigt. Ausweislich der Tragenden Gründe
des Beschlusses ist die Nichterfüllung der Mindestvorgaben im Jahr 2020 sanktionsfrei und die Leistungserbringung für die
Krankenhäuser bis zum Ablauf des Jahres auch zulässig (Tragende Gründe zum Beschluss, 2. Eckpunkte der Entscheidung, S. 3).
Ist die Leistungserbringung gemäß der PPP-RL zulässig, steht dies einer nach Landesrecht (NPsychKG) vorgesehenen Unterbringung
mit Freiheitsentziehung in einer dazu verpflichteten psychiatrischen Einrichtung, wie sie die Antragstellerin betreibt, nicht
entgegen. Wirtschaftliche Nachteile in Gestalt von Schadensersatzansprüchen hat die Antragstellerin daher im Hinblick auf
die Nichteinhaltung der Mindestvorgaben der PPP-RL bei allfälligen Unterbringungen nicht zu gewärtigen.
Dass § 2 Abs. 2 PPP-RL selbst nicht durch Übergangsrecht oder kraft Beschluss des Antragsgegners ausgesetzt ist, beschwert
die Antragstellerin auch im Übrigen derzeit nicht. Gemäß dem oben genannten Beschluss des Antragsgegners vom 27. März 2020
über die Änderung u.a. der PPP-RL sind auch die in § 11 PPP-RL geregelten Nachweispflichten für das Krankenhaus für die Erfüllung
der Mindestvorgaben bis zum 31. Dezember 2020 ausgesetzt (Ziff. VI des Beschlusses). Die Antragstellerin ist derzeit davon
befreit, die erforderlichen Nachweise und Dokumentationen zu erstellen und vorzuhalten.
Nach alldem würde eine stattgebende Entscheidung des Senates die Rechtsstellung der Antragstellerin sowohl bei Berücksichtigung
des Haupt- wie des Hilfsantrags nicht verbessern.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).