Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers in der Arbeitslosenversicherung.
Der im Februar 1944 geborene Kläger war vom 1. Juni 1990 bis zum 5. Mai 1994 Wahlbeamter des Landkreises P/U im Amt eines
Beigeordneten des Landkreises. Ab 6. Mai 1994 beschäftigte ihn der Landkreis U als Angestellten. Zusätzlich zu seinem Arbeitsentgelt
aus dieser Beschäftigung stand dem Kläger seit der Beendigung seiner Dienstzeit als kommunaler Wahlbeamter ein Unterhaltsbeitrag
nach beamtenrechtlichen Vorschriften aus eigenem Dienstverhältnis in Höhe von 35% der Besoldungsgruppe A 15 des Bundesbesoldungsgesetzes
zu, auf das seine Einkünfte aus dem Arbeitsverhältnis in Höhe von 60% angerechnet wurden. Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
vor dem Zeitpunkt eines Bezuges einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung standen ihm Versorgungsbezüge in ungekürzter
Höhe zur Verfügung; ein besonderer, insbesondere tarifvertraglicher Kündigungsschutz bestand für ihn bei seiner Beschäftigung
nicht. Er ist privat krankenversichert und beihilfeberechtigt.
Seinen sinngemäßen Antrag auf Feststellung der Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung sowie auf Erstattung
der Arbeitnehmeranteile an den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung vom 16. Juli 2003 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom
28. Juni 2004, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2004, mit der Begründung ab, dass der Status als pensionierter
Beamter nicht zur Beitragsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung führe, wenn der Ruhestandsbeamte eine arbeitslosenversicherungspflichtige
Beschäftigung als Angestellter ausübe. Für die Krankenversicherung sehe §
6 Abs.
1 Nr.
6 des Sozialgesetzbuches/Fünftes Buch (
SGB V) vor, dass Versicherungsfreiheit vorliege, wenn einem Beamten im Ruhestand ein Anspruch auf ein Ruhegehalt zuerkannt sei
und er Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfall nach beamtenrechtlichen Vorschriften habe. Dies gelte nach §
6 Abs.
3 SGB V auch dann, wenn ein Ruhestandsbeamter zusätzlich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehme. Die Arbeitslosenversicherung
kenne hingegen keine dem §
6 Abs.
3 SGB V vergleichbare Vorschrift. In der Arbeitslosenversicherung bestehe Versicherungsfreiheit nur dann, wenn eine der in § 169 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bzw. §
27 Abs.
1 Sozialgesetzbuch/Drittes Buch (
SGB III) genannten Voraussetzungen vorliege. Die Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung beziehe sich danach nur auf
eine Beschäftigung als Beamter bzw. Ruhestandsbeamter.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Neuruppin nach Beiladung der Bundesagentur für Arbeit mit Gerichtsbescheid
vom 20. Juni 2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Nach §
27 Abs.
1 Nr.
1 SGB III seien Personen nur in einer Beschäftigung als Beamte versicherungsfrei, nicht hingegen in einer Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der Systematik des §
27 Abs.
1 SGB III sei jeweils die konkrete Beschäftigung maßgebend. Die Versicherungsfreiheit nach §
27 Abs.
1 Nr.
1 SGB III beziehe sich deshalb nicht auf weitere Beschäftigungen einer der in §
27 Abs.
1 Nr.
1 SGB III genannten Personen. Erst Recht könne eine nicht mehr ausgeübte Beschäftigung nicht zur Versicherungsfreiheit einer nunmehr
ausgeübten Beschäftigung führen. Eine Befreiung des Klägers von den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung wäre auch sachlich
nicht gerechtfertigt. Als Arbeitnehmer beschäftigte Ruhegehaltsempfänger nähmen die Beratungs- und Vermittlungsdienste der
Beigeladenen, vor allem auch Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung in gleicher Weise in Anspruch wie sonstige
Arbeitnehmer. Zudem gebe es keine Gründe, warum die Beschäftigung von Ruhegehaltsempfängern für öffentliche Dienstherrn durch
Wegfall der nach §
346 SGB III von Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte zu entrichtenden Arbeitslosenversicherungsbeiträge günstiger sein solle als
die Beschäftigung der mit ihnen auf dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz stehenden sonstigen Arbeitnehmern.
Gegen den ihm am 22. Juni 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am selben Tag Berufung eingelegt, mit der er sein
Begehren auf Feststellung der Versicherungsfreiheit seiner Beschäftigung als Angestellter beim Landkreis P/U in der Arbeitslosenversicherung
sowie auf Erstattung der von ihm gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung weiterverfolgt. Er ist der Auffassung, dass
er nach §
27 Abs.
1 Nr.
1 SGB III versicherungsfrei beschäftigt sei, weil bei ihm auf Grund seiner beamtenrechtlichen Ansprüche auf Zahlung eines Unterhaltsbetrages
im Falle von Arbeitslosigkeit kein Sicherungsbedürfnis gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit bestehe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 20. Juni 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2004 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2004 aufzuheben und festzustellen, dass er in seiner Beschäftigung
für den Landkreis U seit dem Mai 1994 in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei war und die Beklagte zu verurteilen,
ihm seine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung rückwirkend für vier Jahre seit dem 16. Juli 2003 zu erstatten,
hilfsweise,
die Beigeladene zu verurteilen, ihm seine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung rückwirkend für vier Jahre seit dem 16. Juli
2003 zu erstatten,
weiter hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Der Kläger sei nicht als Beamter, sondern als Angestellter beschäftigt.
Angestellte gehörten aber gerade nicht zu den Personen, für die der Gesetzgeber Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung
vorgesehen habe. Deshalb komme es nicht darauf an, dass der Kläger als Ruhestandsbeamter Anspruch auf Unterhaltsleistungen
erworben habe und beihilfeberechtigt sei.
Die Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht zur Sache geäußert und keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge
der Beklagten Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und zum Gegenstand von Beratung und Entscheidung gemacht wurden.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der Besetzung mit dem Vorsitzenden als Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden,
weil die Voraussetzungen des §
105 Abs.
1 und
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) vorliegen und dem Berichterstatter die Entscheidung gemäß §
153 Abs.
5 SGG vom Senat durch Beschluss übertragen worden ist. Der Senat hat über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entschieden,
weil die Beteiligten hiermit einverstanden waren (§
153 Abs.
1 i.V.m. §
124 Abs.
2 SGG).
Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kläger war als Angestellter des Landkreises
P/U nicht versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung beschäftigt. Ihm sind deshalb seine Beiträge seit Juli 2003
von der Beigeladenen zu erstatten. Die dieses Begehren ablehnenden Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen
den Kläger in seinen Rechten. Sie sind ebenso wie der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts aufzuheben.
1.) Nach §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB III sind in der Arbeitslosenversicherung Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung
beschäftigt sind (versicherungspflichtige Beschäftigung). Obwohl der Kläger als Angestellter eines Landkreises grundsätzlich
zu diesem Personenkreis gehörte, war er nach §
27 Abs.
1 Nr.
1 SGB III als ehemaliger Beigeordneter des Landkreises P/U versicherungsfrei.
Nach §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB III sind u.a. Personen in einer Beschäftigung als Beamte oder sonstige Beschäftigte eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer
Gemeinde oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft versicherungsfrei, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder
Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Die Versicherungsfreiheit
in der Arbeitlosenversicherung knüpft damit an diejenige in der Krankenversicherung an. Denn nach §
6 Abs.
1 Nr.
2 SGB V sind Beamte sowie sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen
Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden versicherungsfrei,
wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe
oder Heilfürsorge haben. Nach §
6 Abs.
1 Nr.
6 SGB V sind die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen versicherungsfrei, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche
Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen
haben.
In beiden Vorschriften, sowohl §
6 Abs.
1 Nr.
2 SGB V als auch §
6 Abs.
1 Nr.
6 SGB V, wird mit den Personen, die Ansprüche auf Gehaltsfortzahlung/Ruhegehalt und Beihilfe nach beamtenrechtlichen Vorschriften
oder Grundsätzen haben, ein bestimmter Personenkreis beschrieben, der nach typisierender Betrachtung des Gesetzgebers weder
des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung noch des Schutzes der Arbeitslosenversicherung bedarf. Es handelt sich dabei
um solche Beschäftigte im öffentlichen Dienst, deren soziale Sicherung im Falle der Krankheit typischerweise durch Sondersysteme
gedeckt ist oder bei denen ein bestimmtes Sicherungsbedürfnis wie das der Arbeitslosigkeit auf Grund ihrer gesamten dienstrechtlichen
Stellung typischerweise nicht auftritt. Bestehen Ansprüche auf Gehaltsfortzahlung/Ruhegehalt und Beihilfe nach beamtenrechtlichen
Vorschriften oder Grundsätzen, lässt dies auf eine rechtliche Gesamtsituation schließen, die ein Sicherungsbedürfnis gegen
die Folgen von Arbeitslosigkeit entfallen lässt (BSG, Urteil vom 11. Oktober 2001, - B 12 KR 7/01 R -, zitiert nach juris).
Sowohl §
6 Abs.
1 Nrn. 2 und 6
SGB V als auch der hieran anknüpfende §
27 Abs.
1 Nr.
1 SGB III setzen eine streng statusbezogene Sicherung im Krankheitsfall voraus. Nur die sich gerade aus dem Beamtenverhältnis oder
dem sonstigen Beschäftigtenverhältnis im öffentlichen Dienst ergebende Anwartschaft auf Fortzahlung der Bezüge bzw. Ruhegehalt,
Beihilfe oder Heilfürsorge bei Krankheit kann zur Versicherungsfreiheit führen. Außerdem müssen sie zeitgleich ("aktuell")
mit dem Eintritt des Versicherungsfalles Krankheit bestehen, weil nur dann Raum für einen sachlichen Vorrang der anderweitigen
Absicherung in einem Sondersystem gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung ist (BSG, Urteil vom 29. Juli 2003, - B 12 KR 15/02 R -, zitiert nach juris). Im Hinblick auf diese Voraussetzungen hat das Bundessozialgericht die Versicherungsfreiheit in der
Kranken- und Arbeitslosenversicherung sowohl bei Soldaten, die zur Ausübung einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit
in der Flugsicherung beurlaubt waren und bei Krankheit keinen Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe nach beamtenrechtlichen
Grundsätzen hatten (BSG, Urteil vom 29. Juli 2003, - B 12 KR 15/02 R -, zitiert nach juris) als auch bei Notarassessoren verneint, die zur sozialen Absicherung eine private Krankentagegeldversicherung
abschließen mussten und keinen Anspruch auf Heilfürsorge oder Beihilfe besaßen (BSG, Urteil vom 11. Oktober 2001, - B 12 KR 7/01 R -, zitiert nach juris).
Dagegen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit auch unter Berücksichtigung der vom Bundessozialgericht
in den zitierten Entscheidungen aufgestellten weiteren Anforderungen hier vor. Der Kläger erhielt im Falle der Krankheit -
nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung oder ohne Entgeltfortzahlung sofort - im Hinblick auf seine Beschäftigung
als kommualer Wahlbeamter 1990-94 einen Unterhaltsbeitrag nach beamtenrechtlichen Vorschriften aus eigenem Dienstverhältnis
in Höhe von 35% der Besoldungsgruppe A 15 des Bundesbesoldungsgesetzes unter Beachtung der Grundsätze des Beamtenversorgungsgesetzes.
Nach § 2 Nr. 1 der Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung, die nach § 1 Abs. 1 der Verordnung hier Anwendung findet, erhalten
nämlich kommunale Wahlbeamte im Beitrittsgebiet, die wie der Kläger mindestens eine zweijährige Amtszeit in der ersten Kommunalwahlperiode
zurückgelegt haben, einen Unterhaltsbeitrag bis zur Höhe des Ruhegehalts unter Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen,
wenn sie trotz Bereitschaft zur Weiterführung des Amtes nicht wiedergewählt werden oder nicht wiedergewählt werden können
und bei Ablauf ihrer Amtszeit das fünfzigste Lebensjahr vollendet haben. Damit ist der Kläger nach beamtenrechtlichen Vorschriften
im Falle der Krankheit durch die Fortzahlung eines ungekürzten Unterhaltsbeitrages nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sozial
abgesichert. Außerdem erhält er von seinem Dienstherrn im Krankheitsfall Beihilfe zur Deckung der Krankheits- und Behandlungskosten.
Die Höhe der Zahlung bestimmt sich streng akzessorisch zum beamtenrechtlichen Status des Klägers nach den Bestimmungen des
Beamtenversorgungsrechts. Damit bedarf er auch bei typisierender Betrachtung im Falle der Krankheit weder des Schutzes der
gesetzlichen Krankenversicherung noch bei Verlust seiner Anstellung bei dem ihn beschäftigenden Landkreis des Schutzes der
Arbeitslosenversicherung.
Dem steht schließlich auch nicht entgegen, dass das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 29. Juli 2003 (BSG, Urteil
vom 29. Juli 2003, - B 12 KR 15/02 R -, zitiert nach juris) darauf hingewiesen hat, dass die Vorgängervorschrift des §
27 Abs.
1 Nr.
1 SGB III, § 169 AFG, §
6 Abs.
3 Satz 1
SGB V nicht in Bezug genommen habe, mit der Folge, dass es ausgeschlossen sei, eine bestehende Krankenversicherungs- und damit
auch Beitragsfreiheit in der Beschäftigung als Beamter etc. auf eine gleichzeitige private Beschäftigung zu erstrecken. Denn
der Kläger ist nicht als Beamter und gleichzeitig privat beschäftigt, sondern arbeitet nur als abhängig Beschäftigter auf
Grund eines Arbeitsvertrages aber mit voller beamtenrechtlicher Absicherung im Falle der Krankheit.
Der Kläger war deshalb in seiner Beschäftigung als Angestellter des Landkreises U versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung;
die angefochtenen Bescheide waren deshalb schon aus diesem Grund aufzuheben und die Versicherungsfreiheit gegenüber der Beklagten
und der Beigeladenen festzustellen.
2.) Die Beklagte war im Übrigen zur Bearbeitung des Antrages auf Erstattung der Arbeitnehmerbeiträge zur Arbeitslosenversicherung
nicht zuständig und die Bescheide waren auch aus diesem Grund insoweit (formell) rechtwidrig. Nach §
351 Abs.
2 Nr.
3 SGB III i.V.m. den "Gemeinsamen Grundsätzen für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-,
Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung" ("Gemeinsame Grundsätze") vom 16. November 2005 wäre die Einzugsstelle
für die Bearbeitung nur dann zuständig gewesen, wenn die "Gemeinsamen Grundsätze" - in Übereinstimmung mit §
351 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGB III - keine Zuständigkeit der Beigeladenen bestimmt hätten (Ziffer 4.3.1 Abs. 1 der "Gemeinsamen Grundsätze"). Das ist jedoch
der Fall. Nach Ziffer 4.3.3 b) der "Gemeinsamen Grundsätze" ist für die Entscheidung über die Erstattung zu Unrecht gezahlter
Arbeitslosenversicherungsbeiträge ausschließlich die Beigeladene zuständig, wenn der Erstattungsanspruch ganz oder teilweise
verjährt ist. Dies war hier der Fall, weil der Kläger ursprünglich alle Arbeitnehmerbeiträge seit 1994 erstattet haben wollte.
Er hat erst im Klageverfahren sein Erstattungsbegehren in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beschränkt. Deshalb hätte
die Beigeladene über den Antrag des Klägers auf Erstattung entscheiden müssen.
Das vom Kläger im Berufungsverfahren hilfsweise auch gegenüber dem Beigeladenen geltend gemachte Erstattungsbegehren ist auch
begründet. Der Senat konnte im vorliegenden Verfahren auch darüber entscheiden, ob dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung
gegen die Beigeladene zusteht. Das ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des §
75 Abs.
2 und Abs.
5 SGG.
Nach §
75 Abs.
2 SGG ist, wenn sich im Verfahren ergibt, dass bei der Ablehnung des Anspruchs (gegen den beklagten Versicherungsträger) ein anderer
Versicherungsträger als leistungspflichtig in Betracht kommt, dieser Versicherungsträger beizuladen. Die Bundesagentur für
Arbeit ist hier beigeladen. Nach Beiladung kann ein Versicherungsträger gemäß §
75 Abs.
5 SGG verurteilt werden. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zulässig, ohne dass der beigeladene
Versicherungsträger seinerseits einen Verwaltungsakt erlassen und ein Vorverfahren durchgeführt hat. Wegen der Gleichheit
von Normzweck und Interessenlage zwischen dem gesetzlich ausdrücklich geregelten Fall der Leistungsgewährung und dem hier
vorliegenden Fall der Beitragserstattung ist §
75 Abs.
5 SGG auf letzteren Fall entsprechend anzuwenden (BSG, Urteil vom 5. Mai 1988, - 12 RK 42/87-, zitiert nach juris).
Dementsprechend war die Beigeladene in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Erstattung der Arbeitnehmerbeiträge zur
Arbeitslosenversicherung zu verurteilen. Rechtsgrundlage für diese Entscheidung ist §
26 Abs.
2 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (
SGB IV). Danach sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, daß der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung
des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden
sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von
Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten. Nach §
26 Abs.
3 Satz 1
SGB IV steht der Erstattungsanspruch dem zu, der die Beiträge getragen hat, hier also dem Kläger.
Die Voraussetzungen des Erstattungsanspruch sind nach den obigen Ausführungen gegeben, weil keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge
an die Beigeladene für die aus dem Tenor ersichtliche Zeit der Beschäftigung des Klägers beim Landkreis P/U abzuführen waren.
Diese Beiträge sind nach §
27 Abs.
2 und
3 SGB IV auch nicht verjährt, so dass die Beigeladene in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Erstattung dieser Beiträge zu
verurteilen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt, dass die Beklagte und die Beigeladene, an die sich der Kläger mit seinem Ersttungsbegehren zunächst gewandt
hatte, dem Kläger in gleichem Umfang Veranlassung zur Klage gegeben haben und beide in gleichem Umfang unterlegen sind, der
Kläger hingegen mit seinem Begehren letztlich in vollem Umfang Erfolg hatte.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil keiner der in §
160 Abs.
2 SGG genannten Gründe für eine Zulassung gegeben ist.