Umlagepflicht von Trockenbauunternehmen zur Winterbauumlage
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Pflicht zur Entrichtung der Winterbauumlage.
Der Kläger ist Inhaber der Firma M ...-Fachbetrieb. Seit 1999 führt seine Firma ausschließlich Trockenbauarbeiten aus; die
Gewerbeummeldung für diese Tätigkeit erfolgte zum 1. Mai 2000. Die Firma betreibt den Innenausbau von herzustellenden und
bereits hergestellten Gebäuden, zu 95 % in größeren öffentlichen Objekten wie Krankenhäusern, Pflegeheimen, Schulen und Kulturzentren.
Dort sind durch das Trockenbaugewerk, wenn bestimmte bauklimatische und konstruktive Bedingungen vorhanden sind, abgehängte
Decken und Unterdecken aus Gipskarton sowie Ständerwandsysteme aus Gipskartonbeplankung einzubauen. Voraussetzung für die
Erstellung der Innenwandsysteme ist die geschlossene und beheizbare Gebäudehülle mit eingebauten Fenstern und fertiggestellten
Fußböden, das heißt Estrich. Diese Tätigkeiten finden in der Regel nach der durchgeführten Raumtrocknung unter den in der
DIN 18 340 festgelegten Voraussetzungen statt.
Der Kläger ist Mitglied der Bau-Berufsgenossenschaft Bayern-Sachsen und seit dem 1. Juni 2004 Mitglied der Bundesweiten Interessengemeinschaft
Trockenbau e. V. (BIG Trockenbau).
Mit Bescheid vom 10. Mai 2004 verpflichtete die Beklagte den Kläger zur Entrichtung von Winterbauumlage gemäß §
354 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) in Verbindung mit der Verordnung über die Umlage zur Aufbringung der Mittel für das Wintergeld und das Winterausfallgeld
(Winterbau-Umlageverordnung) vom 13. Juli 1972 (BGBl. I S. 1201; zuletzt geändert durch Artikel 21 des Gesetzes vom 23. Juli 2004 [BGBl. I S. 1842]; aufgehoben durch § 10 der Verordnung
vom 26. April 2006 [BGBl. I S. 1086]) für den Zeitraum von Dezember 1999 bis Dezember 2003 in Höhe von 29.400,00 EUR zuzüglich
51,13 EUR Mahngebühr.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Es sei verwunderlich, dass ein Leistungsbescheid erlassen worden sei, ohne die bis
zum 30. Mai 2004 angeforderte Zuarbeit abzuwarten.
Daraufhin führte die Beklagte am 10. Juni 2004 eine Betriebsprüfung durch, in welcher festgestellt wurde, dass der Kläger
mit seiner seit dem 17. August 1998 bestehenden Firma überwiegend Bauleistungen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 36 und 11 der Verordnung über die Betriebe des Baugewerbes, in denen die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist (Baubetriebe-Verordnung) vom 28. Oktober 1980 (BGBl. I S. 2033) erbringt.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2004 stellte die Beklagte fest, dass der Leistungsbescheid zu Recht ergangen sei.
Unter anderem mit Schriftsatz vom 3. September 2004 verwies der Kläger auf seine Mitgliedschaft in der BIG Trockenbau und
auf eine von dieser publizierten Grundsatzentscheidung zur Frage der Umlagepflicht von Trockenbauunternehmen.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2004 zurückgewiesen. Gemäß §
354 SGB III würden die Mittel für das Wintergeld von den Arbeitgebern des Baugewerbes, in deren Betrieben die ganzjährige Beschäftigung
durch Wintergeld zu fördern sei, durch eine Umlage erbracht. Welche Betriebe zu den förderfähigen gehörten, sei auf Grund
der Ermächtigung des § 216 Abs. 2
SGB III in der vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung erlassenen Baubetriebe-Verordnung geregelt. Nach den Feststellungen sei der Kläger vorrangig im Bereich Trockenbau tätig. Diese Arbeiten seien in § 1 Abs. 2 Nr. 36 der Baubetriebe-Verordnung erfasst. Da die Firma des Klägers somit zu den förderfähigen Baubetrieben gehöre, sei er winterbauumlagepflichtig.
Hiergegen hat der Kläger am 20. Oktober 2004 Klage erhoben. Seine Firma erbringe ausschließlich Trockenbauarbeiten im Innenbereich.
Sie gehöre daher nicht zu den mit der Winterbauumlage förderfähigen Betrieben. Ihre Einbeziehung könne nicht zu einer Belebung
der ganzjährigen Beschäftigung im Sinne dieser Umlage führen, da sie schon ganzjährig arbeite.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 23. Mai 2006 abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts reiche
es nicht aus, dass der fragliche Betrieb für sich genommen nicht förderfähig sei. Der Betrieb des Klägers würde durch § 1 Abs. 2 Nr. 36 Baubetriebe-Verordnung erfasst. Die rein hypothetische Möglichkeit, dass der Kläger Leistungen, wie die Winterbauumlage, in Anspruch nehmen könne,
sei nicht gänzlich auszuschließen.
Auf die hierauf am 10. Juli 2006 eingelegte Berufung hat der Senat Betriebsunterlagen des Klägers ab 1999 sowie eine Stellungnahme
der BIG Trockenbau vom 30. September 2006 mit einem auf richterliche Anordnung erstellten Gutachten des Herrn Dipl.-Ing. B
vom 27. Juli 2006, erstellt für ein Mitglied der BIG Trockenbau, sowie die Baustellenbedingungen für Trockenbauarbeiten der
Industriegruppe Gipsplatten beigezogen.
Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen, seine Firma erledige ausschließlich witterungsunabhängige Trockenbauarbeiten,
welche eine geschlossene Gebäudehülle und fertiggestellte Fußböden sowie weitere klimatische Bedingungen, wie sie vor allem
in der für ihn gültigen DIN 18 340 geregelt seien, voraussetzten. Die einzelnen Abläufe und Rahmenbedingungen seien detailliert
von dem beigezogenen Gutachten des Dipl.-Ing. B sowie von der BIG Trockenbau beschrieben worden. Die eigentliche Hauptgeschäftszeit
des Trockenbaus seien die kalten Monate, auch der Winter, da üblicherweise in den Sommermonaten der Rohbau fertiggestellt
werde. Der Trockenbau sei somit nicht von Witterungsbedingungen, die für die Winterbauumlage maßgebend seien, abhängig.
Der Kläger beantragt:
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 23. September 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger führe seit 1999 lediglich Trockenbauarbeiten aus. Jedoch auch mit diesen sei er zur Umlage verpflichtet, da weiterhin
dem Grunde nach Förderfähigkeit bestünde, ohne dass konkrete Förderleistungen benannt werden könnten. Weitere Ermittlungen
zur Problematik "abgrenzbare nennenswerte Gruppe objektiv nicht förderungsfähiger Betriebe" wären nicht erforderlich, bei
den Trockenbaubetrieben handele es sich jedoch nicht um eine solche.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die
beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist der Kläger nicht verpflichtet,
die Umlage nach §
354 SGB III zu entrichten. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September
2004 ist deshalb rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes
[SGG]).
Nach 354
SGB III in der hier maßgebenden, vom 1. November 1999 bis zum 31. März 2006 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 10 des Gesetzes
vom 23. November 1999 [BGBl. I S. 2230]) wurden die Mittel für das Wintergeld, das Winterausfallgeld bis zur 100. Ausfallstunde
und die Erstattung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Verwaltungskosten und der sonstigen Kosten,
die mit der Gewährung dieser Leistungen zusammen hängen, von den Arbeitgebern des Baugewerbes, in deren Betrieben die ganzjährige
Beschäftigung zu fördern ist, durch Umlage aufgebracht.
Das Sozialgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass der Kläger für die Zeit der Heranziehung zur Winterbauumlage, das
heißt vom 1. Dezember 1999 bis Dezember 2003, durchgängig ein Betrieb des Baugewerbes gewesen ist.
Ein Betrieb des Baugewerbes war nach der vom 1. Januar 1998 bis zum 31. März 2006 unveränderten Rechtslage ein Betrieb, der
gewerblich überwiegend Bauleistungen auf dem Arbeitsmarkt erbrachte (vgl. § 211 Abs. 1 Satz 1
SGB III). Als Bauleistungen definierte der Gesetzgeber alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung
oder Beseitigung von Bauwerken dienten (vgl. § 211 Abs. 1 Satz 2
SGB III). Der Begriff der "Bauleistungen" ist dabei nach den Motiven des Gesetzgebers umfassend zu verstehen; lediglich Arbeiten,
die nicht herkömmlich vom Baugewerbe verrichtet werden, sollten ausgeschlossen bleiben (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 1999
- B 11/10 AL 7/98 R - JURIS-Dokument Rdnr. 16).
In § 216 Abs. 2 Satz 1
SGB III hat der Gesetzgeber die Ermächtigung geschaffen, durch Rechtsverordnung - und nach Maßgabe der weiteren Vorgaben in § 216 Abs. 2 Satz 2 bis 4
SGB III - festzulegen, in welchen Zweigen des Baugewerbes die Leistungen nach diesem Abschnitt erbracht werden sollen. Hiervon hat
der Verordnungsgeber in der Baubetriebe-Verordnung Gebrauch gemacht. Da es auf die "Zweige" und nicht den einzelnen Betrieb ankommt, durfte der Verordnungsgeber in zulässiger
Weise typisierende Regelungen hinsichtlich der zu fördernden Gruppen des Baugewerbes treffen (vgl. BSG, Urteil vom 22. August
1990 - 10 RAr 18/89 - SozR 3-4100 § 186a Nr. 3 = JURIS-Dokument Rdnr. 22).
Nach dem Regelungssystem der Baubetriebe-Verordnung in der vom 1. November 1999 bis 30. April 2006 geltenden Fassung konnte ein Betrieb des Baugewerbes nur dann zur Umlage für
das Wintergeld herangezogen werden, wenn er einem der in § 1 Abs. 1 bis 4 der Baubetriebe-Verordnung einzeln aufgeführten Zweig der Bauwirtschaft angehörte. In § 1 Abs. 5 der Baubetriebe-Verordnung war geregelt, welche Betriebe und Betriebsabteilungen von der Förderung ausgeschlossen waren. In § 2 der Baubetriebe-Verordnung war schließlich bestimmt, in welchen Betrieben die ganzjährige Beschäftigung nicht gefördert wurde.
Nach § 1 Abs. 1 der Baubetriebe-Verordnung in der vom 1. November 1999 bis 30. April 2006 geltenden Fassung war die ganzjährige Beschäftigung durch das Wintergeld und
das Winterausfallgeld in Betrieben und Betriebsabteilungen zu fördern, die gewerblich überwiegend Bauleistungen (§ 211 Abs. 1
SGB III) erbrachten.
Der Kläger verrichtet seit Einbeziehung in die Umlagepflicht am 1. Dezember 1999 ausschließlich Trockenbauarbeiten im Sinne
von § 1 Abs. 2 Nr. 36 der Baubetriebe-Verordnung. Der Gesamtanteil der Leistungen, die unstreitig dem Bereich der Trockenbauarbeiten zuzuordnen sind, macht letztendlich fast
100 Prozent des Leistungsspektrums des Klägers und der von seinen Mitarbeitern geleisteten Arbeitsstunden aus. Dies ergibt
sich aus sämtlichen vom Kläger vorgelegten Unterlagen für den Zeitraum ab 1999. Dies steht auch in Übereinstimmung mit seiner
Internetseite. Diesen Feststellungen hat die Beklagte nicht widersprochen. Insbesondere ergaben sich aus dem Prüfbericht der
Außendienstmitarbeiterin Lange vom 10. Juni 2004 keine Anhaltspunkte, die für den streitigen Zeitraum eine andere Beurteilung
zulassen würden.
Ob für den Kläger im Einzelfall das Risiko eines witterungsbedingten Arbeitsausfalls besteht, insbesondere, ob in der Vergangenheit
bereits Leistungen der Winterbauförderung in Anspruch genommen worden sind, ist dabei für die Teilnahme an der Winterbauumlage
grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. BSG, Urteil vom 9. September 1999 - B 11 AL 27/99 R - JURIS-Dokument Rdnr. 22, m. w. N.). Leistet ein Betrieb Bauarbeiten, die in der Baubetriebe-Verordnung genannt sind, so entfällt die Förderungsfähigkeit und damit die Umlagepflicht des Inhabers auch dann nicht, wenn der Betrieb
nur einen Teil der für die bezeichneten Gruppen typischen Arbeiten ausführt (z. B. überwiegend Innenarbeiten) und dadurch
witterungsunabhängig wird. Dies liegt im besonderen Charakter der Winterbauumlage begründet. Mittels dieser sollen alle Unternehmen,
die, sei es auch nur mittelbar, von der Winterbauförderung profitieren, zur Finanzierung dieser Versicherung herangezogen
werden. Die mittelbare Förderung kommt auch denjenigen Bauunternehmen zu Gute, die zwar ebenfalls mit Witterungseinflüssen
rechnen müssen, aber aus Gründen der individuellen Betriebsgestaltung nicht die unmittelbaren Leistungen der Winterbauförderung
in Anspruch nehmen können.
Eine Ausnahme kommt nur nach Maßgabe von § 1 Abs. 5 der Baubetriebe-Verordnung in Betracht. Danach sind Betriebe und Betriebsabteilungen im Sinne des § 1 Abs. 1 der Baubetriebe-Verordnung von der Förderung der ganzjährigen Beschäftigung im Baugewerbe ausgeschlossen, wenn sie zu einer abgrenzbaren und nennenswerten
Gruppe gehören, bei denen eine Einbeziehung nach den Absätzen 2 bis 4 nicht zu einer Belebung der ganzjährigen Bautätigkeit
führt (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 22. August 1990 - 10 RAr 18/89 - SozR 3-4100 § 186a Nr. 3 = JURIS-Dokument Rdnr. 22, m. w. N.).
Die Zuordnung eines Betriebes zu einer nicht förderungsfähigen Betriebsgruppe setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes
(vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1996 - 10 RAr 10/94, SozR 3-4100 § 186a Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 18; BSG, Urteil vom 9. September 1999 - B 11 AL 27/99 R - JURIS-Dokument Rdnr. 21) zunächst voraus, dass der Betrieb konkret nicht förderfähig ist (1.). Nur wenn dieser Umstand
bei einer abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe von Betrieben feststellbar ist, hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung
Anlass, dieses bei der Bestimmung der Förderungsfähigkeit zu berücksichtigen (2.).
1. Der Betrieb des Klägers ist nicht förderfähig. Dies ergibt sich aus der witterungsunabhängigen Arbeit im Betrieb des Klägers.
Auch gemäß seiner Gewerbeummeldung betreibt der Kläger ausschließlich Arbeiten des so genannten "industriellen Akustik- und
Trockenbaus", zumeist im Rahmen größerer Bauvorhaben für öffentliche Auftraggeber.
Die Arbeit des klägerischen Betriebes konzentriert sich dabei vorrangig auf den Innenausbau von Gewerbeobjekten, Miets- und
Geschäftshäusern, Krankenhäusern, Kulturzentren etc. Der Trockenbau umfasst insbesondere den Einbau von Mineralfaserdecken
und Unterdeckensystemen aus Gipskarton sowie den Einbau von Ständerwandsystemen mit Gipskartonbeplankung. Voraussetzung für
den Einbau dieser Gipskartonplatten ist nach übereinstimmenden Angaben der BIG Trockenbau, des Gutachters B und des Klägers
im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. August 2010 selbst die Existenz einer abgeschlossenen Gebäudehülle, das heißt
abgeschlossener beheizbarer Räume, eingebauter Fenster und fertiggestellter Böden. Im Anschluss daran findet die notwendige
Raumtrocknung statt, da für den Einbau der Gipskartonwand- und Deckensysteme entsprechend der beigezogenen Herstellerrichtlinien
und Verarbeitungsnormen wesentliche klimatische Ausführungsbedingungen vorgegeben sind. So dürfen die zur Oberflächen- beziehungsweise
Fugenglättung im Trockenbau regelmäßig erforderlichen Spachtelarbeiten nach DIN 18 181 (Gipskartonplatten im Hochbau) erst
erfolgen, wenn keine größeren Längen- und Breitenänderungen der Gipskartonplatten infolge Feuchte- und Temperaturänderungen
zu erwarten sind. Diesbezüglich ist insgesamt auf eine Einhaltung der Baustellenbedingungen hinsichtlich der Temperatur (nicht
unter +10°C) sowie der relativen Luftfeuchtigkeit (40 % ≤ r. F. ≤ 65 %) und auf die Begrenzung feuchtebedingter Längenänderungen
zu achten. Das beigezogene technische Merkblatt "Baustellenbedingungen" des Bundesverbandes Gips beschreibt zudem den für
die Verarbeitung von Gipskartonplatten grundsätzlich notwendigen Klimabereich zwischen 40 und 80 % relativer Luftfeuchtigkeit
und oberhalb einer Raumtemperatur von 5°C; wobei Luftfeuchtigkeit und Temperatur voneinander abhängen. Nach den Ausführungen
des Dipl.-Ing. B in seinem Gutachten vom 27. Juli 2006 wären diese Bedingungen ohne eingebaute Fenster und ein unbeheiztes
Gebäude nicht zu garantieren. Die Durchführung der Montage der Gipskartonplatten sowie der errichteten Ständersysteme wäre
bei Nichtbeachtung dieser Witterungsvorgaben aus den DIN-Normen nicht sachgerecht, nicht fachgerecht durchführbar und auch
nicht abnahmefähig. Für Trockenbauunternehmen besteht keine Möglichkeit, bei witterungsbedingten Erschwernissen fachgerecht
zu arbeiten und auf andere Tätigkeiten, die durch eine Winterbauförderung erleichtert werden können, auszuweichen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Kläger betont, dass seine Firma, wie jedes Trockenbauunternehmen, nach den anerkannten
und anzuwendenden Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen für Trockenbauarbeiten (ATV), DIN 18 340, arbeitet, welche regelmäßig
Bestandteil der Vergabebedingungen ist. Nach Abschnitt 3.1.1. der DIN 18 340 ist jeder Auftragnehmer gehalten, bei ungeeigneten
klimatischen Bedingungen Bedenken bezüglich der Bauausführung anzumelden. Daraus wird ersichtlich, dass Trockenbauarbeiten
schlichtweg nur unter der Voraussetzung der ausgeführten klimatischen Bedingungen fachgerecht erbracht werden können. Sind
diese nicht vorhanden, können Trockenbauarbeiten auch nicht ausgeführt werden. Dies hat der Kläger im Rahmen der mündlichen
Verhandlung nochmals bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass auf Grund mangelhafter klimatischer Arbeitsbedingungen Behinderungen
im Baufortschritt in der Firma des Klägers entstanden wären oder im Baufortschritt besondere Maßnahmen zur Herstellung angemessener
Klimabedingungen durch den Kläger selbst eingeleitet werden mussten und abgerechnet wurden, bestehen nicht.
Ein Indiz dafür, dass im Betrieb des Klägers nur witterungsunabhängige Tätigkeiten ausgeübt wurden, ist, dass er bisher noch
keine Leistungen der Winterbauförderung in Anspruch genommen hat, insbesondere auch nicht das Mehraufwands-Wintergeld gemäß
§ 212
SGB III. Dies spricht dafür, dass bei einem Betrieb, der nur im Bereich des Trockenbaus tätig ist, witterungsbedingte Mehraufwendungen
nicht aufgetreten können.
2. Ob nunmehr diese Gruppe witterungsunabhängig arbeitender Trockenbauunternehmen zahlenmäßig ins Gewicht fällt, beurteilt
sich nach zwei alternativen Kriterien (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1996 - 10 RAr 10/94 - SozR 3-4100 § 186a Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 25 ff.): - Die Tarifvertragsparteien des Bundesrahmentarifvertrages Bau
haben eine abweichende Aufteilung der tariflichen Zuordnung der betreffenden Betriebe zum Geltungsbereich zum Bundesrahmentarifvertrag
vorgenommen. - Es hat sich im Wirtschaftsleben eine bestimmte einheitliche, nicht mehr als bloß zufällige Ansammlung zu vernachlässigende
dauerhafte Gruppe von Betrieben etabliert, deren Mitgliedsbetriebe im Wesentlichen witterungsunabhängig sind. Als Indiz hierfür
kann gelten, dass sich ein Bundesverband gleichartiger Unternehmen gebildet hat.
Im Falle des Klägers ist die zweite Alternative erfüllt.
Zum einen ist die Firma des Klägers seit dem 1. Juni 2004 Mitglied der Interessengemeinschaft BIG Trockenbau. Diese seit 1998
bestehende Interessenvereinigung hatte im Dezember 2007 insgesamt 253 Mitgliedsbetriebe. Nach der Stellungnahme dieser Interessengemeinschaft
konzentrieren sich die Arbeiten von Trockenbauunternehmen im Wesentlichen auf den Bereich Innenausbau. Dieser umfasst vor
allem Tätigkeiten, die konstruktive und bauklimatische Bedingungen sowie bauablauftechnische Voraussetzungen erfordern, die
wiederum eine geschlossene Gebäudehülle unabdingbar voraussetzen, das heißt geschlossene Fensterfronten und konstante Temperaturen.
Die BIG Trockenbau nimmt die Interessenvertretung für ihre Mitglieder wahr. Sie ist bestrebt, eigene Tarifverträge abzuschließen.
So hatte sie mit der Gewerkschaft Trockenbau Ausbau (GTA) einen Tarifvertrag geschlossen, der aber zum 31. März 2008 endete.
Zum anderen ist ausweislich des von der BIG Trockenbau eingereichte Sachverständigengutachtens vom 12. Oktober 2006 im Hauptverband
der deutschen Bauindustrie eine Bundesfachabteilung Akustik und Trockenbau gebildet, in der 80 Unternehmen organisiert sind.
Das wesentliche gemeinsame Merkmal der Unternehmen ist, dass sie witterungsunabhängig tätig sind. Die Bundesfachabteilung,
die seit 1984 besteht, setzt sich stark für die Entlastung ihrer Mitglieder von der Winterbauumlage ein (vgl. Auszüge aus
dem Internetauftritt) und geht selbst von der Witterungsunabhängigkeit von Akustik- und Trockenbauarbeiten aus. Demgegenüber
ist der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie in seiner Auskunft vom März 1997 gegenüber dem Landessozialgericht Reinland-Pfalz
noch von der Witterungsabhängigkeit der Trockenbauunternehmen ausgegangen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. Juni
1997 - L 7 Ar 259/96 - JURIS-Dokument Rdnr. 29). Auf Grund der obigen Feststellung zur Witterungsunabhängigkeit von Arbeiten
im Trockenbau betrachtet der erkennende Senat die über zehn Jahre alte Stellungnahme des Hauptverbandes als überholt.
Allein die Bildung eines Interessenverbandes gleichartiger Unternehmen reicht nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes
aus, um von einer dauerhaften Gruppe witterungsunabhängiger Unternehmen auszugehen. Von zahlenmäßigen Vorgaben, die statistisch
ohnehin schwer zu belegen sind, hat das Bundessozialgericht ausdrücklich Abstand genommen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar
1996 - 10 RAr 10/94 - SozR 3-4100 § 186a Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 27 ff.).
Das Vorhandensein einer abgrenzbaren Gruppe gleichartiger (Trockenbau)-Unternehmen ist somit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung
des Bundessozialgericht durch die seit 1984 bestehende Bundesfachabteilung Akustik- und Trockenbau des Hauptverbandes der
Deutschen Bauindustrie mit ihren zurzeit ca. 80 Unternehmen und der seit 1998 bestehenden BIG Trockenbau mit zurzeit ca. 250
Mitgliedsunternehmen bestätigt. Da beide Interessenvertretungen bereits 1999, auch mit dem Ziel der Abgrenzung ihrer witterungsunabhängigen
Trockenbauunternehmen von den übrigen Baugewerken, existierten, besteht die Umlageverpflichtung entgegen der Bescheide der
Beklagten ab Dezember 1999 bis Dezember 2003 nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.