Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Regelaltersrente unter Anerkennung einer Ghetto-Beitragszeit sowie von Ersatzzeiten.
Die am XX.XXXXXX 1935 in K., Krs. L., seinerzeit Polen (Galizien), als Tochter jüdischer Eltern geborene Klägerin emigrierte
1957 aus Polen nach Israel und lebt spätestens seit Anfang der 70er Jahre in Kanada. Durch Bescheid des Regierungspräsidenten
Köln vom 21. August 1967 wurde sie als rassisch Verfolgte nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) anerkannt und ihr wegen
einer vom Juli 1941 bis einschließlich Dezember 1942 im Ghetto Kolomyja erlittenen Freiheitsentziehung eine Entschädigung
für Schaden an Freiheit in der Form einer Beihilfe nach Art V Nr. 1 Abs.1, Abs. 10a BEG-Schlussgesetz in Höhe von 2.200 DM
zuerkannt. Dieser Entscheidung vorausgegangen war der Antrag der Klägerin vom 11. November 1966, in dem sie angegeben hatte,
sich von Juli 1941 bis Dezember zwangsweise im Ghetto Kolomyja und anschließend bis März 1944 in den Wäldern der Umgebung
von Kolomyja und Turka aufgehalten zu haben. In einer am 27. Oktober 1966 vor dem Notar in Haifa abgegebenen eidesstattlichen
Versicherung hatte sie ausgeführt, mit ihren Eltern im Dezember 1942 aus dem Ghetto Kolomyja in die Wälder von Turka-Kolomyja
geflüchtet zu sein. Bis März 1944 hätten sie sich bei einem Bauern im Keller versteckt. Vorher im Ghetto Kolomyja habe sie
unter den schwersten Bedingungen in Elend und Not gelebt, habe unter Hunger und Kälte gelitten, sei sehr oft krank und vollkommen
ihrer Freiheit beraubt gewesen.
Einige Jahre zuvor hatte die Mutter der Klägerin, Frau S. M., in ihrem Entschädigungsverfahren zu ihren Lebensumständen im
Ghetto Kolomyja in einer am 10. April 1962 vor dem Notar in Tel Aviv abgegebenen eidesstattlichen Versicherung u. a. ausgeführt,
sie sei gleich nach der Gründung des Ghettos dort eingewiesen und zu Zwangsarbeiten herangezogen worden. Sie habe außerhalb
des Ghettos in Turka bei Kolomyja Feldarbeiten verrichtet. Für diese Arbeit sei sie nicht entlohnt worden. Zur Arbeit sei
sie täglich unter Bewachung geführt worden. Dies war von N. K1, geb. XX.XXXXXXXX 1910 in K., und von B. E., geb. 1903 in K.,
in am gleichen Tag abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen bestätigt worden.
Am 25. Mai 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente aufgrund von Beschäftigungszeiten in einem
Ghetto. Ende Juni 2003 gab sie an, sich von November 1941 bis März 1943 im Ghetto Kolomyja aufgehalten und dort die Straßen
gefegt, Müll und Papier gesammelt, Wasser gepumpt und Wassereimer geschleppt zu haben.
Bereits vor Eingang dieser Tätigkeitsbeschreibung hatte die Beklagte die Gewährung einer Rente mit Bescheid vom 18. Juni 2003
mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin habe die dafür erforderliche Wartezeit von fünf Jahren mit anrechenbaren Zeiten
(Beitrags-, Ersatz und Kindererziehungszeiten) nicht erfüllt, denn es seien keine auf die Wartezeit anrechenbaren Zeiten vorhanden.
Die Zeit während des Zweiten Weltkrieges sei nicht als Zeit einer Beschäftigung im Ghetto anzurechnen, weil nicht glaubhaft
sei, dass sie im Kindesalter eine Beschäftigung auf freiwilliger Basis ausgeübt habe.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren verwies die Klägerin zur Stützung des von ihr verfolgten Anspruchs auf einen Artikel
in der Canadian Jewish News vom 26. Juni 2003, dem zufolge jeder, der gegenwärtig 65 Jahre und älter sei und während des Zweiten
Weltkriegs in einem Ghetto gelebt und gearbeitet habe, (durch die HRDC - Human Resources Development Canada, eine von der
kanadischen Regierung geschaffene Institution) Rente aus der deutschen Rentenversicherung beantragen könne. In der Sache selbst
trug sie vor, sie habe, um im Ghetto zu überleben und für ein extra Stück Brot von November 1941 bis März 1943 Straßen gekehrt,
Mist und Gemüseschalen zusammengeräumt, Wasser gepumpt und Wassereimer geschleppt.
Der Widerspruch hatte keinen Erfolg. In ihrem Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2003 wies die Beklagte darauf hin, dass
die Klägerin zu Beginn der strittigen Zeit erst das sechste Lebensjahr vollendet und bei ihrem Ende kurz vor Vollendung des
achten Lebensjahres gestanden habe. Auch wenn es keine starre Altersgrenze für die Anerkennung von Ghettobeitragszeiten gebe,
widerspreche es doch jeglicher Lebenserfahrung, dass Kinder im Alter weniger als acht Jahren die im Ghetto-Lodz-Urteil des
Bundessozialgerichts vorgegebenen Grundsätze erfüllt hätten. Es sei davon auszugehen, dass in diesem Alter Arbeiten von wirtschaftlichem
Wert nicht verrichtet worden seien.
Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin an ihrem Vortrag festgehalten und betont, sie habe sich im Ghetto Kolomyja
registrieren lassen und die Arbeit aus eigenem freien Willen aufgenommen, um zu überleben. Für ihre Arbeit habe sie Lebensmittelgutscheine
(food vouchers) erhalten, die sie später gegen Lebensmittel eingetauscht habe.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 6. März 2006 abgewiesen. Es hat sich die Auffassung der Beklagten
zu eigen gemacht und ergänzend darauf hingewiesen, dass
- ein Aufenthalt der Klägerin im Ghetto Kolomyja nach dem Dezember 1942 schon angesichts ihrer Angaben im Entschädigungsverfahren
- Flucht mit den Eltern aus dem Ghetto im Dezember 1942 - nicht überwiegend wahrscheinlich sei,
- nach einschlägigen Quellen (www.deathcamp.org/occupation/ghettolist.htm) das Ghetto in Kolomyja erst März 1942 errichtet
und bereits im Februar 1943 aufgelöst worden sei.
Die Klägerin hat gegen diesen ihr am 11. April 2006 zugestellten Gerichtsbescheid am 12. April 2006 Berufung eingelegt. Sie
führt aus, sie habe trotz ihres Alters freiwillig gearbeitet, weil sie Kinder gesehen habe, die im Ghetto umhergewandert und
getötet worden seien. Sie habe für ihre Arbeit Lebensmittelgutscheine erhalten, die sie gegen Kleidung, zusätzliche Lebensmittel,
Seife und andere Artikel des Lebensbedarfs eingetauscht habe.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 6. März 2006 und den Bescheid vom 18. Juni 2003
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab
dem 1. Juli 1997 Regelaltersrente unter Anrechnung der Zeit von Juli 1941 bis März 1943 als Ghetto-Beitragszeit sowie von
Verfolgungsersatzzeiten zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 6. März 2006 zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Insbesondere bekräftigt sie, es widerspreche auch
unter Berücksichtigung der besonderen historischen Gegebenheiten der Lebenserfahrung, dass ein Kind im Alter von 6 Jahren
eine Beschäftigung im Sinne der bisherigen Entsprechung des Bundessozialgerichts zum ZRBG, insbesondere der Rechtsprechung
des 13. Senats (Urteil vom 7.10.2004 - Aktenzeichen B 13 RJ 59/03 R) aus freiem Willensentschluss habe zustande kommen lassen können. Mit dem Tatbestandsmerkmal des § 1 ZRBG habe der Gesetzgeber
an die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG anknüpfen wollen. Das ZRBG sei durch den Deutschen Bundestag in
Reaktion auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 1997 zu Beschäftigungszeiten im Getto Lodz beschlossen
worden. Die in § 1 ZRBG genannten Kriterien folgten ausdrücklich dieser Rechtsprechung, nach der kennzeichnend für ein Beschäftigungsverhältnis
im Sinne des Rentenversicherungsrechts dessen Zustandekommen durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sei
sowie der Zweck, nämlich der Austausch von Arbeitsleistung gegen Arbeitsentgelt. Zudem sei eine Freiwilligkeit auch deshalb
nicht glaubhaft gemacht, weil die Klägerin selbst in ihrem Schriftsatz vom 28.April 2006 angegeben habe, sie habe eine Beschäftigung
aufgenommen, um nicht getötet zu werden. Auch eine Entgeltlichkeit sei nicht glaubhaft gemacht. Die Klägerin habe selbst angegeben,
dass sie nur Sachleistungen beziehungsweise Gutscheine erhalten habe. Dies sei laut Rechtsprechung des 13. Senates des BSG
jedoch nicht ausreichend, um ein Entgelt im Sinne des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem
Ghetto (ZRBG) vom 20. Juni 2002 (BGBl I 2002, 2074 - gültig ab 1. Juli 1997) bejahen zu können.
Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift
aufgeführten Akten verwiesen, die Gegenstand der Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind
rechtmäßig, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Regelaltersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung.
Nach §
35 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (
SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung haben Versicherte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr
vollendet und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§
50 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI) erfüllt haben. Auf die allgemeine Wartezeit werden Beitragszeiten und Ersatzzeiten angerechnet (§
51 Abs.
1 und 4
SGB VI). Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge
gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt
gelten (§
55 Abs.
1 Sätze 1 und 2
SGB VI). Pflichtbeitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung hat die Klägerin nicht zurückgelegt. Sie hat solche
Zeiten weder behauptet noch gibt es für sie irgendeinen Anhalt.
Die Klägerin hat aber auch keine Zeiten zurückgelegt, für die Pflichtbeiträge im Sinne des §
55 Abs.
1 Satz 2
SGB VI als gezahlt gelten, wie die fingierten Beitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung nach §
2 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) von
20. Juni 2002 - gültig ab dem 1. Juli 1997. Hiernach wird die Zahlung von Beiträgen fingiert, wenn ein Verfolgter sich zwangsweise
in einem Ghetto aufgehalten, dort aus eigenem Willensentschluss eine Beschäftigung aufgenommen und diese Beschäftigung gegen
Entgelt ausgeübt hat und das Ghetto sich in einem Gebiet befunden hat, das vom Deutschen Reich besetzt oder in dieses eingegliedert
war. Die Voraussetzungen für die Fiktion einer Beitragsentrichtung müssen glaubhaft gemacht werden. Dies folgt aus § 1 Abs.
2 ZRBG, wonach die Vorschriften des ZRBG die rentenrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen
Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) ergänzen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 WGSVG ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren
Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dass die Klägerin so genannte Ghetto-Beitragszeiten zurückgelegt
hat, indem sie während ihres Aufenthaltes im Ghetto Kolomyja eine aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene Beschäftigung
gegen Entgelt ausgeübt hat, ist indes nicht überwiegend wahrscheinlich.
Es unterliegt nach den im Entschädigungsverfahren getroffenen Feststellungen keinem nachhaltigem Zweifel, dass die Klägerin
Verfolgte im Sinne des BEG ist und dass sie sich zumindest während eines Teiles der strittigen Zeit zwangsweise im Ghetto
Kolomyja aufgehalten hat. Dieses Ghetto befand sich in einem Gebiet, das vom Deutschen Reich besetzt oder in dieses eingegliedert
war, nämlich im Distrikt Galizien, der nach der Besetzung durch deutsche Truppen im Juni 1941 ab dem 1. August 1941 als Teil
des sog. Generalgouvernements unter deutsche Zivilverwaltung gestellt wurde.
Es besteht jedoch schon keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Klägerin sich während der gesamten strittigen
Zeit von November 1941 bis März 1943 im Ghetto aufgehalten hat.
Zweifelhaft ist schon, wann das Ghetto in Kolomyja eingerichtet wurde. Quellen im Internet zufolge - z. B. http://www.jewishgen.org/yizkor/galicia/gal005.html:
Extermination of the Jews of Galicia (Galicia, Poland), Kapitel 7: Die Vernichtung der Juden von Kolomyja und Umgebung (Extermination
of the Jews of Kolomyja and District), Abschnitt 8: Die Einrichtung des Ghetto - geschah dies erst im März 1942. So heißt
es in dieser Veröffentlichung, die auf einer zur Erlangung des Doktorgrades am University College London verfassten Dissertation
beruht, u. a.: "Anfang März 1942 wurde dem Judenrat von Volkmann (dem Kreishauptmann) und Leideritz (SS) gesagt, die Juden
hätten in ein jüdisches Viertel (oder Wohnquartier) umzuziehen. Bis zum März 1942 war die Anzahl der Juden auf 17.000 reduziert
worden. Der Rest war in Scheparowce, auf dem Friedhof und im Gefängnis getötet worden oder an Krankheit oder Hunger gestorben.
Es war die Absicht der Deutschen, nur 9.000 Juden zu erlauben, in einem Ghetto zu bleiben, das im ärmsten Teil der Stadt abgesteckt
werden sollte. Sie verlangten, dass der Judenrat ihnen alle alten, kranken und arbeitsunfähigen Juden übergeben sollte. Ein
Fehlschlag einer solchen Reduzierung würde drastischere Aktionen der Deutschen nach sich ziehen." At the beginning of March,
1942, the Judenrat were told by Volkmann and Leideritz that the Jews were to move into a Jewish quarter. By March, 1942, the
number of Jews had been reduced to 17.000. The rest had been killed in Scheparowce, the cemetery and the prison, or died of
disease or starvation. It was the Germans intention to allow only 9.000 Jews to remain in a Ghetto marked out in the poorest
part of the town. They demanded that the Judenrat hand over all old and sick Jews, and those not fit for work. Failure to
reduce the Ghetto by this means would mean more drastic action by the Germans. Unter http://www.deathcamps.org/occupation/kolomyja%20ghetto.html
heißt es u. a.: "Am 23. März 1942 wurde ein Ghetto eingerichtet in drei Abteilungen - A, B und C. 16.000-18.000 Juden wurden
gezwungen, in 520 Ghettohäuser umzuziehen, unter ihnen Tausende von Flüchtlingen aus dem besetzten Polen, die seit September
1939 angekommen waren, sowie Juden, die aus den umliegenden Orten deportiert (Volkmann: "evakuiert") worden waren. Die Lebensbedingungen
waren genauso entsetzlich wie in anderen Ghettos. Die Juden litten an Hunger und Seuchen. Gleichwohl versuchte der Judenrat,
das Elend zu lindern, und organisierte kulturelle und schulische Veranstaltungen". Am 3-6 April 1942, wurde das Ghetto C (wo
die Arbeitsunfähigen zusammengepfercht waren), von SIPO und SCHUPO umzingelt und zerstört. On 23 March 1942 a ghetto was established
in three sections - A,B, and C. 16,000-18,000 Jews were forced to move into 520 ghetto houses, among them the thousands of
refugees from occupied Poland who had arrived in Kolomyja since September 1939, and Jews deported (Volkmann: "evacuated")
from surrounding villages. The living conditions were as appalling as in many other ghettos. The Jews suffered from famine
and epidemics. Nevertheless the Judenrat attempted to relieve the misery, even organizing cultural and educational events.
On 3-6 April 1942, Ghetto C (where those unfit for work were crammed together) was surrounded and destroyed by Sipo and Schupo.
Für den Sommer 1941 wird dort lediglich über die erste Bildung eines Judenrats berichtet, für den September 1941 die Bestimmung
eines Judenrats durch Volkmann und Leideritz von der SS.
Offen ist auch, bis wann die Klägerin mit ihren Eltern im Ghetto Kolomyja gelebt hat. Wenn sie seit dem Rentenantrag vorträgt,
sie habe bis einschließlich März 1943 im Ghetto Kolomyja gearbeitet, so widerspricht dies ihren Angaben und den damit übereinstimmenden
und von Zeugen bestätigten Angaben ihrer Mutter in ihren Entschädigungsverfahren, denen zufolge ihre Eltern mit ihr im Dezember
1942 aus dem Ghetto Kolomyja in die Wälder von Turka-Kolomyja geflüchtet sind.
Unter diesen Umständen kann eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Aufenthalt der Klägerin im Ghetto Kolomyja nur
für die Zeit von März 1942 bis Dezember 1942 angenommen werden.
Es ist aber nicht glaubhaft gemacht, dass die Klägerin innerhalb dieses Zeitraums im Ghetto Kolomyja eine aus eigenem Willensentschluss
zustande gekommene Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt hat. Es unterliegt erheblichen Zweifeln, ob die Klägerin seinerzeit
im Alter von sechs Jahren überhaupt in der Lage war, die von ihr geschilderten körperlich schweren Arbeiten in einem nennenswerten
Umfang - vor allem mehr als nur gelegentlich - zu verrichten, bzw. in einem Umfang, der eine andere "Gegenleistung" als ein
Stück Brot rechtfertigte. Zweifel an einer solchen Beschäftigung der Klägerin werden auch dadurch genährt, dass sie in ihrem
Entschädigungsverfahren bei der Schilderung ihrer Lebensumstände - anders als ihre Mutter in ihrem Entschädigungsverfahren
- nicht erwähnt hatte, dass sie im Ghetto gearbeitet habe, sondern ausgeführt hatte, sie habe im Ghetto Kolomyja vor der Flucht
unter den schwersten Bedingungen in Elend und Not gelebt, habe unter Hunger und Kälte gelitten, sei sehr oft krank und vollkommen
ihrer Freiheit beraubt gewesen. Sollte sie sich selbst um Arbeit bemüht haben, um zu überleben, wie sie im Widerspruchsverfahren
ausgeführt hat, so würde dies voraussetzen, dass sie sich tagsüber von ihrer Mutter getrennt hat, die den von Zeugen bestätigten
Angaben in ihrem Entschädigungsverfahren zufolge tagsüber außerhalb des Ghettos in der Landwirtschaft gearbeitet hat. Das
ist wenig wahrscheinlich. Denkbar - und nicht wesentlich weniger wahrscheinlich - ist, dass ihre Mutter sie zur Arbeit mitnahm.
Angesichts der Tatsache, dass diese - unterstützt von Zeugenaussagen - betont hat, für ihre körperlich schwere Arbeit nicht
entlohnt worden zu sein, ist es eher unwahrscheinlich, dass ihre seinerzeit sechs Jahre alte Tochter - die Klägerin - entlohnt
worden ist. Dies gilt sowohl für eine von der Mutter getrennte Tätigkeit im Ghetto, als auch für den Fall, dass sie mit ihrer
Mutter in der Landwirtschaft gearbeitet hat. Unwahrscheinlich ist unter diesen Umständen insbesondere, dass die Klägerin entsprechend
ihrem Vortrag als Gegenleistung für von ihr verrichtete Arbeiten Gutscheine für Lebensmittel erhalten hat, die sich als Entgelt
im Sinne des § 2 ZRBG qualifizieren ließen. Dies gilt umso mehr, als sie diese Gutscheine erstmalig nach der Zurückweisung
ihres Widerspruchs im Klageverfahren erwähnt hat. Dass das von der Klägerin erwähnte Stück Brot nicht einmal freiem Unterhalt
entsprach und als Entgelt im Sinne des § 2 ZRBG nicht ausreicht, bedarf keiner vertieften Erörterung.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §
193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil hierfür eine Veranlassung im Sinne des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG nicht bestanden hat.