Elterngeld
Verfassungskonformität der Regelung zur Verschiebung des Bemessungszeitraumes
1. Insbesondere aus den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 27.10.2016 - B 10 EG 5/15 R - und vom 21.6.2016 - B 10 EG 8/15 R - ergibt sich eindeutig, dass es sich bei der Regelung zur Verschiebung des Bemessungszeitraumes um eine zwingende Regelung
handelt, die nicht zur Disposition der Beteiligten steht.
2. Ein Verzicht ist daher rechtlich ohne Bedeutung.
3. Das Bundessozialgericht hat ebenso deutlich ausgeführt, dass die zu einer früheren Fassung des § 2b Abs. 3 BEEG ergangene Rechtsprechung zu der 20%-Regelung auf die hier anzuwendende Fassung keine Anwendung findet.
4. Das Bundessozialgericht hat sich in diesen Entscheidungen auch ausführlich mit der Frage der Vereinbarkeit mit den Grundrechten
und hier insbesondere mit dem Gleichheitssatz aus Art.
3 Abs.
1 GG auseinandergesetzt und diese bejaht.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höheres Elterngeld, als ihm bewilligt wurde.
Am 1.9.2015 beantragte er Elterngeld für seine am xxxxx2014 geborene Tochter S. für den 12. und 13. Lebensmonat.
Mit Bescheid vom 3.2.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger Elterngeld für den 12. und 13. Lebensmonat in Höhe von jeweils
555,12 EUR. Hierbei zog die Beklagte als Bemessungszeitraum das Kalenderjahr 2013 heran und kam unter Zugrundelegung eines
Einkommens des Klägers in diesem Jahr von 9.881.54 EUR auf ein monatliches Brutto von 823,46 EUR abzgl. Sozialabgaben von
161,03 EUR auf netto 662,43 EUR und daraus resultierend ein Elterngeld von 555,12 EUR monatlich. Nach dem vorgelegten Steuerbescheid
vom 23.4.2015 für das Jahr 2013 erzielte der Kläger in diesem Jahr Einnahmen aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.431,- EUR. Dieses
sowie das Einkommen des Klägers im Jahre 2013 aus nichtselbständiger Tätigkeit zog die Beklagte als Bemessungsgrundlage heran.
Hiergegen legte der Kläger am 25.2.2016 Widerspruch ein mit der Begründung, die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit im Jahre
2013 würden nur eine geringe Nebeneinkunft darstellen und hätten sich nicht auf seine Einkommenssituation ausgewirkt. Es sei
daher fehlerhaft, das Jahr 2013 als Bemessungszeitraum heranzuziehen. Richtig wäre es gewesen, den Zwölfmonatszeitraum vor
der Geburt des Kindes zugrunde zu legen. Mit Schreiben vom 7.3.2016 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er seine Angaben
zu seiner selbständigen Tätigkeit zurückziehe und die Höhe des Elterngeldes dann aus seinen Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit
in den 12 Monaten vor der Geburt des Kindes errechnet werde könne.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Bescheid vom 23.3.2016 zurück. Der Kläger sei im Jahre 2013 selbständig
tätig gewesen. Daher sei gemäß § 2 b Abs. 3 Satz 1 Bundeselterngeldgesetzes (BEEG) abweichend vom Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes das Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes heranzuziehen. Der
seitens des Klägers beanspruchte Bemessungszeitraum sei gesetzlich für die vorliegende Fallkonstellation, dass Einkommen aus
selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit vorgelegen habe, nicht vorgesehen.
Hiergegen hat der Kläger am 22.4.2016 Klage erhoben. Ergänzend zum Vorbringen im Verwaltungsverfahren hat er dazu vorgetragen,
er habe mit seinem Schreiben vom 7.3.2016 darauf verzichtet, dass als Bemessungsgrundlage sein Einkommen aus selbständiger
Tätigkeit berücksichtigt werde. Die aktuelle Regelung des Bundeselterngeldgesetzes verstoße im Übrigen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.3.2017 abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten seien
rechtmäßig und verletzten den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf höhere Elterngeldzahlungen,
als ihm von der Beklagten bewilligt worden seien. Hinsichtlich der rechtlichen Bewertung des von dem Kläger geltend gemachten
Anspruchs hat das Sozialgericht Bezug auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 23.3.2016 genommen, der es gefolgt
ist. Ergänzend hat das Sozialgericht angeführt, dass vorliegend wegen der Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 1 BEEG § 2 b BEEG in der Fassung vom 18.12.2014, die allerdings inhaltsgleich mit der jetzigen Fassung sei, anzuwenden sei. In dem Steuerbescheid
für das Jahr 2013 seien Einnahmen des Klägers aus selbständiger Tätigkeit für das Steuerjahr ausgewiesen. § 2 Buchst. b Abs. 3 BEEG regele für eine derartige Konstellation, dass als Bemessungszeitraum der steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt
des Kindes heranzuziehen sei. Hier das Jahr 2013. Die Beklagte habe daher rechtmäßig gehandelt. Die Anwendung der genannten
Norm auf derartige Fälle und die Verfassungsmäßigkeit der Norm seien durch die neuesten Entscheidungen des Bundessozialgerichts
(Urteil vom 21.6.2016 - B 10 EG 8/15 R; Urteile vom 27.10.2016 - B 10 EG 4/15 R und B 10 EG 5/15 R) bestätigt worden. Ein Wahlrecht dahingehend, dass in der vorliegenden Fallkonstellation auf den Zwölfmonatszeitraum vor
der Geburt des Kindes zurückgegriffen werden könne, ergebe sich nicht aus dem Gesetz.
Der Kläger hat gegen den seiner Prozessbevollmächtigten am 3.4.2017 zugestellten Gerichtsbescheid am 3.5.2017 Berufung eingelegt.
Aufgrund des erklärten Verzichts auf die Berücksichtigung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit sei eine Verschiebung
des Bemessungszeitraums nicht zulässig. Zudem sei die vom Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 3.12.2009 (B 10 EG 2/09 R) aufgestellte 20%-Regelung nicht beachtet worden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Gerichtsbescheides vom 22.3.2017 und des Bescheides der Beklagten vom 3.2.2016 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 23.3.2016 zu verpflichten, ihm für seine am xxxxx2014 geborene Tochter S. höheres Elterngeld
unter Zugrundelegung des im Zwölfmonatszeitraum vor dem Monat der Geburt erzielten Einkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit
zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung
einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie
den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte (VA) der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§
151 SGG) Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die streitigen Bescheide sind nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld.
Das Gericht nimmt gemäß §
153 Abs.
2 SGG Bezug auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils.
Mit der Berufung sind keine neuen Argumente vorgetragen. Insbesondere aus den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom
27.10.2016 (B 10 EG 5/15 R) und vom 21.6.2016 (B 10 EG 8/15 R) ergibt sich eindeutig, dass es sich bei der beanstandeten Regelung zur Verschiebung des Bemessungszeitraumes um eine zwingende
Regelung handelt, die nicht zur Disposition der Beteiligten steht. Der Verzicht des Klägers ist daher rechtlich ohne Bedeutung.
Das Bundessozialgericht hat ebenso deutlich ausgeführt, dass die zu einer früheren Fassung der Norm ergangene, von dem Kläger
zitierte Rechtsprechung zu der 20%-Regelung auf die hier anzuwendende Fassung keine Anwendung findet (vgl. Urteil vom 21.6.2016,
aaO., Rn. 24). Das Bundessozialgericht hat sich in diesen Entscheidungen auch ausführlich mit der Frage der Vereinbarkeit
mit den Grundrechten und hier insbesondere mit dem Gleichheitssatz aus Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz auseinandergesetzt und diese bejaht.
Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen an. Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.