Kosten einer Krankenhausbehandlung
Inanspruchnahme als Nothelfer
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte der Klägerin die Kosten der Krankenhausbehandlung eines bestimmten Patienten zu
erstatten hat.
Die Klägerin betreibt das Krankenhaus G. in H ... Am 5. November 2013 war der i. Staatsangehörige C. von Beamten des Zolls
in H. aufgegriffen und wegen illegalen Aufenthalts der H. Polizei in Gewahrsam übergeben worden. Da er über Schmerzen klagte,
wurde der C. um 13:12 h in Polizeibegleitung bei der Klägerin zur Behandlung eingeliefert. Dort wurde er zunächst weiterhin
von der Polizei bewacht (Wachablösung gegen 13:40 h). Wegen auffälliger Untersuchungsergebnisse nahm die Klägerin den C. stationär
auf. Am 7. November 2013 wurde er entlassen.
Da der Patient angab, mittellos und nicht krankenversichert zu sein, zeigte die Klägerin der Beklagten am 6. November 2013
den Behandlungsfall an zwecks Übernahme der Behandlungskosten aus Sozialhilfemitteln.
Mit Bescheid vom 24. Januar 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, eine Kostenübernahme aus Mitteln der Sozialhilfe sei
nicht möglich. Trotz Anforderung habe die Klägerin die zur Antragsbearbeitung notwendigen Nachweise nicht vorgelegt. Der Antrag
werde "gem. §
66 Sozialgesetzbuch I abgelehnt".
Die Klägerin erhob Widerspruch, der mit Bescheid vom 22. April 2014 zurückgewiesen wurde: Es fehle an entscheidungsrelevanten
Unterlagen, insbesondere einem Nachweis der Identität des Patienten.
Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 24. April 2014 zugestellt. Am 22. Mai 2014 hat sie vor dem Sozialgericht Hamburg
Verpflichtungsklage erhoben.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. März 2017 abgewiesen: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung
der geltend gemachten Behandlungskosten in Höhe von 1.792,93 EUR. Die Voraussetzungen des allein als Anspruchsgrundlage in
Betracht kommenden § 25 SGB XII lägen nicht vor. Zwar bestünden keine Zweifel an der Notwendigkeit einer sofortigen medizinischen Aufnahme und Behandlung
des Patienten C. (medizinischer Eilfall). Jedoch habe die Klägerin hier den Eilfall der Beklagten nicht rechtzeitig angezeigt.
Der Gerichtsbescheid ist der Klägerin am 20. März 2017 zugestellt worden. Am 19. April 2017 hat sie Berufung eingelegt.
Die Klägerin verfolgt ihren materiellen Anspruch weiter.
Sie beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 16. März 2017 (S 7 SO 301/14) aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung
des Bescheides vom 24. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2014 zu verpflichten, ihr die Aufwendungen
für die Notfallbehandlung des Herrn C. vom 5. November 2013 bis 7. November 2013 in Höhe von 1.792,93 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter erklärt.
Die Sachakten der Beklagten, auch der Polizeibehörde, sowie die Patientenakten des C. haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf
den Inhalt der Prozessakten wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den Vorschriften des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) sowie nach §
17a Abs.
5 GVG zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Die Klage hätte im Ergebnis nicht abgewiesen werden dürfen.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Der Senat versteht angesichts der Formulierung des Bescheides vom 24. Januar
2014 ("Anspruch wird abgelehnt") im Zusammenhang mit dem prozessualen Verhalten der Beklagten deren Entscheidungen so, dass
sie nicht nur eine Leistung aus formalen Gründen versagen (vgl. §
66 SGB I), sondern vielmehr den Anspruch der Klägerin auch inhaltlich verneinen wollte.
Die so verstandene Klage ist auch begründet. Die Klägerin kann von der beklagten Freien und Hansestadt Hamburg die Erstattung
ihrer Aufwendungen verlangen. Das ergibt sich schon daraus, dass sie hier im Auftrag der Polizei der Beklagten tätig geworden
ist, in deren Gewahrsam der C. stand, und welche seine Einlieferung in das Krankenhaus und die Behandlung veranlasst, ja sogar
das Geschehen dort überwacht hat. Ein etwaiger Nothelferanspruch der Klägerin nach § 25 SGB XII mag dadurch zwar bereits vor Einlieferung des Patienten in das Krankenhaus durch einen originären sozialhilferechtlichen
Leistungsanspruch des C. nach § 48 SGB XII verdrängt worden sein (vgl. BSG, Urt. v. 30.10.2013, B 7 AY 2/12 R, Rn. 19), indem nämlich die Polizeibeamten der hier beklagten Sozialhilfeträgerin schon
zuvor Kenntnis von einem möglichen sozialhilferechtlichen Leistungsfall hatten (vgl. BSG, Urt. v. 23.8.2013, B 8 SO 19/12 R, Rn. 18; Urt. v. 18.11.2014, B 8 SO 9/13 R, Rn. 15). Indes ergibt sich der Anspruch der
Klägerin aus einer entsprechenden Anwendung von §
670 BGB, wonach der Beauftragte vom Auftraggeber Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, erstattet
verlangen kann. Auch über diesen Anspruch ist im vorliegenden Rechtsstreit zu entscheiden (§
17 Abs.
2 Satz 1
GVG).
Was die Höhe der Aufwendungen (1.792,93 EUR) betrifft, hat der Senat keine Bedenken, der Schlussrechnung der Klägerin vom
11. Februar 2014 (Bl. 15 der Prozessakten) zu folgen, zumal die Beklagte gegen die Berechnung dieser Kosten nichts vorgebracht
hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Die Beklagte ist von der Klägerin als Nothelfer nach 25 SGB XII in Anspruch genommen worden (vgl. BSG, Urt. v. 12.12.2013, B 8 SO 13/12 R, Rn. 23).
Ein Grund, gem. §
160 Abs.
2 SGG die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.