Neubescheidung einer ärztlichen Honorarabrechnung
Berechtigung zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Honorarforderungen
Abrechenbarkeit der Nr. 03313 EBM 2000plus im freiwilligen Notfalldienst
Freiwilliger und organisierter Notfalldienst
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neubescheidung seiner Honorarabrechnung für das Quartal I/2006.
Er war im streitigen Quartal als Facharzt für Allgemeinmedizin im Bezirk der Beklagten zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Neben seiner regulären Tätigkeit sowie der Teilnahme an dem von der Beklagten in Wahrnehmung ihres Sicherstellungsauftrags
organisierten Notdienst (§
73 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) in Verbindung mit §
75 Abs.
1 Satz 2 erster Halbsatz
SGB V) behandelte er Patienten auch in der Hausärztlichen Notfallpraxis am M. (i.F.: H.) in H1. Hierbei handelt es sich um eine
Einrichtung niedergelassener Hausärzte in Zusammenarbeit mit dem M., die die allgemeinärztliche Notfallbehandlung sichern
und die Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und Hausarzt verbessern soll. Die Praxis hat am Wochenende und an Feiertagen von
9 Uhr bis 21 Uhr geöffnet.
Mit Bescheid vom 23. August 2006 setzte die Beklagte für das Quartal I/2006 ein Honorar von 36.790,49 Euro fest. Mit Bescheid
vom 29. August 2006 erklärte sie außerdem, sie habe das vom Kläger angeforderte Honorar für das Quartal I/2006 um 27.055 Punkte
und 17,20 Euro gemindert: Der Kläger habe u.a. "im Rahmen des Notfalldienstes im Krankenhaus" die Nrn. 01100 und 01101 des
zum 1. April 2005 in Kraft getretenen Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM 2000plus) unberechtigt
in Ansatz gebracht, da im Notfalldienst nicht von einer unvorhergesehenen Inanspruchnahme ausgegangen werden könne. Im organisierten
Notfalldienst habe der Kläger u.a. zu Unrecht nach Nr. 03313 EBM 2000plus abgerechnet: Die Erbringung der Leistung nach Nr.
03313 EBM 2000plus sei - wie sich auch aus § 10 Abs. 1 der Notfalldienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung H1 (vom 16.
Juni 2005, NDO) ergebe - nicht Aufgabe des Arztes im Notfalldienst. Weiterhin habe der Kläger - offenbar im Rahmen seiner
regulären Praxistätigkeit - auch die Nrn. 01821 und 03351 EBM 2000plus zu Unrecht angesetzt: Er habe weder über die erforderliche
Weiterbildung verfügt, noch habe er entsprechende Leistungen bereits vor dem 31. Dezember 2002 abgerechnet.
Mit Schreiben vom 5. September 2006 (eingegangen bei der Beklagten am 6. September 2006) erklärte der Kläger, er habe bereits
mit Schreiben vom 28. August 2006 Widerspruch eingelegt und wolle diesen nun begründen: Die Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus
seien abzurechnen oder aber in die Nr. 01210 EBM 2000plus zu ändern. Auch die Nrn. 03313, 01821 und 03351 EBM 2000plus seien
abrechenbar. Die Beklagte werde bei Durchsicht ihrer Unterlagen feststellen, dass er "diese pädiatrischen Ziffern" seit zwanzig
Jahren abrechne und daher auch die Nr. 03351 EBM 2000plus ansetzen könne. Im Januar 2008 ergänzte er seinen Vortrag dahingehend,
dass er bereits vor dem Jahr 2002 Leistungen nach den Nrn. 953/955 EBM 1996 abgerechnet habe. Dies sei aus den Leistungsstatistiken
zu ersehen und den entsprechenden Beweis werde er gegebenenfalls vor dem Sozialgericht führen. Weiterhin ergänze er seinen
Widerspruch u.a. dahingehend, dass die Beklagte nach dem praxisindividuellen Punktwert abzurechnen habe.
Mit Bescheid vom 30. Januar 2008 half die Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als sie in 41 Fällen die Nr. 01102 EBM 2000plus
anerkannte und in acht Fällen die Nr. 01821 EBM 2000plus in die Nr. 03120 EBM 2000plus änderte. Mit Bescheid vom 19. August
2008 half sie dem Widerspruch weiterhin dahingehend ab, dass sie fünf Behandlungsfälle nach Nr. 03120 EBM 2000plus vergütete.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2008 wies sie Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück.
Am 13. Oktober 2008 hat der Kläger hinsichtlich verschiedener Quartale Klage vor dem Sozialgericht erhoben. Das Sozialgericht
hat mit Beschluss vom 7. Oktober 2009 die Verfahren hinsichtlich aller anderen Quartale abgetrennt.
Der Kläger hat ausgeführt, die Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus kämen zur Anwendung, da es sich bei dem Dienst in der H.
nicht um eine reguläre Sprechstunde gehandelt habe. Die Patienten hätten ihn unvorhergesehen in Anspruch genommen, da die
H. nicht einmal eine eigene Telefonnummer habe. Wenn Patienten als Notfall im M. vorstellig würden, obliege den Mitarbeitern
am Empfang des Krankenhauses die Entscheidung, sie in die zentrale Notaufnahme oder die H. weiterzuleiten. Leistungen nach
Nr. 03351 EBM 2000plus seien abrechenbar, da der Kläger entsprechende Leistungen bereits unter dem zuvor geltenden EBM 1996
abgerechnet habe. Er habe auch die Nr. 03313 EBM 2000plus zu Recht in Ansatz gebracht, denn er habe auf der Rückseite der
Notfallprotokolle den vollständigen psychopathologischen Befund des Notfallpatienten mit Hilfe eines Stempels notiert, während
nach der Leistungslegende insoweit nur eine orientierende Erhebung erforderlich sei. Auch die Beklagte stelle in ihren eigenen
Notfallpraxen einen Stempelvordruck für die Erhebung dieses Status zur Verfügung. Schließlich müssten sämtliche Abrechnungen
neu erfolgen, da der praxisindividuelle Punktwert zugrunde zu legen sei.
Die Beklagte hat ausgeführt, die Nr. 03351 EBM 2000plus entspreche der Nr. 1620 EBM 1996, allerdings habe der Kläger derartige
Leistungen vor dem einschlägigen Stichtag nicht abgerechnet. Hinsichtlich der Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus sei die Inanspruchnahme
auch nicht unvorhergesehen erfolgt, denn der Kläger habe auch im Rahmen der H. damit rechnen müssen, in Anspruch genommen
zu werden. Die Frage nach dem zutreffenden Punktwert sei lediglich in den Widersprüchen betreffend die Quartale IV/2006, II/2007
und III/2007 angesprochen worden. Hinsichtlich des Quartals I/2006 habe der Kläger sie erstmals mit Schriftsatz vom 13. September
2010 thematisiert, so dass insoweit Bestandskraft eingetreten sei.
Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 13. April 2011 (dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt
am 11. Mai 2011) hinsichtlich zwölf Leistungen nach Nr. 01821 EBM 2000plus zur Neubescheidung verurteilt und im Übrigen die
Klage abgewiesen. Der Kläger habe für seine Tätigkeit in der H. keine Leistungen nach den Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus
abrechnen dürfen. Der diensthabende Vertragsarzt werde durch die Patienten in einer Notfallpraxis nicht unvorhergesehen in
Anspruch genommen, denn auch wenn sich die Patienten ohne vorherige Ankündigung im M. vorstellten und allein die Krankenhausmitarbeiter
darüber entschieden, ob die Notfallbehandlung durch die Klinikärzte oder in der hausärztlichen Notfallpraxis auf dem Klinikgelände
erfolgen solle, würden die Patienten doch innerhalb fester und nach außen veröffentlichter Öffnungszeiten in der Notfallpraxis
vorstellig. Genau für diese Form der Inanspruchnahme sei die H. errichtet worden. Während der Öffnungszeiten der Notfallpraxis
habe sich der dort eingeteilte Vertragsarzt in einer Dienstsituation befunden. Wie der Kläger anschaulich geschildert habe,
habe er sich während seines Dienstes in den Räumen der Notfallpraxis aufgehalten oder sei über Funk erreichbar geblieben.
Für ruhigere Phasen habe er sich Papierarbeit mit in die Notfallpraxis genommen. Die Inanspruchnahme im Rahmen von Dienstsituationen
wie im organisierten Not(fall)dienst, bei organisierten Sprechstunden oder bei anderen Ambulanzdiensten sei aber nicht mit
den Nrn. 01100 oder 01101 EBM 2000plus berechnungsfähig gewesen. Der Kläger habe in der Notfallpraxis auch keine Leistungen
nach Nr. 03313 EBM 2000plus abrechnen können. Zwar habe kein grundsätzlicher Ausschluss dieser Leistungen in der Not(fall)versorgung
bestanden. Doch habe ausweislich der Leistungslegende die schriftliche ärztliche Aufzeichnung zur Leistungserbringung gehört.
Eine Dokumentation, die sowohl das Ergebnis der orientierenden Statuserhebung als auch die erhobenen lebensgeschichtlichen
und sozialen Daten wiedergebe, fehle. Die Aufzeichnungen seien bei großzügiger Betrachtung und unter besonderer Berücksichtigung
der Notfallsituation in keinem der Fälle ausreichend. Dabei habe die Kammer keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Nutzung
eines Stempelvordrucks, zumal der verwendete Stempel die Kategorien "Lebensgesch. Daten" und "Soziale Daten" umfasse. Der
Kläger habe jedoch keine Einträge in diesen Kategorien vorgenommen oder sich auf pauschale Vermerke wie "Ø suizidal" oder
"in psych. Behandlung" beschränkt. Der Kläger habe keine Leistungen nach Nr. 03351 EBM 2000plus abrechnen können. Auch insoweit
gelte, dass nach der Leistungslegende Fachärzte für Allgemeinmedizin Leistungen nach dieser Gebührenposition unter anderem
dann berechnen könnten, wenn sie nachwiesen, dass sie diese Leistung bereits vor dem 31. Dezember 2002 abgerechnet hätten.
Alternativ ("und/oder") reiche es aus, wenn sie über eine mindestens einjährige pädiatrische Weiterbildung verfügten. Ausweislich
der von der Beklagten vorgelegten Umwandlungstabelle entspreche der Nr. 03351 EBM 2000plus die Nr. 1620 EBM 1996. Nach dieser
Gebührenposition habe der Kläger vor dem Stichtag nicht abgerechnet, wie er selber einräume. Aus dem Umstand, dass er Leistungen
nach den Nrn. 953 und Nr. 955 EBM 1996 erbracht habe, könne er nichts für die Abrechnung der Nr. 03351 EBM 2000plus herleiten.
Die Nr. 953 EBM 1996 sei zur Nr. 03350 EBM 2000plus (Orientierende entwicklungsneurologische Untersuchung eines Neugeborenen,
Säuglings, Kleinkindes oder Kindes) umgewandelt worden, während die Nr. 955 EBM 1996 in der Nr. 04350 EBM 2000plus (Untersuchung
und Beurteilung der funktionellen Entwicklung eines Säuglings, Kleinkindes oder Kindes bis zum vollendeten 6. Lebensjahr)
aufgegangen sei. Über eine mindestens einjährige pädiatrische Weiterbildung, die den Kläger alternativ zur Abrechnung der
Gebührenposition 03351 EBM 2000plus berechtigte, verfüge er nicht. Soweit der Kläger die Vergütung sämtlicher in der H. erbrachter
Leistungen unter Zugrundelegung seines arztindividuellen Punktwertes verlange, sei seine Klage zulässig, aber unbegründet.
Die Beklagte könne sich auf § 10 Abs. 1 Buchstabe d der seinerzeit gültigen Honorarverteilungsvereinbarung (i.F.: VM) stützen.
Es sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Regelung gegen höherrangiges Recht verstoße. Insbesondere sei es
nicht zu beanstanden, dass für die im Rahmen von hausärztlichen Notfallpraxen am Krankenhaus erbrachten Leistungen ein anderer
Punktwert gelte als für die ansonsten in den hausärztlichen Praxen erbrachten Leistungen. Die Berücksichtigung unterschiedlicher
Punktwerte sei keine sachwidrige Ungleichbehandlung, weil sich die Vergütung der im Rahmen von hausärztlichen Notfallpraxen
am Krankenhaus erbrachten Leistungen insgesamt ganz wesentlich von der Vergütung der ansonsten im Rahmen von hausärztlichen
Praxen erbrachten Leistungen unterschieden habe. Bei ersteren habe es sich um außerbudgetäre Leistungen gehandelt, während
letztere einer Mengenbegrenzung durch praxisbezogene Regelversorgungsvolumina unterlegen hätten. Sofern budgetüberschreitende
Leistungen in der regulären Praxis erbracht worden seien, seien sie nicht gesondert vergütet worden. Die in der hausärztlichen
Notfallpraxis vom selben Vertragsarzt erbrachten Leistungen seien hingegen unabhängig von einer etwaigen Budgetüberschreitung
vergütet worden, was sie derart von den übrigen Leistungen abgehoben habe, dass auch der Ansatz eines abweichenden Punktwerts
gerechtfertigt sei. Dass sich der Punktwert dann am Arztgruppendurchschnitt des Vorquartals orientiert habe, sei nicht als
sachwidrig zu beanstanden.
Am 23. Mai 2011 hat der Kläger Berufung eingelegt.
Er führt hinsichtlich der Nr. 03313 EBM 2000plus aus, er habe ausweislich des von ihm verwendeten Stempels Befunde abgefragt,
die den Inhalt der Leistungslegende sogar übererfüllt hätten. Unausgefüllt seien manche Felder nur geblieben, wenn aufgrund
des Gesundheitszustandes des Patienten keine Daten hätten erhoben werden können. Auch sei eine Darstellung in Kurzform ausreichend.
Sodann habe er Leistungen nach Nr. 03351 EBM 2000plus abrechnen dürfen, denn entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei
diese Nummer nicht die Nachfolgerregelung der Nr. 1620 EBM 1996, sondern sie sei abrechenbar, wenn der Vertragsarzt die Nr.
953 und/oder 1620 EBM 1996 abgerechnet habe. Der Kläger habe jedoch die Nr. 953 EBM in den Jahren 1998 und 1999 abgerechnet.
Weiterhin sei die Tätigkeit insgesamt unter Zugrundelegung seines arztindividuellen Punktwertes zu vergüten. Die Honorarbescheide
seien entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht etwa insoweit bestandskräftig geworden. Eine entsprechende Beschränkung
des Streitgegenstandes auf einzelne Teile der Bescheide sei dem erstinstanzlichen Klageantrag nicht zu entnehmen. In der Sache
habe das Bundessozialgericht durch Urteil vom 2. Juli 2014 (Az. B 6 KA 30/13 R, NZS 2014, 916, vorgesehen für SozR 4-2500 § 76 Nr. 2) entschieden, dass die Tätigkeit eines Vertragsarztes in der Notfallambulanz eines
Krankenhauses nicht schlechter vergütet werden dürfe als die in seiner Praxis erbrachten Leistungen. Wenn jedoch die Beklagte
eine Abrechnung nach den Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus versage, habe der Kläger im hausärztlichen Notdienst lediglich
die Versichertenpauschalen nach den Nrn. 03110, 03111 und 03112 EBM 2000plus abrechnen können. Dadurch, dass die Beklagte
zusätzlich nicht mit einem praxisorientierten Punktwert abrechne, liege die Vergütung für die ärztliche Tätigkeit am Wochenende
im Ergebnis unterhalb derer, die der Kläger in der Woche erziele. Hierbei falle ins Gewicht, dass es sich bei der Tätigkeit
in der H. um eine Fortsetzung der regulären Praxistätigkeit gehandelt habe, denn sie sei im Rahmen festgelegter Öffnungszeiten
erfolgt und die Inanspruchnahme des Arztes sei nicht als unvorhergesehen anzusehen gewesen, da er sich in einer Dienstsituation
befunden habe. Auch der Umstand, dass die Tätigkeit in der H. im Gegensatz zur Praxistätigkeit nicht budgetiert sei, stelle
kein sachliches Unterscheidungsmerkmal dar, denn die Budgetierung sei kein die vertragsärztliche Tätigkeit prägendes Merkmal,
sondern lediglich ein Detail der Vergütung. Vielmehr sei allein darauf abzustellen, ob die Tätigkeit eine Fortsetzung der
Praxistätigkeit oder aber eine besondere Inanspruchnahme darstelle. Schließlich habe die Beklagte dem Kläger auch mit Schreiben
vom 20. März 2008 eine Vergütung nach "seinem arztindividuellen Punktwert" zugesichert. Allerdings sei die einschlägige Berechnung
nicht nachvollziehbar und die Beklagte habe sie auf Nachfrage nicht zu erklären vermocht.
Für den Fall, dass der Senat eine Vergütung nach dem arztindividuellen Punktwert ablehne, habe der Kläger jedoch Anspruch
auf Vergütung unter Zugrundelegung der Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus. Andernfalls drohe eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung
gegenüber dem organisierten Notdienst.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. April 2011 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung ihres Honorarbescheides
vom 23. August 2006 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 29. August 2006, beide in Gestalt der Bescheide vom 30. Januar
2008 und vom 19. August 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2008, zu verurteilen, seine Honorarabrechnung
für das Quartal I/2006 mit der Maßgabe erneut zu bescheiden, dass 7 Leistungen nach Nr. 03313 EBM 2000plus und eine Leistung
nach Nr. 03351 EBM 2000plus zu vergüten sind und dass alle in der Hausärztlichen Notfallpraxis am M. erbrachten Leistungen
nach dem arztindividuellen Punktwert zu vergüten sind, hilfsweise mit der Maßgabe, dass 44 Leistungen nach Nr. 01100 EBM 2000plus
und 5 Leistungen nach 01101 EBM 2000plus zu vergüten sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung. Hinsichtlich der Nr. 03351 EBM 2000plus beruft sie sich auf das Transkodierungstool,
das die Kassenärztliche Bundesvereinigung anlässlich der Überleitung des bis zum 31. März 2005 geltenden EBM in den EBM 2000plus
zur Verfügung gestellt habe. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, deren fachliche Einschätzung für sie bindend sei, habe
ausschließlich darauf abgestellt, ob der Vertragsarzt unter Geltung des EBM 1996 berechtigt gewesen sei, die dortige Nr. 1620
anzusetzen. Überdies sei auf den in Nr. 03351 EBM 2000plus enthaltenen Genehmigungsvorbehalt hinzuweisen. Der Kläger habe
einen entsprechenden Antrag nicht gestellt. Hinsichtlich der Frage, welcher Punktwert anzunehmen ist, vertritt die Beklagte
die Auffassung, dass nur die Honorarbescheide betreffend die Quartale IV/2006, II/2007 und III/2007 in diesem Punkt angefochten
worden seien. Alle anderen Bescheide seien bestandskräftig geworden.
Der Senat hat hinsichtlich der Transkodierung eine Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (vom 19. November 2014)
eingeholt, in der es heißt, Voraussetzung für die Abrechnung von Nr. 03351 EBM 2000plus sei die frühere Abrechnung von Nr.
953 und/oder 1620 EBM 1996.
Der Senat hat am 25. Februar 2015 über die Berufungen mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte (2 Bände), die beigezogene
Verwaltungsakte der Beklagten sowie die vom Kläger vorgelegten Formulare "Dokumentation für den Arzt" verwiesen, deren wesentlicher
Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist im Hauptantrag nur hinsichtlich der nach Nr. 03313 EBM 2000plus
abgerechneten Leistungen begründet. Im Übrigen ist sie in Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.
A. Im Hauptantrag ist die Berufung teilweise begründet, denn die Beklagte durfte die nach Nr. 03313 EBM 2000plus abgerechneten
Leistungen nicht sachlich-rechnerisch richtigstellen. Hinsichtlich der nach Nr. 03351 EBM 2000plus abgerechneten Leistungen
war die Beklagte hingegen zu den vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen befugt. Weiterhin hat der Kläger auch
keinen Anspruch auf Neubescheidung seiner Honorarabrechnung unter Zugrundelegung eines anderen Punktwertes.
I.) Die Berechtigung der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellungen von Honorarforderungen ergab sich im streitigen
Quartal aus § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte bzw. § 34 Abs. 4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen, wonach
die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen
Richtigkeit berichtigt (LSG Hamburg, Urteil vom 7. Juni 2012, L 1 KA 59/09, juris, dort auch zur fehlenden Anwendbarkeit von §
106a SGB V auf Sachverhalte vor dem Quartal I/2007). Zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Honorarforderungen ist die Beklagte
befugt, soweit ein Vertragsarzt bei seiner Quartalsabrechnung Gebührennummern ansetzt, deren Tatbestand durch seine Leistungen
nicht erfüllt ist oder die er aus anderen Gründen nicht in Ansatz bringen darf (z.B. Fachfremdheit der Leistung oder Leistungsausschluss).
Dasselbe gilt, wenn der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen die Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen
der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2012 - B 6 KA 5/12 R, SozR 4-2500 § 115 Nr. 1 m.w.N.).
1.) Die Beklagte war allerdings nicht befugt, die nach Nr. 03313 EBM 2000plus abgerechneten Leistungen im Wege der sachlich-rechnerischen
Richtigstellung von der Vergütung auszunehmen.
a) Zunächst hat der Senat keine Bedenken gegen die Abrechenbarkeit dieser Gebührenziffer im freiwilligen Notfalldienst. Der
Senat geht hierbei davon aus, dass es für diese Frage auf dieselben Kriterien ankommt, die das Bundessozialgericht für die
Abrechnung im organisierten Notdienst (§
75 Abs.
1 Satz 2
SGB V) entwickelt hat. Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 12. Dezember 2012 (Az. B 6 KA 5/12 R, SozR 4-2500 § 115 Nr. 1) ergibt sich, dass die Sozialgerichte bei der Überprüfung sachlich-rechnerischer Richtigstellungen,
die die Abrechnung der im organisierten Notdienst (§
75 Abs.
1 Satz 2
SGB V) erbrachten Leistungen betreffen, auch zu prüfen haben, ob diese Leistungen im Rahmen einer Notfall-Erstversorgung geblieben
sind. Dasselbe hat für vertragsärztliche Leistungen zu gelten, die nicht im organisierten, sondern im (gesetzlich nicht geregelten)
freiwilligen Notfalldienst erbracht werden, denn seine Funktion und seine konkrete Ausgestaltung rücken den freiwilligen Notfalldient
- jedenfalls in der vorliegenden Konstellation - so weit in die Nähe des organisierten Notdienstes, dass Abrechnungsbeschränkungen,
die sich speziell aus der Funktion des Notdienstes ergeben, auch auf ihn Anwendung finden. Maßgeblich ist somit, dass der
Not(fall)dienst ausschließlich auf eine Notfall-Erstversorgung ausgerichtet ist (d.h. Gefahren für Leib und Leben sowie unzumutbaren
Schmerzen der Patienten zu begegnen und überdies die Notwendigkeit einer stationären Behandlung abzuklären hat) und der Vertragsarzt
dabei nicht mehr Leistungen erbringen und verordnen darf, als es dem Rahmen einer solchen Notfall-Erstversorgung entspricht
(BSG, Urteil vom 12. Dezember 2012 - B 6 KA 5/12 R, SozR 4-2500 § 115 Nr. 1 m.w.N.). Behandlungsausrichtung und Behandlungsumfang sind geringer als in der allgemeinen vertragsärztlichen
Versorgung und beschränken sich auf alle erforderlichen Maßnahmen bis zum erneuten Einsetzen der Regelversorgung in den üblichen
Sprechstundenzeiten. Der Notfalldienst berechtigt den Arzt von vornherein nicht zur Erbringung von Leistungen, die typischerweise
im Rahmen einer kontinuierlichen Patientenbetreuung anfallen (BSG, Urteil vom 17. September 2008 - B 6 KA 51/07 R, SozR 4-2500 § 75 Nr. 10). Auch der Umfang der Diagnostik ist auf die Erstversorgung des Patienten ausgerichtet. Befunde,
die dazu nicht benötigt werden, sind im Notfalldienst nicht zu erheben (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2012 - B 6 KA 5/12 R, SozR 4-2500 § 115 Nr. 1). Die ohnehin nur orientierende Erhebung des psychopathologischen Status, die u.a. der Abklärung
von Selbst- oder Fremdgefährdung dient, ist allerdings grundsätzlich geeignet, solche Krankheitszustände aufzudecken, bei
denen eine sofortige Intervention erforderlich ist. Sie kann daher auch und gerade im Not(fall)dienst geboten sein.
b) Sodann erfüllen die vorgelegten Dokumentationen nach Einschätzung des u.a. mit zwei sachkundigen ehrenamtlichen Richtern
besetzten Senats die Anforderungen aus der Leistungslegende von Nr. 03313 EBM 2000plus. Dokumentiert ist, dass der Kläger
den psychopathologischen Status orientierend erhoben und dabei lebensgeschichtliche und soziale Daten einbezogen hat. Dass
die schriftliche ärztliche Aufzeichnung eher kursorischer Natur ist und häufig nur Abkürzungen oder Symbole verwendet, ist
dem nur orientierenden Charakter der abgerechneten Leistung geschuldet und entspricht im Übrigen ärztlicher Übung. Nach dem
Eindruck, den sich der Senat von den Aufzeichnungen verschafft hat, wäre der Kläger jedenfalls in der Lage gewesen, auf der
Grundlage seiner Dokumentationen zwar eher knappe, aber auch ausreichende Befundberichte abzufassen.
2.) Hinsichtlich der (im Rahmen der regulären Praxistätigkeit abgerechneten) Leistung nach Nr. 03351 EBM 2000plus ("Orientierende
Untersuchung der Sprachentwicklung eines Säuglings, Kleinkindes, Kindes oder Jugendlichen") ist die sachlich-rechnerische
Richtigstellung hingegen zu Recht erfolgt, denn der Kläger hat seine Befugnis zur Abrechnung dieser Leistungen nicht rechtzeitig
nachgewiesen.
a) Der EBM 2000plus bestimmte ausdrücklich, dass Vertragsärzte des hausärztlichen Versorgungsbereiches die Leistungen berechnen
konnten, wenn sie nachwiesen, dass sie diese Leistungen bereits vor dem 31. Dezember 2002 abgerechnet hatten (Nr. 03313 EBM
2000plus, Hervorhebungen hinzugefügt). Zwar dürfte die Abrechnung dieser Gebührenordnungsnummer in Anbetracht der vom Senat
eingeholten Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 19. November 2014 nicht daran scheitern, dass der Kläger nicht
unter Geltung der alten Abrechnungsbestimmungen "diese Leistungen" im Sinne von Nr. 03351 EBM 2000plus abgerechnet hätte,
denn dazu zählen auch Leistungen nach Nr. 953 des damals gültigen EBM. Weiterhin findet sich auch kein normativer Anhaltspunkt
für den von der Beklagten angenommenen Genehmigungsvorbehalt, und eine derart weitgehende ergänzende Auslegung dieser Abrechnungsbestimmung
dürfte an den Grundsätzen der eingeschränkten Auslegbarkeit solcher Vorschriften (vgl. BSG, Urteil vom 28. April 2004 - B 6 KA 19/03 R, SozR 4-2500 § 87 Nr. 5 = juris, Rn. 18) scheitern.
b) Die Abrechnung scheitert im vorliegenden Fall indes daran, dass der Kläger die Voraussetzungen seiner Befugnis zur Abrechnung
"dieser Leistungen" nach altem Recht nicht im Sinne der Nr. 03351 EBM 2000plus nachgewiesen hat. Die Vorschrift ist so zu
verstehen, dass der Vertragsarzt, der sich auf die darin enthaltene Übergangsregelung beruft, deren Voraussetzungen nicht
nur selbst zu belegen hat, sondern dies auch nicht erst nachträglich tun kann. Für die Auslegung der vertragsärztlichen Vergütungsregelungen
ist in erster Linie der Wortlaut der Bestimmungen maßgeblich. Nur soweit der Wortlaut einer Vergütungsregelung zweifelhaft
ist und es seiner Klarstellung dient, kann eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang
stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Regelungen erfolgen. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger
Regelungen kommt nur unter noch engeren Voraussetzungen überhaupt in Betracht (hierzu und zum Vorangehenden BSG, Urteil vom 28. April 2004 - B 6 KA 19/03 R, SozR 4-2500 § 87 Nr. 5 = juris, Rn. 18), und eine teleologische Auslegung ist nicht statthaft.
Der Wortlaut der Gebührenordnungsnummer verknüpft das Berechnen der Leistung mit dem in der Vorschrift näher definierten Nachweis.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Mitwirkungspflicht an der Wirtschaftlichkeitsprüfung steht dem Vertragsarzt
ein Vergütungsanspruch nur dann zu, wenn er die Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen durfte; es
ist daher seine Angelegenheit, die zur Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und
zu belegen. Dies gilt vor allem dann, wenn er sich auf für ihn günstige Tatsachen berufen will, die allein ihm bekannt sind
oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (BSG, Urteil vom 21. März 2012 - B 6 KA 17/11 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 35; unter Berufung auf Treu und Glauben noch BSG, Urteil vom 8. Mai 1985 - 6 RKa 24/83, juris). Unterliegt der Vertragsarzt - wie Nr. 03351 EBM 2000plus dies anordnete - bei der Abrechnung seiner Leistungen einer
Substantiierungslast, so müssen die insoweit maßgeblichen medizinischen Befunde und/oder Diagnosen "jedenfalls für die Abrechnungsprüfung
aus der vorhandenen Dokumentation erkennbar sein" (so BSG, Urteil vom 12. Dezember 2012 - B 6 KA 5/12 R, SozR 4-2500 § 115 Nr. 1 zur Begründung der Abrechnung einer bestimmten Leistung in Notdienst). Dasselbe muss für andere
Abrechnungsvoraussetzungen nicht-medizinischer Natur gelten, wenn die einschlägige Bestimmung ihren Nachweis - wie hier -
ausdrücklich dem Vertragsarzt auferlegt. Zwar trifft es zu, dass grundsätzlich auch die Beklagte die Frage beantworten könnte,
ob der Kläger bereits nach altem Abrechnungsrecht "diese Leistungen" abgerechnet hatte. Abgesehen von der Frage, ob das Vorhalten
entsprechender Informationen auf Seiten einer Kassenärztlichen Vereinigung ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich und datenschutzrechtlich
zulässig ist, ändert dies allerdings nichts daran, dass der EBM 2000plus eindeutig den Vertragsarzt mit einer entsprechenden
Obliegenheit belastet.
Was den Zeitpunkt des gebotenen Nachweises angeht, so liegt dieser dem Wortlaut von Nr. 03351 EBM 2000plus grundsätzlich in
der Berechnung der Leistung, d.h. in der Geltendmachung des Honoraranspruchs durch Abrechnung gegenüber der Beklagten. Das
Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 12. Dezember 2012 (aaO.) allerdings erwogen, dass es "möglicherweise (...) auch
ausreichen (würde), wenn die nähere Begründung im Verfahren des Widerspruchs gegen die sachlich-rechnerische Richtigstellung
nachgeliefert wird." Im vorliegenden Fall braucht sich der Senat hierzu allerdings nicht zu positionieren, denn einen Nachweis
im Sinne von Nr. 03351 EBM 2000plus hat der Kläger jedenfalls bis zum Ende des Widerspruchsverfahrens nicht erbracht. Sein
Vortrag im Widerspruchsverfahren hat sich darauf beschränkt, die Beklagte werde bei Durchsicht ihrer Unterlagen feststellen,
dass er "diese pädiatrischen Ziffern" seit zwanzig Jahren abrechne und daher auch die Nr. 03351 EBM 2000plus ansetzen könne.
Dies lässt sich als Beweisantrag im Rahmen des Widerspruchsverfahrens verstehen, nicht aber als den Nachweis, den Nr. 03351
EBM 2000plus gerade dem Kläger auferlegt. Dies gilt erst recht für den im Januar 2008 nachgeschobenen Vortrag, er habe bereits
vor dem Jahr 2002 Leistungen nach den Nrn. 953/955 EBM 1996 abgerechnet und werde den entsprechenden Beweis vor dem Sozialgericht
führen.
II.) Das Sozialgericht hat auch die auf Neubescheidung der Honorarabrechnung unter Zugrundelegung des arztindividuellen Punktwertes
gerichtete Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
1.) Hinsichtlich des - erstmals mit Schriftsatz vom 13. September 2010 geltend gemachten - Klagebegehrens auf Vergütung aller
im Rahmen der H. erbrachten Leistungen unter Zugrundelegung des arztindividuellen Punktwerts lagen die Sachentscheidungsvoraussetzungen
nur vor, soweit der Kläger in seinem Widerspruchsschreiben die Vergütung aufgrund bestimmter Gebührennummern und somit letztlich
die Vergütung bestimmter oder zumindest bestimmbarer Behandlungsleistungen gefordert und an diesen Begehren bis zuletzt (d.h.
bis zur Antragstellung vor dem Sozialgericht) festgehalten hat. Im Übrigen sind der Honorar- und der Korrekturbescheid in
Bestandskraft erwachsen und damit bindend im Sinne von §
77 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) geworden.
a) Bei der Auslegung eines Widerspruchs ist - ebenso wie im Klageverfahren - grundsätzlich davon auszugehen, dass der gesamte
Abrechnungsbescheid zur Überprüfung gestellt wird (zum Klageverfahren Freudenberg in: jurisPK-
SGB V, 2. Aufl. 2012, §
85 SGB V Rn. 254). Eine Teilanfechtung kann nur angenommen werden, wenn ein Wille zur Begrenzung des Streitgegenstandes auf einen
abgrenzbaren Teil klar und eindeutig zum Ausdruck gekommen ist (BSG, Urteil vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 77/03 R, SozR 4-1500 § 92 Nr. 2; Freudenberg, aaO.). Das Bundessozialgericht hat in diesem Zusammenhang eine Klagebeschränkung für
den Fall angenommen, dass eine Klage ausweislich ihres Antrags oder ihrer Begründung nur insoweit erhoben wird, als die Honoraranforderung
auf Grund der sachlich-rechnerischen Richtigstellung bestimmter Gebührenordnungsnummern reduziert worden ist (BSG, aaO. = juris, Rn. 20). Ein abgrenzbarer Teil des Regelungsgegenstandes liegt in dieser Konstellation deswegen vor, weil
hinter einem Streit um die Einschlägigkeit bestimmter Gebührenordnungsnummern immer auch die im jeweiligen Einzelfall erbrachte
Behandlungsleistung steht.
Zugleich folgt aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. Februar 2005 (Az. B 6 KA 77/03 R, SozR 4-1500 § 92 Nr. 2) aber auch, dass sich ein Rechtsbehelf, mit dem die Abrechnung einer bestimmten Behandlungsleistung
gerügt wird, nicht gegenständlich auf die Fragen des EBM beschränkt. Denn während sich innerhalb der Honorarfestsetzung einzelne
Behandlungsleistungen problemlos unterscheiden lassen, handelt es sich bei dem Punktwert um ein integrales Begründungselement
im Rahmen der Honorarfestsetzung. Aus der Festsetzung des Honorars für ein bestimmtes Quartal lassen sich - dies zeigt der
vorliegende Fall - einzelne Behandlungsleistungen herausrechnen, was den Gesamtanspruch mindert, aber nicht etwa entfallen
lässt. Eine Herausnahme des Punktwertes brächte indes den Anspruch insgesamt, gewissermaßen dem Grunde nach, zu Fall. Es ist
daher davon auszugehen, dass der Kläger eine höhere Vergütung für diejenigen Behandlungsleistungen, hinsichtlich derer die
Sachentscheidungsvoraussetzungen noch vorliegen, unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten verlangt.
b) Der Kläger hatte am 6. September 2006 Widerspruch gegen die Bescheide vom 23. und 29. August 2006 eingelegt. Soweit er
in diesem Schreiben auf ein früheres Widerspruchsschreiben (vom 28. August 2006) Bezug nahm, musste ihm kurz danach anhand
der Eingangsmitteilung vom 13. September 2006 klar sein, dass ein solches Schreiben bei der Beklagten nicht eingegangen war
(mit der Folge, dass sich hieraus nicht der Umfang des Widerspruchs ergeben konnte). Die Erweiterung des Widerspruchs auch
auf den Punktwert für die im Rahmen der H. erbrachten Leistungen erfolgte erst im Januar 2008 und somit deutlich außerhalb
der Widerspruchsfrist (§
84 SGG).
Bei einer am sozialprozessualen Meistbegünstigungsprinzip (§
123 zweiter Halbsatz
SGG) orientierten Auslegung des Berufungsbegehrens ist somit zur Frage des zutreffenden Punktwertes bei der Vergütung derjenigen
Behandlungen zu entscheiden, die der Kläger mit seinem Klageantrag vor dem Sozialgericht noch weiterverfolgt hat und die ihm
dem Grunde nach auch zu vergüten sind, d.h. die vom Sozialgericht zugesprochenen Behandlungen im Sinne der Nr. 01821 EBM 2000plus
sowie die Leistungen nach Nr. 03313 EBM 2000plus.
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 7. April 2011, den der
Kläger in einem gesonderten Berufungsverfahren (Az. L 5 KA 4/13) angegriffen hat. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2007 und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 7. April
2011 sind nicht im Wege des §
96 SGG Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. Ihnen kann bei einer am objektiven Empfängerhorizont orientierten Auslegung
nicht - wie §
96 Abs.
1 SGG es voraussetzt - der Inhalt entnommen werden, dass er diejenigen Bescheide abändern oder ersetzen sollte, mit denen seinerzeit
über das Honorar des Klägers in den einzelnen Quartalen entschieden worden war.
Voraussetzung für eine Abänderung oder Ersetzung im genannten Sinne ist, dass der spätere Bescheid in einen Verfügungssatz
des früheren Bescheids eingreift, was wiederum impliziert, dass beide Bescheide zumindest teilweise denselben Streitgegenstand
betreffen (speziell zum Vertragsarztrecht BSG, Urteil vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 45/03 R, SozR 4-1500 § 86 Nr. 2). Der Bescheid vom 20. Dezember 2007 nahm deutlich auf den Rechtsbegriff der extrabudgetär vergüteten
Leistungen Bezug, wie er sich nunmehr (seit dem 1. April 2007) aus §
87a Abs.
3 Satz 5
SGB V ergibt. Die im zweiten Satzteil der Vorschrift eröffnete Möglichkeit, für vertragsärztliche Leistungen eine Vereinbarung
außerhalb der Gesamtvereinbarung zu treffen, wenn diese Leistungen besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch
oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist, bestand gewohnheitsrechtlich
auch schon vor der Schaffung dieser ausdrücklichen formell-gesetzlichen Regelung (Engelhardt, in: Hauck/Noftz,
SGB V, §
87a Rn. 68). Die §§
10 Abs. 1 Buchstabe a, 11 Abs. 1 Buchstabe a VM knüpften hieran an und sahen einen Vorabzug auch für von Haus- bzw. Fachärzten
abgerechneten Leistungen vor, für die eine besondere Vergütung mit den Krankenkassen bzw. deren Verbänden vereinbart worden
war.
Wenn der Bescheid vom 20. Dezember 2007 ausdrücklich auf Behandlungsleistungen wie bei der Substitutionsbehandlung (vgl. §
85 Abs.
2a SGB V in der bis zum 31. März 2007 geltenden Fassung, jetzt §
87a Abs.
3 Satz 5 erster Satzteil
SGB V) sowie auf Verhandlungen zwischen der Beklagten und bestimmten Krankenkassen Bezug nimmt, so ergibt sich bereits hieraus,
dass mit extrabudgetär vergüteten Leistungen solche nach Buchstabe a der jeweiligen Vorschrift des VM und nicht nach Buchstabe
d gemeint waren.
In Anbetracht des Widerspruchsbegehrens lässt sich dem Widerspruchsbescheid vom 7. April 2011 die Aussage entnehmen, dass
die vom Kläger geltend gemachte Mehrvergütung für die in der H. erbrachten und (unstreitig) nach der Nr. 99506 (einer rein
internen Abrechnungsziffer der Beklagten, die den in den §§ 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 VM geregelten Vorabzug sicherstellen sollte)
abzurechnenden Leistungen auch nicht aus den Mitteln zu zahlen ist, die die Beklagte im Wege einer Sondervereinbarung der
geschilderten Art erlangt hat (zu einer entfernt vergleichbaren Fallkonstellation auch BSG, Urteil vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 45/03 R, SozR 4-1500 § 86 Nr. 2).
2.) Der Kläger hat im Übrigen auch keinen Anspruch auf Neubescheidung unter Zugrundelegung eines höheren Punktwertes.
a) Fehler auf der Ebene einfach- und untergesetzlichen Rechts sind nicht erkennbar. § 10 Abs. 1 Buchstabe d zweiter Satzteil
VM bestimmte, dass aus dem Anteil der Gesamtvergütungen, die auf den hausärztlichen Bereich entfielen, vorab ambulante ärztliche
Notfallleistungen im Rahmen der von Hausärzten am Krankenhaus organisierten Notfalldienste mit dem durchschnittlichen hausärztlichen
Quartalspunktwert des Vorquartals zu berücksichtigen waren. Bei dem Vortrag des Klägers, die Beklagte habe die zugrundeliegenden
Werte durchgängig unzutreffend ermittelt und erhebliche Diskrepanzen nicht zu erklären vermocht, handelt es sich um einen
reinen Ausforschungsantrag, dem zu folgen der Senat keinen Anlass sieht.
b) Soweit sich der Kläger weiter darauf beruft, die Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 20. März 2008 eine Vergütung nach
dem arztindividuellen Punktwert "zugesichert", ergibt sich dergleichen aus dem Schreiben nicht. Weiterhin handelte es sich
bei dem Schreiben, das im Übrigen ausdrücklich den Zeitraum ab Januar 2008 betraf, auch nicht um eine in Verwaltungsaktsform
ergangene Zusicherung im Sinne von § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
c) Die einschlägige Regelung in der Honorarverteilungsvereinbarung ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Die im streitigen
Quartal gültige Honorarverteilungsvereinbarung war ihrer Rechtsnatur nach ein öffentlich-rechtlicher Normsetzungsvertrag (vgl.
allgemein zur Qualifikation von Honorarverteilungsvereinbarung: Clemens, in: Laufs, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl., 2010,
§ 34 Rn. 13). Prüfungsmaßstab ist daher § 58 Abs. 1 SGB X, wonach ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nichtig ist, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften
des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) ergibt. Da für die Honorarverteilungsvereinbarungen dieselben rechtlichen Maßstäbe zu gelten hatten wie für die in Satzungsform
ergangenen Honorarverteilungsmaßstäbe, an deren Stelle besagte Vereinbarungen vorübergehend getreten waren, ergab sich der
Prüfungsmaßstab insoweit aus §
134 BGB in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften des
SGB V (hierzu bereits Urteil des Senats vom 5. November 2014 - L 5 KA 28/11, juris) sowie mit weiterem höherrangigen Recht, wozu naturgemäß auch der vom Kläger angeführte allgemeinen Gleichheitssatz
in Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) gehört.
Jedoch ist der allgemeine Gleichheitssatz durch die inzident angegriffene Regelung in § 10 VM nicht verletzt. Art.
3 Abs.
1 GG gebietet es, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 23. Mai 2006 - 1 BvR 1484/99, BVerfGE 115, 381). Verletzt ist dieses Grundrecht allerdings erst, wenn der Normgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen
Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen,
dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2003 - 1 BvR 487/01, BVerfGE 107, 133).
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers lässt sich eine nach diesen Maßstäben relevante Ungleichbehandlung nicht daraus
herleiten, dass der einschlägige Honorarverteilungsmaßstab die Vergütung von Leistungen im Rahmen des freiwilligen Notdienstes
zumindest teilweise besonderen Regelungen unterwirft und sie damit anders behandelt als die reguläre Praxistätigkeit und die
Tätigkeit im organisierten Notdienst im Sinne von §
75 Abs.
1 Satz 2
SGB V. Bei der vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen des freiwilligen Notdienstes handelte es sich - jedenfalls in der im vorliegenden
Fall anzutreffenden Konstellation - nicht um eine schlichte Fortsetzung der regulären Praxistätigkeit an einem anderen Ort
und zu anderen Zeiten. Vielmehr wies bereits der organisatorische Rahmen, in dem sich diese Tätigkeit vollzog, ein Bild auf,
das sich von dem der Praxis eines niedergelassenen Arztes gravierend unterschied. Aus dem Vortrag des Klägers im erstinstanzlichen
Verfahren ergibt sich, dass die H. organisatorisch weitgehend dem M. eingegliedert war. Sie war für die Notfallpatienten nicht
unmittelbar erreichbar, vielmehr wurde im Einzelfall von den Mitarbeitern am zentralen Empfang des Krankenhauses entschieden,
ob ein Patient zur zentralen (offenbar: stationären) Notaufnahme weitergeleitet oder aber an die H. verwiesen wurde. Insbesondere
war die in der Öffentlichkeit bekannt gemachte Telefonnummer der H. eine Telefonnummer des Krankenhauses.
Die Partner der Honorarverteilungsvereinbarung waren nicht aus Gleichbehandlungsgründen dazu verpflichtet, den freiwilligen
Notfalldienst hinsichtlich der Vergütung dem organisierten Notfalldienst (völlig) gleichzustellen, denn es handelt sich rechtlich
betrachtet um unterschiedliche Institute (zu letzterem bereits LSG Hamburg, Urteil vom 7. Juni 2012 - L 1 KA 59/09, juris, Rn. 33). Der zentrale Unterschied liegt hierbei in der Freiwilligkeit der Teilnahme. Um der Sicherstellung eines
organisierten Notdienstes willen ordnen das Vertragsarztrecht und das ärztliche Berufsrecht eine grundsätzlich umfassende
Teilnahmepflicht aller niedergelassenen Ärzte am organisierten Notdienst an (Laufs in: Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts,
4. Aufl. 2010, § 17 Rn. 2 ff.), während sich eine entsprechende Teilnahmepflicht am freiwilligen Notfalldienst ausschließlich
aufgrund des autonom vom Arzt geschlossenen Vertrages ergeben kann (mit der Folge, dass bei einem Verstoß weit geringere Folge
drohen als bei Verstoß gegen die öffentlich-rechtliche Teilnahmepflicht am organisierten Notdienst).
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 2. Juli 2014 (Az. B 6 KA 30/13 R, NZS 2014, 916, vorgesehen für SozR 4-2500 § 76 Nr. 2) den Schluss gezogen wissen möchte, dass die Tätigkeit eines Vertragsarztes in der
Notfallambulanz eines Krankenhauses nicht schlechter vergütet werden dürfe als die in seiner Praxis erbrachten Leistungen,
vermag der Senat dies der Entscheidung des Bundessozialgerichts nicht zu entnehmen. Sie betrifft die Vergütungsansprüche von
Krankenhausträgern (und anderen Nichtvertragsärzten), deren Tätigkeit kraft §
76 Abs.
1 Satz 2
SGB V der vertragsärztlichen Versorgung zugeordnet ist und daher nach deren Maßstäben honoriert wird (zu dieser Zuordnung etwa
BSG, Urteil vom 17. September 2008 - B 6 KA 46/07 R, SozR 4-2500 § 75 Nr. 8 m.w.N.). Ein Gebot der Gleichstellung von freiwilligem und obligatorischem Notdienst lässt sich dem
zitierten Urteil des Bundessozialgerichts hingegen gerade nicht entnehmen. Es betrifft die Gleichbehandlung zweier verschiedener
Formen der vertragsärztlichen Versorgung (§
75 Abs.
1 Satz 2
SGB V einerseits und §
76 Abs.
1 Satz 2
SGB V andererseits), ordnet aber nicht an, dass eine völlig außerhalb des Sicherstellungsauftrags stattfindende Form der Notfallversorgung
hiermit gleichzusetzen wäre.
B. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung unter Berücksichtigung von Leistungen,
die nach den Nrn. 01100 oder 01101 EBM 2000plus anzusetzen gewesen wären. Dies gilt gleichermaßen für Leistungen im organisierten
Notdienst und im freiwilligen Notfalldienst.
Der EBM 2000plus enthielt in Abschnitt II (Arztgruppenübergreifende allgemeine Leistungen) 1. (Allgemeine Leistungen) 1.1
(Besondere Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten) u.a. die beiden genannten Gebührennummern, die beide
eine unvorhergesehene Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten zu den dort näher bestimmten Uhrzeiten voraussetzten.
Das Bundessozialgericht hat im Fall eines an der Notfallversorgung teilnehmenden Krankenhauses entschieden, dass die Abrechnung
der sog. "Unzeitzuschläge" für die Leistungen im Krankenhaus zur Notfallversorgung von vornherein ausscheide (BSG, Urteil vom 2. Juli 2014, B 6 KA 30/13 R, SozR 4-2500 § 76 Nr. 2 = juris, Rn. 12). Speziell zu einem Fall des freiwilligen Notdienstes hat der seinerzeit für das
Vertragsarztrecht zuständige 1. Senat des Landessozialgerichts Hamburg bereits entschieden, dass ein Patient, der sich beim
Vertragsarzt im Rahmen einer von diesem vorgehaltenen Notfallsprechstunde vorstelle, den Vertragsarzt nicht unvorhergesehen
im Sinne der Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus in Anspruch nehme (LSG Hamburg, Urteil vom 7. Juni 2012, L 1 KA 59/09, juris). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sowie des 1. Senats an.
C. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt gem. §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
154 Abs.
2 und §
155 Abs.
1 Satz 3
Verwaltungsgerichtsordnung der Kläger. Sein teilweises Obsiegen stellt sich als derart geringfügig dar, dass es - insbesondere da es keinen Gebührensprung
auslöst - bei der Kostenentscheidung nicht zu berücksichtigen ist.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.