Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neubescheidung seiner Honorarabrechnung für das Quartal IV/2006.
Er war im streitigen Quartal als Facharzt für Allgemeinmedizin im Bezirk der Beklagten zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Neben seiner regulären Tätigkeit sowie der Teilnahme an dem von der Beklagten in Wahrnehmung ihres Sicherstellungsauftrags
organisierten Notdienst (§
73 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) in Verbindung mit §
75 Abs.
1 Satz 2 erster Halbsatz
SGB V) behandelte er Patienten auch in der Hausärztlichen Notfallpraxis am M. (i.F.: H.) in H1. Hierbei handelt es sich um eine
Einrichtung niedergelassener Hausärzte in Zusammenarbeit mit dem M., die die allgemeinärztliche Notfallbehandlung sichern
und die Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und Hausarzt verbessern soll. Die Praxis hat am Wochenende und an Feiertagen von
9 Uhr bis 21 Uhr geöffnet.
Mit Bescheid vom 23. Mai 2007 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal IV/2006 fest und erklärte mit Bescheid vom 29.
Mai 2007, die Honorarforderung sei um 140.690 Punkte zu mindern gewesen, u.a. weil der Kläger für seine Tätigkeit im H. zu
Unrecht die Nrn. 01100, 01101 und 03005 des zum 1. April 2005 in Kraft getretenen Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche
Leistungen (EBM 2000plus) in Ansatz gebracht habe. Weiterhin sei der Kläger - offenbar im Rahmen seiner regulären Praxistätigkeit
- nicht berechtigt gewesen, nach den Nrn. 01821 und 03351 EBM 2000plus abzurechnen.
Der Kläger erhob hiergegen am 28. Juni 2007 Widerspruch, wobei er sich auch auf die Frage des zutreffenden Punktwertes bezog.
Weiterhin nahm die Widerspruchsbegründung auf verschiedene Gebührenordnungsnummern Bezug, allerdings nicht auch auf die Nr.
03351 EBM 2000plus.
Mit Bescheid vom 19. August 2008 half die Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als sie anstelle der in Ansatz gebrachten
Nr. 01821 EBM 2000plus die Nr. 13220 EBM 2000plus nachberechnete. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2008 wies sie
den Widerspruch im Übrigen zurück.
Am 13. Oktober 2008 hat der Kläger Klage erhoben.
Er hat ausgeführt, die Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus kämen zur Anwendung, da es sich bei dem Dienst in der H. nicht um
eine reguläre Sprechstunde gehandelt habe. Die Patienten hätten ihn unvorhergesehen in Anspruch genommen, da die H. nicht
einmal eine eigene Telefonnummer habe. Wenn Patienten als Notfall im M. vorstellig würden, obliege den Mitarbeitern am Empfang
des Krankenhauses die Entscheidung, sie in die zentrale Notaufnahme oder die H. weiterzuleiten. Leistungen nach Nr. 03005
EBM 2000plus seien abrechenbar, da der Interpretationsbeschluss, auf den sich die Beklagte berufe, nicht anwendbar sei, weil
sich seine Tätigkeit nicht als Notdienst, sondern als Fortsetzung der regulären Praxistätigkeit darstelle. Überdies sei der
Beschluss wegen unzulässiger Rückwirkung rechtswidrig. Leistungen nach Nr. 03351 EBM 2000plus seien abrechenbar, da der Kläger
entsprechende Leistungen bereits unter dem zuvor geltenden EBM 1996 abgerechnet habe. Schließlich müssten sämtliche Abrechnungen
neu erfolgen, da der praxisindividuelle Punktwert zugrunde zu legen sei.
Die Beklagte hat ausgeführt, die Nr. 03351 EBM 2000plus entspreche der Nr. 1620 EBM 1996, allerdings habe der Kläger derartige
Leistungen vor dem einschlägigen Stichtag nicht abgerechnet. Hinsichtlich der Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus sei die Inanspruchnahme
auch nicht unvorhergesehen erfolgt, denn der Kläger habe auch im Rahmen der H. damit rechnen müssen, in Anspruch genommen
zu werden. Hinsichtlich der Nr. 03005 EBM 2000plus ist die Beklagte bei ihrer Auffassung geblieben. Soweit der Kläger eine
Abrechnung der in der H. erbrachten Leistungen unter Zugrundelegung seines individuellen Punktwertes fordere, müsse dies zur
Konsequenz haben, dass auch diese Leistungen mit in sein Budget einflössen.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 13. April 2011 (dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 11.
Mai 2011) den Richtigstellungsbescheid insoweit aufgehoben, als dort 14 Leistungen nach Nr. 01821 EBM 2000plus von der Abrechnung
ausgenommen worden waren, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Kläger habe für seine Tätigkeit in der H. keine Leistungen
nach den Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus abrechnen dürfen. Der diensthabende Vertragsarzt werde durch die Patienten in einer
Notfallpraxis nicht unvorhergesehen in Anspruch genommen, denn auch wenn sich die Patienten ohne vorherige Ankündigung im
M. vorstellten und allein die Krankenhausmitarbeiter darüber entschieden, ob die Notfallbehandlung durch die Klinikärzte oder
in der hausärztlichen Notfallpraxis auf dem Klinikgelände erfolgen solle, würden die Patienten doch innerhalb fester und nach
außen veröffentlichter Öffnungszeiten in der Notfallpraxis vorstellig. Genau für diese Form der Inanspruchnahme sei die H.
errichtet worden. Während der Öffnungszeiten der Notfallpraxis habe sich der dort eingeteilte Vertragsarzt in einer Dienstsituation
befunden. Wie der Kläger anschaulich geschildert habe, habe er sich während seines Dienstes in den Räumen der Notfallpraxis
aufgehalten oder sei über Funk erreichbar geblieben. Für ruhigere Phasen habe er sich Papierarbeit mit in die Notfallpraxis
genommen. Die Inanspruchnahme im Rahmen von Dienstsituationen wie im organisierten Not(fall)dienst, bei organisierten Sprechstunden
oder bei anderen Ambulanzdiensten sei aber nicht mit den Nrn. 01100 oder 01101 EBM 2000plus berechnungsfähig gewesen. Nach
Nr. 03005 EBM 2000plus habe der Kläger nicht abrechnen dürfen, da der erforderliche unmittelbare diagnostische oder therapeutische
Zusammenhang zur Notfallversorgung nicht bestanden habe. Der Interpretationsbeschluss Nr. 64 habe keine Änderung der vorher
bereits geltenden Rechtslage bewirkt und sei im Übrigen auch vor dem streitigen Quartal gefasst worden. Der Kläger habe keine
Leistungen nach Nr. 03351 EBM 2000plus abrechnen können. Auch insoweit gelte, dass nach der Leistungslegende Fachärzte für
Allgemeinmedizin Leistungen nach dieser Gebührenposition unter anderem dann berechnen könnten, wenn sie nachwiesen, dass sie
diese Leistung bereits vor dem 31. Dezember 2002 abgerechnet hätten. Alternativ ("und/oder") reiche es aus, wenn sie über
eine mindestens einjährige pädiatrische Weiterbildung verfügten. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Umwandlungstabelle
entspreche der Nr. 03351 EBM 2000plus die Nr. 1620 EBM 1996. Nach dieser Gebührenposition habe der Kläger vor dem Stichtag
nicht abgerechnet, wie er selber einräume. Aus dem Umstand, dass er Leistungen nach den Nrn. 953 und Nr. 955 EBM 1996 erbracht
habe, könne er nichts für die Abrechnung der Nr. 03351 EBM 2000plus herleiten. Die Nr. 953 EBM 1996 sei zur Nr. 03350 EBM
2000plus (Orientierende entwicklungsneurologische Untersuchung eines Neugeborenen, Säuglings, Kleinkindes oder Kindes) umgewandelt
worden, während die Nr. 955 EBM 1996 in der Nr. 04350 EBM 2000plus (Untersuchung und Beurteilung der funktionellen Entwicklung
eines Säuglings, Kleinkindes oder Kindes bis zum vollendeten 6. Lebensjahr) aufgegangen sei. Über eine mindestens einjährige
pädiatrische Weiterbildung, die den Kläger alternativ zur Abrechnung der Gebührenposition 03351 EBM 2000plus berechtigte,
verfüge er nicht. Hinsichtlich der Frage des Punktwertes sei die Klage unzulässig, da der Honorarbescheid insoweit bestandskräftig
geworden sei.
Am 23. Mai 2011 hat der Kläger Berufung eingelegt.
Er führt hinsichtlich der Nr. 03005 EBM 2000plus aus, diese Gebührennummer sei abrechenbar gewesen, da es sich bei der Tätigkeit
für die H. nicht um Notdienst, sondern um eine Fortsetzung der regulären Praxistätigkeit gehandelt habe. Sodann habe er Leistungen
nach Nr. 03351 EBM 2000plus abrechnen dürfen, denn entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei diese Nummer nicht die Nachfolgerregelung
der Nr. 1620 EBM 1996, sondern sie sei abrechenbar, wenn der Vertragsarzt die Nr. 953 und/oder 1620 EBM 1996 abgerechnet habe.
Der Kläger habe jedoch die Nr. 953 EBM in den Jahren 1998 und 1999 abgerechnet. Weiterhin sei die Tätigkeit insgesamt unter
Zugrundelegung seines arztindividuellen Punktwertes zu vergüten. Die Honorarbescheide seien entgegen der Auffassung der Beklagten
auch nicht etwa insoweit bestandskräftig geworden. Eine entsprechende Beschränkung des Streitgegenstandes auf einzelne Teile
der Bescheide sei dem erstinstanzlichen Klageantrag nicht zu entnehmen. In der Sache habe das Bundessozialgericht durch Urteil
vom 2. Juli 2014 (Az. B 6 KA 30/13 R, NZS 2014, 916, vorgesehen für SozR 4-2500 § 76 Nr. 2) entschieden, dass die Tätigkeit eines Vertragsarztes in der Notfallambulanz eines
Krankenhauses nicht schlechter vergütet werden dürfe als die in seiner Praxis erbrachten Leistungen. Wenn jedoch die Beklagte
eine Abrechnung nach den Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus versage, habe der Kläger im hausärztlichen Notdienst lediglich
die Versichertenpauschalen nach den Nrn. 03110, 03111 und 03112 EBM 2000plus abrechnen können. Dadurch, dass die Beklagte
zusätzlich nicht mit einem praxisorientierten Punktwert abrechne, liege die Vergütung für die ärztliche Tätigkeit am Wochenende
im Ergebnis unterhalb derer, die der Kläger in der Woche erziele. Hierbei falle ins Gewicht, dass es sich bei der Tätigkeit
in der H. um eine Fortsetzung der regulären Praxistätigkeit gehandelt habe, denn sie sei im Rahmen festgelegter Öffnungszeiten
erfolgt und die Inanspruchnahme des Arztes sei nicht als unvorhergesehen anzusehen gewesen, da er sich in einer Dienstsituation
befunden habe. Auch der Umstand, dass die Tätigkeit in der H. im Gegensatz zur Praxistätigkeit nicht budgetiert sei, stelle
kein sachliches Unterscheidungsmerkmal dar, denn die Budgetierung sei kein die vertragsärztliche Tätigkeit prägendes Merkmal,
sondern lediglich ein Detail der Vergütung. Vielmehr sei allein darauf abzustellen, ob die Tätigkeit eine Fortsetzung der
Praxistätigkeit oder aber eine besondere Inanspruchnahme darstelle. Schließlich habe die Beklagte dem Kläger auch mit Schreiben
vom 20. März 2008 eine Vergütung nach "seinem arztindividuellen Punktwert" zugesichert. Allerdings sei die einschlägige Berechnung
nicht nachvollziehbar und die Beklagte habe sie auf Nachfrage nicht zu erklären vermocht.
Für den Fall, dass der Senat eine Vergütung nach dem arztindividuellen Punktwert ablehne, habe der Kläger jedoch Anspruch
auf Vergütung unter Zugrundelegung der Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus. Andernfalls drohe eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung
gegenüber dem organisierten Notdienst.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. April 2011 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.
Mai 2007 und unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Mai 2007 in Gestalt des Bescheides vom 19. August 2008 und des Widerspruchsbescheides
vom 11. September 2008 zu verurteilen, seine Honorarabrechnung für das Quartal IV/2006 mit der Maßgabe erneut zu bescheiden,
dass 114 Leistungen nach Nr. 03005 EBM 2000plus und eine Leistung nach Nr. 03351 EBM 2000plus zu vergüten sind und dass alle
in der Hausärztlichen Notfallpraxis am M. erbrachten Leistungen nach dem arztindividuellen Punktwert zu vergüten sind, hilfsweise
mit der Maßgabe, dass 108 Leistungen nach Nr. 01100 EBM 2000plus und 11 Leistungen nach 01101 EBM 2000plus zu vergüten sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung. Hinsichtlich der Nr. 03351 EBM 2000plus beruft sie sich auf das Transkodierungstool,
das die Kassenärztliche Bundesvereinigung anlässlich der Überleitung des bis zum 31. März 2005 geltenden EBM in den EBM 2000plus
zur Verfügung gestellt habe. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, deren fachliche Einschätzung für sie bindend sei, habe
ausschließlich darauf abgestellt, ob der Vertragsarzt unter Geltung des EBM 1996 berechtigt gewesen sei, die dortige Nr. 1620
anzusetzen. Überdies sei auf den in Nr. 03351 EBM 2000plus enthaltenen Genehmigungsvorbehalt hinzuweisen. Der Kläger habe
einen entsprechenden Antrag nicht gestellt.
Der Senat hat hinsichtlich der Transkodierung eine Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (vom 19. November 2014)
eingeholt, in der es heißt, Voraussetzung für die Abrechnung von Nr. 03351 EBM 2000plus sei die frühere Abrechnung von Nr.
953 und/oder 1620 EBM 1996.
Der Senat hat am 25. Februar 2015 über die Berufungen mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und die beigezogene Verwaltungsakte
der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist in Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.
A. Im Hauptantrag ist die Berufung unbegründet.
III.) Das Sozialgericht hat auch die auf Neubescheidung der Honorarabrechnung unter Zugrundelegung des arztindividuellen Punktwertes
gerichtete Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Zwar ist die Klage nicht unzulässig, da der der Kläger mit seinem Widerspruch
die Honorarabrechnung insgesamt angegriffen und die Beklagte dies in der Sache beschieden hat, jedoch steht dem Kläger ein
Anspruch auf Neubescheidung nicht zu. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Urteil vom 25.
Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, Bl. 18 ff. des Umdrucks) verwiesen.
B. Auch der Hilfsantrag ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung unter Berücksichtigung von Leistungen,
die nach den Nrn. 01100 oder 01101 EBM 2000plus anzusetzen gewesen wären. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen
auf sein Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, Bl. 21 des Umdrucks).