Parallelentscheidung zu LSG Hamburg - L 5 KA 29/11 - v. 25.02.2015
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neubescheidung seiner Honorarabrechnung für das Quartal IV/2005.
Er war im streitigen Quartal als Facharzt für Allgemeinmedizin im Bezirk der Beklagten zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Neben seiner regulären Tätigkeit sowie der Teilnahme an dem von der Beklagten in Wahrnehmung ihres Sicherstellungsauftrags
organisierten Notdienst (§
73 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) in Verbindung mit §
75 Abs.
1 Satz 2 erster Halbsatz
SGB V) behandelte er Patienten auch in der Hausärztlichen Notfallpraxis am M. (i.F.: H.) in H1. Hierbei handelt es sich um eine
Einrichtung niedergelassener Hausärzte in Zusammenarbeit mit dem M., die die allgemeinärztliche Notfallbehandlung sichern
und die Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und Hausarzt verbessern soll. Die Praxis hat am Wochenende und an Feiertagen von
9 Uhr bis 21 Uhr geöffnet.
Mit Bescheid vom 22. Mai 2006 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal IV/2005 fest und erklärte mit Bescheid vom 12.
Juni 2006 u.a., der Kläger habe in seiner regulären Sprechstunde zweimal die Nr. 03351 EBM des zum 1. April 2005 in Kraft
getretenen Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM 2000plus) zu Unrecht abgerechnet, ebenso neunmal
die Nr. 03313 EBM 2000plus im Rahmen des freiwilligen Notfalldienstes sowie 138 mal die Nr. 01100 EBM 2000plus und einmal
die Nr. 01101 EBM 2000plus.
Der Kläger legte am 21. Juni 2006 gegen beide Bescheide Widerspruch ein, zu dessen Begründung er auf verschiedene Gebührenordnungsnummer
nach dem EBM verwies und weiterhin ausführte, alle nach der Abrechnungsnummer 99506 zu vergütenden Leistungen seien unter
Zugrundelegung eines anderen Punktwertes zu vergüten. Hinsichtlich der Nr. 03351 EBM 2000plus verwies der Kläger auf die bereits
anhängigen Widersprüche betreffend andere Quartale.
Mit Bescheid vom 13. April 2007 erkannte die Beklagte verschiedene andere Gebührenordnungsnummern an, mit Bescheid vom 18.
Oktober 2007 hinsichtlich verschiedener Fälle nach der Nr. 03005 EBM 2000plus, in denen der Kläger am organisierten Notdienst
teilgenommen hatte. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2007 wies sie die Widersprüche im Übrigen zurück.
Am 17. Dezember 2007 hat der Kläger Klage erhoben.
Er hat ausgeführt, die Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus kämen zur Anwendung, da es sich bei dem Dienst in der H. nicht um
eine reguläre Sprechstunde gehandelt habe. Die Patienten hätten ihn unvorhergesehen in Anspruch genommen, da die H. nicht
einmal eine eigene Telefonnummer habe. Wenn Patienten als Notfall im M. vorstellig würden, obliege den Mitarbeitern am Empfang
des Krankenhauses die Entscheidung, sie in die zentrale Notaufnahme oder die H. weiterzuleiten. Er habe auch die Nr. 03313
EBM 2000plus zu Recht in Ansatz gebracht, denn er habe auf der Rückseite der Notfallprotokolle den vollständigen psychopathologischen
Befund des Notfallpatienten mit Hilfe eines Stempels notiert, während nach der Leistungslegende insoweit nur eine orientierende
Erhebung erforderlich sei. Auch die Beklagte stelle in ihren eigenen Notfallpraxen einen Stempelvordruck für die Erhebung
dieses Status zur Verfügung. Schließlich müssten sämtliche Abrechnungen neu erfolgen, da der praxisindividuelle Punktwert
zugrunde zu legen sei. Leistungen nach Nr. 03351 EBM 2000plus seien abrechenbar, da der Kläger entsprechende Leistungen bereits
unter dem zuvor geltenden EBM 1996 abgerechnet habe. Schließlich müssten sämtliche Abrechnungen neu erfolgen, da der praxisindividuelle
Punktwert zugrunde zu legen sei.
Die Beklagte hat ausgeführt, die Nr. 03351 EBM 2000plus entspreche der Nr. 1620 EBM 1996, allerdings habe der Kläger derartige
Leistungen vor dem einschlägigen Stichtag nicht abgerechnet. Hinsichtlich der Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus sei die Inanspruchnahme
auch nicht unvorhergesehen erfolgt, denn der Kläger habe auch im Rahmen der H. damit rechnen müssen, in Anspruch genommen
zu werden. Die Frage nach dem zutreffenden Punktwert sei lediglich in den Widersprüchen betreffend die Quartale IV/2006, II/2007
und III/2007 angesprochen worden. Hinsichtlich des Quartals I/2006 habe der Kläger sie erstmals mit Schriftsatz vom 13. September
2010 thematisiert, so dass insoweit Bestandskraft eingetreten sei.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 13. April 2011 (dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 6.
Mai 2011) die Beklagte hinsichtlich sieben Leistungen nach Nr. 01821 EBM 2000plus zur Neubescheidung verurteilt und im Übrigen
die Klage abgewiesen. Der Kläger habe für seine Tätigkeit in der H. keine Leistungen nach den Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus
abrechnen dürfen. Der diensthabende Vertragsarzt werde durch die Patienten in einer Notfallpraxis nicht unvorhergesehen in
Anspruch genommen, denn auch wenn sich die Patienten ohne vorherige Ankündigung im M. vorstellten und allein die Krankenhausmitarbeiter
darüber entschieden, ob die Notfallbehandlung durch die Klinikärzte oder in der hausärztlichen Notfallpraxis auf dem Klinikgelände
erfolgen solle, würden die Patienten doch innerhalb fester und nach außen veröffentlichter Öffnungszeiten in der Notfallpraxis
vorstellig. Genau für diese Form der Inanspruchnahme sei die H. errichtet worden. Während der Öffnungszeiten der Notfallpraxis
habe sich der dort eingeteilte Vertragsarzt in einer Dienstsituation befunden. Wie der Kläger anschaulich geschildert habe,
habe er sich während seines Dienstes in den Räumen der Notfallpraxis aufgehalten oder sei über Funk erreichbar geblieben.
Für ruhigere Phasen habe er sich Papierarbeit mit in die Notfallpraxis genommen. Die Inanspruchnahme im Rahmen von Dienstsituationen
wie im organisierten Not(fall)dienst, bei organisierten Sprechstunden oder bei anderen Ambulanzdiensten sei aber nicht mit
den Nrn. 01100 oder 01101 EBM 2000plus berechnungsfähig gewesen. Der Kläger habe in der Notfallpraxis auch keine Leistungen
nach Nr. 03313 EBM 2000plus abrechnen können. Zwar habe kein grundsätzlicher Ausschluss dieser Leistungen in der Not(fall)versorgung
bestanden. Doch habe ausweislich der Leistungslegende die schriftliche ärztliche Aufzeichnung zur Leistungserbringung gehört.
Eine Dokumentation, die sowohl das Ergebnis der orientierenden Statuserhebung als auch die erhobenen lebensgeschichtlichen
und sozialen Daten wiedergebe, fehle. Die Aufzeichnungen seien bei großzügiger Betrachtung und unter besonderer Berücksichtigung
der Notfallsituation in keinem der Fälle ausreichend. Dabei habe die Kammer keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Nutzung
eines Stempelvordrucks, zumal der verwendete Stempel die Kategorien "Lebensgesch. Daten" und "Soziale Daten" umfasse. Der
Kläger habe jedoch keine Einträge in diesen Kategorien vorgenommen oder sich auf pauschale Vermerke wie "Ø suizidal" oder
"in psych. Behandlung" beschränkt. Der Kläger habe keine Leistungen nach Nr. 03351 EBM 2000plus abrechnen können. Auch insoweit
gelte, dass nach der Leistungslegende Fachärzte für Allgemeinmedizin Leistungen nach dieser Gebührenposition unter anderem
dann berechnen könnten, wenn sie nachwiesen, dass sie diese Leistung bereits vor dem 31. Dezember 2002 abgerechnet hätten.
Alternativ ("und/oder") reiche es aus, wenn sie über eine mindestens einjährige pädiatrische Weiterbildung verfügten. Ausweislich
der von der Beklagten vorgelegten Umwandlungstabelle entspreche der Nr. 03351 EBM 2000plus die Nr. 1620 EBM 1996. Nach dieser
Gebührenposition habe der Kläger vor dem Stichtag nicht abgerechnet, wie er selber einräume. Aus dem Umstand, dass er Leistungen
nach den Nrn. 953 und Nr. 955 EBM 1996 erbracht habe, könne er nichts für die Abrechnung der Nr. 03351 EBM 2000plus herleiten.
Die Nr. 953 EBM 1996 sei zur Nr. 03350 EBM 2000plus (Orientierende entwicklungsneurologische Untersuchung eines Neugeborenen,
Säuglings, Kleinkindes oder Kindes) umgewandelt worden, während die Nr. 955 EBM 1996 in der Nr. 04350 EBM 2000plus (Untersuchung
und Beurteilung der funktionellen Entwicklung eines Säuglings, Kleinkindes oder Kindes bis zum vollendeten 6. Lebensjahr)
aufgegangen sei. Über eine mindestens einjährige pädiatrische Weiterbildung, die den Kläger alternativ zur Abrechnung der
Gebührenposition 03351 EBM 2000plus berechtigte, verfüge er nicht. Hinsichtlich einer Zugrundelegung seines arztindividuellen
Punktwerts für alle Leistungen in der H. sei die Klage bereits unzulässig: Bereits die Klagebegründung habe keine Ausführungen
zum Punktwert enthalten und im Erörterungstermin am 13. Januar 2010 habe der Kläger die Klage auf bestimmte sachlich-rechnerische
Richtigstellungen beschränkt und diejenigen Berichtigungen bezeichnet, die nicht mehr angegriffen werden sollten. Darüber
hinaus sei die Klage - ihre Zulässigkeit unterstellt - aber auch unbegründet.
Am 23. Mai 2011 hat der Kläger Berufung eingelegt.
Er führt hinsichtlich der Nr. 03313 EBM 2000plus aus, er habe ausweislich des von ihm verwendeten Stempels Befunde abgefragt,
die den Inhalt der Leistungslegende sogar übererfüllt hätten. Unausgefüllt seien manche Felder nur geblieben, wenn aufgrund
des Gesundheitszustandes des Patienten keine Daten hätten erhoben werden können. Auch sei eine Darstellung in Kurzform ausreichend.
Sodann habe er Leistungen nach Nr. 03351 EBM 2000plus abrechnen dürfen, denn entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei
diese Nummer nicht die Nachfolgerregelung der Nr. 1620 EBM 1996, sondern sie sei abrechenbar, wenn der Vertragsarzt die Nr.
953 und/oder 1620 EBM 1996 abgerechnet habe. Der Kläger habe jedoch die Nr. 953 EBM in den Jahren 1998 und 1999 abgerechnet.
Weiterhin sei die Tätigkeit insgesamt unter Zugrundelegung seines arztindividuellen Punktwertes zu vergüten. Die Honorarbescheide
seien entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht etwa insoweit bestandskräftig geworden. Eine entsprechende Beschränkung
des Streitgegenstandes auf einzelne Teile der Bescheide sei dem erstinstanzlichen Klageantrag nicht zu entnehmen. In der Sache
habe das Bundessozialgericht durch Urteil vom 2. Juli 2014 (Az. B 6 KA 30/13 R, NZS 2014, 916, vorgesehen für SozR 4-2500 § 76 Nr. 2) entschieden, dass die Tätigkeit eines Vertragsarztes in der Notfallambulanz eines
Krankenhauses nicht schlechter vergütet werden dürfe als die in seiner Praxis erbrachten Leistungen. Wenn jedoch die Beklagte
eine Abrechnung nach den Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus versage, habe der Kläger im hausärztlichen Notdienst lediglich
die Versichertenpauschalen nach den Nrn. 03110, 03111 und 03112 EBM 2000plus abrechnen können. Dadurch, dass die Beklagte
zusätzlich nicht mit einem praxisorientierten Punktwert abrechne, liege die Vergütung für die ärztliche Tätigkeit am Wochenende
im Ergebnis unterhalb derer, die der Kläger in der Woche erziele. Hierbei falle ins Gewicht, dass es sich bei der Tätigkeit
in der H. um eine Fortsetzung der regulären Praxistätigkeit gehandelt habe, denn sie sei im Rahmen festgelegter Öffnungszeiten
erfolgt und die Inanspruchnahme des Arztes sei nicht als unvorhergesehen anzusehen gewesen, da er sich in einer Dienstsituation
befunden habe. Auch der Umstand, dass die Tätigkeit in der H. im Gegensatz zur Praxistätigkeit nicht budgetiert sei, stelle
kein sachliches Unterscheidungsmerkmal dar, denn die Budgetierung sei kein die vertragsärztliche Tätigkeit prägendes Merkmal,
sondern lediglich ein Detail der Vergütung. Vielmehr sei allein darauf abzustellen, ob die Tätigkeit eine Fortsetzung der
Praxistätigkeit oder aber eine besondere Inanspruchnahme darstelle. Schließlich habe die Beklagte dem Kläger auch mit Schreiben
vom 20. März 2008 eine Vergütung nach "seinem arztindividuellen Punktwert" zugesichert. Allerdings sei die einschlägige Berechnung
nicht nachvollziehbar und die Beklagte habe sie auf Nachfrage nicht zu erklären vermocht.
Für den Fall, dass der Senat eine Vergütung nach dem arztindividuellen Punktwert ablehne, habe der Kläger jedoch Anspruch
auf Vergütung unter Zugrundelegung der Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus. Andernfalls drohe eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung
gegenüber dem organisierten Notdienst.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts H1 vom 13. April 2011 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. Mai
2006 und unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2006, beide in Gestalt der Bescheide vom 13. April 2007 und vom 18. Oktober
2007 sowie des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2007, zu verurteilen, seine Honorarabrechnung für das Quartal IV/2005
mit der Maßgabe erneut zu bescheiden, dass 9 Leistungen nach Nr. 03313 EBM 2000plus und zwei Leistungen nach Nr. 03351 EBM
2000plus zu vergüten sind und dass alle in der Hausärztlichen Notfallpraxis am M. erbrachten Leistungen nach dem arztindividuellen
Punktwert zu vergüten sind, hilfsweise mit der Maßgabe, dass 138 Leistungen nach Nr. 01100 EBM 2000plus und eine Leistung
nach 01101 EBM 2000plus zu vergüten sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung. Hinsichtlich der Nr. 03351 EBM 2000plus beruft sie sich auf das Transkodierungstool,
das die Kassenärztliche Bundesvereinigung anlässlich der Überleitung des bis zum 31. März 2005 geltenden EBM in den EBM 2000plus
zur Verfügung gestellt habe. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, deren fachliche Einschätzung für sie bindend sei, habe
ausschließlich darauf abgestellt, ob der Vertragsarzt unter Geltung des EBM 1996 berechtigt gewesen sei, die dortige Nr. 1620
anzusetzen. Überdies sei auf den in Nr. 03351 EBM 2000plus enthaltenen Genehmigungsvorbehalt hinzuweisen. Der Kläger habe
einen entsprechenden Antrag nicht gestellt. Hinsichtlich der Frage, welcher Punktwert anzunehmen ist, vertritt die Beklagte
die Auffassung, dass nur die Honorarbescheide betreffend die Quartale IV/2006, II/2007 und III/2007 in diesem Punkt angefochten
worden seien. Alle anderen Bescheide seien bestandskräftig geworden.
Der Senat hat hinsichtlich der Transkodierung eine Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (vom 19. November 2014)
eingeholt, in der es heißt, Voraussetzung für die Abrechnung von Nr. 03351 EBM 2000plus sei die frühere Abrechnung von Nr.
953 und/oder 1620 EBM 1996.
Der Senat hat am 25. Februar 2015 über die Berufungen mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte, die beigezogene Verwaltungsakte
der Beklagten sowie die vom Kläger vorgelegten Formulare "Dokumentation für den Arzt" verwiesen, deren wesentlicher Inhalt
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist im Hauptantrag nur hinsichtlich der nach Nr. 03313 EBM 2000plus
abgerechneten Leistungen begründet. Im Übrigen ist sie in Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.
A. Im Hauptantrag ist die Berufung teilweise begründet, denn die Beklagte durfte die nach Nr. 03313 EBM 2000plus abgerechneten
Leistungen nicht sachlich-rechnerisch richtigstellen. Hinsichtlich der nach Nr. 03351 EBM 2000plus abgerechneten Leistungen
war die Beklagte hingegen zu den vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen befugt. Weiterhin hat der Kläger auch
keinen Anspruch auf Neubescheidung seiner Honorarabrechnung unter Zugrundelegung eines anderen Punktwertes.
I.) Die grundsätzliche Berechtigung der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellungen von Honorarforderungen ergab
sich im streitigen Quartal aus § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte bzw. § 34 Abs. 4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen,
wonach die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen
Richtigkeit berichtigt (LSG Hamburg, Urteil vom 7. Juni 2012, L 1 KA 59/09, juris, dort auch zur fehlenden Anwendbarkeit von §
106a SGB V auf Sachverhalte vor dem Quartal I/2007). Zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Honorarforderungen ist die Beklagte
befugt, soweit ein Vertragsarzt bei seiner Quartalsabrechnung Gebührennummern ansetzt, deren Tatbestand durch seine Leistungen
nicht erfüllt ist oder die er aus anderen Gründen nicht in Ansatz bringen darf (z.B. Fachfremdheit der Leistung oder Leistungsausschluss).
Dasselbe gilt, wenn der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen die Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen
der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2012 - B 6 KA 5/12 R, SozR 4-2500 § 115 Nr. 1 m.w.N.).
1.) Die Beklagte war allerdings nicht befugt, die nach Nr. 03313 EBM 2000plus abgerechneten Leistungen im Wege der sachlich-rechnerischen
Richtigstellung von der Vergütung auszunehmen. Zunächst hat der Senat keine Bedenken gegen die Abrechenbarkeit dieser Gebührenziffer
im freiwilligen Notfalldienst. Er verweist zur Vermeidung von Wiederholungen in diesem Punkt entsprechend §
153 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf seine Darlegungen im Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, Bl. 11 f. des Umdrucks), das beiden Beteiligten bekannt ist. Weiterhin erfüllen die vorgelegten Dokumentationen nach Einschätzung
des u.a. mit zwei sachkundigen ehrenamtlichen Richtern besetzten Senats die Anforderungen aus der Leistungslegende von Nr.
03313 EBM 2000plus. Dokumentiert ist, dass der Kläger den psychopathologischen Status orientierend erhoben und dabei lebensgeschichtliche
und soziale Daten einbezogen hat. Dass die schriftliche ärztliche Aufzeichnung eher kursorischer Natur ist und häufig nur
Abkürzungen oder Symbole verwendet, ist dem nur orientierenden Charakter der abgerechneten Leistung geschuldet und entspricht
im Übrigen ärztlicher Übung. Nach dem Eindruck, den sich der Senat von den Aufzeichnungen verschafft hat, wäre der Kläger
jedenfalls in der Lage gewesen, auf der Grundlage seiner Dokumentationen zwar eher knappe, aber auch ausreichende Befundberichte
abzufassen.
2.) Hinsichtlich der (im Rahmen der regulären Praxistätigkeit abgerechneten) Leistung nach Nr. 03351 EBM 2000plus ("Orientierende
Untersuchung der Sprachentwicklung eines Säuglings, Kleinkindes, Kindes oder Jugendlichen") ist die sachlich-rechnerische
Richtigstellung hingegen zu Recht erfolgt, denn der Kläger hat seine Befugnis zur Abrechnung dieser Leistungen nicht rechtzeitig
nachgewiesen. Unter Zugrundelegung der Voraussetzungen für eine Abrechnung nach dieser Gebührenposition, hinsichtlich derer
der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, Bl. 12 ff. des Umdrucks) verweist, konnte der Kläger hiernach nicht abrechnen, denn er hat jedenfalls nicht bis zum Ende
des Widerspruchsverfahrens den gemäß Nr. 03351 EBM 2000plus erforderlichen Nachweis erbracht.
II.) Das Sozialgericht hat auch die auf Neubescheidung der Honorarabrechnung unter Zugrundelegung des arztindividuellen Punktwertes
gerichtete Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Hierbei ist dem Kläger zuzugeben, dass der Honorarbescheid der Beklagten nicht in Bestandskraft erwachsen ist, denn der Kläger
hat in seinem Widerspruch auf die von der Beklagten verwandte Abrechnungsnummer 99506 Bezug genommen, mit der - wie sich aus
den §§ 10 Abs. 1 Buchstabe d und 11 Abs. 1 Buchstabe d der in den Quartalen II/2005 bis IV/2007 geltenden Honorarverteilungsvereinbarungen
ergibt - u.a. solche Leistungen zu kennzeichnen waren, die in der H. erbracht wurden. Weiterhin waren die "Klarstellungen"
seitens des Klägers im Erörterungstermin am 13. Januar 2010 auch nicht als teilweise Klagerücknahme anzusehen. Eine entsprechende
Prozesserklärung (im Sinne von Klagerücknahme, Klageverzicht o.ä.) lässt sich dem Protokoll bereits deswegen nicht entnehmen,
weil nicht protokolliert worden ist, dass eine solche Erklärung vom Prozessbevollmächtigten des Klägers genehmigt worden wäre.
Der Kläger hat jedoch auch aus den Gründen, die der Senat in seinem Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, Bl. 18 bis 20 des Umdrucks), das beiden Beteiligten bekannt ist, dargestellt hat, keinen Anspruch auf Neubescheidung unter
Zugrundelegung eines höheren Punktwertes. Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht der Senat in entsprechender Anwendung von
§
153 Abs.
2 SGG von einer erneuten Darstellung ab.
B. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung unter Berücksichtigung von Leistungen,
die nach den Nrn. 01100 oder 01101 EBM 2000plus anzusetzen gewesen wären. Der Senat sieht auch in diesem Punkt von einer näheren
Darstellung ab und verweist vollinhaltlich auf seine Darlegungen im Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, Bl. 21 des Umdrucks), das beiden Beteiligten bekannt ist.
C. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt gem. §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
154 Abs.
2 und §
155 Abs.
1 Satz 3
Verwaltungsgerichtsordnung der Kläger. Sein teilweises Obsiegen stellt sich als derart geringfügig dar, dass es - insbesondere da es keinen Gebührensprung
auslöst - bei der Kostenentscheidung nicht zu berücksichtigen ist.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.