Neubescheidung einer ärztlichen Honorarabrechnung
Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Honorarforderungen
Konkludente Klagerücknahme
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neubescheidung seiner Honorarabrechnung für das Quartal III/2005.
Er war im streitigen Quartal als Facharzt für Allgemeinmedizin im Bezirk der Beklagten zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Neben seiner regulären Tätigkeit sowie der Teilnahme an dem von der Beklagten in Wahrnehmung ihres Sicherstellungsauftrags
organisierten Notdienst (§
73 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) in Verbindung mit §
75 Abs.
1 Satz 2 erster Halbsatz
SGB V) behandelte er Patienten auch in der Hausärztlichen Notfallpraxis am M. (i.F.: H.) in H1. Hierbei handelt es sich um eine
Einrichtung niedergelassener Hausärzte in Zusammenarbeit mit dem M., die die allgemeinärztliche Notfallbehandlung sichern
und die Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und Hausarzt verbessern soll. Die Praxis hat am Wochenende und an Feiertagen von
9 Uhr bis 21 Uhr geöffnet.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2006 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal III/2005 fest. Mit insgesamt 3 Bescheiden
vom 27. Februar 2006 erklärte sie folgende sachlich-rechnerische Richtigstellungen u.a. bezüglich der Nrn. 03005 und 03313
des zum 1. April 2005 in Kraft getretenen Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM 2000plus) im organisierten
Notdienst und der Nrn. 01100, 01101, 01821 und 03313 EBM 2000plus im Rahmen der H ...
Am 6. März 2006 legte der Kläger Widerspruch ein, in dem er ausdrücklich auf die Richtigstellungsbescheide und auf verschiedene
Gebührenordnungsnummern Bezug nahm: Auch die Nr. 03313 EBM 2000plus sei im Notdienst abrechenbar, etwa wenn über eine Krankenhauseinweisung
entschieden oder eine mögliche Suizidgefahr eingeschätzt werden müsse. Am 12. Mai 2006 ging bei der Beklagten ein Schreiben
des Klägers (vom 10. Mai 2006) ein, in dem er auf seinen Widerspruch Bezug nahm und diesen begründete. Der Widerspruch betreffe
"insbesondere" die Nichtabrechenbarkeit der Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus. Hinsichtlich der Nrn. 01821 und 03313 verweise
er auf eine früheren Widerspruch. Weiterhin fordere er die Nachvergütung der Nr. 03005 EBM 2000plus hinsichtlich der Quartale
II/2005 und III/2005. Am 15. August 2006 forderte der Kläger weiterhin eine Neuberechnung der "Leistungen nach 99506".
Mit Bescheid vom 18. Oktober 2007 half die Beklagte hinsichtlich mehrerer Abrechnungen nach Nr. 03005 EBM 2000plus im organisierten
Notdienst ab. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2007 half sie außerdem insoweit ab, als sie in 123 Fällen nach Nr. 01102 EBM 2000plus
vergütete. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2007 half sie hinsichtlich einer Abrechnung nach Nr. 35100 EBM 2000plus
ab und wies den Widerspruch im Übrigen zurück.
Am 17. Dezember 2007 hat der Kläger Klage erhoben und im Klageverfahren zuletzt eine Neubescheidung unter Berücksichtigung
von 13 Leistungen nach Nr. 03313 EBM 2000plus (davon 8 im organisierten Notdienst und 5 in der H.), 110 Leistungen nach Nr.
01100 EBM 2000plus in der H., 10 Leistungen nach Nr. 01101 EBM 2000plus in der H. und 5 Leistungen nach 01821 EBM 2000plus
in der H. geltend gemacht. Weiterhin hat er die Zugrundelegung seines arztindividuellen Punktwerts für alle Leistungen in
der H. verlangt.
Der Kläger hat ausgeführt, die Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus kämen zur Anwendung, da es sich bei dem Dienst in der H.
nicht um eine reguläre Sprechstunde gehandelt habe. Die Patienten hätten ihn unvorhergesehen in Anspruch genommen, da die
H. nicht einmal eine eigene Telefonnummer habe. Wenn Patienten als Notfall im M. vorstellig würden, obliege den Mitarbeitern
am Empfang des Krankenhauses die Entscheidung, sie in die zentrale Notaufnahme oder die H. weiterzuleiten. Leistungen nach
Nr. 03351 EBM 2000plus seien abrechenbar, da der Kläger entsprechende Leistungen bereits unter dem zuvor geltenden EBM 1996
abgerechnet habe. Er habe auch die Nr. 03313 EBM 2000plus zu Recht in Ansatz gebracht, denn er habe auf der Rückseite der
Notfallprotokolle den vollständigen psychopathologischen Befund des Notfallpatienten mit Hilfe eines Stempels notiert, während
nach der Leistungslegende insoweit nur eine orientierende Erhebung erforderlich sei. Auch die Beklagte stelle in ihren eigenen
Notfallpraxen einen Stempelvordruck für die Erhebung dieses Status zur Verfügung. Schließlich müssten sämtliche Abrechnungen
neu erfolgen, da der praxisindividuelle Punktwert zugrunde zu legen sei.
Die Beklagte hat ausgeführt, hinsichtlich der Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus sei die Inanspruchnahme auch nicht unvorhergesehen
erfolgt, denn der Kläger habe auch im Rahmen der H. damit rechnen müssen, in Anspruch genommen zu werden. Die Frage nach dem
zutreffenden Punktwert sei lediglich in den Widersprüchen betreffend die Quartale IV/2006, II/2007 und III/2007 angesprochen
worden. Hinsichtlich des vorliegend streitigen Quartals habe der Kläger sie erstmals mit Schriftsatz vom 13. September 2010
thematisiert, so dass insoweit Bestandskraft eingetreten sei.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 13. April 2011 die Beklagte hinsichtlich fünf Leistungen nach Nr. 01821 EBM 2000plus
zur Neubescheidung verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Kläger habe für seine Tätigkeit in der H. keine Leistungen
nach den Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus abrechnen dürfen. Der diensthabende Vertragsarzt werde durch die Patienten in einer
Notfallpraxis nicht unvorhergesehen in Anspruch genommen, denn auch wenn sich die Patienten ohne vorherige Ankündigung im
M. vorstellten und allein die Krankenhausmitarbeiter darüber entschieden, ob die Notfallbehandlung durch die Klinikärzte oder
in der hausärztlichen Notfallpraxis auf dem Klinikgelände erfolgen solle, würden die Patienten doch innerhalb fester und nach
außen veröffentlichter Öffnungszeiten in der Notfallpraxis vorstellig. Genau für diese Form der Inanspruchnahme sei die H.
errichtet worden. Während der Öffnungszeiten der Notfallpraxis habe sich der dort eingeteilte Vertragsarzt in einer Dienstsituation
befunden. Wie der Kläger anschaulich geschildert habe, habe er sich während seines Dienstes in den Räumen der Notfallpraxis
aufgehalten oder sei über Funk erreichbar geblieben. Für ruhigere Phasen habe er sich Papierarbeit mit in die Notfallpraxis
genommen. Die Inanspruchnahme im Rahmen von Dienstsituationen wie im organisierten Not(fall)dienst, bei organisierten Sprechstunden
oder bei anderen Ambulanzdiensten sei aber nicht mit den Nrn. 01100 oder 01101 EBM 2000plus berechnungsfähig gewesen. Der
Kläger habe in der Notfallpraxis auch keine Leistungen nach Nr. 03313 EBM 2000plus abrechnen können. Zwar habe kein grundsätzlicher
Ausschluss dieser Leistungen in der Not(fall)versorgung bestanden. Doch habe ausweislich der Leistungslegende die schriftliche
ärztliche Aufzeichnung zur Leistungserbringung gehört. Eine Dokumentation, die sowohl das Ergebnis der orientierenden Statuserhebung
als auch die erhobenen lebensgeschichtlichen und sozialen Daten wiedergebe, fehle. Die Aufzeichnungen seien bei großzügiger
Betrachtung und unter besonderer Berücksichtigung der Notfallsituation in keinem der Fälle ausreichend. Dabei habe die Kammer
keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Nutzung eines Stempelvordrucks, zumal der verwendete Stempel die Kategorien "Lebensgesch.
Daten" und "Soziale Daten" umfasse. Der Kläger habe jedoch keine Einträge in diesen Kategorien vorgenommen oder sich auf pauschale
Vermerke wie "Ø suizidal" oder "in psych. Behandlung" beschränkt. Hinsichtlich einer Zugrundelegung seines arztindividuellen
Punktwerts für alle Leistungen in der H. sei die Klage bereits unzulässig: Bereits die Klagebegründung habe keine Ausführungen
zum Punktwert enthalten und im Erörterungstermin am 13. Januar 2010 habe der Kläger die Klage auf bestimmte sachlich-rechnerische
Richtigstellungen beschränkt und diejenigen Berichtigungen bezeichnet, die nicht mehr angegriffen werden sollten. Darüber
hinaus sei die Klage - ihre Zulässigkeit unterstellt - aber auch unbegründet.
Am 23. Mai 2011 hat der Kläger Berufung eingelegt.
Er führt hinsichtlich der Nr. 03313 EBM 2000plus aus, er habe ausweislich des von ihm verwendeten Stempels Befunde abgefragt,
die den Inhalt der Leistungslegende sogar übererfüllt hätten. Unausgefüllt seien manche Felder nur geblieben, wenn aufgrund
des Gesundheitszustandes des Patienten keine Daten hätten erhoben werden können. Auch sei eine Darstellung in Kurzform ausreichend.
Die Nr. 03005 EBM 2000plus sei abrechenbar gewesen, da es sich bei der Tätigkeit für die H. nicht um Notdienst, sondern um
eine Fortsetzung der regulären Praxistätigkeit gehandelt habe. Weiterhin sei die Tätigkeit insgesamt unter Zugrundelegung
seines arztindividuellen Punktwertes zu vergüten. Die Honorarbescheide seien entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht
etwa insoweit bestandskräftig geworden. Eine entsprechende Beschränkung des Streitgegenstandes auf einzelne Teile der Bescheide
sei dem erstinstanzlichen Klageantrag nicht zu entnehmen. In der Sache habe das Bundessozialgericht durch Urteil vom 2. Juli
2014 (Az. B 6 KA 30/13 R, NZS 2014, 916, vorgesehen für SozR 4-2500 § 76 Nr. 2) entschieden, dass die Tätigkeit eines Vertragsarztes in der Notfallambulanz eines
Krankenhauses nicht schlechter vergütet werden dürfe als die in seiner Praxis erbrachten Leistungen. Wenn jedoch die Beklagte
eine Abrechnung nach den Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus versage, habe der Kläger im hausärztlichen Notdienst lediglich
die Versichertenpauschalen nach den Nrn. 03110, 03111 und 03112 EBM 2000plus abrechnen können. Dadurch, dass die Beklagte
zusätzlich nicht mit einem praxisorientierten Punktwert abrechne, liege die Vergütung für die ärztliche Tätigkeit am Wochenende
im Ergebnis unterhalb derer, die der Kläger in der Woche erziele. Hierbei falle ins Gewicht, dass es sich bei der Tätigkeit
in der H. um eine Fortsetzung der regulären Praxistätigkeit gehandelt habe, denn sie sei im Rahmen festgelegter Öffnungszeiten
erfolgt und die Inanspruchnahme des Arztes sei nicht als unvorhergesehen anzusehen gewesen, da er sich in einer Dienstsituation
befunden habe. Auch der Umstand, dass die Tätigkeit in der H. im Gegensatz zur Praxistätigkeit nicht budgetiert sei, stelle
kein sachliches Unterscheidungsmerkmal dar, denn die Budgetierung sei kein die vertragsärztliche Tätigkeit prägendes Merkmal,
sondern lediglich ein Detail der Vergütung. Vielmehr sei allein darauf abzustellen, ob die Tätigkeit eine Fortsetzung der
Praxistätigkeit oder aber eine besondere Inanspruchnahme darstelle. Schließlich habe die Beklagte dem Kläger auch mit Schreiben
vom 20. März 2008 eine Vergütung nach "seinem arztindividuellen Punktwert" zugesichert. Allerdings sei die einschlägige Berechnung
nicht nachvollziehbar und die Beklagte habe sie auf Nachfrage nicht zu erklären vermocht.
Für den Fall, dass der Senat eine Vergütung nach dem arztindividuellen Punktwert ablehne, habe der Kläger jedoch Anspruch
auf Vergütung unter Zugrundelegung der Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus. Andernfalls drohe eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung
gegenüber dem organisierten Notdienst.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. April 2011 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22.
Februar 2006 und unter Aufhebung der Bescheide vom 27. Februar 2006, jeweils in Gestalt der Bescheide vom 18. und 29. Oktober
2007 sowie des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2007 zu verurteilen, seine Honorarabrechnung für das Quartal III/2005
mit der Maßgabe erneut zu bescheiden, dass 13 Leistungen nach Nr. 03313 EBM 2000plus und 121 Leistungen nach Nr. 03005 EBM
2000plus zu vergüten sind und dass alle in der Hausärztlichen Notfallpraxis am M. erbrachten Leistungen nach dem arztindividuellen
Punktwert zu vergüten sind, hilfsweise mit der Maßgabe, dass 110 Leistungen nach Nr. 01100 EBM 2000plus und 10 Leistungen
nach 01101 EBM 2000plus zu vergüten sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung. Hinsichtlich der Frage, welcher Punktwert anzunehmen ist, vertritt die Beklagte
die Auffassung, dass nur die Honorarbescheide betreffend die Quartale IV/2006, II/2007 und III/2007 in diesem Punkt angefochten
worden seien. Alle anderen Bescheide seien bestandskräftig geworden.
Der Senat hat am 25. Februar 2015 über die Berufungen mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte, die beigezogene Verwaltungsakte
der Beklagten sowie die vom Kläger vorgelegten Formulare "Dokumentation für den Arzt" verwiesen, deren wesentlicher Inhalt
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist im Hauptantrag nur hinsichtlich der nach Nr. 03313 EBM 2000plus
abgerechneten Leistungen begründet. Im Übrigen ist sie in Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.
A. Im Hauptantrag ist die Berufung teilweise begründet, denn die Beklagte durfte die nach Nr. 03313 EBM 2000plus abgerechneten
Leistungen nicht sachlich-rechnerisch richtigstellen. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet, denn der Kläger hat weder Anspruch
auf Neubescheidung seiner Honorarabrechnung unter Zugrundelegung eines anderen Punktwertes noch unter Zugrundelegung weiterer
Leistungen nach Nr. 03005 EBM 2000plus.
I.) Die grundsätzliche Berechtigung der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellungen von Honorarforderungen ergab
sich im streitigen Quartal aus § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte bzw. § 34 Abs. 4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen,
wonach die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen
Richtigkeit berichtigt (LSG Hamburg, Urteil vom 7. Juni 2012, L 1 KA 59/09, juris, dort auch zur fehlenden Anwendbarkeit von §
106a SGB V auf Sachverhalte vor dem Quartal I/2007). Zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Honorarforderungen ist die Beklagte
befugt, soweit ein Vertragsarzt bei seiner Quartalsabrechnung Gebührennummern ansetzt, deren Tatbestand durch seine Leistungen
nicht erfüllt ist oder die er aus anderen Gründen nicht in Ansatz bringen darf (z.B. Fachfremdheit der Leistung oder Leistungsausschluss).
Dasselbe gilt, wenn der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen die Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen
der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2012 - B 6 KA 5/12 R, SozR 4-2500 § 115 Nr. 1 m.w.N.).
Die Beklagte war allerdings nicht befugt, die nach Nr. 03313 EBM 2000plus abgerechneten Leistungen im Wege der sachlich-rechnerischen
Richtigstellung von der Vergütung auszunehmen. Zunächst hat der Senat keine Bedenken gegen die Abrechenbarkeit dieser Gebührenziffer
im freiwilligen Notfalldienst. Er verweist zur Vermeidung von Wiederholungen in diesem Punkt entsprechend §
153 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf seine Darlegungen im Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, Bl. 11 f. des Umdrucks), das beiden Beteiligten bekannt ist. Weiterhin erfüllen die vorgelegten Dokumentationen nach Einschätzung
des u.a. mit zwei sachkundigen ehrenamtlichen Richtern besetzten Senats die Anforderungen aus der Leistungslegende von Nr.
03313 EBM 2000plus. Dokumentiert ist, dass der Kläger den psychopathologischen Status orientierend erhoben und dabei lebensgeschichtliche
und soziale Daten einbezogen hat. Dass die schriftliche ärztliche Aufzeichnung eher kursorischer Natur ist und häufig nur
Abkürzungen oder Symbole verwendet, ist dem nur orientierenden Charakter der abgerechneten Leistung geschuldet und entspricht
im Übrigen ärztlicher Übung. Nach dem Eindruck, den sich der Senat von den Aufzeichnungen verschafft hat, wäre der Kläger
jedenfalls in der Lage gewesen, auf der Grundlage seiner Dokumentationen zwar eher knappe, aber auch ausreichende Befundberichte
abzufassen.
II.) Soweit der Kläger überdies eine Neubescheidung unter Berücksichtigung von 121 Leistungen nach Nr. 03005 EBM 2000plus
verlangt, steht einer Verurteilung entgegen, dass die angefochtenen Entscheidungen insoweit bestandskräftig und daher bindend
(§
77 SGG) geworden sind.
Zwar ergibt sich dies nicht aus dem Protokoll des Erörterungstermins vor dem Sozialgericht am 13. Januar 2010, ausweislich
dessen der Kläger - vertreten durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten - "klargestellt" hat, dass u.a. die Berichtigung
von 121 Leistungen nach Nr. 03005 EBM 2000plus im Quartal III/2005 nicht angegriffen werde. Eine entsprechende Prozesserklärung
(im Sinne von Klagerücknahme, Klageverzicht o.ä.) lässt sich dem Protokoll bereits deswegen nicht entnehmen, weil nicht protokolliert
worden ist, dass eine solche Erklärung vom Prozessbevollmächtigten des Klägers genehmigt worden ist.
Bindungswirkung ist allerdings dadurch eingetreten, dass der Kläger einen Antrag auf Neubescheidung auch unter Zugrundelegung
von Leistungen nach Nr. 03305 EBM 2000plus vor dem Sozialgericht zuletzt (d.h. bei Antragstellung in der mündlichen Verhandlung
am 13. April 2011) nicht mehr aufrechterhalten hat. In der Beschränkung des ursprünglichen Klageantrags liegt regelmäßig eine
konkludente Klagerücknahme (Müller, in: Roos/Wahrendorf,
SGG, 2014, §
102 Rn. 7 m.w.N.). Einen (ohnehin nur unter engen Voraussetzungen möglichen) Widerruf dieser Klagerücknahme hat der Kläger nicht
erklärt und Hinweise auf eine mangelnde Wirksamkeit seiner entsprechenden Prozesserklärung (d.h. der Stellung des Klageantrags
vor dem Sozialgericht) fehlen.
III.) Das Sozialgericht hat auch die auf Neubescheidung der Honorarabrechnung unter Zugrundelegung des arztindividuellen Punktwertes
gerichtete Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Eine Sachentscheidung kommt unter Zugrundelegung der Ausführung im Urteil
des Senats vom 25. Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, dort Bl. 15 ff.), das beiden Beteiligten bekannt ist, nur für diejenigen in der H. erbrachten Behandlungsleistungen in Betracht,
die Gegenstand des erstinstanzlichen Klageantrags waren und in der Berufung mit dem Hauptantrag weiterverfolgt worden sind.
Dies sind lediglich fünf der geltend gemachten Behandlungen nach Nr. 03313 EBM 2000plus. Der Kläger hat jedoch auch aus den
Gründen, die der Senat in seinem Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, Bl. 18 bis 20 des Umdrucks), das beiden Beteiligten bekannt ist, dargestellt hat, auch insoweit keinen Anspruch auf Neubescheidung
unter Zugrundelegung eines höheren Punktwertes. Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht der Senat in entsprechender Anwendung
von §
153 Abs.
2 SGG von einer erneuten Darstellung ab.
B. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung unter Berücksichtigung von Leistungen,
die nach den Nrn. 01100 oder 01101 EBM 2000plus anzusetzen gewesen wären. Der Senat sieht auch in diesem Punkt von einer näheren
Darstellung ab und verweist vollinhaltlich auf seine Darlegungen im Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, Bl. 21 des Umdrucks), das beiden Beteiligten bekannt ist.
C. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt gem. §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
154 Abs.
2 und §
155 Abs.
1 Satz 3
Verwaltungsgerichtsordnung der Kläger. Sein teilweises Obsiegen stellt sich als derart geringfügig dar, dass es - insbesondere da es keinen Gebührensprung
auslöst - bei der Kostenentscheidung nicht zu berücksichtigen ist.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.