Vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
Beschwerdeverfahren
Realisierung eines Anspruches auf UVG-Leistungen
Berechtigung zur auch teilweisen Leistungsversagung
Gründe
Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren noch um die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II), für die Zeit vom 17. Mai 2016 bis 31. März 2017.
Die 1990 geborene frühere Antragstellerin zu 1. ist die Mutter des 2013 geborenen früheren Antragstellers zu 2. (jetzt Antragsteller),
mit dem sie in einem gemeinsamen Haushalt lebt.
Die Antragstellerin zu 1. stellte erstmals am 19. September 2014 für beide Antragsteller einen Antrag auf Gewährung von Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, den der Antragsgegner mit Bescheid vom 6. Oktober 2014 wegen übersteigenden Vermögens (Sparguthaben i. H. v. 9.938,68 €)
ablehnte (Bl. 40 Leistungsakte - LA).
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 30. Oktober 2014 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern durch Bescheid vom 17.
November 2014 für den Zeitraum vom 1. Oktober 2014 bis zum 31. März 2015 Leistungen in Höhe von monatlich 456,76 €. Als Einkommen
berücksichtigte der Antragsgegner bei der Antragstellerin zu 1. Betreuungsgeld in Höhe von monatlich 150 € und bei dem Antragsteller
zu 2. Kindergeld in Höhe von monatlich 184 € (Bl. 74 - 76 LA), woraus ein Leistungsbetrag für den Antragsteller zu 2. i. H.
v. monatlich 35,64 € resultierte.
Mit Bescheid vom gleichen Tag forderte der Antragsgegner die Antragstellerin zu 1. auf, bei dem Amt für Jugend, Familie und
Sport einen Antrag auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) zu stellen (Bl. 65 LA) und meldete bei dem bezeichneten Amt einen entsprechenden Erstattungsanspruch an.
Den Antrag der Antragstellerin zu 1. lehnte das bezeichnete Amt mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 wegen fehlender Mitwirkung
ab, weil die Antragstellerin zu 1. nicht den Kindesvater des Antragstellers zu 2. benannte, obgleich ihr eine in Betracht
kommende Person bekannt war (Bl. 85, 88 LA).
In der Folge forderte der Antragsgegner die Antragstellerin zu 1. mit Schreiben vom 3. Dezember 2014 nochmals auf, bei dem
bezeichneten Amt einen vollständigen Antrag zu stellen und dort die erforderlichen Angaben zu machen und belehrte sie über
die Folgen fehlender Mitwirkung durch künftige Versagung von Leistungen in Höhe des möglichen Anspruchs nach dem UVG von seinerzeit 133 €. Zudem wies der Antragsgegner auf einen möglichen Ersatzanspruch für ausgezahlte Beträge nach § 34 SGB II hin (Bl. 89 LA).
Entsprechende weitere Anhörungen zur Geltendmachung eines Schadensersatzes i. H. v. 399 € für die Monate November 2014 bis
Januar 2015 sowie über die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung ab 1. Februar 2015 erfolgten durch zwei Schreiben
vom 14. Januar 2015 (Bl. 98, 99 LA).
Mit Änderungsbescheid vom 10. Februar 2015 berücksichtigte der Antragsgegner im Rahmen der Leistungsbewilligung ab dem Monat
März 2015 erstmals einen als "Hilfebedürftigkeit" bezeichneten Betrag in Höhe von 133 € als Einkommen bei beiden Antragstellern,
wobei er ausgehend von einem Bedarf des Antragstellers zu 2. i. H. v. 43,86 € (Regelbedarf 234 € abzüglich Kindergeld von
184 € sowie verteiltes Einkommen von 6,14 €) für diesen keinen Leistungsanspruch und für die Antragstellerin zu 1. nach Abzug
des verbleibenden Betrages von 89,14 € (133 € abzüglich 43,86 €) noch einen monatlichen Leistungsanspruch von 386,90 € (476,04
€ abzüglich 89,14 €) errechnete (Bl. 101 - 104 LA).
Mit Bescheid vom gleichen Tag machte er gegenüber der Antragstellerin zu 1. einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II in Höhe von insgesamt 532 € geltend (Bl. 105 - 114 LA).
Gegen beide Bescheide vom 10. Februar 2015 legte die Antragstellerin zu 1. mit Schreiben vom 3. März 2015 Widerspruch ein.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 9. März 2015 bewilligte der Antragsgegner durch Bescheid vom 20. März 2015 für den Zeitraum
vom 1. April 2015 bis zum 30. September 2015 Leistungen in Höhe von monatlich 519,90 € unter erneuter Berücksichtigung eines
als "Hilfebedürftigkeit" bezeichneten Betrages in Höhe von monatlich 133 € als Einkommen bei beiden Antragstellern (Bl. 132
- 134 LA).
Den gegen den Änderungsbescheid vom 10. Februar 2015 eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner durch Widerspruchsbescheid
vom 30. September 2015 zurück (Bl. 166 - 170 LA).
Dem, gegen den weiteren Bescheid vom 10. Februar 2015, mit dem gegen die Antragstellerin zu 1. Schadensersatz i. H. v. 532
€ festgesetzt worden war, eingelegten Widerspruch gab der Antragsgegner wegen besonderer Härte durch Widerspruchsbescheid
vom 1. Oktober 2015 statt (Bl. 188 - 192 LA).
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 2. Oktober 2015 hin gewährte der Antragsgegner durch Bescheid vom gleichen Tag für den
Zeitraum vom 1. Oktober 2015 bis zum 31. März 2016 Leistungen erneut unter Berücksichtigung eines als "Hilfebedürftigkeit"
bezeichneten Betrages in Höhe von monatlich 133 € als Einkommen bei beiden Antragstellern (38,54 € beim Antragsteller zu 2.
und 94,46 € bei der Antragstellerin zu 1. - Bl. 143 - 147 LA).
Die von der Antragstellerin zu 1. mit Schreiben vom 31. Oktober 2015 am 2. November 2015 bei dem Sozialgericht Fulda gegen
den Widerspruchsbescheid vom 30. September 2015 erhobene Klage ist noch anhängig (S 2 AS 194/15). Unter Bezugnahme auf dieses Klageverfahren stellte die Antragstellerin zu 1. mit Schreiben vom 12. März 2016 bezüglich
der bisherigen Bewilligungszeiträume einen Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 20. April 2016 (Bl. 203 LA) bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 27. April 2016
Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft i. H. v. 375,31 monatlich vom 1. April bis 30. September 2016, wobei er erneut einen
als "Hilfebedürftigkeit" bezeichneten Betrag in Höhe von nunmehr 145 € monatlich als Einkommen bei beiden Antragstellern in
der Weise berücksichtigte, dass der restliche Leistungsanspruch des Antragstellers zu 2. i. H. v. monatlich 41 € ganz entfiel
und der Leistungsanspruch der Antragstellerin zu 1. um die restlichen 104 € von 479,31 € auf 375,31 € gekürzt wurde (Bl. 219
- 224 LA).
Der dagegen von der Antragstellerin zu 1. mit Schreiben vom 9. Mai 2016 eingelegte Widerspruch (Bl. 8 Gerichtsakte) ist noch
nicht beschieden.
Auf den bei dem Sozialgericht Fulda am 17. Mai 2016 eingegangen Eilantrag der Antragstellerin zu 1. hat dieses mit Beschluss
vom 30. Mai 2016 den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet,
"dem Antragsteller zu 2. ab dem 17. Mai 2016 bis zum 31. März 2017, längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens
mit dem Az.: S 2 AS 194/15 oder bis zur Gewährung von Leistungen nach dem UVG an diesen, vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe, insbesondere ohne Kürzung eines Betrages in Höhe von monatlich 145 Euro, zu gewähren".
Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt.
Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei bezüglich der Antragstellerin
zu 1. unzulässig. Der Antragsgegner habe das Einkommen nur bei dem Antragsteller zu 2. berücksichtigt (so zu Leistungen nach
dem UVG als Ansprüche der Kinder ausdrücklich: BSG, Urteil vom 16. Februar 2012, Az.: B 4 AS 89/11 R, Rn. 17, zitiert nach [...]). Es handele sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Nichtberücksichtigung dieses Einkommens
um einen Individualanspruch, der dem Antragsteller zu 2. als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zugeordnet sei. Insofern sei
die Bedarfsgemeinschaft des SGB II keine juristische Person. Auch die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 SGB II entfalte im gerichtlichen Verfahren keine Wirkung.
Gemäß §
123 SGG entscheide jedoch das Gericht über die von einem Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu
sein. Insoweit sei dessen Begehren nach dem so genannten "Meistbegünstigungsprinzip" unabhängig vom Wortlaut unter Berücksichtigung
des wirklichen Willens des Klägers und unter Einbeziehung seines gesamten Vorbringens auszulegen (BSG, Urteil vom 7. November 2006, Az.: B 7b AS 8/06 R, Rn. 11 m. w. N., zitiert nach [...]). Insofern sei das zunächst ausdrücklich lediglich in eigenem Namen und ohne ausformulierte
Antragstellung geltend gemachte Begehren der nicht anwaltlich vertretenen Antragstellerin zu 1. dahingehend auszulegen, dass
sie eine vorläufige Leistungsgewährung ohne Berücksichtigung des einbehaltenen Betrages in Höhe von monatlich 145 € begehre.
Sofern die materielle Prüfung lediglich unter Einbeziehung ihres Sohnes als Antragsteller zu 2., für den sie als (alleinige)
gesetzliche Vertreterin fungiere, rechtlich möglich sei, sei davon auszugehen, dass sie den Eilantrag auch in dessen Namen
als gesetzliche Vertreterin erhoben habe. Dieser Auslegung stehe auch nicht die Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts
entgegen, wonach im Bereich des SGB ll eine erweiternde Auslegung nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz im Hinblick auf zusätzliche
Kläger zwischenzeitlich regelmäßig ausgeschlossen sei. Denn insofern sei das Eilverfahren von einer nicht rechtskundigen Antragstellerin
ohne konkret ausformulierten Antrag und ohne eine einer erweiternden Auslegung entgegenstehende Antragsbegründung bei Gericht
anhängig gemacht worden. Etwas anderes ergebe sich aus Sicht des Gerichts zudem nicht aus der ausdrücklich in Bezug genommenen
Klagebegründung in dem Klageverfahren S 2 AS 194/15, das ebenfalls durch die unvertretene Antragstellerin zu 1. betrieben werde.
Der so verstandene Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sei bezüglich des Antragstellers zu 2. zulässig und ganz
überwiegend begründet.
Nach Maßgabe der vom Sozialgericht zitierten Grundsätze bestehe zunächst ein Anordnungsanspruch des Antragstellers zu 2. Dieser
habe einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gegen den Antragsgegner ohne Berücksichtigung eines Betrages in Höhe von derzeit monatlich 145 €, weil er auch in diesem
Umfang hilfebedürftig gemäß §§ 7, 9 SGB II sei.
Dieser Betrag sei derzeit nicht als dessen Einkommen zu berücksichtigen. Zwischen den Beteiligten sei insofern unstreitig,
dass der Antragsteller zu 2. die Voraussetzungen der §§ 7 Abs. 1 und 9 Abs. 1 SGB II grundsätzlich erfülle. Entgegen der Einschätzung des Antragsgegners sei jedoch auch bezüglich des verbleibenden Betrages
in Höhe von monatlich 145 € nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller diese Leistungen aktuell im Sinne des § 9 Abs. 1 Halbsatz 2 SGB II "erhält" bzw. "erhalten kann". Diesbezüglich folge das Gericht der Einschätzung des Sächsischen Landessozialgerichts gemäß
Beschluss vom 22. Februar 2016, Az.: L 3 AS 990/15 B ER, welche auch auf die vorliegend zu beurteilende Konstellation uneingeschränkt anwendbar sei (wird weiter ausgeführt).
Insofern sei nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller zu 2. derzeit, mithin vor einer tatsächlichen Gewährung durch
die Unterhaltsvorschussstelle, der streitgegenständliche Betrag als bereites Mittel im Sinne der §§ 7, 9 Abs. 1 SGB II zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit zur Verfügung stehe bzw. monatlich als Einkommen anzurechnen sei.
Nachgehend geltend zu machende Ansprüche des Antragsgegners gegen die Antragsteller, insbesondere nach § 34 SGB II, blieben davon zwar unberührt, seien jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Antragsverfahrens, in dem es ausschließlich
um die aktuelle Gewährung von Leistungen in existenzsicherndem Umfang gehe.
Ein Anordnungsgrund im Sinne einer Eilbedürftigkeit liege ebenfalls vor, weil die bereits ab März 2015 unterbliebene weitere
Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 133 € bzw. 145 € bei den Antragstellern eine existenzielle finanzielle Notlage auszulösen drohe bzw.
bereits ausgelöst habe und diesen daher ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten sei.
Bei der Verpflichtung zur vorläufigen Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sei grundsätzlich auf den
Zeitpunkt des Eingangs des Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz bei Gericht (17. Mai 2016) abzustellen. Durch eine einstweilige
Anordnung solle in Verfahren dieser Art eine gegenwärtige Notlage behoben werden. Die Dauer der Leistungen sei durch das Gericht
angemessen bis zum Ablauf eines möglichen nachfolgenden Bewilligungszeitraumes zu befristen gewesen, um der vorläufigen Natur
des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens noch gerecht zu werden.
Gegen den ihm am 1. Juni 2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 30. Juni 2016 Beschwerde bei dem Hessischen
Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt, mit der er beantragt, "unter teilweiser Aufhebung des Beschlusses des SG Fulda vom 30.06.2016 auch den Antrag des minderjährigen Antragstellers
zu 2) abzulehnen".
Zur Zulässigkeit der Beschwerde führt er aus:
"Die Beschwerde ist insbesondere nicht nach §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG ausgeschlossen. In der Hauptsache, also in einem Klageverfahren, würde die Berufung dann der Zulassung bedürfen, wenn der
Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro nicht übersteigen würde (§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG).
Streitgegenständlich ist der SGB-II-Bescheid des KJC/KVA des Antragsgegners (BI. 219-224). Dieser bezieht sich auf den 6-monatigen Zeitraum vom 01.04.- 30.09.2016
(Bl. 219).
Wegen "Versagung Hilfebedürftigkeit" in Höhe von monatlich 145,00 Euro, errechnet sich für den Antragsgegner ein Beschwerdewert
von 870 Euro (145 Euro x 6) "aufgrund des betragsmäßig vollständigen Obsiegens der Antragsteller" (EA S. 11).
Selbst wenn gemäß dem Tenor der SG-Entscheidung vom 30.05.2016 auf die einstweilige Verpflichtung ab dem 17.05.2016 abzustellen wäre, wäre für die Zeit vom
17.05.-30.09.2016 nur ein Betrag von 650,16 Euro im Streit, jedoch wäre zu berücksichtigen, dass dem Antragssteller zu 2)
die einstweilige Verpflichtung in Höhe von monatlich 145,00. Euro bis zum 31.03.2017, also unter Einbeziehung eines weiteren
6-monatigen Bewilligungszeitraum zugesprochen worden ist, so dass der Beschwerdewert mit 1.520,16 Euro ebenfalls deutlich
überschritten wäre".
Im Übrigen führt der Antragsgegner zur Sache weiter aus:
"Zutreffend ist erstinstanzlich festgestellt worden, dass der Eilantrag der Antragstellerin zu 1) unzulässig ist, da der Betrag
von 145,00 Euro sich ausschließlich auf eine Bedarfsposition des Antragstellers zu 2) bezieht, da es sich um eine vorrangige
Leistung auf Unterhaltsvorschuss handelt, wobei nach § 1 Abs. 1 UVG der minderjährigen Antragsteller zu 2) leistungsberechtigt ist.
Mithin fehlt der Antragstellerin zu 1) die erforderliche Prozessführungsbefugnis auch für dieses Eilverfahren (EA S. 5).
Insoweit ist der Beschluss vom 30.05.2016 rechtlich nicht zu beanstanden, so dass dieser Teil der Entscheidung auch nicht
mit der Beschwerde angegriffen wird,
1.3.
Jedoch ist das SG Fulda in seinem Beschluss vom 30.05.2016 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antragsteller zu 2) einen entsprechenden
Eilantrag gestellt habe, wobei davon auszugehen sei, dass die Antragstellerin zu 1) als Kindesmutter "den Eilantrag auch in
dessen Namen als gesetzliche Vertreterin erhoben" habe (EA S. 6).
Einschlägig ist insoweit ausschließlich die Antragsschrift der Antragstellerin zu 1) vom 09.05,2010, die am 17.05.2016 beim
SO Fulda eingegangen ist. Dort heißt es ausdrücklich: "hiermit beantrage ich bei Ihnen Eilrechtsschutz...".
Soweit sie in ihrem Eilantrag auf ihr Klageverfahren S 2 AS 194/15 verweist, ist sie allein - ohne ihren Sohn - Klägerin in diesem Hauptsacheverfahren.
... (wird weiter ausgeführt) ...
Die erstmals im Beschluss erfolgte Ausweitung der Beteiligten auf der Antragstellerseite ist daher ohne gesetzliche Grundlage
erfolgt. Das SG Fulda hat - gegen die HessLSG-Rechtsprechung ein "Meistbegünstigungsprinzip" (EA S.6) angewendet, das es in
dieser Ausdehnung auf den Beteiligten-Status in einem Sozialprozess nicht gibt.
Durch die "Hinzufügung" des Antragstellers zu 2) hat das SG Fulda in dem angefochtenen Beschluss seine Befugnisse überschritten
durch die eigenmächtige Bestimmung eines weiteren Beteiligten des am 17.05.2016 eingeleiteten Eilverfahrens.
1.5
Vorsorglich wird auch auf den erstinstanzlich bejahten Anordnungsanspruch des Antragstellers zu 2) eingegangen:
Erstinstanzlich ist "der so verstandene Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes" (EA S. 6) bezüglich des Antragstellers
zu 2) als zulässig und ganz überwiegend begründet angesehen worden.
Inhaltlich hat sich das SG Fulda den SächsLSG-Beschluss vom 22.02.2016 - L 3 AS 990/15 B ER - zu Eigen gemacht und insbesondere aus den dortigen Rn 13, 19, 20, 24 und 26 zitiert (EA S. 9-10),
Indessen bezieht sich dieser LSG-Beschluss vom 22.02.2016 nach dem dortigen Sachverhalt auf die Frage, ob ein Jobcenter berechtigt
ist, "allein wegen eines Anspruchs auf vorzeitige Altersrente einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II abzulehnen" (SächsLSG, [...]: Rn. 10).
Vorliegend geht es jedoch nicht um die Inanspruchnahme einer Altersrente, sondern um die problemlose Möglichkeit der Realisierung
eines Anspruches auf UVG-Leistungen zugunsten des Antragstellers zu 2):
Das KJC/KVA des Antragsgegners hatte die Antragstellerin zu 1) mit Schreiben vom 17.11.2014 aufgefordert, vorrangige UVG-Leistungen bis zum 01.12.2014 beim Jugendamt des Antragsgegners zu beantragen (BI. 65/65R).
Dieser Aufforderung ist die Antragstellerin zu 1) nachgekommen; mit Bescheid vom 03.12.2014 hat das Jugendamt des Antragsgegners
diesen Antrag auf UVG-Leistungen für den Antragsteller zu 2) abgelehnt, da die Antragstellerin zu 1) bei Antragsabgabe nicht bereit gewesen ist,
gemäß § 1 Abs. 3 UVG "bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken" (BI. 88).
... (wird weiter ausgeführt)...
Dies bedeutet vorliegend, dass die Antragstellerin zu 1) sich nicht ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht nach § 1 Abs. 3 UVG entziehen kann, ohne dass dies auf den Bedarf und damit den Umfang der SGB II-Leistungen für ihre 2-köpfige Bedarfsgemeinschaft "durchschlägt".
Andernfalls wäre zu Lasten der steuerfinanzierten Grundsicherungsleistungen eine ausdrücklich normierte Mitwirkungspflicht
nach dem UVG nur deswegen nach dem Belieben der Kindesmutter obsolet, weil es die Grundsicherungsleistung nach dem SGB II gibt....".
II.
Die frühere Antragstellerin zu 1. und gesetzliche Vertreterin des früheren Antragstellers zu 2. ist im Beschwerdeverfahren
nicht mehr beteiligt, denn weder hat sie selbst Rechtsmittel eingelegt noch ist sie durch den angegriffenen Beschluss des
Sozialgerichts unmittelbar begünstigt.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist bereits unzulässig, weil sie gemäß §§
172 Abs.
3 Nr.
1,
144 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) nicht statthaft ist. Denn die Beschwerde betrifft eine Geldleistung, die als laufende Leistung weder einen Zeitraum von
einem Jahr (§
144 Abs.
1 S. 2
SGG) noch den Wert von 750 € überschreitet. Dabei ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht von dem im Hauptsacheverfahren
angegriffenen Bescheid oder einzelnen Berechnungselementen, wie etwa dem dort angerechneten fiktiven Einkommensbetrag i. H.
v. 145 € monatlich, sondern vielmehr von der Beschwer des Antragsgegners durch angegriffenen Beschluss des Sozialgerichts
auszugehen, die sich aus dessen Tenor im Lichte der Entscheidungsgründe ergibt.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner aber nur gegenüber dem früheren Antragsteller zu 2. zur vorläufigen Leistung "ohne
Kürzung eines Betrages in Höhe von monatlich 145 Euro" verpflichtet und den Antrag der Antragstellerin zu 1. unter der (irrigen)
Annahme, dass dieser in diesem Zusammenhang kein eigener Anspruch zustehen könne, als unzulässig abgelehnt. Gegenüber dem
Leistungsanspruch des Antragstellers zu 2. hat der Antragsgegner - wie schon mit seinen früheren Bescheiden - aber nicht den
vollen Betrag des möglichen Unterhaltsvorschusses sondern nur einen Betrag i. H. v. 41 € monatlich, der dem monatlichen Leistungsanspruch
des Antragstellers zu 2. nach Abzug der tatsächlichen Einkünfte entspricht, im Wege der Leistungsversagung wegen fehlender
Mitwirkung in Abzug gebracht. Nur in diesem Umfang ist der Antragsgegner durch den angegriffenen Beschluss des Sozialgerichts
vorläufig zur höheren Leistungsgewährung maximal für den Zeitraum vom 17. Mai 2016 bis 31. März 2017 verpflichtet worden,
woraus sich jedenfalls keine Beschwer von mehr als 750 € errechnet. Im Übrigen hat der Antragsgegner nämlich nicht den damit
bereits erschöpften Leistungsanspruch des Antragstellers zu 2. sondern vielmehr den eigenständigen Leistungsanspruch der Antragstellerin
zu 1. gekürzt, die damit auch prozessführungsbefugt war, den Beschluss des Sozialgerichts aber nicht angegriffen hat.
Auf die vom Antragsgegner aufgeworfenen Rechtsfragen kommt es mithin nicht mehr an, wobei der Senat aber darauf hinweist,
dass er die Auslegung des Antrages der Antragstellerin zu 1. durch das Sozialgericht im Hinblick auf die Beteiligtenstellung
des Antragstellers zu 2. teilt, denn die Antragstellerin zu 1. hat in ihrem Eilantrag vom 17. Mai 2016 unmissverständlich
auf den Bescheid des Beklagten vom 27. April 2014 Bezug genommen, der unzweifelhaft die Ansprüche beider Antragsteller regelt.
Mehr ist von einem rechtsunkundigen Bürger nicht zu erwarten, insbesondere wenn sich sogar Behörde und Gerichte über den Regelungsinhalt
des Bescheides im Unklaren befinden.
In der Hauptsache wird über die Berechtigung des Antragsgegners zur (teilweisen) Leistungsversagung gegenüber beiden Angehörigen
der Bedarfsgemeinschaft nach allgemeinen Vorschriften des
SGB I unter Berücksichtigung des soziokulturellen Existenzminimums zu befinden sein (vgl. S. Knickrehm in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 5 Rn. 37 m.w.N.), wobei nach ständiger Rechtsprechung auch des erkennenden Senats nur tatsächlich "bereite Mittel" unmittelbar
als Einkommen oder Vermögen zur Bedarfsdeckung bei dem Leistungsberechtigten herangezogen werden können.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.