Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch über die Aufhebung und Erstattung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Höhe von 2.593,06 Euro (3.773,36 Euro - 1.180,30 Euro).
Der Beklagte bewilligte dem Kläger erstmals Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. November 2005 bis 30. April 2006. Auf der Grundlage eines Antrages auf Fortzahlung dieser Leistungen
bewilligte der Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 27. April 2006 (Bl. 116 der Gerichtsakte) Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 2006 und hob diese Bewilligung durch Bescheid vom 6. September 2006 (Bl. 23 der Verwaltungsakte)
für die Zeit ab 1. Oktober 2006 wegen der Erzielung von Einkommen aus einer Beschäftigung auf. Auf der Grundlage eines neuen
Antrages bewilligte der Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 9. Juli 2007 (Bl. 73 der Verwaltungsakte) Leistungen nach dem
SGB II für die Zeit vom 1. Juli bis 30. November 2007. Die Leistungshöhe wurde durch Änderungsbescheide (Bl. 71, 90, 111 der Verwaltungsakte)
angepasst. Auf der Grundlage eines Antrages auf Fortzahlung dieser Leistungen bewilligte der Beklagte dem Kläger durch Bescheid
vom 23. November 2007 (Bl. 123 der Gerichtsakte) Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis 31. Mai 2008.
Unstreitig verfügte der Kläger im Zeitpunkt vor der ersten Antragstellung am 6. Oktober 2005 (Bl. 1 der Verwaltungsakte) über
zwei Kapitallebensversicherungen bei der C. Lebensversicherungs-AG (D., Tarif V2 bzw. A2, Nr. xxx1 und xxx2), die zum 1. Oktober
2005 einen Rückkaufswert von 8.080,33 Euro (Bl. 573, 574 der Verwaltungsakte) hatten. Diese Kapitallebensversicherungen waren
bei den jeweiligen Anträgen auf SGB II-Leistungen nicht angegeben worden (Bl. 6, 16, 33, 92 der Verwaltungsakte). Im Rahmen eines Datenabgleiches erfuhr der Beklagte
im Dezember 2009 von den Lebensversicherungen und stellte Ermittlungen an. Diese Versicherungen wurden nach einem Teilrückkauf
in Höhe von 800 Euro und Auszahlung an den Kläger zum 1. August 2008 (Bl. 291 der Verwaltungsakte) zum 1. März 2010 bzw. 1.
April 2010 vollständig aufgelöst und der restliche Erlös an die Mutter des Klägers überwiesen (Bl. 416, 417 der Verwaltungsakte).
Am 29. September 2007 eröffnete der Kläger außerdem ein Depot bei der E. Bank (Nr. xxx3), das am 31. Oktober 2007 einen Wert
von 2.938,65 Euro hatte.
Monatlich wurden davon Wertpapiere im Wert von 35 Euro verkauft und der Erlös an die C-Versicherung für eine fondsgebundene
Rentenversicherung (Nr. xxx4) überwiesen (Bl. 281 f., 301 der Verwaltungsakte). Außerdem verfügte der Kläger über eine private
Rentenversicherung (Nr. xxx5) bei der F. Raiffeisenbank, die am 4. Juni 2007 einen Rückkaufswert von 513,57 Euro hatte (Bl.
292 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 9. Juli 2010 (Bl. 461 der Verwaltungsakte) wurde der Kläger zu einer Aufhebung und Erstattung angehört.
Mit Bescheid vom 11. November 2010 (Bl. 479 der Verwaltungsakte) hob die Beklagte die Entscheidungen vom 27. April 2006, 9.
Juli 2007 und 23. November 2007 für die Zeiträume vom 1. August bis 30. September 2006 und vom 1. Juli 2007 bis 31. Januar
2008 ganz auf und forderte die Leistungen in Höhe von 3.773,36 Euro zurück. Zur Begründung wurde angeführt, dass zumindest
grob fahrlässig keine Angaben über Vermögenswerte im Antrag erklärt worden seien.
Der Widerspruch vom 29. November 2010 (Bl. 494 der Verwaltungsakte) gegen den Bescheid vom 11. November 2010 wurde damit begründet,
dass die Berechnung des Rückforderungsbetrages fehlerhaft sei und der Kläger zudem wegen eines frühkindlichen Hirnschadens
keine Erinnerung an die Lebensversicherungen mehr hatte. Diese seien von der Mutter abgeschlossen worden. Wegen der Einzelheiten
wird auf den Inhalt des Widerspruchsschreibens verwiesen. Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 3. April 2012
(Bl. 611 der Verwaltungsakte) als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Erstattungsbetrag zutreffend
berechnet und auch insgesamt zurückgefordert werden könne. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides
verwiesen.
Der Kläger erhob dagegen am 30. April 2012 Klage beim Sozialgericht Marburg.
Der Kläger war unter Berufung auf SG Landshut, Az. 10 AS 390/12, Urteil vom 5. Februar 2014, der Ansicht, dass die Rückforderung schon deshalb rechtswidrig sei, weil das Vermögen nicht
zur Deckung des Lebensbedarfes für den streitgegenständlichen Rückforderungszeitraum ausgereicht habe. Zudem habe er nicht
grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt. Er habe die Lebensversicherungen vielmehr vergessen. Dem trat der Beklagte entgegen
und hielt seine getroffene Entscheidung weiterhin für zutreffend und vertiefte die Argumente aus dem Widerspruchsbescheid.
Mit Urteil vom 18. September 2014 hob das Sozialgericht Marburg den Bescheid des Beklagten vom 11. November 2010 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2012 auf, soweit Leistungen über den Betrag von 1.180,30 Euro aufgehoben und zurückgefordert
wurden. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Die zulässige Klage sei teilweise begründet.
Der streitgegenständliche Bescheid vom 11. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2012 sei insoweit
rechtswidrig, als der Beklagte einen Betrag von mehr als 1.180,33 Euro zurückfordere. Insoweit sei der Kläger in seinen Rechten
verletzt. Die Aufhebung und Rückforderung seien im Übrigen in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Dies ergebe sich
insgesamt aus folgenden Erwägungen:
Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsbescheide sei § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Der Anwendungsbereich von § 45 SGB X sei eröffnet. § 48 SGB X und § 45 SGB X grenzten sich nach den objektiven Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheides ab (vgl. BSG vom 1.6.2006 - B 7a AL 76/05 R = BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr. 4 RdNr 13, vom 28.11.1985 - 11b/7 RAr 128/84 = BSGE 59, 206 = SozR 1300 § 45 Nr. 20 S 68, vom 27.7.1989 - 11/7 RAr 115/87 = BSGE 65, 221 = SozR 1300 § 45 Nr. 45 S 141, vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R = FEVS 60, 546 und vom 24.2.2011 - B 14 AS 45/09 R = SozR 4-4200 § 11 Nr. 36). Erlasse die Verwaltung einen endgültigen Bescheid und stellt sich später - nach weiteren Ermittlungen
- heraus, dass der Bescheid bereits im Zeitpunkt des Erlasses objektiv rechtswidrig gewesen sei, sei ein Fall des § 45 SGB X gegeben. Dies sei vorliegend der Fall. Denn vorliegend gehe es um Vermögenspositionen in Form von Kapitallebensversicherungen,
die- unstreitig - bereits vor dem Jahr 2006 existierten.
Der Aufhebungsbescheid sei auch formell rechtmäßig. Eine Anhörung sei mit Schreiben vom 9. Juli 2010 erfolgt. Der Bescheid
sei auch begründet worden (§ 35 Abs. 1 SGB X).
Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid seien jedoch nur teilweise materiell rechtmäßig. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid
seien zunächst hinreichend bestimmt (§ 33 SGB X). Die aufgehobenen Ausgangsbescheide seien auch im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid benannt worden. Die (weiteren) materiellen
Voraussetzungen für die Aufhebung des Ausgangsbescheides ergäben sich aus § 45 SGB X.
Dabei gelte für die Prüfung der Voraussetzungen einer Aufhebung nach § 45 SGB X, dass auch im Sozialgerichtsverfahren der Grundsatz der objektiven Beweislast eingreife. Im Fall des § 45 SGB X müsse die Behörde danach grundsätzlich beweisen, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen sei. Nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts gelte jedoch bei rückwirkender Aufhebung und Rückforderung von Leistungen im Anwendungsbereich der
§§ 45 ff. SGB X unter bestimmten Voraussetzungen eine Umkehr der Beweislast (BSG, Urteil vom 24.05.2006, Az. B 11a AL 49/05 R): Ergebe sich nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten,
dass der Sphäre des Arbeitslosen zuzuordnende Vorgänge nicht aufklärbar seien, gehe dies zu dessen Lasten (BSG, a.a.O. mit Vereis auf BSG vom 25. April 2006).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lägen die Voraussetzungen für die Aufhebung nach § 45 SGB X dem Grunde nach vor.
Zunächst handele es sich bei den Ausgangsbescheiden (Bewilligungsbescheide) um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, die einen
rechtlich erheblichen Vorteil in Gestalt von Leistungen nach dem SGB II begründet hätten (begünstigende Verwaltungsakte).
Diese Bewilligungsbescheide in Gestalt der Bescheide vom 27. April 2006, 9. Juli 2007 und 23. November 2007 seien auch teilweise
rechtswidrig. Denn Leistungen nach dem SGB II erhielten Personen nur dann, wenn sie u.a. hilfebedürftig seien (§ 7 Abs.1 Nr. 3 SGB II). Dies sei vorliegend nicht uneingeschränkt der Fall gewesen, da der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung nicht uneingeschränkt
hilfebedürftig gewesen sei.
Die Hilfebedürftigkeit bestimme sich nach § 9 SGB II.
Der Kläger habe im streitgegenständlichen Zeitraum (ab 1. August 2006) und konkret vor der Antragstellung im Jahr 2005 über
Vermögen verfügt, das den Freibetrag für Vermögen überstiegen habe.
Die Existenz der Lebensversicherungen sei unstreitig. Das Vermögen in Gestalt der beiden Kapitallebensversicherungen (Nr.
xxx1 und Nr. xxx2), welche am 1. Oktober 2005 einen Wert von 8.080,33 Euro hatten, sei unter Berücksichtigung der Freibeträge
nach § 12 Abs. 2 SGB II zum damaligen Zeitpunkt in Höhe von 6.900 Euro (41 Lebensjahre x 150 Euro + 750 Euro Freibetrag für einmalige Anschaffungen)
auch anrechnungsfähig. Insoweit habe ein Betrag von 1.180,33 Euro zum Lebensbedarf zur Verfügung gestanden.
Die insoweit rechtswidrigen unanfechtbaren Ausgangsbescheide konnten auch für die Vergangenheit nach § 45 Abs.1 SGB X zurückgenommen werden. Denn die besonderen Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 lägen nicht vor.
Insbesondere sei die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung die Angaben grob fahrlässig unrichtig
und unvollständig erklärt habe (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X enthalte die auch für § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X maßgebende Legaldefinition der groben Fahrlässigkeit. Sie liege nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn der Betroffene
mit dem relevanten Umstand (z.B. der Rechtswidrigkeit) lediglich "rechnen" musste. Vorausgesetzt werde vielmehr, dass er ihn
aufgrund einfachster und (ganz) naheliegender Überlegungen "hätte erkennen können" bzw. dasjenige unbeachtet geblieben sei,
was in gegebenem Falle "jedem hätte einleuchten müssen". Hierbei sei auch die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit und
das Einsichtsvermögen des Betroffenen zu berücksichtigen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff). Diese Voraussetzungen seien
vorliegend erfüllt. Die Kammer sei davon überzeugt, dass der Kläger von den Lebensversicherungen Kenntnis gehabt haben müsste.
Dies ergebe sich nicht nur aus der Tatsache, dass ursprünglich Beiträge für diese Lebensversicherungen vom Gehalt des Klägers
entrichtet worden seien. Vielmehr seien dem Kläger die beiden Lebensversicherungen, die seine Mutter für ihn abgeschlossen
habe, auch bekannt gewesen. Die Argumentation, dass er die Lebensversicherungen vergessen habe, überzeuge die Kammer nicht.
Die Kammer bewertet diese Darstellung des Sachverhaltes als eine Schutzbehauptung. Es widerspreche nicht nur jeder Lebenserfahrung,
dass bestehende Lebensversicherungen vergessen werden. Vielmehr werde in den Antragsformularen auch ausdrücklich nach "Kapitallebensversicherungen"
gefragt. Spätestens bei ordnungsgemäßer und sorgfältiger Bearbeitung der Anträge hätte unter Hinweis auf diese Frage eine
gewissenhafte Durchsicht der eigenen Unterlagen erfolgen müssen. Wenn die Mutter des Klägers die Vermögensangelegenheiten
tatsächlich übernommen haben sollte, wie im Schriftsatz vom 20. Juli 2012 ausdrücklich hervorgehoben worden sei, dann hätte
der Antrag nicht ohne Rückfrage bei der Mutter über die bestehenden Vermögensverhältnisse erfolgen dürfen. Beide angeführten
Varianten stellten grobe Fahrlässigkeit da. In Hinblick auf die Art und Weise der vom Kläger ausgefüllten Anträge sowie des
Eindrucks vom Kläger in der mündlichen Verhandlung habe das Gericht auch im Hinblick auf die angeführten Gesundheitsbeeinträchtigungen
des Klägers auch keinen Zweifel, dass der Kläger fähig gewesen sei, die Frage nach den Lebensversicherungen zu verstehen.
Denn in den Anträgen (z.B. Antrag vom 24. Oktober 2005) habe der Kläger auch konkrete Angaben zum PKW, dessen Nummernschild
und Wert, sowie zu Verpflegung und anderen Fragen erklären können. Die Frist nach § 45 Abs. 3 SGB X sei eingehalten worden, da ein Fall des § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 i.V.m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vorliege. Auch die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 SGB X sei eingehalten worden. Der streitgegenständliche Bescheid sei am 11. November 2010 erlassen worden. Die Behörde habe erst
im Wege eines Datenabgleiches Kenntnis von möglichen Versicherungen erhalten und konnte insoweit erst ab Dezember 2009 ermitteln.
Die Ermächtigungsgrundlage für die Rückforderung der Leistungen ergebe sich aus § 50 SGB X. Für die Rechtswidrigkeit der Höhe des Rückforderungsbetrages seien unter Berücksichtigung der Rechtsprechung aber Anhaltspunkte
ersichtlich. In der Rechtsprechung und Literatur werde diskutiert, ob bei der Rücknahme von Bewilligungsbescheiden wegen verschwiegenem
Vermögen rückschauend zu prüfen sei, ob und wie lange einzusetzende Beträge zur Bedarfsdeckung ausgereicht hätten. Während
eine solche Rückschau teilweise abgelehnt werde (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juli 2011 - L 12 AS 4994/10), erkenne ein Teil der Rechtsprechung und Literatur eine Rückschau für erforderlich an (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.
Juli 2012 - L 5 AS 56/10; SG Karlsruhe, Urteil vom 30. Juni 2011 - S 13 AS 1217/09; sowie SG Landshut, Urteil 5. Februar 2014, Az. S 10 AS 390/12, welches von der Prozessbevollmächtigten irrtümlich als BSG-Entscheidung benannt worden sei; Geiger, in: Münder, SGB II, 5. Aufl. 2013, § 12 Rn. 87; Berlit, in: info also 2011, 223, 225 ff.).
Die Kammer sei der Ansicht, dass zumindest im vorliegenden Einzelfall bei der Rücknahme des Bewilligungsbescheides berücksichtigt
werden müsse, ob und wie lange einzusetzende Beträge zur Bedarfsdeckung ausgereicht hätten. Zwar sei bei vorausschauenden
Bewilligungsentscheidungen ein einzusetzendes, aber tatsächlich nicht verbrauchtes Vermögen solange anzurechnen, wie es noch
vorhanden sei. Ein "fiktiver Vermögensverbrauch" sei nicht zu prüfen (vgl. BSG, Beschluss vom 30. Juli 2008, Az.: B 14 AS 14/08 B, juris Rn. 5). Vorliegend seien die Kapitallebensversicherungen zwischenzeitlich jedoch nicht mehr verfügbar. Insoweit
sei der Rückforderungsbetrag auf den Betrag zu begrenzen, der jedenfalls ursprünglich hätte zum Lebensbedarf verwendet werden
können und muss. Dies seien im Hinblick auf den Freibetrag insgesamt 1.180,33 Euro gewesen. In Höhe dieses Betrages von 1.180,33
Euro sei die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folge aus §
193 Abs.1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Da der Kläger mit seinem Begehren teilweise Erfolg hatte, seien außergerichtliche Kosten zu 50 % zu erstatten. Die Kammer
halte diese Kostenquote für angemessen.
Dieses Urteil wurde dem Beklagten am 24. September 2014 zugestellt. Dagegen hat er am 22. Oktober 2014 Berufung beim Hessischen
Landessozialgericht eingelegt.
Der Beklagte ist unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 25. August 2011 (B 8 SO 19/10 R) und auf das
Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 7. Oktober 2008 (S 2 AS 2437/08) der Auffassung, dass vorhandenes Vermögen entsprechend den regelmäßigen Zahlungszeiträumen Monat für Monat entgegengehalten
werden dürfe, unabhängig davon, ob der Wert des Vermögens zur Deckung des Bedarfs für den gesamten Bedarfszeitraum ausgereicht
hätte. Im Übrigen habe der Kläger über weiteres Vermögen, nämlich eine C-Rentenversicherung im Wert von 262 Euro und ein Depot
bei der E. Bank mit einem Wert von 2.167,09 Euro, verfügt. Unter Berücksichtigung von Absetzbeträgen nach § 12 Abs. 2 SGB II in Höhe von 6.150 Euro und einen Freibetrag für Anschaffungen in Höhe von 750 Euro ergebe sich insgesamt ein zu berücksichtigendes
Vermögen von 3.835,52 Euro.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 18. September 2014 aufzuheben, soweit dieses den Bescheid des Beklagten vom 11.
November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2012 aufgehoben hat, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten
verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Die Berufung ist auch begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 11. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2012, mit dem der
Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Kläger aufgehoben und deren Erstattung verlangt hat, ist, soweit er Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, rechtmäßig
und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Beklagte durfte mit diesem Bescheid die Bewilligung der dem Kläger für die Zeit vom 1. August bis 30. September 2006 und
vom 1. Juli 2007 bis 31. Januar 2008 gewährten Leistungen nach dem SGB II nicht nur teilweise, sondern vollständig aufheben und deren Erstattung verlangen.
Die Voraussetzungen für die mit dem Bescheid vom 11. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April
2012 erfolgte Aufhebung der dem Kläger gewährten Leistungen nach § 45 SGB X und die Voraussetzungen für Geltendmachung einer entsprechenden Erstattungsforderung nach § 50 SGB X liegen nicht nur für die Aufhebung und Erstattung von Leistungen in Höhe von 1.180,30 Euro, sondern auch für den darüber
hinausgehenden Betrag von 2.593,06 Euro vor. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen.
Der Beklagte war berechtigt, die dem Kläger insgesamt gewährten Leistungen in Höhe von 3.773,36 Euro vollständig aufzuheben
und zurückzufordern.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist im vorliegenden Fall bei der Rücknahme der entsprechenden Bewilligungsbescheide
durch den Beklagten nicht zu berücksichtigen, ob und wie lange einzusetzende Vermögensbeträge zur Bedarfsdeckung ausgereicht
hätten. Vielmehr war die Bewilligung von Leistungen für den gesamten Rückforderungszeitraum rechtswidrig und konnte deshalb
auch vollständig und nicht nur in Höhe des verfügbaren Vermögens aufgehoben werden. Dies ergibt sich daraus, dass die Regelung
des § 12 SGB II strikt vorsieht, dass (noch) vorhandenes Vermögen zu berücksichtigen ist (siehe dazu BSG, Beschluss vom 30. Juli 2008, B 14 AS 14/08 B, Juris, Rdnr. 5; Geiger, in: Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II - Grundsicherung für Arbeitssuchende, Lehr- und Praxiskommentar, 5. Auflage 2013, § 12 Rdnr. 81 m.w.N.). Die Kapitallebensversicherungen
des Klägers waren für den gesamten Rückforderungszeitraum vom 1. August bis 30. September 2006 und vom 1. Juli 2007 bis 31.
Januar 2008 für ihn verfügbar, denn diese wurden nach einem Teilrückkauf in Höhe von 800 Euro am 1. August 2008 erst zum 1.
März 2010 bzw. 1. April 2010 vollständig aufgelöst.
Entgegen der Ansicht des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt (Urteil vom 25. Juli 2012, L 5 AS 56/10, Juris, Rdnr. 48 unter Bezugnahme auf das Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 30. Juni 2011, S 13 AS 1217/09, Juris, Rdnrn. 25 ff.; diesen folgend Sozialgericht Landshut, Urteil vom 5. Februar 2014, S 10 AS 390/12, Juris, Rdnrn. 43 ff.) kann bei der Anrechnung verschwiegenen Vermögens nicht zwischen der Leistungsgewährung und der Rückforderung
von Leistungen unterschieden werden (so auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juli 2011, L 12 AS 4994/10, Juris, Rdnr. 33; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. März 2010, L 5 AS 2340/08, Juris, Rdnrn. 28, 35; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 3. April 2014, L 7 AS 827/12, Juris, Rdnr. 32). Wenn eine Leistung bewilligt wird, auf die wegen fehlender Hilfebedürftigkeit kein Anspruch besteht, ist
diese Leistungsbewilligung insgesamt rechtswidrig. Deshalb kann bei der Beurteilung dieser Leistung nicht danach differenziert
werden, ob ein Anspruch auf diese Leistung geltend gemacht wird oder ob die Bewilligung dieser Leistung aufgehoben werden
soll. Überlegungen zur Differenzierung bei der Anrechnung verschwiegenen Vermögens im Falle der Leistungsgewährung einerseits
und der Rückforderung dieser Leistungen andererseits können auch nicht im Rahmen des § 50 SGB X angestellt werden. Ist eine Bewilligung aufgehoben worden, sieht § 50 SGB X vielmehr strikt vor, dass die aufgehobene Leistung vollständig zu erstatten ist. Deshalb kann eine Rückforderung auch nicht
auf einen Zeitraum begrenzt werden, in dem die Hilfebedürftigkeit mit dem anrechenbaren Vermögen sicherzustellen gewesen wäre
(so aber wohl Geiger, in: Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II - Grundsicherung für Arbeitssuchende, Lehr- und Praxiskommentar, 5. Auflage 2013, § 12 Rdnr. 87).