Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen von Essen auf Rädern nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch -
Sozialhilfe (SGB XII).
Der Kläger bezieht laufende Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Er leidet unter Diabetes mellitus Typ 2, diabetischer Polyneuropathie, peripherer arterieller Verschlusskrankheit St. II
b, KHK, Zustand nach Vorderwandinfarkt 1999, arterieller Hypertonie, Adipositas permagna, rezidive-depressive Erkrankung,
Persönlichkeitsstörung und chronischem LWS-Syndrom.
Der Kläger beantragte am 27. September 2009 monatlich 105,00 Euro für spezielle natriumverminderte Diabetikermenüs von Essen
auf Rädern. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2009 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung eines Essenszuschusses ab, da es
sich um eine Leistung im Rahmen der Altenhilfe gemäß § 71 SGB XII handele. Hiernach solle die Altenhilfe dazu beitragen, die Schwierigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu verhüten, zu
überwinden oder zu mildern. Zum berechtigten Personenkreis zählten "alte Menschen." Die Altersgrenze des § 71 SGB XII stütze sich auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Demnach gehörten zum Personenkreis der "alten
Menschen" Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet hätten. Die Altersgrenze des § 71 SGB XII sei zwar nicht starr auf die Vollendung des 65. Lebensjahr auszulegen, jedoch habe eine Leistungsgewährung frühestens ab
Vollendung des 60. Lebensjahres zu erfolgen.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 19. Oktober 2009 Widerspruch gegen den Bescheid ein, diesen hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 20. Januar 2010 zurückgewiesen. Ein Anspruch des Klägers bestehe nicht. Die Inanspruchnahme des Dienstes Essen auf Rädern
könne notwendig sein, wenn eine Person nicht in der Lage sei, sich ein warmes Mittagessen selbst zuzubereiten und auf die
Zulieferung zubereiteter Speisen angewiesen sei. Eine Übernahme dieser Leistung erfolge bei Personen, die das 60. Lebensjahr
vollendet hätten. Aus einem Attest des Hausarztes Dr. J. ergebe sich nicht, dass der Kläger nicht in der Lage sei, sich ein
Mittagessen selbst zu zubereiten. Des Weiteren habe der Fachdienst Gesundheit des Wetteraukreises in seiner Stellungnahme
festgestellt, dass eine medizinische Notwendigkeit für eine Teilnahme an Essen auf Rädern nicht bestehe.
Am 31. Januar 2010 hat der Kläger hiergegen Klage beim Sozialgericht Gießen erhoben.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 19. Februar 2010 die Kosten einer besonderen Pflegekraft im Umfang von
täglich 51 Minuten zuzüglich Leistungskomplex 1, Grundkomplex täglich 1 mal 12,60 Euro zuzüglich den entsprechenden Hausbesuchspauschalen.
Mit weiterem Bescheid vom 14. April 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger die Kosten einer besonderen Pflegekraft nach §
65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII im Umfang von 357 Minuten wöchentlich.
Das Sozialgericht hat beim behandelnden Hausarzt des Klägers Dr. J. einen Befundbericht vom 14. Mai 2012 eingeholt. Ferner
hat es eine Stellungnahme der Pflegesachverständigen K. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen vom 19.
Juni 2012 eingeholt. Diese hat unter anderem ausgeführt: "Zusammenfassend bedeutet der in der bisherigen Begutachtung verwendete
Begriff "empfohlen", dass aus medizinisch/pflegerischer Sicht die Versorgung mit Essen auf Rädern eine Möglichkeit zu einer
angemessenen, dem Diabetes und dem Übergewicht angepassten, Essensversorgung darstellt. Die Versorgung mit Essen auf Rädern
ist jedoch nicht zusätzlich, das heißt Additiv zur hauswirtschaftlichen Versorgung zu sehen. Bei der Versorgung mit Essen
auf Rädern sollte aus meiner Sicht der hauswirtschaftliche Umfang insbesondere bzgl. des Kochens reduziert werden." Das Sozialgericht
hat weiterhin eine Auskunft Pflegedienst 2000 eingeholt.
Am 14. Dezember 2011 hat der Kläger erneut die Übernahme von Kosten für Essen auf Rädern beim Beklagten beantragt. Dieser
hat mit Bescheid vom 19. Januar 2012 den Antrag abgelehnt. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers hat der Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2012 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 20. August 2012 Klage beim Sozialgericht
(Az.: S 18 SO 159/12) erhoben, die Berufung gegen die klageabweisende Entscheidung ist unter dem Az.: L 4 SO 333/12 beim erkennenden
Senat anhängig.
Mit Urteil vom 12. September 2012 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Der Bescheid vom 15. Oktober
2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2010 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen
Rechten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme von Kosten für die Versorgung mit Essen auf Rädern gegen den Beklagten
nach § 19 Abs. 3 SGB XII i. V. m. §§ 61 Abs. 1 S. 2, 63 S. 2, 65 Abs. 1 S. 1 SGB XII. § 61 Abs. 1 S. 1 SGB XII fordere für Pflegeleistungen einen erheblichen Pflegebedarf im Sinne des
SGB XI, der bei dem Kläger nicht vorliege. Denn die Pflegegutachten vom 2009 und 2011 kämen zum Ergebnis, dass beim Kläger kein
Pflegebedarf im Sinne der Einstufung in eine Pflegestufe bestehe. § 61 Abs. 1 S. 2 SGB XII erfasse auch die sogenannte "Pflegestufe 0". Es würden also solche Fälle erfasst, die noch nicht der erheblichen Pflegebedürftigkeit
im Sinne des
SGB XI oder des § 64 SGB XII zuzuordnen sind (Hinweis auf: BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007, Az.: B 8/9b SO 12/06 R, Rdnr. 17; Knickrehm, NZS 2007, 128, 130). Pflegebedürftigen im Sinne des § 61 Abs. 1 SGB XII könnten nach § 65 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessene Beihilfen geleistet werden, wenn die Versorgung nicht anderweitig sichergestellt sei.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung von Beihilfen für die Versorgung mit Essen auf Rädern, denn es sei nicht
ersichtlich, dass der Kläger Essen auf Rädern beziehen müsse, um so seine Versorgung sicherzustellen. Zwar gehe aus den Pflegegutachten
vom 14. September 2009 und vom 7. April 2011 hervor, dass die Gutachterin die Versorgung mit Essen auf Rädern neben der hauswirtschaftlichen
Versorgung empfiehlt; jedoch sei nicht nachvollziehbar, dass der Kläger durch den Umfang der ihm gewährten hauswirtschaftlichen
Versorgung nicht hinreichend versorgt und eine Beihilfe zur Versorgung mit Essen auf Rädern erforderlich sei. Dem Pflegegutachten
sei nicht zu entnehmen, dass der Kläger nicht in der Lage sei, sich sein Essen selbst zuzubereiten. Entsprechende körperliche
Einschränkungen des Klägers seien weder in den Pflegegutachten noch im Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. J. dokumentiert.
Die Gutachterin K. führe in dem Pflegegutachten vom 14. September 2009 aus, dass die Bewusstseinslage des Klägers keine pflegerelevanten
Einschränkungen aufweise, die Orientierung sei unauffällig. Gedächtnis, Tag-/Nachtrhythmus, Wahrnehmung und Denken, Kommunikation/Sprache
und situatives Anpassen sei unauffällig. Unter Punkt 3.3 "Auswirkungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens" sei ausgeführt,
dass hinsichtlich Ernährung keine Fremdhilfe erforderlich sei. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung unter Punkt 4. komme
die Pflegesachverständige zum Ergebnis, dass ein Zeitaufwand in Stunde pro Woche von 6 Stunden bestehe, Mithilfe beim Einkaufen,
Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln der Wäsche, der Kleidung möglich sei. Der Kläger erhalte vom Beklagten Leistungen
im Rahmen der hauswirtschaftlichen Versorgung im Umfang von 357 Minuten wöchentlich. Der Pflegedienst, durch welchen die hauswirtschaftliche
Versorgung erbracht werde, verrichte für den Kläger die Einkäufe. Dem Kläger obliege somit allein die Zubereitung des Essens.
Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger in seinen körperlichen Fähigkeiten so eingeschränkt sei, dass ihm die Zubereitung
des Essens selbständig nicht möglich sei, denn es würden weder Rhythmusstörungen noch Einschränkungen der oberen Extremitäten
festgestellt. Darüber hinaus kämen andere Anspruchsgrundlagen der Hilfe zur Pflege nicht in Betracht. Ein Anspruch nach §
71 SGB XII scheide aus, da nicht ersichtlich sei, dass der Kläger zum Personenkreis des § 71 SGB XII zählt. Denn es sei nicht ersichtlich, dass es sich um einen altersspezifischen Bedarf beim Kläger handelt. Darüber hinaus
seien die Leistungen nach § 71 SGB XII gegenüber den Leistungen nach §§ 61 ff. SGB XII subsidiär (Hinweis auf: Kaiser, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand
2012, § 71 Rdnr. 1). Dies folge aus der Formulierung "außer den Leistungen nach den übrigen Bestimmungen dieses Buches".
Gegen das ihm am 5. Oktober 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. November 2012 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht
eingelegt, diese hat das erkennende Gericht mit Beschluss vom 4. März 2013 als unzulässig verworfen.
Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Bestellung von Herrn Rechtsanwalt F.
zum besonderen Vertreter des Klägers auf dessen Beschwerde den Beschluss des erkennenden Gerichts vom 4. März 2013 aufgehoben
und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Der Revisionssenat stellte dabei fest, dass bei dem Kläger eine partielle Prozessunfähigkeit im Hinblick auf die Führung von
sozialgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vorliege und im Berufungsverfahren nicht davon abgesehen hätte werden können, einen
besonderen Vertreter zu bestellen. Stehe wie vorliegend die Prozessunfähigkeit für den Prozess fest, könne diese grundsätzlich
nur mit einem besonderen Vertreter fortgeführt werden, wenn eine sonstige gesetzliche Vertretung nicht gewährleistet ist und
- wie hier - das Amtsgericht von der Bestellung eines Betreuers abgesehen hat. Zwar seien Ausnahmen von der Vertreterbestellung
dann für zulässig achtet worden, wenn das Rechtsmittel unter Anlegung eines strengen Maßstabs "offensichtlich haltlos" sei,
was insbesondere bei absurden Klagebegehren ohne jeden Rückhalt im Gesetz oder bei offensichtlich unschlüssigem Vorbringen
anzunehmen sei, etwa wenn kein konkreter Streitgegenstand erkennbar ist, der Kläger nur allgemeine Ausführungen ohne irgendeinen
Bezug zum materiellen Recht mache oder wenn sein Vorbringen bereits mehrmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidung gewesen
sei. Ein solches haltloses Begehren liege vorliegend aber nicht vor.
Mit Beschluss vom 13. Mai 2015 hat der Vorsitzende des Senats anstelle von Rechtsanwalt F., der die Funktion als besonderer
Vertreter für die Verfahren vor dem LSG abgelehnt hat, Herrn Justizinspektor B. als besonderen Vertreter des Klägers gemäß
§
72 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) bestellt. Dieser hat die bisherige Prozessführung des Klägers in diesem Verfahren genehmigt und sich den gestellten Anträgen
des Klägers angeschlossen. Weitergehende Anträge hat er nicht gestellt. In Übereinstimmung mit dem Beklagten hat er sich mit
einer Entscheidung durch den Vorsitzenden/Berichterstatter anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Auf Anfrage des Senats trägt der Kläger vor, dass ihm in der Zeit vom 27. September 2009 bis 13. Dezember 2011 keine Aufwendungen
für Essen auf Rädern entstanden sind.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 12. September 2009 und den Bescheid vom 15. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 20. Januar 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm täglich 6,29 € für den Zeitraum vom 27. September 2009
bis 13. Dezember 2011 für Essen auf Rädern zu zahlen,
hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid vom 15. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar
2010 rechtswidrig ist und der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, ihm kalendertäglich 6,29 € für den Zeitraum vom 27. September
2009 bis 13. Dezember 2011 für Essen auf Rädern zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten des Beklagten, die
Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Vorsitzende konnte anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden
erklärt haben (§§
124 Abs.2, 153 Abs.1, 155 Abs.3
SGG).
Die Berufung ist zulässig.
Dem Kläger fehlt zwar die Prozessfähigkeit für das vorliegende Verfahren, er wird jedoch von dem nach §
72 Abs.
1 SGG bestellten besonderen Vertreter rechtswirksam vertreten, dieser hat seine bisherigen Prozesshandlungen genehmigt, diese sind
daher wirksam.
Ein Beteiligter ist gemäß §
71 Abs.
1 SGG prozessfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann. Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, einen Prozess selbst oder
durch einen selbst bestellten Prozessbevollmächtigten zu führen, Verfahrenshandlungen (Prozesshandlungen) selbst oder durch
einen selbst bestellten Vertreter wirksam vorzunehmen und entgegenzunehmen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Kommentar zum
SGG, 11. Auflage, §
71 Rn. 1a, 3). Die Prozessfähigkeit ist eine Prozessvoraussetzung und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen
(§
71 Abs.
6 SGG in Verbindung mit §
56 Abs.
1 Zivilprozessordnung -
ZPO).
Im Hinblick auf die Durchführung sozialgerichtlicher Streitverfahren gegen den Sozialhilfeträger ist die zumindest seit April
2008 bestehende partielle Prozessunfähigkeit des Klägers festgestellt. Diesbezüglich wird auf den Beschluss des Hessischen
Landessozialgerichts vom 23. Februar 2011 (Az.: L 9 SO 58/09 B) und die Beschlussgründe Bezug genommen. Der Senat hat sich
im Rahmen der persönlichen Anhörung des Klägers am 26. September 2012 im Verfahren mit dem Az.: L 4 SO 81/12 B nochmals von
dem Fortbestehen der partiellen Prozessunfähigkeit des Klägers überzeugt, auf die Gründe des Beschlusses des Senats vom 26.
September 2012 (Az.: L 4 SO 81/12 B) wird Bezug genommen. Das BSG teilt in mehreren Entscheidungen - so auch in der zurückweisenden Entscheidung im vorliegenden Verfahren - diese Einschätzung.
Hinweise auf eine Änderung der Verhältnisse liegen nicht vor.
Der Kläger leidet - wovon auch das BSG im Ergebnis ausgeht - an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung und einer rezidivierenden depressiven Störung. Der Sachverständige
Dr. G. führt hierzu in seinem Gutachten vom 9. Januar 2010 (S. 26) u. a. aus:
" als andere Begrifflichkeit der paranoiden Persönlichkeitsstörung kann auch der eines Querulantenwahns bzw. einer querulatorischen Entwicklung genannt werden. In der Folge hat sich entwickelt, dass sich Herr A. grundsätzlich als ungerecht behandelt fühlt und dann entsprechend dagegen gerichtlich vorgehen muss, auch wenn das Verhältnis
zwischen Anliegen und Verhaltensweisen völlig unverhältnismäßig erscheint. So ist auch der als verbissen anzusehende Kampf
des Herrn A. anzusehen, der mannigfaltige Prozesse auf Grund vermeintlicher Ansprüche verfolgt"
Mit Beschluss vom 24. Januar 2011 hat das Amtsgericht Friedberg - Betreuungsgericht die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung
für den Kläger mit der Begründung abgelehnt, dass bei diesem eine schwere paranoide Persönlichkeitsstörung mit rezidivierenden
depressiven Episoden und eine Benzdiazepinabhängigkeit vorliege. Dies entspreche dem Ergebnis des durch das Hessische Landessozialgericht
eingeholten psychiatrischen Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie Dr. G. vom 9. Januar 2010. Auch das im Auftrag des Betreuungsgerichts
eingeholte Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. H. komme zu dem Ergebnis, dass bezüglich des
Aufgabenkreises Prozessangelegenheiten der Kläger zu realitätsgerechtem und situationsadäquatem Denken und Handeln nicht in
der Lage sei. Der pathologische Geisteszustand des Klägers führe ihn nämlich ersichtlich nicht dazu, dass er eigene Rechte
nicht wahrnehmen oder Ansprüche nicht geltend machen würde und dadurch in Gefahr geriete, erhebliche Nachteile zu erleiden.
Vielmehr führe ihn seine pathologische Querulanz dazu, eine Unzahl von Anträgen vor allem an Sozialbehörden zu stellen und
sozialgerichtliche Verfahren anhängig zu machen. Dies stelle ohne Zweifel für die betroffenen Behörden und Gerichte einen
erheblichen Nachteil dar, nicht jedoch für den Kläger selbst, da diese Verfahren typischer Weise kostenfrei seien und deshalb
eine Vermögensgefährdung nicht zu befürchten sei.
Auf Anregung des Vorsitzenden hat das Amtsgericht Friedberg mit neuerlichem Beschluss vom 13. Januar 2015 abermals entschieden,
dass für den Kläger kein Betreuer bestellt wird.
Nach Berechnung des Sozialgerichts (z. B. Beschluss vom 2. September 2014, Az.: S 18 SO 91/14 ER) hat der Kläger von September
2004 bis September 2014 mehr als 860 sozialgerichtliche Antrags- und Klageverfahren angestrengt.
Die Berufung ist jedoch aus den Gründen der aufgehobenen Entscheidung unbegründet. Durch den am 14. Dezember 2011 gestellten
erneuten Antrag auf einen Essenszuschuss für Essen auf Rädern wird der Gegenstand des Rechtsstreits auf den vorgenannten Zeitraum
beschränkt. Richtet sich die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß §
54 Abs.
1 und 4 Sozialgerichtsgerichtsgesetz, §
56 SGG gegen die vollständige Versagung von Leistungen ohne zeitliche Begrenzung, ist auf einen zeitlich unbestimmten Leistungsantrag
Gegenstand des Rechtsstreits grundsätzlich der gesamte Zeitraum bis zur Entscheidung des Gerichts, und zwar unter Berücksichtigung
aller tatsächlichen oder rechtlichen Änderungen, ohne dass es eines neuen Bescheids bedarf, es sei denn, der Leistungsträger
hat - wie hier - auf einen weiteren Leistungsantrag für einen späteren Zeitraum einen neuen Ablehnungsbescheid - hier der
Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juli 2012 - mit der Folge erlassen,
dass sich der zunächst angefochtene Bescheid insoweit gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt hat (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, Az.: B 7b AS 14/06 R, vom 16. Mai 2007, Az.: B 11b AS 37/06 R, vom 31.0ktober 2007, Az.: B 14/11b AS 59/06 R und 7/07 R, vgl. ebenso BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007, Az.: B 8/9b SO 12/06 R). Der weitere Versagungsbescheid ist auch nicht gemäß §
96 Abs.
1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, da die bloße Versagung auf unbestimmte Zeit keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung darstellt,
der allein abgeändert oder ersetzt werden kann (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007, Az.: B 8/9b SO 12/06 R).
Der geltend gemachte Anspruch des Klägers ist bereits deshalb zu versagen, weil ihm kalendertägliche Aufwendungen in der streitgegenständlichen
Höhe in dem genannten Zeitraum für Essen auf Rädern nicht tatsächlich entstanden sind.
Der Anspruch des Klägers auf Übernahme der geltend gemachten Kosten für Essen auf Rädern setzt voraus, dass der Kläger überhaupt
im streitigen Zeitraum die geltend gemachten Kosten aufgewendet hat, Essen auf Rädern im Wege der "Selbstbeschaffung" in Anspruch
genommen und dieses auf andere Weise bezahlt hat, oder er die Bezahlung noch schuldet. Aufgabe der Sozialhilfe ist es nämlich
nicht, nachträglich Leistungen zu erbringen, wenn der Bedarf hierfür mittlerweile entfallen ist (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007, B 8/9b SO 12/06 R, SozR 4-3500 § 21 Nr. 1 Rdnr. 11 für die Übernahme von Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem SGB XII unter Hinweis auf BVerwGE 90, 154, 156; 91, 245, 247 f.; 94, 127, 135; 96, 152; vgl. auch für den Bereich des SGB II: BSG, Urteil vom 17. Juni 2010, B 14 AS 58,09 R, BSGE 106, 190, Rdnr. 21 unter Hinweis auf BSGE 89, 50, 56 f. = SozR 3-3300 § 12 Nr. 1 S 8 = juris Rdnr. 36, zur Übernahme von Mietschulden, wonach die im Sozialversicherungsrecht
geltende Pflicht zur Kostenerstattung bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung als allgemein gültiges
Rechtsprinzip angesehen wird). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn der Kläger hat nach Aufforderung des Senats
im Berufungsverfahren keine Unterlagen hierüber vorgelegt. Vielmehr ergibt sich aus seinem Vortrag, dass er kein Essen auf
Rädern im streitgegenständlichen Zeitraum in Anspruch genommen hat.
Soweit der Kläger im Wege der hilfsweise die Feststellung begehrt, dass der Bescheid vom 15. Oktober 2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2010 rechtswidrig ist und der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Kosten für Essen
auf Rädern zu übernehmen, ist dies hilfsweise erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage bereits unzulässig. Die Zulässigkeit
der Fortsetzungsfeststellungsklage setzt gem. §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG voraus, dass sich der Verwaltungsakt erledigt hat (vgl. hierzu auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage 2012, §
131 Rdnr. 7, 7a). Dies ist nicht der Fall. Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ist zwar - wie ausgeführt - in zeitlicher
Hinsicht durch den Erlass des Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.
Juli 2012 gemäß § 39 Abs. 2 SGB X insoweit erledigt, als seine Regelungswirkung sich auf den Zeitraum 27. September 2009 bis 13. Dezember 2011 beschränkt,
die Regelungswirkung des Verwaltungsakts ist damit jedoch nicht vollständig weggefallen, sondern für den genannten Zeitraum
erhalten geblieben.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 SGG sind nicht gegeben.