Verfahrensgegenstand im sozialgerichtlichen Verfahren im Rechtsstreit um die Höhe einer Altersrente bei unklarer Höhe von
Nachversicherungsbeiträgen
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Altersrente, die der Kläger nicht auf der Grundlage der tatsächlich entrichteten Nachversicherungsbeiträge,
sondern nach fiktiv höheren Nachversicherungsbeiträgen berechnet haben möchte.
Der am 1948 geborene Kläger war vom 16.4.1963 bis 1.10.1967 als Postschaffner bei der Deutschen Bundespost tätig. Vom 2.10.1967
bis 16.7.1968 leistete er seinen Wehrdienst und war vom 17.7.1968 bis 30.9.1975 als Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr verpflichtet.
Vom 1.10.1975 bis 14.6.1976 befand er sich in Fachschulausbildung. Vom 1.9.1976 bis 31.7.1999, seinem unversorgten Ausscheiden,
war er im Beamtenverhältnis als Polizeibeamter (zuletzt Hauptkommissar, Besoldungsgruppe A 12) beschäftigt. Anschließend war
er versicherungsfrei selbständig tätig. Für die Beschäftigungszeiten wurde der Kläger bei der Beklagten durch die Deutsche
Post, das Bundesverwaltungsamt und das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg auf der Grundlage der gemeldeten
beitragspflichtigen Brutto-Einnahmen 1999 bzw. 2001 nachversichert (vgl. Gesamtkontospiegel Bl. 5 VA). Aktenvorgänge der Beklagten
hierzu sind nicht mehr vorhanden, der Kläger hat die ihm vorliegenden Nachversicherungsbescheinigungen und weitere Unterlagen
vorgelegt (Bl. 20 bis 32, 43 ff VA). Am 14.11.2013 bestätigte der Kläger der Beklagten, dass der Versicherungsverlauf vollständig
und richtig ist.
Auf seinen Antrag vom 3.12.2013 gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 14.1.2014 Altersrente für langjährig Versicherte
ab 1.12.2013 in Höhe von 1.272,34 € monatlich.
Den dagegen eingelegten Widerspruch gegen die Rentenhöhe begründete der Kläger damit, dass zu Unrecht bei den nachzuversichernden
Arbeitsentgelten ausgeschiedener Beamter lediglich die niedrigeren, tatsächlich erhaltenen und gemeldeten Bezüge anstatt der
weit höheren Bruttobezüge vergleichbarer versicherungspflichtiger Angestellter nachversichert worden seien. Die Beklagte hätte
im Rahmen der Nachversicherung die gemeldeten tatsächlichen Rentenbezüge gegebenenfalls im Wege eines Zusatzfaktors in Bezüge
eines vergleichbaren Angestellten umrechnen und bei der Nachversicherung heranziehen müssen. Die Beklagte wies den Widerspruch
mit Widerspruchsbescheid vom 8.4.2014 zurück. Der Nachversicherungsschuldner sei ebenso wie der Arbeitgeber eines abhängigen
Pflichtversicherten ohne vorherige Einschaltung des Versicherungsträgers für die korrekte Ermittlung der Nachversicherungsbeiträge
selbst verantwortlich. Darüber hinaus sei für die Frage, welche Bezüge als nachzuversicherndes Arbeitsentgelt zu berücksichtigen
seien, auf die Regelungen für die beitragspflichtigen abhängig beschäftigten Pflichtversicherten zurückzugreifen. Nach §
181 Abs.
2 Satz 1
SGB VI seien die beitragspflichtigen Einnahmen, also die tatsächlich erhaltenen Bezüge, die Beitragsbemessungsgrundlage für die
Nachversicherung. Die im Rentenbescheid aufgrund der von den Arbeitgebern übermittelten Entgelte berechnete Rentenhöhe sei
richtig und vollständig.
Dagegen hat der Kläger am 25.4.2014 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und sein Begehren mit gleicher Begründung weiterverfolgt. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Beamtenrechts wolle
der Gesetzgeber entsprechend seiner Fürsorgepflicht nach §
8,
181 ff.
SGB VI auch für ausgeschiedene Beamte eine rentenrechtliche Besitzstandswahrung erreichen und die erworbenen Pensionsansprüche mit
denen vergleichbarer sozialpflichtig versicherter Angestelltenrenten gleichstellen, was jedoch nicht annähernd stattfinde.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit Urteil vom 19.1.2016 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Bescheid vom 14.1.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 8.4.2014 rechtmäßig sei. Beitragsbemessungsgrundlage seien nach §
181 Abs.
2 S. 1
SGB VI die beitragspflichtigen Einnahmen aus der Beschäftigung im Nachversicherungszeitraum bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze.
Zu Recht gehe die Beklagte davon aus, dass hierbei die tatsächlich erhaltenen Bezüge nachzuversichern seien, nicht jedoch
die höheren Bruttobeträge, die einem vergleichbaren Angestellten zugestanden hätten. Eine solche fiktive Gleichstellung lasse
sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Von einer planwidrigen Regelungslücke sei angesichts der differenzierten Regelungen
ebenfalls nicht auszugehen. Die Regelung des §§
181 Abs.
1, Abs.
2 S. 1
SGB VI verstoße auch nicht gegen Verfassungsrecht. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art.
3 Abs.
1 GG liege nicht vor, denn die rentenrechtliche Regelung des §§
181 Abs.
1, Abs.
2 S. 1
SGB VI stelle grundsätzlich ohne Differenzierung nach der Person auf die tatsächlich erhaltenen Beträge ab. Die vom Kläger empfundene
Benachteiligung beruhe auf den grundlegend verschiedenen Versorgungssystemen für Beamte und Nichtbeamte, die keine vergleichbare
Personengruppe seien. Aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art.
33 Abs.
5 GG) könne ebenfalls eine Verfassungswidrigkeit der Regelung nicht hergeleitet werden. Nachdem eine Nachversicherung im Versorgungssystemen
der Beklagten nur bei Ausscheiden aus dem Beamtentum in Betracht komme, sei der Kern des Beamtenrechts damit nicht tangiert.
Dem Gesetzgeber komme bei der gesetzlichen Ausgestaltung des Versorgungssystems ein weiter Gestaltungsspielraum zu, dessen
Grenzen nicht überschritten seien.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 26.1.2016 zugestellte Urteil hat dieser am 11.2.2016
schriftlich Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und seine Rechtsauffassung vertieft. Sinn und Zweck
des Gesetzes sei für ausgeschiedene Beamte eine rentenrechtliche Besitzstandswahrung erreichen zu wollen und die erworbenen
Pensionsansprüche während der Beamtenzeit den Altersrenten vergleichbarer sozialversicherungspflichtiger Angestellter zumindest
gleichzustellen und ausgeschiedene Beamte nicht noch durch eine Rentenkürzung zu benachteiligen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. Januar 2016 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2014 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine höhere Altersrente
entsprechend den Bruttobezügen vergleichbarer versicherungspflichtiger Angestellter anstelle der tatsächlichen Bezüge zu gewähren,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten
der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gem. §§
143,
144 Abs.
1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§
151 Abs.
1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Altersrente für langjährig Versicherte.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 14.1.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.4.2014, mit dem die
Beklagte dem Kläger Altersrente für langjährig Versicherte ab 1.12.2013 i.H.v. 1.272,34 € monatlich gewährt hat. Dagegen wendet
sich der Kläger mit dem Begehren auf Gewährung einer höheren Rente mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage.
Der angefochtene Bescheid erweist sich jedoch als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte
mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden (§
63 Abs.
6 SGB VI). Der Rentenartfaktor für die vom Kläger bezogene Altersrente beträgt 1,0 (§
67 Nr. 1
SGB VI); der nach §
68 SGB VI zu errechnende aktuelle Rentenwert betrug zum Rentenbeginn am 1.12.2013 (vom 1.7.2013 bis 30.6.2014) 28,14 € (www.bundesregierung.de).
Beides hat die Beklagte zutreffend berücksichtigt. Ebenso hat die Beklagte die persönlichen Entgeltpunkte des Klägers auf
der Grundlage der im Versicherungskonto gespeicherten Zeiten und Entgelte, die der Kläger mit der Erklärung vom 14.11.2013
als richtig und vollständig beurteilt hat, zutreffend ermittelt. Die gespeicherten Zeiten beruhen, mit Ausnahme der Wehrdienstzeit
und der Fachschulausbildung, allein auf Pflichtbeiträgen durch Nachversicherung. Die Daten sind mit den von den Dienstherren,
der Deutschen Post, dem Bundesverwaltungsamt und dem Landesamt für Besoldung und Versorgung mitgeteilten Zeiten und den in
dieser Zeit gezahlten Bruttoentgelten identisch. Die nunmehr mit Wirkung vom 1.1.2016 in §
181 Abs.
2a SGB VI bei Soldaten auf Zeit als Beitragsbemessungsgrenze vorgesehene Erhöhung der beitragspflichtigen Einnahmen um 20 v.H. war
zum Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge 1999 bzw. 2001 noch nicht geltend (§
181 SGB VI in der Fassung vom 15.12.1995, gültig bis 31.12.2001). Die Rente des Klägers hat die Beklagte daher anhand dieser Faktoren
rechtlich zutreffend in Höhe von 1.272,34 € ermittelt.
Mit seiner Argumentation, dass seinen versicherungsfreien Tätigkeiten nicht die tatsächlich gezahlten Entgelte, sondern fiktiv
für pflichtversicherte Angestellte in gleicher Position höhere Entgelte der Berechnung der Rente zugrunde zu legen seien,
kann der Kläger im vorliegenden Verfahren bereits kein Gehör finden. Damit richtet er sich gegen die Durchführung der Nachversicherungen
gegenüber seinen drei Dienstherren, die nach dem Eintritt des Nachversicherungsfalls durch das unversorgte Ausscheiden aus
dem Beamtenverhältnis am 1.8.1999 auch erfolgt waren. Diese sind ausweislich der von Kläger vorgelegten Unterlagen durch das
Bundesverwaltungsamt im November 1999 (Schreiben vom 22.11.2013, Nachversicherungsbescheinigung vom 30.11.1999 und Sammelkassenanweisung
vom 30.11.1999), durch die Deutsche Post 2001 (Nachversicherungsbescheinigung vom 30.5.2001) und durch das Landesamt für Besoldung
und Versorgung im November 1999 (Nachversicherungsbescheinigung vom 10.11.1999) auf der Grundlage der damals gezahlten Entgelte
erfolgt und haben zur entsprechenden Kontenspeicherung bei der Beklagten geführt. Die Durchführung der damaligen Nachversicherung
kann jedoch nicht zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens um die Höhe der darauf beruhenden Rente gemacht werden. Selbst
wenn die Nachversicherungsbeiträge - wie der Kläger behauptet - von der Beklagten zu niedrig angesetzt worden wären, so könnte
die vom Kläger geforderte höhere Rente nicht auf Grund einer fiktiven Höherbewertung, sondern erst nach der tatsächlichen
Zahlung weiterer Nachversicherungsbeiträge rentensteigernd berücksichtigt werden (vgl. BSG, Urteil v. 31.01.2008 - B 13 R 27/07 R - , [...] Rn. 20 ff.; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 26.10.2012 - L 1 R 402/09 -, Rn. 86, [...]). Grund hierfür ist, dass "nachzuentrichtende" Beiträge als rechtzeitig entrichtete Pflichtbeiträge gelten
(§
185 Abs.
2 SGB VI, früher § 124 Abs. 4 Satz 1 AVG). Sind Beiträge "nachzuentrichten", bedeutet dies, dass sie auch tatsächlich nachentrichtet werden müssen. Vor der Zahlung
der entsprechenden Versicherungsbeiträge durch die Dienstherren können die Voraussetzungen für eine höhere Rente deshalb nicht
erfüllt sein. Die Frage der Höhe der Nachversicherungsbeiträge ist im "Durchführungsverhältnis" zu klären. Ansonsten wäre
§
281 Abs.
2 SGB VI, der auch auf die tatsächliche Zahlung der Beiträge abstellt, ohne Regelungsgehalt. Denn diese Vorschrift kann nur so verstanden
werden, dass sie die Vormerkung oder Anrechnung einer nachzuversichern Zeit gerade verhindern will, solange noch keine Beiträge
geflossen sind. Der Kläger ist auch nicht rechtlos gestellt, er kann bei pflichtwidrig unterbliebener Nachversicherung den
ehemaligen Dienstherrn ggf. auf Entrichtung der (höheren) Nachversicherungsbeiträge in Anspruch nehmen (BSG aaO. [...] Rn. 28, 30 m.w.Nw.).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich für die Rechtsauffassung des Klägers, dass hinsichtlich der Beitragsbemessungsgrundlage
gem. §
181 Abs.
2 Satz 1
SGB VI abweichend vom tatsächlich erhaltenen Entgelt von einem fiktiv höheren Angestellteneinkommen auszugehen sei, kein rechtlich
haltbarer Ansatz findet. Arbeitsentgelt sind die bis zum Eintritt des Nachversicherungsfalles tatsächlich gewährten Entgelte
(vgl. BSG, Urteil vom 8.11.1989 - 1 RA 21/88 -, SozR 2200 § 1402 Nr 11, Rn. 14 und vom 2.8.1989 - 1 RA 43/88 -, [...]). Auf die zutreffende Begründung des SG wird hierzu Bezug genommen. Auch hat der Senat bereits entschieden, dass entscheidend allein die tatsächlich gezahlten Bezüge
im Sinne des §
14 SGB IV aus der versicherungsfreien Beschäftigung (§
5 Abs.
1 Ziff. 1
SGB VI) sind und auch grundgesetzliche Aspekte insbesondere bei einem freiwilligen Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis nicht entgegenstehen
(LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.8.2000 - L 2 RJ 659/98 - , [...]).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG liegen nicht vor.