Gründe
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen und des Klägers hat mit Schriftsatz vom 14.12.2011 ausdrücklich sowohl im Namen
ihrer Mandanten als auch in eigenem Namen Beschwerde gegen die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Klageverfahren
durch das Sozialgericht erhoben. Gerügt wird in beiden Fällen eine zu niedrige Wertfestsetzung. Deshalb sind die Beschwerden
der Klägerinnen und des Klägers mangels Beschwer unzulässig, denn die Partei kann nach allgemeiner Auffassung in der Rechtsprechung
und Literatur mit der Streitwertbeschwerde nach § 68 GKG vernünftigerweise nur geltend machen, der Streitwert sei zu hoch festgesetzt worden (s. z.B. Hartmann, Kostengesetze, 42.
Aufl. 2012 § 68 GKG Rdnr. 5 m.w.N.).
Beschwerdebefugt ist indes die Rechtsanwältin. Sie kann sich nämlich entsprechend der Regelung in § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG auch im Verfahren nach § 68 GKG aus eigenem Recht über eine zu niedrige Wertfestsetzung beschweren (Hartmann a.a.O. ebenfalls m.w.N.). Die auch im übrigen
zulässige Streitwertbeschwerde der Rechtsanwältin, der das Sozialgericht nicht nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 1 GKG abgeholfen hat (Verfügung der Kammervorsitzenden vom 20.12.2011), ist aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Streitwert
für das Klageverfahren zutreffend auf 8.816,73 EUR festgesetzt (Betrag der der Klägerinnen und dem Kläger als Rechtsnachfolger
ihres schon vor Klageerhebung verstorbenen Vaters zuerkannten Rentennachzahlung ohne Zinsen).
Dabei stützt sich das Sozialgericht zu Recht auf § 52 Abs. 1 GKG. Maßgeblich für die Bestimmung des Streitwerts ist hier nämlich der mit der Klage erstrittene Rentennachzahlungsbetrag, denn
bei Eingang der Klage im Jahr 2007 war der Versicherte bereits verstorben, so dass von Anfang an keine "wiederkehrenden Leistungen"
im Sinne von § 42 Abs. 3 GKG in der hier maßgeblichen bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung (jetzt: § 42 Abs. 2 GKG) mehr im Streit standen (so für entsprechende Konstellationen in der Nichtzulassungsbeschwerde: Beschluss des Bundessozialgerichts
vom 21.12.2009, B 13 R 139/09 B - die Rechtsanwältin und die Beklagte haben diese Entscheidung als auch dort Beteiligte erhalten).
Entgegen der Auffassung der Rechtsanwältin hat das Sozialgericht die Verzinsung der Rentennachzahlung bei der Streitwertfestsetzung
zu Recht nach § 43 Abs. 1 GKG außer Betracht gelassen. Die Richtigkeit dieser Berechnungsweise ergibt sich zwanglos aus dem eindeutigen Wortlaut der genannten
Vorschrift: " Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird
der Wert der Nebenforderung nicht berücksichtigt". Der Anspruch auf Verzinsung der im Klageverfahren erstrittenen Rentennachzahlung
nach §
44 SGB I ist eine solche Nebenforderung, die vom Hauptanspruch (hier von dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Regelaltersrente)
rechtlich abhängig war (s. hierzu im einzelnen Hartmann a.a.O. § 43 Rdnr. 3). Nur soweit die Nebenforderung selbst zur Hauptforderung
wird, ist nach § 43 Abs. 2 GKG deren Wert für die Streitwertfestsetzung maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt (Hartmann a.a.O).
Nichts anderes ergibt sich aus der in der Beschwerdeschrift zitierten Kommentierung bei T I, Streitwert - Kommentar, 12. Aufl.
2007 Rdnr. 4001 (= 13. Aufl. 2011 Rdnr. 4168), wonach das in § 43 Abs. 1 GKG vorausgesetzte Abhängigkeitsverhältnis der Nebenforderung vom Hauptanspruch fehlt, wenn die Nebenforderung nur einen Berechnungsmaßstab
bei der Bildung einer einheitlichen Geldforderung darstellt. Die weiteren Ausführungen bei T/I zeigen, dass damit Fälle gemeint
sind, in denen erzielte oder entgangene Früchte, Nutzungen oder Zinsen zu den Berechnungsposten eines selbständigen Entschädigungs-,
Herausgabe- oder Bereicherungsanspruchs zählen. Der hier allein zu diskutierende Anspruch auf Verzinsung einer Rentennachzahlung
gemäß §
44 SGB I ist ersichtlich kein Berechnungselement der Rentenhöhe; es handelt sich dabei vielmehr um den typischen Fall einer vom Hauptanspruch
rechtlich abhängigen Nebenforderung. Allein der Umstand, dass die Rentenbescheide der Beklagten auf Seite 1 einen "Nachzahlungsbetrag"
einschließlich der zu beanspruchenden Zinsen ausweisen (hier den Betrag von 10.921,46 EUR) führt nicht zu einer anderen rechtlichen
Beurteilung. Die Berechnung der Rente und der davon abhängigen Zinsen ergibt sich in der Regel jedenfalls aus dem weiteren
Text des Bescheides oder seiner Anlagen. Aber unabhängig davon bewirkt allein die textliche Darstellung der Abrechnung der
zuerkannten Ansprüche durch die Beklagte nach Abschluss des Klageverfahrens nicht die Veränderung der sich aus den gesetzlichen
Vorschriften ergebenden Rechtsqualität des Rentenanspruchs als Haupt- und des Zinsanspruchs als davon abhängige Nebenforderung.
Wie der Senat in dieser Entscheidung verfahren in entsprechenden Fällen - soweit ersichtlich - auch die Rentensenate des BSG
(s. z.B. Beschluss des 13. Senats vom 21.12.2009 a.a.O.) und die übrigen Senate des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen
(s. z.B. Urteil des 20. Senats vom 14.02.2011, L 20 SO 110/08). Der Senat weicht auch nicht von seiner eigenen Entscheidung
vom 14.11.2011 (L 14 R 832/11 B) ab. Dort hatte die Beklagte im Rahmen ihrer Anhörung einen Betrag der "Rentennachzahlung" mitgeteilt, den der Senat dann
ohne weitere Feststellungen und Begründungen der Streitwertfestsetzung zugrunde gelegt hatte. Erst mit dem (noch zu bescheidenden)
"Überprüfungsantrag" hat die Beklagte geltend gemacht, den Nachzahlungsbetrag versehentlich mit den Zinsen angegeben zu haben.
Ein ähnliches Versehen liegt möglicherweise der Entscheidung des 3. Senats des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (L
3 R 51/09) zugrunde, auf die sich die Rechtsanwältin in ihrer Beschwerdeschrift stützt. Jedenfalls hat der 3. Senat auch in der angeführten
Entscheidung nicht explizit die Auffassung vertreten, dass die Verzinsung einer Rentennachzahlung bei der Streitwertfestsetzung
zu berücksichtigen ist.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§
177 SGG).