Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung
Prüfung von Gründen für die Zulassung der Berufung (grundsätzliche Bedeutung, Verfahrensmangel)
Prüfung einer Divergenz nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG
Gründe
Das Sozialgericht hat die Berufung gegen das Urteil vom 16.01.2014 zu Recht nicht zugelassen. Es liegen keine Gründe für die
Zulassung der nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes von 163,87 Euro nicht kraft Gesetzes statthaften Berufung vor.
Nach §
144 Abs.
2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten
Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die
Entscheidung beruhen kann.
Ein Zulassungsgrund gemäß §
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG wurde nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
Auch die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben,
wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die
Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hierfür nicht (Leitherer
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl. §
144 RdNr. 28). Eine derartige Rechtsfrage wirft der Rechtsstreit entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht auf.
Unter den Beteiligten unstreitig ist, dass der Beklagte am 31.01.2012 Kenntnis vom Zeitpunkt des Zuflusses (15.12.2011) des
Arbeitsentgelts erhalten hat, welches vom zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Ehemann der Klägerin aufgrund seiner Beschäftigung
als Lagerarbeiter im November 2011 erzielt worden ist. Diese Kenntnis war für die Rücknahme der Leistungsbewilligung wegen
Einkommenserzielung erforderlich, um den Zeitraum, in dem die Anrechnung zu erfolgen hat, bestimmen zu können. Weiterhin unstreitig
ist, dass der Beklagte mit dem von der Klägerin angefochtenen Bescheid vom 05.10.2012 wegen des der Bedarfsgemeinschaft im
Dezember 2011 zugeflossenen Erwerbseinkommens die Leistungsbewilligung für diesen Monat teilweise aufgehoben hat. Damit wurde
die in § 48 Abs. 4 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X bestimmte Jahresfrist ersichtlich eingehalten. Nach diesen Regelungen kann die Behörde einen Verwaltungsakt mit Wirkung für
die Vergangenheit nur dann aufheben, wenn sie dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tut, welche die Aufhebung
des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Die Aufhebung ist hier innerhalb eines Zeitraums von weniger als
zehn Monaten und damit binnen Jahresfrist erfolgt. Abzustellen ist insoweit einerseits auf den Zeitpunkt der Kenntnis des
Beklagten vom Zufluss des Erwerbseinkommens und andererseits auf den Erlass des Aufhebungsbescheides. Entgegen der Auffassung
der Bevollmächtigten der Klägerin kann für den Beginn der Jahresfrist nicht auf die Gehaltsabrechnung abgestellt werden, die
am 19.12.2011 zu den Verwaltungsakten gelangte. Denn daraus ist zwar der Bruttoverdienst, nicht jedoch der Zahlungszeitpunkt
und erst recht nicht der Zeitpunkt der Gutschrift des Betrages auf einem Konto der Bedarfsgemeinschaft ersichtlich, so dass
dem Beklagten noch nicht alle für die Aufhebungsentscheidung maßgeblichen Tatsachen bekannt waren. Soweit die Bevollmächtigte
der Klägerin hinsichtlich des Endzeitpunkts der Jahresfrist auf die im Widerspruchsverfahren erfolgte Anhörung der Klägerin
wegen der Aufhebungsentscheidung vom 05.10.2012 mit Schreiben vom 03.01.2013 abstellen will, verkennt sie im übrigen, dass
die Anhörung regelmäßig als der Zeitpunkt angesehen wird, in dem die Jahresfrist zu laufen beginnt. Hier war die Aufhebungsentscheidung
(Bescheid vom 05.10.2012) jedoch längst erfolgt, so dass die vom Beklagten im Widerspruchsverfahren nachträglich durchgeführte
Anhörung zur Heilung von Verfahrensverstößen für die Fristberechnung unmaßgeblich ist.
Auch eine Divergenz nach §
144 Abs.
1 Nr.
2 SGG ist nicht ersichtlich. Eine Divergenz setzt voraus, dass einerseits ein abstrakter Rechtssatz der anzufechtenden Entscheidung
und andererseits ein der Entscheidung eines der in Abs. 2 Nr. 2 genannten Gerichte zu entnehmender Rechtssatz nicht übereinstimmen.
Es muss eine fallübergreifende, nicht lediglich auf den Einzelfall bezogene rechtliche Aussage vorliegen (vgl. Leitherer in
Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl. §
144 RdNr. 30 und §
160 RdNr. 13 m.w.N.). Einen solchen von der Rechtsprechung der obersten Gerichte oder des Landessozialgerichts abweichenden Rechtssatz
hat das Sozialgericht hier aber nicht aufgestellt, sondern lediglich eine auf Würdigung des konkreten Einzelfalls bezogene
rechtliche Aussage getätigt, indem es ausführte, einer Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides habe es vorliegend
nicht bedurft, da der Änderungsbescheid nicht vollständig, sondern nur teilweise aufgehoben wurde. Selbst wenn darin die Formulierung
eines allgemeinen Rechtssatzes gesehen würde, wäre damit im Übrigen keine Abweichung von dem von der Klägerin zitierten Urteil
des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.11.2012 (B 14 AS 196/11 R) oder anderer höchstrichterlicher Rechtsprechung verbunden. Denn in dem vom BSG entschiedenen Rechtsstreit hatte die Verwaltungsbehörde zwar die ursprünglichen Bewilligungsbescheide, aber nicht die später
erlassenen Änderungsbescheide in der Aufhebungsentscheidung aufgeführt und damit den in den Änderungsbescheiden liegenden
Rechtsgrund für die Leistungsgewährung nicht beseitigt. Hier waren die ursprünglichen Leistungsbescheide jedoch bereits durch
die (später mit dem angefochtenen Verwaltungsakt teilweise aufgehobenen) Änderungsbescheide abgeändert worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG). Das Urteil des Sozialgerichts ist damit rechtskräftig (§
145 Abs.
4 Satz 4
SGG).