Rentenversicherung
Streit über die Erstattung von Aufwendungen für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
Nicht vom Rentenversicherungsträger selbst betriebene Klinik und kein Abschluss eines Belegungsvertrages
Voraussetzungen des Aufwendungserstattungsanspruchs
Auswahlermessen des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung bei Bestimmung der Rehabilitationseinrichtung
Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten hinsichtlich der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für eine von der Klägerin selbstbeschaffte Maßnahme
zur medizinischen Rehabilitation in der Kurpark-Klinik V (Bodensee).
Die am 00.00.1949 geborene und bei der Techniker Krankenkasse (TK) krankenversicherte Klägerin ist als freiberufliche Architektin
in F erwerbstätig.
Bei der Kurpark-Klinik V handelt es sich um eine Klinik für ernährungsbedingte Krankheiten, Innere Medizin, Diabetologie,
Naturheilverfahren. Diese nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung betriebene Behandlungseinrichtung für Typ-2-Diabetiker
erbringt stationäre Rehabilitationsleistungen für Versicherte der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg auf
Grundlage eines mit dieser geschlossenen Belegungsvertrages (§ 21 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch [SGB IX]) sowie für Versicherte
der gesetzlichen Krankenversicherung auf Basis eines mit allen Krankenkassen abgeschlossenen Versorgungsvertrages (§ 111 Sozialgesetzbuch
Fünftes Buch [SGB V]). Zudem bietet die Einrichtung stationäre Rehabilitationsleistungen für privat Krankenversicherte und
Selbstzahler an. Einen Vertrag im Sinne des §
21 SGB IX hat die Klinik mit der Beklagten nicht geschlossen.
Therapeutische Schwerpunkte der Klinik sind die Intensivdiätetik mit spezifischer Ernährungstherapie einschließlich des klinisch-therapeutischen
Fastens. Nach den veröffentlichten konzeptionellen Leitlinien der Einrichtung wird die Ernährungstherapie von einer individuell
angepassten Bewegungstherapie, etwa in Form einer ausdauerorientierten Trainingstherapie durch individuell angepasste Gymnastikgruppen
und muskelkräftigende Übungen, unterstützt. Ergänzend sollen durch ein Angebot von Entspannungstechniken, Stressbewältigungskonzepten
und psychotherapeutischen Einzelgesprächen Ursachen der Erkrankung verdeutlicht und Konzepte für die Zeit nach der stationären
Heilbehandlung entwickelt werden. Auf das Therapie- und Klinikkonzept der Kurpark-Klinik, Stand 17.1.2013, wird wegen der
Einzelheiten Bezug genommen.
Versicherte der DRV Baden-Württemberg werden in der Klinik bei Vorliegen der Hauptdiagnose Adipositas (auch mit Essverhaltensstörung),
Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen, präoperative Gewichtsreduktion (z.B.
vor einer totalendoprothetischen Versorgung oder vor Bypass-Operationen) behandelt.
Die Klägerin erlitt am 31.5.2011 einen - nicht nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Siebtes Buch (
SGB VII) entschädigten - Verkehrsunfall, bei dem sie sich als unmittelbare Unfallfolge eine Flankenprellung rechts, eine Distorsion
des lateralen oberen Sprunggelenkes links sowie des linken Kniegelenkes zuzog.
Am 16.9.2011 beantragte sie bei der TK die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. In einem ergänzenden
Schreiben vom 22.9.2011 äußerte sie den Wunsch, die Rehabilitationsmaßnahme in der "ihr empfohlenen Kurpark-Klinik in V am
Bodensee" durchführen zu wollen. Anlässlich eines vorsorglich erfolgten Gesprächs mit der Klinik sei ihr von Letzterer mitgeteilt
worden, sie könne bereits ab dem 24.10.2011 stationär aufgenommen werden. Sie habe ihre beruflichen Termine und die Baustellenabläufe
im Hinblick auf eine ab diesem Zeitpunkt stattfindende Rehabilitationsmaßnahme ausgerichtet und bitte um eine rasche Kostenzusage.
Bei der Beklagten ging dieser schriftliche Rehabilitationsantrag am 26.9.2011 nebst eines Befund- und Behandlungsberichtes
des behandelnden Hausarztes der Klägerin, des Facharztes für Innere Medizin C, F, vom 22.9.2011 ein. In diesem stellte der
Hausarzt das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Blockierung der Halswirbelsäule sowie einer Kniegelenksdistorsion
links fest. Zugleich verwies er in der Krankheitsvorgeschichte auf einen Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 31.5.2011.
Nach Auswertung des Befund- und Behandlungsberichtes und des Versicherungsverlaufes der Klägerin lehnte die Beklagte mit Bescheid
vom 14.10.2011 die Gewährung einer Leistung zur stationären Rehabilitation ab. Die bestehenden Gesundheitsstörungen - so die
Beklagte im Wesentlichen zur Begründung - erforderten eine Intensivierung der ambulanten Physiotherapie und des Rehabilitationssportes
sowie eine Fortsetzung der regelmäßigen ambulanten nervenärztlichen Mitbehandlung. Darüber hinaus seien eine Richtlinien-Psychotherapie
sowie eine Entspannungstherapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung geboten. Die Durchführung einer stationären
Rehabilitationsmaßnahme zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung sei indessen nicht erforderlich. Auf den Inhalt des
Bescheides vom 14.10.2011 wird wegen der weiteren Begründung Bezug genommen.
Nachdem die Klägerin am 20.10.2011 per E-Mail Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.10.2011 eingelegt hatte, begab sie sich
im Zeitraum vom 24.10.2011 bis zum 7.11.2011 erstmals in die stationäre Rehabilitation der Kurpark-Klinik V. Die durch diesen
Aufenthalt entstandenen Aufwendungen hat die Beklagte weder getragen noch bezuschusst.
Nach Beendigung dieser Maßnahme legte die Klägerin ein ärztliches Attest des Herrn C vom 23.11.2011 vor, in dem dieser u.a.
darauf hinwies, dass die bisherigen ambulant durchgeführten therapeutischen Maßnahmen nicht den erwünschten Erfolg gezeigt
hätten. Zur Vermeidung einer weiteren Verschlechterung/Chronifizierung bzw. Dekompensation und zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit
der Klägerin sei die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme "dringend angezeigt". Er schlage als Rehabilitationseinrichtung
die Kurpark-Klinik V vor. Diese sei ihm gut bekannt und könne mit ihrem Konzept die Erkrankungen der Klägerin fachkompetent
behandeln.
Nach Auswertung weiterer beigezogener Befund- und Behandlungsberichte (Bericht des Leitenden Arztes der Kurpark-Klinik V Dr.
I v. 9.11.2011 betreffend die vom 24.10.2011 bis zum 7.11.2011 durchgeführte Maßnahme, Bericht der Psychologischen Psychotherapeutin
M, F v. 14.12.2011, Bericht des Herrn C v. 15.12.2011) ließ die Beklagte die Klägerin durch Dr. J, Facharzt für Psychiatrie
und Psychotherapie, A, begutachten. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 31.1.2012 eine Anpassungsstörung im Sinne einer
länger andauernden depressiven Entwicklung im Rahmen einer dependenten Persönlichkeitsstruktur sowie eine posttraumatische
Belastungsstörung fest. Im Rahmen der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung attestierte er bezogen auf die zuletzt ausgeübte
Tätigkeit ein quantitativ auf zwischen drei bis unter sechs Stunden täglich reduziertes Leistungsvermögen der Klägerin. Auf
den weiteren Inhalt des Gutachtens vom 31.1.2012 wird Bezug genommen.
Gestützt auf diese medizinischen Feststellungen bewilligte die Beklagte daraufhin mit Bescheid vom 2.3.2012 eine stationäre
Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von sechs Wochen. Zur Rehabilitationseinrichtung bestimmte sie das
Klinikzentrum Lindenallee GmbH, Bad T. Dem Wunsch der Klägerin auf Durchführung der Maßnahme in der Kurpark-Klink V könne
nicht entsprochen werden, da diese Einrichtung nicht geeignet sei, die festgestellten Gesundheitsstörungen zu behandeln und
eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit zu gewährleisten. Zur Erfüllung ihres Versorgungsauftrages und im Interesse
der Klägerin sei die Auswahlentscheidung zu Gunsten des Klinikzentrums Lindenallee getroffen worden. Auf den Inhalt des Bescheides
vom 2.3.2012 wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 8.3.2012 Widerspruch. Anlässlich ihres ersten Aufenthaltes vom 24.10.2011 bis
zum 7.11.2011 habe sie in der Kurpark-Klinik gute Erfahrungen gesammelt. Die sie behandelnden Personen hätten sich über die
erzielten Ergebnisse erstaunt gezeigt und seien der Meinung, dass eine Fortsetzung der stationären Behandlung dringend geboten
sei; am besten in derselben Einrichtung, da die dort begonnene Behandlung angeschlagen habe. Die von der Beklagten ausgewählte
Einrichtung biete nach ihren telefonischen Recherchen kein vergleichbares "Kombi-Programm".
Nachdem die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 14.3.2012 darauf hingewiesen hatte, dass zur Behandlung ihrer Gesundheitsstörungen
mehrere geeignete rentenversicherungseigene Rehabilitationseinrichtungen zur Verfügung stünden und es bei der Auswahl der
von ihr bestimmten Rehabilitationseinrichtung verbleibe, bekräftigte die Klägerin schriftlich die Ausübung ihres Wunsch- und
Wahlrechtes zu Gunsten der Kurpark-Klinik V. Sie verwies auf den seitens der Klinik mit der DRV Baden-Württemberg geschlossenen
Vertrag nach §
21 SGB IX und erklärte eine Bereitschaft, etwaige Mehrkosten zu tragen. Überdies erhalte sie - die Klägerin - in der gewünschten Einrichtung
"Hilfe zur Selbsthilfe", was ihrem individuellen Lösungsansatz entspreche.
In einer schriftlichen Mitteilung "über (die) erfolgte Buchung in V" vom 10.4.2012 setzte sie die Beklagte schließlich darüber
in Kenntnis, dass sie angesichts der "unvorhersehbar langen Bearbeitungszeiten" für den 7.5.2012 eine Aufnahme vereinbart
habe und bat, die erforderlichen Unterlagen zeitnah der Einrichtung zu übermitteln. Eine ad-hoc Abwesenheit ohne Rücksicht
auf weitere Umstände, etwa vertragliche Zusagen gegenüber Bauherren und erforderliche Abstimmungen mit Vertretungspersonal,
wäre unverantwortlich. Zudem gefährde die ständige Sorge um ihr Büro, ihre Mitarbeiter und die laufenden Baustellen den Erfolg
einer Rehabilitation.
Entsprechend dieser Ankündigung nahm die Klägerin im Zeitraum vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 eine stationäre Rehabilitationsleistung
der Kurpark-Klinik V in Anspruch. Hierfür entstanden ihr Aufwendungen in Höhe von 7.558,20 Euro (Rechnung der Kurpark-Klinik
v. 13.6.2012).
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.5.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Art, Umfang,
Beginn und Durchführung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bestimme der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall
nach pflichtgemäßem Ermessen. Entsprechend der Zielrichtung einer Rehabilitationsmaßnahme erfolge eine Auswahl zu Gunsten
einer indikationsentsprechenden sowie qualitätsgesicherten Einrichtung. Grundsätzlich erbringe sie, die Beklagte, Leistungen
zur medizinischen Rehabilitation nur in Einrichtungen, die vom Träger der Rentenversicherung selbst betrieben würden oder
mit denen ein Belegungsvertrag geschlossen worden sei (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]). Diese
Voraussetzungen seien bei der von der Klägerin gewünschten Kurpark-Klinik nicht erfüllt. Weder bestehe mit dieser ein Belegungsvertrag,
noch sei diese Einrichtung indikationsgerecht.
Mit der am 19.6.2012 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin die Erstattung der Aufwendungen für die in der Kurpark-Klinik V durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme
vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 begehrt. Sie hat gemeint, die Beklagte habe unter Verletzung verfahrensrechtlicher Mindeststandards
versäumt, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären. Der behördliche Auswahlermessensspielraum habe sich auf die
von ihr in Anspruch genommene Rehabilitationseinrichtung reduziert. Nach Einschätzung ihres Hausarztes bringe sie jede Veränderung
sofort in Panik und Unruhe mit nachfolgender Tachykardie. Vor diesem Hintergrund wäre jede andere Rehabilitationseinrichtung
ein Stress- und Verlängerungsfaktor, da sie sich zunächst eingewöhnen müsse. Das Behandlungskonzept der Kurpark-Klinik V sei
geradezu passgenau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 2.3.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.5.2012 zu verurteilen,
ihr die ungedeckten Kosten der von ihr durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme in der Kurpark-Klinik in V im Zeitraum vom 7.5.2012
bis zum 15.6.2012 zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Vertiefung der Ausführungen im angefochtenen Bescheid hat sie an ihrer Auffassung festgehalten, wonach die von der Klägerin
ausgewählte Einrichtung nicht indikationsgerecht sei, da sie nicht die strukturellen Voraussetzungen einer psychosomatischen
Rehabilitationsklinik erfülle. Die Einrichtung habe ausdrücklich eingeräumt, nicht über ein spezifisches Therapiekonzept zur
Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen zu verfügen; es handele sich bei dieser Klinik vielmehr um eine solche
für ernährungsabhängige Erkrankungen, Innere Medizin, Diabetologie und Naturheilverfahren. Traumafolgestörungen erforderten
hingegen eine fachlich fundierte Anamneseerhebung, Diagnose und Therapie, die in der Kurpark-Klinik V nicht gewährleistet
werden könne. Die DRV halte psychosomatische Kliniken vor, welche auf wissenschaftlich fundierter Grundlage posttraumatische
Belastungsstörungen rehabilitierten, überwiegend basierend auf dem Einsatz einer kognitiven Verhaltenstherapie im Rahmen von
Gruppentherapien. Hierfür stehe etwa die AHG-Psychosomatische Klinik Bad Pyrmont zur Verfügung. Schließlich entspreche der Entlassungsbericht der Kurpark-Klinik V nicht
den formellen Anforderungen der DRV.
Das SG hat einen Befund- und Behandlungsbericht von Dr. I vom 25.6.2012 nebst Stellungnahme der Dipl.-Psych. L vom 15.6.2012 beigezogen.
Auf deren Ausführungen und den Inhalt des beigezogenen Therapie- und Klinikkonzeptes wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen
wird.
Dr. C1, Chefarzt der Abteilung Psychosomatik des Klinikzentrums Lindenallee Bad T, hat auf Anfrage des SG mitgeteilt, die Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung basiere dort auf einem zweiphasigen Behandlungsmodell.
In der Einrichtung sei die Durchführung der vorrangig auf das Auffangen sog. Flashbacks ausgerichteten ersten Behandlungsphase
gewährleistet; sofern die Behandlungszeit mit der Klinik abgesprochen werde, sei die Einrichtung auch in der Lage, die zweite
Behandlungsphase durchzuführen. Den hinsichtlich der zweiten Behandlungsphase zu berücksichtigenden Abstimmungsbedarf hat
Herr Dr. C1 mit dem Erfordernis der Anwesenheit einer Therapeutin begründet, die sich jedoch seinerzeit in der Abschlussphase
der EMDR-Therapie ("Eye Movement Desensitization and Reprocessing") befunden habe. Auf die weiteren Ausführungen des Dr. C1
vom 17.4.2013 wird verwiesen.
Sodann hat das SG von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nach Aktenlage von Dr. H, Facharzt
für Neurologie, Psychiatrie, spezielle Schmerztherapie, Rehabilitationswesen, C, vom 26.3.2014, auf dessen Inhalt verwiesen
wird.
Mit Urteil vom 26.8.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 12.9.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8.10.2014 bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen
Berufung eingelegt, mit der sie das auf die Erstattung ihrer Aufwendungen für die (zweite) Rehabilitationsmaßnahme vom 7.5.2012
bis zum 15.6.2012 gerichtete Begehren weiterverfolgt. Das SG - so die Klägerin zur Begründung - gehe unzutreffend davon aus, dass es der Kurpark-Klinik an einer für eine neurologische
bzw. psychosomatische Klinik "indizierten Ausstattung" mangele. Soweit das SG insoweit der Beurteilung des Sachverständigen Dr. H gefolgt sei, übersehe dieser, dass die Einrichtung nach Auskunft des
Dr. I sämtliche sozialmedizinischen Anforderungen erfülle. Der Nachweis einer adäquaten personellen Ausstattung ergebe sich
aus der Stellungnahme der Dipl.-Psychol. L vom 15.6.2012. Entgegen der Annahme des SG weise der Entlassungsbericht der Kurpark-Klinik vom 25.6.2014 auch keine Defizite aus, sondern beschreibe sehr detailliert
die bestehenden Gesundheitsstörungen und benenne die posttraumatische Belastungsstörung an erster Stelle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.8.2014 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2.3.2012 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.5.2012 zu verurteilen, die ihr entstandenen Aufwendungen für die vom 7.5.2012 bis
zum 15.6.2012 in der Kurpark-Klinik V durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme in Höhe von 7.558,20 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Niederschriften des Erörterungstermins vom 4.9.2015, der mündlichen Verhandlung vom
23.3.2016 sowie die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die beigezogen und Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Köln vom 26.8.2014 hat keinen Erfolg.
I. Die am 8.10.2014 bei dem LSG Nordrhein-Westfalen schriftlich eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 12.9.2014
zugestellte Urteil des SG Köln ist zulässig, insbesondere gemäß §§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§
151 Abs.
1, Abs.
3, §
64 Abs.
1, Abs.
2, §
63 SGG).
II. Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die auf die Erstattung der Aufwendungen für die von der Klägerin selbstbeschaffte Leistung zur medizinischen Rehabilitation
vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Diese ist zwar zulässig (hierzu 1.), aber unbegründet
(hierzu 2.).
1. Die am 19.6.2012 bei dem SG Köln erhobene Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 2.3.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid
vom 23.5.2012 ist zulässig, insbesondere als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4 SGG) statthaft und form- und fristgerecht (§
87 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2, §
90 SGG) eingelegt worden.
Der Anfechtungsklage ist auch ein Vorverfahren vorausgegangen (§
78 Abs.
1 Satz 1
SGG). Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte weder in dem ausgangsbehördlichen Verwaltungsakt vom 2.3.2012 noch in dem Widerspruchsbescheid
vom 23.5.2012 über den erst im Klageverfahren verfolgten Anspruch auf Erstattung der Aufwendung für die selbstbeschaffte Leistung
befunden, sondern ausschließlich über den primärrechtlichen Sachleistungsanspruch auf Gewährung einer Leistung zur medizinischen
Rehabilitation entschieden hat. Wird während eines Rechtsstreits die selbstbeschaffte Maßnahme, um deren Förderung als Leistung
zur Teilhabe gestritten wird, beendet, ist der Klageantrag auf eine reine Kostenerstattung umzustellen, ohne dass es insoweit
eines erneuten Vorverfahrens bedarf (vgl. Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Urteil v. 25.6.2013, L 6 R 921/11, NZS 2013, 740). Entsprechendes gilt in Fällen, in denen - wie im vorliegenden Fall - die Rehabilitationsmaßnahme zum Zeitpunkt der widerspruchsbehördlichen
Sachentscheidung tatsächlich noch nicht abgeschlossen war und aus diesem Grund eine behördliche Entscheidung betreffend den
Kostenerstattungsanspruch bereits mangels entstandener und der Höhe nach zu beziffernder Aufwendungen aus tatsächlichen und
rechtlichen Gründen nicht getroffen werden kann.
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen für die in dem
Zeitraum vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 durchgeführte Leistung zur medizinischen Rehabilitation nach Maßgabe des §
15 Abs.
1 SGB IX, der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, nicht zu.
Kann über einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb der in §
14 Abs.
2 SGB IX genannten Fristen entschieden werden, teilt der Rehabilitationsträger dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der
Gründe rechtzeitig mit (§
15 Abs.
1 Satz 1
SGB IX). Erfolgt die Meldung nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger
eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen
(§
15 Abs.
1 Satz 2
SGB IX). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger
unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet (§
15 Abs.
1 Satz 3
SGB IX). Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen
kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§
15 Abs.
1 Satz 4
SGB IX).
Zwar ist der Anwendungsbereich dieser Rechtsgrundlage zur Erstattung von Aufwendungen für eine selbstbeschaffte Teilhabeleistung
eröffnet [hierzu a)]; gleichwohl kann die Klägerin eine Kostenerstattung nach dieser Vorschrift unter keinem rechtlichem Gesichtspunkt
beanspruchen [hierzu b)].
a) Der vor der Klägerin verfolgte Erstattungsanspruch richtet sich nach der ihrem Anwendungsbereich nach eröffneten Vorschrift
des §
15 Abs.
1 SGB IX. Gegenstand des verfolgten Erstattungsanspruchs sind Aufwendungen, die der Klägerin durch eine vor ihr selbstbeschaffte Leistung
zur Teilhabe entstanden sind. Als Leistung zur Teilhabe sind nach §
5 Nr. 1
SGB IX nämlich auch - die von der Beklagten mit Bescheid vom 2.3.2012 gewährten - Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vorgesehen.
Die Beklagte ist als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zudem im Sinne des §
15 Abs.
1 SGB IX Rehabilitationsträger (§
6 Abs.
1 Nr.
4 SGB IX; §
23 Abs.
2 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I]).
b) Die Voraussetzungen des §
15 Abs.
1 SGB IX für eine Erstattung der entstandenen Aufwendungen sind indessen nicht erfüllt.
aa) Die Klägerin kann eine Erstattung ihrer Aufwendungen zunächst nicht nach §
15 Abs.
1 Satz 3
SGB IX beanspruchen. Ungeachtet des Umstandes, dass die Klägerin der Beklagten nicht die nach §
15 Abs.
1 Satz 2
SGB IX erforderliche Frist gesetzt und erklärt hat, sie werde sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen,
hatte die Beklagte eine Entscheidung über die Auswahl der Rehabilitationseinrichtung bereits getroffen. Die Regelung des §
15 Abs.
1 Satz 3
SGB IX knüpft systematisch an Satz 2 an, dessen Rechtsfolgen indessen nur ausgelöst werden, wenn der Rehabilitationsträger weder
seiner Bescheidungspflicht nach §
14 Abs.
2 SGB IX noch seiner Mitteilungspflicht nach §
15 Abs.
1 Satz 1 nachgekommen ist oder er zwar dieser Mitteilungspflicht nachgekommen ist, ihm aber für die nicht rechtzeitige Bescheidung
ein zureichender Grund nicht zur Seite steht (Majerski-Pahlen, in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen,
SGB IX, 12. Aufl. 2010, §
15 Rdnr. 3).
Ein solcher Fall liegt nicht vor. Die Beklagte hatte nämlich bereits mit Bescheid vom 2.3.2012 eine regelnde Entscheidung
über den von der Klägerin geltend gemachten Primärleistungsanspruch getroffen. Dass die Klägerin die getroffene Auswahlentscheidung
für fehlerhaft erachtet, ändert an der Erfüllung des Bescheidungsanspruchs durch die Beklagte nichts.
bb) Ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen folgt auch nicht aus §
15 Abs.
1 Satz 4 Altern. 1
SGB IX. Hiernach besteht eine Erstattungspflicht, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig
erbringen kann. Unaufschiebbarkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn die Leistung sofort, d.h. ohne nennenswerten zeitlichen
Aufschub erbracht werden muss und das Abwarten einer Entscheidung des Versicherungsträgers nicht zumutbar ist (BSG, Urteil v. 14.11.2006, B 1 KR 8/06 R; Luik, in: jurisPK-
SGB IX, 2. Aufl., §
15 Rdnr. 44 unter Hinweis auf Noftz, in: Hauck/Noftz,
SGB V, K §
13 Rdnr. 49 zu §
13 Abs.
5 SGB V). Aus dem Sinn und Zweck der Rehabilitationsleistungen folgt, dass die Hinnahme eines zeitlichen Aufschubs unzumutbar ist,
wenn dadurch die Zwecke der medizinischen Rehabilitation erschwert oder gar vereitelt werden (vgl. Bayerisches LSG, Urteil
v. 26.11.2003, L 16 RJ 263/03).
Dass die Durchführung der streitigen Rehabilitationsmaßnahme aus medizinischen Gründen einen Aufschub in diesem Sinne nicht
zuließ, lässt sich nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Beweisaufnahme nicht feststellen. Einmal hat es sich bei dem
streitigen zweiten Aufenthalt in der Kurpark-Klinik V nicht um eine Anschlussheilbehandlung gehandelt hat, die sich konzeptionell
einer Krankenhausbehandlung (unmittelbar) angeschlossen hätte. Zudem hat die Klägerin selbst in ihrer schriftlichen "Mitteilung
über (die) erfolgte Buchung in V" vom 10.4.2012 nicht etwa medizinische Gründe für den von ihr bereits vereinbarten Klinikaufenthalt
betont, sondern vielmehr betriebliche Planungserfordernisse, namentlich etwaige Vorabstimmungen mit Bauherren und ihrem Vertretungspersonal,
in den Mittelpunkt gerückt.
cc) Schließlich folgt ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen auch nicht aus §
15 Abs.
1 Satz 4 Altern. 2
SGB IX. Die Beklagte hat eine Leistung weder zu Unrecht nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung abgelehnt [hierzu
(1)], noch einen nach Maßgabe des §
14 Abs.
1 SGB IX zu prüfenden Rehabilitationsbedarf der Klägerin nach dem Recht anderer Rehabilitationsträger zu Unrecht nicht erfüllt [hierzu
(2)].
(1) Gemäß §
9 Abs.
1 Satz 1
SGB VI erbringt die Rentenversicherung u.a. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, um (1.) den Auswirkungen einer Krankheit
oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken oder sie zu überwinden
und (2.) dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben
zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Gemäß §
9 Abs.
2 SGB VI können Leistungen nach §
9 Abs.
1 SGB VI erbracht werden, wenn die persönlichen Voraussetzungen nach §
10 SGB VI und die in §
11 SGB VI normierten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
(a) Dass im Fall der Klägerin die nach §
9 Abs.
2 SGB VI erforderlichen persönlichen (§
10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen (§
11 SGB VI) erfüllt sind, ist zwischen den Beteiligten weder streitig noch Zweifeln unterworfen. Insbesondere ergibt sich aus dem von
der Beklagten eingeholten Gutachten des Dr. J vom 3.2.2012 und den sachverständigen Feststellungen des Dr. H in dessen Gutachten
vom 26.3.2014 schlüssig und nachvollziehbar, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin krankheitsbedingt gefährdet und eine Maßnahme
zur medizinischen Rehabilitation grundsätzlich geeignet war, der krankheitsbedingten Beeinträchtigung entgegenzuwirken sowie
ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern.
Ein Leistungsausschluss nach Maßgabe des §
12 Abs.
1 SGB VI kommt gleichfalls nicht in Betracht, insbesondere schied ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nicht nach §
12 Abs.
1 Nr.
1 SGB VI aus, da die Klägerin mangels Vorliegen eines Arbeitsunfalls keinen Anspruch auf Leistungen nach dem
SGB VII gegenüber einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung hat.
(b) Sind die Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation erfüllt, bestimmt der Träger der
Rentenversicherung nach §
13 Abs.
1 Satz 1
SGB VI im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung
dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Auswahl der Rehabilitationseinrichtung
hat einzelfallbezogen, d.h. ausgerichtet an den Erfordernissen des Einzelfalles zu erfolgen. Nach §
19 Abs.
4 Satz 1
SGB IX ist die Auswahl danach zu treffen, welcher Dienst oder welche Einrichtung die Leistung in der am besten geeigneten Form ausführt
(Stähler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB VI, 2. Aufl. 2013, §
13 SGB VI Rdnr. 29).
Der sozialgerichtlich nur auf Ermessensfehler hin überprüfbare behördliche Auswahlermessensspielraum ist bei der Gewährung
von - hier begehrten - Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch die Vorschrift des §
15 Abs.
2 SGB VI begrenzt. Nach dessen Satz 1 werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der erforderlichen Unterkunft
und Verpflegung in Einrichtungen erbracht, die unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders
geschultem Personal entweder von dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung selbst betrieben werden oder mit denen ein
Vertrag nach §
21 SGB IX besteht. Zugleich hat der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bei der pflichtgemäßen Ausübung seines Auswahlermessens
das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten nach näherer Maßgabe des §
9 SGB IX zu berücksichtigen. Nach Absatz
1 dieser Bestimmung wird bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigten
Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen (Satz 1). Hierbei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter,
das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen;
im Übrigen gilt §
33 SGB I. Hiernach sind bei der Ausgestaltung der inhaltlich nach Art und Umfang nicht im Einzelnen bestimmten Rechte oder Pflichten
die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse
zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (§
33 Satz 1
SGB I). Nach §
33 Satz 2
SGB I soll Wünschen des Berechtigten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind.
Werden Leistungen eines Leistungserbringers gewünscht, der - wie die Kurpark-Klinik V - mit dem Leistungsträger keinen Vertrag
(§
21 SGB IX) abgeschlossen hat, steht dies dem Wunsch- und Wahlrecht grundsätzlich entgegen (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IX, 2. Auflage, §
9 Rdnr. 66). Das Wunschrecht beeinflusst nämlich nur die Ausgestaltung des bestehenden Leistungsrechts, begründet jedoch keinen
Anspruch auf Schaffung weiterer Angebote über den bestehenden infrastrukturellen Rahmen hinaus. Allerdings kann ein berechtigter
Wunsch die grundsätzlich bestehende Vertragsabschlussfreiheit des Leistungsträgers in Ausnahmesituationen so beeinflussen,
dass, wenn der Vertragsabschluss der einzige Weg einer wirksamen Leistungserbringung ist, dass Ermessen sich zu einer Vertragsabschlusspflicht
reduziert (Luthe, a.a.O., Rdnr. 68).
Aus der grundsätzlich maßgebenden Perspektive der vorausschauenden Betrachtung bestehen keine durchgreifenden Bedenken, dass
die Beklagte sich bei ihrer Auswahlentscheidung zugunsten des Klinikzentrums Lindenallee, Bad T, von sachgerechten Ermessenserwägungen
hat leiten lassen [hierzu (aa)]. Selbst wenn man dies aufgrund der im sozialgerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse
anders beurteilen wollte, wäre jedoch ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung ihrer Aufwendungen für die streitige Maßnahme
in der Kurpark-Klinik V nicht gegeben [hierzu (bb)].
(aa) Die pflichtgemäße Ausübung des Auswahlermessens zur Bestimmung der Rehabilitationseinrichtung hat regelmäßig auf Basis
der in einem ordnungsgemäß durchgeführten Verwaltungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse aus einer gebotenen ex-ante-Perspektive
zu erfolgen. Hiernach ist die Auswahl der Rehabilitationseinrichtung auf Grundlage der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung
zur Verfügung stehenden Erkenntnisse ausgerichtet an den Erfordernissen des Einzelfalles zu treffen.
Ausgehend davon durfte die Beklagte die Auswahlentscheidung vorrangig an dem Erfordernis einer erfolgversprechenden Rehabilitation
der bei der Klägerin bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung ausrichten. Hierbei erweist es sich aus Sicht des Senats
auch grundsätzlich nicht als fehlerhaft, auf die verfügbaren und veröffentlichten Behandlungskonzepte der in Betracht kommenden
Rehabilitationseinrichtungen zurückzugreifen. Nach dieser Maßgabe war es im Ansatz nicht zu beanstanden, zur Rehabilitationseinrichtung
das Klinikzentrum Lindenallee, Bad T, zu bestimmen. Dieses ist ausweislich des vom SG beigezogen Behandlungskonzepts indikationsgerecht für die stationäre rehabilitative Behandlung von affektiven Störungen (Depression,
Angst, phobische Störung), Konversionsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, somatoformen Störungen, psychosomatischen Störungen,
psychischen Reaktionen (z.B. bei schweren körperlichen Erkrankungen, schweren Trauer- und Verlusterlebnissen, bei Mobbing
am Arbeitsplatz und bei anderen exogenen Belastungen) sowie bei posttraumatischen Belastungsstörungen und Psychosen. Das Zentrum
verfügt zudem über eine orthopädische und eine neurologische Abteilung und ist daher auch zur Therapie der weiteren, vom behandelnden
Hausarzt der Klägerin u.a. in dessen Befund- und Behandlungsbericht vom 22.9.2011 beschriebenen Gesundheitsstörungen, namentlich
der Blockierung der Halswirbelsäule und der Kniegelenksdistorsion, geeignet.
(bb) Selbst wenn sich jedoch aufgrund der im sozialgerichtlichen Verfahren ex post gewonnenen Erkenntnisse Zweifel an der
Geeignetheit des Klinikzentrums Lindenallee ergeben, weil die für die zweite Phase der Therapie einer posttraumatischen Belastungsstörung
qualifizierte Therapeutin Dr. U nur nach einer Terminabstimmung in der Klinik verfügbar war, begründet dieser Umstand - auch
unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts der Klägerin nach §
9 SGB IX hinsichtlich der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung - nicht ohne Weiteres einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen
für die selbstbeschaffte Leistung in der Kurpark-Klinik V. Da Letztere nicht von dem Träger der Rentenversicherung selbst
betrieben wird, setzt der Aufwendungserstattungsanspruch vielmehr voraus, dass sich das Vertragsabschlussermessen zu einer
Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Vertrages nach §
21 SGB IX mit der Kurpark-Klinik V reduziert hatte.
Von einer dahingehenden Reduzierung des Ermessens zu einer Vertragsabschlusspflicht ist indessen nach Überzeugung des Senats
unter keinem tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt auszugehen.
Eine solche Verpflichtung folgte zunächst nicht aus dem Vorliegen eines bei der Klägerin bestehenden besonderen Erkrankungsbildes.
Zwar mögen medizinische Sachverhalte denkbar sein, in denen zur Gewährleistung einer wirksamen Leistungserbringung den Sozialleistungsträger
ausnahmsweise eine Vertragsabschlusspflicht treffen kann, wenn eine medizinische Rehabilitation in Ermangelung geeigneter
und von der Rentenversicherung selbst betriebener Einrichtungen oder mangels Verfügbarkeit einer Vertragseinrichtung im Sinne
des §
21 SGB IX andernfalls nicht sicherzustellen ist. Dass ein solcher Sachverhalt vorliegt, macht jedoch selbst die Klägerin nicht geltend.
Insoweit kann auch offen bleiben, ob die Kurpark-Klinik - wie die Klägerin behauptet - über die notwendige sächliche und personelle
Ausstattung einer psychosomatischen Klinik verfügt. Einer dahingehenden Beweisaufnahme bedurfte es schon deshalb nicht, da
auch unter Zugrundelegung der Richtigkeit dieser Tatsache nicht ersichtlich ist, dass eine andere Einrichtung im Sinne des
§
15 Abs.
2 SGB VI die notwendige medizinische Rehabilitation der Klägerin nicht gewährleisten konnte. Es ist weder ersichtlich noch von der
Klägerin substantiiert behauptet worden, dass die bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen, insbesondere die posttraumatische
Belastungsstörung, ausschließlich in der von ihr favorisierten Einrichtung erfolgversprechend rehabilitiert werden konnte.
Der Senat kann offen lassen, inwieweit aus Gründen einer gebotenen Kontinuität einer Leistungsgewährung eine Vertragsabschlusspflicht
erwachsen kann. Derartiges kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn der Leistungsträger das Leistungsgeschehen, dessen Kontinuität
nunmehr gewährleistet werden soll, selbst (insbesondere durch einen entsprechenden Bewilligungsbescheid) in Gang gesetzt hat.
So verhält es sich hier aber nicht. Vielmehr hat die Klägerin den ersten Klinikaufenthalt auf eigene Initiative veranlasst
und die Beklagte die insoweit entstandenen Kosten weder getragen noch bezuschusst.
(2) Einen aufgrund ihrer formellen Entscheidungszuständigkeit gemäß §
14 SGB IX zu prüfenden Rehabilitationsbedarf der Klägerin nach Maßgabe anderer Vorschriften hat die Beklagte ebenfalls nicht zu Unrecht
abgelehnt.
Einen Anspruch auf Gewährung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung
hat die Beklagte nicht zu Unrecht versagt. Zwar erbringt der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß §
40 Abs.
2 Satz 1, 1. Halbsatz
SGB V - sofern eine ambulante Rehabilitationsleistung nach §
40 Abs.
1 SGB V nicht ausreicht - auch Leistungen zur stationären Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach §
20 Abs.
2a SGB IX zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach §
111 SGB V besteht.
Allerdings war ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach §
40 Abs.
4 SGB V ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung werden Leistungen nach §
40 Abs.
2 SGB V nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des §
31 SGB VI solche Leistungen nicht erbracht werden können. Da Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der gesetzlichen Rentenversicherung
nach den §§
9 ff., 15
SGB VI, §§
5 Nr.
1, 6 Abs.
1 Nr.
4 SGB IX vorrangig gegenüber einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, wenn - wie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
im vorliegenden Fall - die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, schied ein Anspruch der
Klägerin auf dem Boden des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung von vornherein aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.
Gründe im Sinne des §
160 Abs.
2 SGG zur Zulassung der Revision haben nicht bestanden.