Krankenversicherung - besonders hoher Pflegebedarf; Blutzuckermessung; einfachste Behandlungspflegemaßnahmen; häusliche Krankenpflege;
HKP-Richtlinie; Insulininjektionen; Kostenerstattung; laufende Geldleistung; Sonderrechtsnachfolger; unaufschiebbare Leistung;
Werkstatt für behinderte Menschen
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung von Kosten für in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) verabreichte Insulininjektionen.
Die bei der Beklagten und Berufungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte) versichert gewesene, am ... 1974 geborene und am ...
2014 verstorbene K.... A.... (im Folgenden: Versicherte) litt u.a. unter einer frühkindlichen Hirnschädigung, Imbezibilität,
Epilepsie, einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus und einer Missbildung und Atrophie der rechten Hand. Sie war schwerbehindert
mit einem Grad der Behinderung von 100 und Inhaberin der Merkzeichen B, G, H und RF und bezog Leistungen nach Pflegestufe
III. Seit September 1998 war sie bei der Beigeladenen zu 2, einer WfbM, beschäftigt; seit September 2000 in deren Arbeitsbereich.
Am 30. Dezember 2008 wurde für sie bei der Beklagten die Übernahme von Kosten für subcutane Insulininjektionen unter Vorlage
einer "Verordnung häuslicher Krankenpflege" des Facharztes für Innere Medizin Dr. S.... vom 18. Dezember 2008 für den Zeitraum
1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2009 1 x täglich/5 x wöchentlich in der Werkstatt der Beigeladenen zu 2 beantragt.
Die Beklagte lehnte die begehrte Kostenübernahme mit Bescheid vom 4. Februar 2009 ab. und teilte dies mit Schreiben vom gleichen
Tag u.a. auch dem mit der Verabreichung der Insulininjektionen beauftragten Pflegedienst J.... V.... mit. Die Verabreichung
der Injektion sei im Rahmen der medizinischen Betreuung vom Personal der Beigeladenen zu 2 zu erbringen. Sie - die Beklagte
- könne deshalb die beantragte Leistung nicht im Rahmen der häuslichen Krankenpflege erbringen.
Am 11. Februar 2009 legte die Betreuerin und Mutter der Versicherten (im Folgenden: Berufungsklägerin) hiergegen Widerspruch
ein. Ihre Tochter sei nicht in der Lage, sich selber Spritzen zu setzen und das Personal der Beigeladenen zu 2 hierzu nicht
befugt. Sie legte ferner ein Schreiben der Beigeladenen zu 2 vom 9. Februar 2009 vor, in welchem diese dargelegt hatte, es
sei ihr nicht möglich, der Versicherten die täglich erforderliche Insulinspritze zu verabreichen, da sie in der Einrichtung
kein medizinisches Personal beschäftige. Ferner übersandte die Berufungsklägerin der Beklagten mit Schreiben vom 3. März 2009
ein ärztliches Attest des Facharztes für Innere Medizin Dr. S...., Diabetes Schwerpunktpraxis R...., vom 24. Februar 2009,
in welchem der Arzt ausführte, bei der Versicherten handele es sich um eine geistig und körperlich schwer behinderte Patientin,
wobei besonders der jahrelange insulinbedürftige Diabetes mellitus angesichts der ausgesprochen labilen Stoffwechsellage,
die täglich eine vier- bis fünfmalige Spritzeninjektion erforderlich mache, einer besonderen Zuwendung bedürfe. Bisher sei
die Insulinspritze zur Mittagszeit von einem qualifizierten Pflegedienst vorgenommen worden, der auch Einfluss auf die Insulindosierung
habe nehmen können. Einer Regelung, wonach andere Personen der Behindertenwerkstatt diese Aufgabe übernehmen sollten, könne
aus ärztlicher Sicht nicht zugestimmt werden.
In einer internen Stellungnahme in der Beklagtenakte ist vermerkt, dass nach Eingang des Widerspruchs in Zusammenarbeit mit
dem MDK unter Berücksichtigung des aktuellen Pflegegutachtens geprüft worden sei, ob ein besonders hoher Pflegebedarf bestehe.
Der erhöhte Pflegebedarf sei bestätigt worden, jedoch sei bei der Versicherten nicht zwingend der Einsatz einer zusätzlichen
Pflegefachkraft erforderlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Krankenbehandlung umfasse auch häusliche
Krankenpflege, die Versicherte bei besonders hohem Pflegebedarf auch in einer WfbM erhielten, wenn sie zur Sicherung des Ziels
der ärztlichen Behandlung erforderlich sei. Gemäß §
37 Abs.
2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) bleibe § 10 Werkstättenverordnung (WVO) unberührt. Diese Vorschrift treffe Festlegungen, für welche begleitenden Dienste die WbfM zuständig sei. Hiernach müsse
sie u.a. für die medizinische Betreuung der behinderten Menschen über begleitende Dienste verfügen. Hierzu zählten auch die
verordneten subkutanen Injektionen. Verfüge die Einrichtung nicht über das entsprechende Personal, könne die Injektionsgabe
auch durch einen Pflegedienst erfolgen, jedoch bleibe die Kostenübernahme im Zuständigkeitsbereich der Werkstatt.
Am 18. April 2009 ist Klage vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. April 2009 erhoben worden (Az.: S 10 KR 257/09).
Ein weiterer Antrag auf Übernahme von Kosten für Insulininjektionen für die Zeit von Januar 2010 bis Dezember 2010 ist bei
der Beklagten am 30. Dezember 2009 unter Vorlage einer "Verordnung häuslicher Krankenpflege" vom 17. Dezember 2009 gestellt
worden. Ärztlicherseits war wiederum die Gabe von 1 x tgl./5 x wöchentlich Insulin subcutan verordnet worden. Dieser Antrag
ist mit Bescheid vom 4. Januar 2010 mit der Begründung abgelehnt worden, Versicherte erhielten in Werkstätten für behinderte
Menschen nur dann Leistungen der häuslichen Krankenpflege, wenn sie einen besonders hohen Pflegebedarf hätten. Da das vorliegend
zur Entscheidung herangezogene Pflegegutachten keinen besonders hohen Pflegebedarf ergeben habe, könnten Leistungen im Rahmen
der häuslichen Krankenpflege nicht genehmigt werden. Der gegen den Bescheid eingelegte Widerspruch ist mit Widerspruchsbescheid
vom 11. März 2010 zurückgewiesen worden. Hiergegen ist ebenfalls Klage vor dem SG erhoben worden (Az.: S 10 KR 137/10).
Das SG hat mit Beschlüssen vom 17. Juni 2010 die Verfahren S 10 KR 257/09 und S 10 KR 137/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Beigeladenen zu 1 und 2 beigeladen.
Die Beigeladene zu 2 hat durch die Lebenshilfe R.... e.V. mit Schreiben vom 23. Dezember 2009 mitteilen lassen, die Erfüllung
der Verpflichtung aus § 10 WVO werde durch entsprechendes Personal (1 Diplom-Sozialpädagoge, 1 Fachkraft für soziale Arbeit, anteilig mehrere Heilerziehungspfleger)
sichergestellt. Jegliche Maßnahmen der medizinischen Betreuung bedürften der schriftlichen Anordnung des behandelnden Arztes,
der entsprechende Mitarbeiter müsse die hierfür erforderliche Qualifikation nachweisen.
Vorliegend sei die Genehmigung durch den behandelnden Arzt nicht erteilt worden. Bei Maßnahmen, die eine bestimmte Qualifikation
(z.B. Spritzenschein) und eine ausreichende Erfahrung erforderten, stelle sich in der Praxis oft das Problem, dass zwar die
Qualifikation, aber nicht die ausreichende Erfahrung vorhanden sei.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 14. Januar 2010 hat der Vertreter der Beigeladenen zu 2 noch dargelegt, in der Werkstatt könnten theoretisch die Insulininjektionen
verabreicht werden, sofern der Hausarzt die Genehmigung erteile. Sie (die Beigeladene zu 2) verfüge über ein Budget, das mit
der Beigeladenen zu 1 jährlich ausgehandelt werde und die laufenden Kosten decken solle. Sofern sie verpflichtet werde, die
Kosten für die Verabreichung der Insulinspritze durch einen Pflegedienst zu tragen, würden diese Kosten in den Verhandlungen
mit der Beigeladenen zu 2 als Kostenträger geltend gemacht.
Mit Schreiben vom 15. Januar 2010 ist u.a. die für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis 31. Januar 2010 geltende Vereinbarung
nach § 75 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zwischen dem Träger der Beigeladenen zu 2 und der Beigeladenen zu 1 vorgelegt worden. Hiernach gilt die Vereinbarung für
den Leistungstyp "Arbeitsbereich in Werkstätten für behinderte Menschen" für die Zielgruppe der behinderten Menschen, die
die Schulpflicht erfüllt und das Rentenalter noch nicht erreicht haben, Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich absolviert
und auf Grund der Art oder Schwere ihrer Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht, noch nicht oder noch nicht wieder
beschäftigt werden können. Diesem Personenkreis zuzurechnende Leistungsberechtigte würden aufgenommen und betreut, wobei die
Kapazität der Werkstatt ohne Förder- und Betreuungsbereich 192 Plätze betrage. Hinsichtlich der personellen Besetzung der
Funktionsbereiche war (u.a.) im Berufsbildungs- und Arbeitsbereich für den Begleitenden Dienst ein Personalschlüssel von 1
: 120, davon für 35 chronisch psychisch Kranke in gesonderten Gruppen ein Personalschlüssel von 1:60 und als Pflegepersonal
für Schwerstbehinderte eine Vollzeitkraft vereinbart (Nr. 1 der Leistungsvereinbarung).
Des Weiteren sind die an die Versicherte gerichteten Rechnungen des Pflegedienstes J.... V.... vom 22. August 2010 (Rechnung
Nr. 7382698) vorgelegt worden. Der Rechnungsbetrag für 2009 beläuft sich hiernach auf 1.271,20 EUR und für die Zeit von Januar
bis August 2010 auf 798,84 EUR. Er sei bis zum 20. Oktober 2010 zu begleichen.
Dr. S.... hat in einem Befundbericht vom 14. März 2010 nochmals angegeben, dass bei der Versicherten eine konstant ungünstige
diabetische Stoffwechsellage vorliege und die sehr schwankenden Blutzuckerwerte eine individuelle Anpassung der Insulindosen
erfordere, die durch eine geschulte Fachkraft erbracht werden solle.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 13. April 2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Maßnahmen der Behandlungspflege
wie z.B. die Gabe von Injektionen müssten in WfbM von der jeweiligen Werkstatt abgedeckt werden. Ausreichend sei eine Sicherstellung
der medizinischen Betreuung durch Fachkräfte von außerhalb der jeweiligen Werkstatt. Die Abgrenzung vom pflegerischen Normalfall
zu dem Fall eines besonders hohen Pflegeaufwandes nehme das Gericht bezogen auf die einzelne erforderliche Verrichtung vor.
Auch bei Patienten mit Pflegestufe III sei nicht jede Verrichtung mit einem besonders hohen Pflegeaufwand verbunden. Die formale
Abgrenzung nach der Höhe der bewilligten Pflegestufe könne nicht herangezogen werden. Da eine WfbM die Betreuung durch einen
Arzt sicherstellen müsse, sei das, was ein Arzt für Allgemeinmedizin im Rahmen einer ambulanten Versorgung leisten könne,
durch die WfbM abzusichern. Hierunter fielen auch die Messung des Blutzuckerspiegels und die Verabreichung einer Insulininjektion.
Somit liege ein besonders hoher Pflegebedarf nicht vor, so dass die Beklagte die Kosten für die Insulininjektionen nicht erstatten
müsse.
Gegen das am 28. Juni 2011 zugestellte Urteil ist für die Versicherte am 26. Juli 2011 Berufung eingelegt worden. Die Kosten
für die Insulininjektionen könnten der Beigeladenen zu 1 auferlegt werden, da die Begleichung durch die Beigeladene zu 2 nur
eine Verschiebung der Kosten bedeute. Selbst wenn letztere die Kosten zu tragen habe, würden diese über die Budgetverhandlungen
zwischen den Beigeladenen letztlich von der Beigeladenen zu 1 getragen werden. Es müsse entweder eine Verurteilung der Beklagten
oder der Beigeladenen zu 1 erfolgen, da die behinderte und pflegebedürftige Versicherte oder mit ihr vergleichbare Menschen
nicht auf den Zivilrechtsweg hinsichtlich der Erstattung solcher Kosten verwiesen werden könnten.
Mit Schreiben vom 12. April 2016 hat die Berufungsklägerin noch Kontoauszüge vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass vom Konto
H.... A..../A.... an den Pflegedienst V...., jeweils auf die Rechnung Nr. 7382698, am 20. Oktober 2010 ein Betrag von 1.185,74
EUR überwiesen worden ist, am 24. November 2010 ein Betrag von 500,00 EUR, am 28. Dezember 2010 ein Betrag von 314,26 EUR
und am 25. Januar 2011 ein Betrag von 371,48 EUR. Nachdem die Versicherte am 21. März 2014 verstorben war, hat ihre unter
derselben Adresse wohnhafte Mutter und Betreuerin erklären lassen, sie setze den Rechtsstreit fort. Mit Schreiben vom 9. August
2016 hat sie noch mitteilen lassen, ihre Tochter habe zum Zeitpunkt ihres Todes nur mit ihr zusammengelebt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. April 2011 und die Bescheide vom 4. Februar 2009 und 4. Januar 2010 in der
Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16. April 2009 und vom 11. März 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der
Berufungsklägerin die Kosten für die der Versicherten in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. August 2010 verabreichten Insulininjektionen
in Höhe von insgesamt 2.070,04 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat sich im Wesentlichen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG bezogen und zuletzt, mit Schriftsatz vom 19. Mai 2016 ausgeführt, die Erbringung häuslicher Krankenpflege auf Kosten der
Krankenkasse setze einen besonders hohen Pflegebedarf voraus. Diese Voraussetzung sei bei einer einmal täglich erforderlichen
Insulininjektion fünfmal pro Woche nicht erfüllt.
Die Beigeladene zu 1 hat keinen Antrag gestellt.
Ein Anspruch auf Sicherstellung der Insulinversorgung durch sie als überörtlichen Träger bestehe nicht.
Die Beigeladene zu 2 hat ebenfalls keinen Antrag gestellt.
Am 1. August 2016 hat die Beklagte den zwischen ihr und dem Pflegedienst J.... V.... am 1. Juli 2003 geschlossenen Vertrag
nach §§
132,
132a Abs.
2 SGB V nebst den Anlagen 1 und 2 zum Vertrag übersandt. Letztere beinhaltet die am 1. April 2007 bzw. 1. Oktober 2009 in Kraft getretenen
"Vereinbarungen über die Vergütung Häuslicher Krankenpflege, Häuslicher Pflege und Haushaltshilfe", die in der Leistungsgruppe
I ein Entgelt von 6,28 EUR/Einsatz bzw. 6,34 EUR/Einsatz bestimmen, wobei ein Einsatz (u.a.) sowohl die Blutzuckermessung
als auch die subcutane Injektion beinhaltet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden
Rechtszügen und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Beigeladenen zu 1 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Sie ist auch begründet.
Der Berufungsklägerin ist prozessführungsbefugt, weil sie gemäß §
56 Absatz
1 Satz 1 Nr.
3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) Sonderrechtsnachfolgerin der Versicherten ist. Nach dieser Vorschrift stehen beim Tode des Berechtigten fällige Ansprüche
auf laufende Geldleistungen Eltern zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt
gelebt haben und weder Ehegatte noch Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind. Die Berufungsklägerin ist alleinige Sonderrechtsnachfolgerin
der Versicherten, da die Versicherte ausweislich der Angaben im Schreiben vom 9. August 2016 zum Zeitpunkt ihres Todes nur
mit ihrer Mutter, der Berufungsklägerin, zusammen gelebt hat.
Bei dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch, dessen Anspruchsgrundlage §
37 Abs.
4 i.V.m. §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V ist, handelt es sich des Weiteren um einen Anspruch auf laufende Geldleistungen im Sinne des §
56 Abs.
1 SGB I. Ein Kostenerstattungsanspruch ist dann auf laufende Geldleistungen gerichtet, wenn er - wie vorliegend - über mehrere Zeitabschnitte
selbst beschaffte Leistungen betrifft. Derartige Leistungen verlieren ihren Charakter nicht dadurch, dass die Zahlungen verspätet
oder als zusammenfassende Zahlung für mehrere Zeitabschnitte geleistet werden. Dem Zweck der Sonderrechtsnachfolge in §
56 SGB I wird es in besonderem Maße gerecht, solche Kostenerstattungsansprüche als Ansprüche auf laufende Geldleistungen anzusehen.
Es beschränkt in aller Regel die Lebensführung nicht nur des Leistungsberechtigten, sondern aller Familienangehörigen, die
mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn Ansprüche auf laufende Geldleistungen nicht rechtzeitig erfüllt werden.
Das gilt in gleicher Weise regelmäßig für die Fälle, in denen die Krankenkasse ihre Pflicht zur Naturalleistungsgewährung
(§
2 Abs.
2 und §
13 Abs.
1 SGB V) nicht erfüllt, der Versicherte sich deshalb die zu beanspruchenden Leistungen selbst beschafft, vorfinanziert und später
die Kostenerstattung von der Krankenkasse erstreitet. Um die dadurch entstandene Benachteiligung auszugleichen, sieht §
56 SGB I eine Sonderrechtsnachfolge vor (vgl. hierzu ausführlich Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 3. Juli 2012 - B 1 KR 6/11 R - juris Rn. 11 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Nach §
37 Abs.
4 SGB V sind, wenn die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen kann oder Grund besteht, davon abzusehen,
den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten; §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V bestimmt, dass, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alternative) oder
eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (2. Alternative) und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten
entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten sind, soweit die Leistung notwendig war.
Vorliegend geht es um Kostenerstattungsansprüche nach der 1. Alternative des §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V, soweit Leistungen des Pflegedienstes durch die Versicherte vor dem Zugang des ersten Ablehnungsbescheides vom 4. Februar
2009 nach der ärztlichen Verordnung vom 30. Dezember 2008, mit welcher die Insulininjektionen für 2009 verordnet worden waren
und, soweit Leistungen vor Zugang des zweiten Ablehnungsbescheides vom 4. Januar 2010 nach der vertragsärztlichen Verordnung
vom 17. Dezember 2010, mit welcher die Insulininjektionen für 2010 verordnet worden waren, erbracht worden sind. Insoweit
stellten die Injektionen unaufschiebbare Leistungen dar, da die Versicherte sie zur Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes
unbedingt benötigte. Soweit Leistungen nach dem Zugang der Ablehnungsbescheide vom 4. Februar 2009 bzw. 4. Januar 2010 erbracht
worden sind, handelt es sich um Kostenerstattungsansprüche nach der 2. Alternative des §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 3. August 2006 - B 3 KR 24/05 R - juris Rn. 16). Bei beiden Alternativen kann ein Anspruch nicht weiter reichen als ein entsprechender Sachleistungsanspruch
des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Durch die Kostenerstattungsregelung in §
13 Abs.
3 SGB V soll lediglich in Fällen eines Systemversagens eine Lücke in dem durch das Sachleistungssystem der GKV garantierten Versicherungsschutz
geschlossen werden. Deshalb hat auch bei Unaufschiebbarkeit die Krankenkasse nicht einzustehen, wenn der Versicherte sich
eine Maßnahme beschafft hat, die von ihr nicht als Sachleistung erbracht werden musste (z.B. BSG, Urteil vom 8. September 2015 - B 1 KR 14/14 R - juris Rn. 17).
Die Voraussetzungen der geltend gemachten Kostenerstattungsansprüche sind auch erfüllt. Der Versicherten stand ein Sachleistungsanspruch
gegen die Beklagte auf Durchführung von täglich einer subcutanen Insulininjektion fünfmal pro Woche in der Werkstatt der Beigeladenen
zu 2 als häusliche Krankenpflege nach §
37 Abs.
2 SGB V in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. August 2010 zu.
Versicherte haben nach §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu
verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. nach §
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
4 SGB V häusliche Krankenpflege. Nach §
37 Abs.
2 SGB V in der seit 1. April 2007 geltenden Fassung erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten
Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in WbfM als häusliche
Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch
umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Hilfebedarf bei der
Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§
14 und
15 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) zu berücksichtigen ist (Satz 1). Nach Satz 2 der Vorschrift bleibt § 10 WVO unberührt. Soweit die Erbringung häuslicher Krankenpflege durch die Krankenkasse in einer WfbM nach §
37 Abs.
2 SGB V einen besonders hohen Pflegebedarf voraussetzt, ist dies nach der Gesetzesbegründung dann gegeben, wenn wegen des besonders
hohen Pflegebedarfs eines Versicherten die zur Verfügung stehenden pflegerischen Fachkräfte nicht ausreichen, wobei es im
Regelfall dabei bleibt, dass nach § 10 WVO der pflegerische Bedarf durch die Werkstätten selbst abgedeckt wird (Bundestagsdrucksache 16/4247, Seite 33f.) Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WVO muss die WfbM zur pädagogischen, sozialen und medizinischen Betreuung der behinderten Menschen über begleitende Dienste verfügen,
die den Bedürfnissen der behinderten Menschen gerecht werden. Absatz 2 der Vorschrift bestimmt, dass für je 120 behinderte
Menschen in der Regel ein Sozialpädagoge oder ein Sozialarbeiter zur Verfügung stehen sollen, darüber hinaus im Einvernehmen
mit den zuständigen Rehabilitationsträgern pflegerische, therapeutische und nach Art und Schwere der Behinderung sonst erforderliche
Fachkräfte. Die besondere ärztliche Betreuung der behinderten Menschen in der Werkstatt und die medizinische Beratung des
Fachpersonals der Werkstatt durch einen Arzt, der möglichst auch die an einen Betriebsarzt zu stellenden Anforderungen erfüllen
soll, müssen vertraglich sichergestellt sein (§ 10 Abs. 3 WVO).
Konkretisiert werden die Regelungen des §
37 Abs.
1,
2 SGB V gemäß §
37 Abs.
6 SGB V durch die Richtlinie über die Verordnung von Häuslicher Krankenpflege (HKP-RL), die der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA)
gemäß §
92 Abs.
1 Satz 1, 1. Halbsatz, Satz 2 Nr.
6, Abs. 7
SGB V zur Sicherung der ärztlichen Versorgung über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung
der Versicherten beschlossen und in welchen er u.a. festgelegt hat, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach
§
37 Abs.
1 und
2 SGB V auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können (Abschnitt I Nrn. 2 und 6 der HKP-RL
in der ab 11. Juni 2008 geltenden Fassung). Diese Vorschriften haben folgenden Inhalt:
"2. [...] Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig
wiederkehrend aufhält und an denen
- die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und
- für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (z.B. im Hinblick auf hygienische
Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung),
wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne
des Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein. [...]
6. Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung
von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (z. B.... Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen),
kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen
zu prüfen.
Abweichend davon kann häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität
oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft
Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt
für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen. [...]"
Vorliegend handelte es sich bei den vertragsärztlich verordneten Injektionen um medizinisch notwendige Maßnahmen der Behandlungspflege,
weil sie krankheitsspezifisch zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung der Diabeteserkrankung der Versicherten eingesetzt
wurden und diese auf die regelmäßigen Insulininjektionen zur Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes angewiesen war. Zur
eigenständigen Verabreichung der Injektionen war die Versicherte unstreitig nicht in der Lage.
Den hieraus resultierenden Pflegebedarf konnte die Beigeladene zu 2 mit dem vorhandenem Personal nicht ausreichend sicherstellen,
da sie, worauf sie mit Schreiben vom 9. Februar 2009 und 23. Dezember 2009 hingewiesen hat, über kein medizinisches Personal
verfügte, das zur Verabreichung der Injektionen befugt war. Bei der Verabreichung der Insulininjektionen handelte sich auch
nicht um Maßnahmen, die von insoweit nicht spezifisch qualifiziertem Personal hätten vorgenommen werden können.
Zwar gehören einfachste medizinische Maßnahmen, die für Versicherte im eigenen Haushalt von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen
erbracht werden können und keine medizinische Fachkunde erfordern, wie z.B. die Einnahme von Medikamenten oder das Messen
des Blutzuckergehaltes, regelmäßig der Natur der Sache nach zum Aufgabenkreis der Einrichtung. Sie sind mit der Gewährung
von Eingliederungshilfe durch den Sozialhilfeträger in einer (teil)stationären Einrichtung untrennbar verbunden und daher
objektiv bereits Bestandteil der Eingliederungshilfe (BSG, Urteil vom 22. April 2015 - B 3 KR 16/14 R - juris Rn. 32 ff.). Derartige einfachste Maßnahmen der Behandlungspflege hat die Beigeladene zu 2 wie jede andere Einrichtung
der Eingliederungshilfe zu leisten.
Bei der vorliegend erforderlichen Gabe von Insulininjektionen handelte es sich jedoch nicht um eine solche und einfachste
Maßnahme der Behandlungspflege. Auch wenn diese behandlungspflegerischen Maßnahmen von erwachsenen Patienten regelmäßig selbst
durchgeführt werden, sind für ihre Durchführung erhebliche medizinische Kenntnisse erforderlich, die den Patienten, die die
Injektionen selbst durchführen, zuvor vermittelt werden (müssen). So sind Kenntnisse über günstige Injektionsregionen sowie
das Wechseln der Injektionsstellen erforderlich, da es, wenn ohne ausreichende Regenerationszeit allzu häufig dieselbe Einstichstelle
genutzt wird, zu ungewollten Haut- und Fettgewebsveränderungen kommen kann. Dosis und Art des verordneten Insulins (zu unterscheiden
sind insbesondere schnell wirkende Insuline und solche mit einer längerfristigen Wirkung) sollen regelmäßig in Absprache zwischen
Arzt und Patient entsprechend der Blutzuckermesswerte sowie des Ess- und Bewegungsverhaltens angepasst werden, wobei dem Patienten
ein bedarfsabhängiger Beurteilungsspielraum eingeräumt werden kann, da ein entsprechend interessierter, geschulter und im
Umgang mit seiner Erkrankung erfahrener erwachsener Patient seinen Bedarf am besten selbst einschätzen kann. Von Dritten erfordert
der sachgerechte Umgang mit solchen medizinischen Beurteilungsspielräumen aber beachtliche medizinische Kenntnisse, über die
regelmäßig nur medizinisches Fachpersonal verfügt (BSG, Urteil vom 22. April 2015 - B 3 KR 16/14 R - juris Rn. 41; anders noch z.B. Padé in: jurisPK-
SGB V, 2. Auflage, §
37 Rn. 34, hierauf Bezug nehmend Thüringer LSG, Urteil vom 15. Dezember 2015 - L 6 KR 1290/11 - juris Rn. 36 f.). Dass bei der Versicherten insbesondere angesichts der bei ihr gegebenen ausgesprochen labilen Stoffwechsellage
eine geschulte Fachkraft für die Verabreichung der Insulininjektionen erforderlich war, hat auch Dr. S...., der die Versicherte
behandelnde Facharzt für Innere Medizin mehrfach (s. Bescheinigung vom 24. Februar 2009 und Befundbericht vom 14. März 2010)
bestätigt.
Die Beigeladene zu 2 war des Weiteren nicht verpflichtet, entsprechendes Personal vorzuhalten.
Entscheidend für die Leistungspflichten der Einrichtungen zur Hilfe behinderter Menschen sind das in den Vereinbarungen nach
den §§ 75 ff. SGB XII festgelegte Ziel und der Zweck der Einrichtung, ihr Aufgabenprofil, die vorgesehene sächliche und personelle Ausstattung
sowie der zu betreuende Personenkreis. Es ist jeweils zu prüfen, ob die Einrichtung die konkrete behandlungspflegerische Maßnahme
nach ihrem Aufgabenprofil, der Ausrichtung auf ein bestimmtes Bewohnerklientel und aufgrund ihrer sächlichen und personellen
Ausstattung selbst zu erbringen hat. Ist sie nach ihrem Aufgabenprofil auf eine besondere Zielgruppe ausgerichtet, bei der
ständig bestimmte behandlungspflegerische Maßnahmen erforderlich werden, und ist die Einrichtung deshalb entsprechend sächlich
und personell auszustatten, hat sie diese behandlungspflegerischen Maßnahmen auch zu erbringen, weil ohne sie die Eingliederungsaufgabe
im Hinblick auf die Zielgruppe der Einrichtung nicht erreicht werden kann (BSG, Urteil vom 22. April 2015 - B 3 KR 16/14 R - juris Rn. 32).
Bei der Beigeladenen zu 2 handelt es sich um eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben zur Eingliederung
in das Arbeitsleben, die denjenigen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht beschäftigt
werden können, eine Beschäftigung anzubieten hat und ihnen zu ermöglichen hat, ihre Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten,
zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln (§
136 Abs.
1 Satz 1
SGB IX; Nr.
1 der zwischen dem Träger der Beigeladenen zu 2 und der Beigeladenen zu 1 geschlossenen Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII); zur Erfüllung dieser Ziele und (nur) insoweit hat sie nach § 10 WVO begleitende Dienste vorzuhalten. Da die Beigeladene zu 2 behandlungspflegerische Maßnahmen nur insoweit zu erbringen und
demzufolge erforderliches medizinisches Fachpersonal vorzuhalten hat, wie dies ihre Eingliederungsaufgabe erfordert (s.o.),
fallen jedenfalls über einfachste Behandlungspflegemaßnahmen hinausgehende behandlungspflegerische Maßnahmen dann nicht in
ihren Verantwortungsbereich, wenn sie der Behandlung von Erkrankungen dienen, die nicht behinderungsspezifisch sind bzw. nicht
im Zusammenhang mit der die Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verhindernden Art oder Schwere ihrer Behinderung
stehen. Hierzu zählt eine Diabeteserkrankung, die eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in der Regel nicht verhindert,
ersichtlich nicht mit der Folge, dass die Beigeladene zu 2 medizinisches Personal für einer Diabeteserkrankung dienende Behandlungspflegemaßnahmen
nicht vorzuhalten hat.
Sähe man dies anders, wäre die Beigeladene zu 2 verpflichtet, für Behandlungspflegemaßnahmen aller theoretisch in Betracht
kommenden Erkrankungen und Behinderungen, die bei den bei ihr aufgenommenen Person vorliegen könnten, entsprechendes Fachpersonal
vorzuhalten. Eine so weit gehende Verpflichtung lässt sich, insbesondere im Lichte der zitierten Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 22. April 2015, aus § 10 WVO nicht ableiten und hätte zudem zur Folge, dass Versicherte mit einem besonderen Versorgungsbedarf nur in einer solchen WbfM
aufgenommen werden könnten, in der diesem Versorgungsbedarf Rechnung getragen werden kann und weitere Gesichtspunkte, wie
z.B. eine wohnortnahe Unterbringung nicht berücksichtigt werden könnten (ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. März
2013 - L 4 KR 3797/11 - juris Rn. 30 f.).
Da somit zum einen die Gabe von Insulininjektionen vorliegend nur von medizinischem Fachpersonal vorgenommen werden konnte,
zur Vermeidung von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit erforderlich war und des Weiteren die Beigeladene zu 2 nicht aufgrund
von § 10 WVO verpflichtet war, diese Leistung selbst zu erbringen, sind die in Abschnitt I Nr. 6 2. Absatz HKP-RL in der ab 11. Juni 2008
geltenden Fassung genannten Voraussetzungen für die Erbringung häuslicher Krankenpflege durch die Beklagte erfüllt. Ein besonders
hoher Pflegebedarf i.S.d. §
37 Abs.
2 SGB V ist vorliegend zu bejahen mit der Folge, dass die Beklagte zur Erbringung der häuslichen Krankenpflege verpflichtet war.
Eine sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der geltend gemachten Kosten ist nicht ersichtlich. Da nach dem zwischen der Beklagten
und dem Pflegedienst V.... geschlossenen Vertrag nach §§
132,
132a SGB V bzw. in dessen Anlage 2 (Vergütungsvereinbarungen-Leistungsgruppe I) eine Vergütung nach Einsätzen geregelt ist und die Vergütung
für einen Einsatz mit subcutaner Insulininjektion (Leistungsgruppe I) in Höhe von 6,28 EUR bzw. 6,34 EUR unabhängig davon
zu zahlen war, ob der Pflegedienst auch die Blutzuckermessung durchgeführt hatte, kommt es nicht darauf an, ob die Blutzuckermessung
von Mitarbeitern der Beigeladenen zu 2 hätte durchgeführt werden können bzw. müssen.
Da nach alledem die Beklagte zur Erbringung der begehrten Leistungen verpflichtet war, sie jedoch nicht erbracht hat, war
sie zur Erstattung der in der Zeit vor Zugang der Ablehnungsbescheide vom 4. Februar 2009 bzw. 4. Januar 2010 verabreichten
Insulininjektionen angefallenen Kosten gemäß §
13 Abs.
3 Satz 1 1. Alt.
SGB V und zur Erstattung der in der Zeit nach Zugang der Bescheide angefallenen Kosten gemäß §
13 Abs.
3 Satz 1 2. Alt.
SGB V zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
193,
183 Satz 1
SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).