Impfschaden aufgrund Grippeschutzimpfung
Guillain-Barré-Syndrom
Anforderung an den Beweismaßstab
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung des bei ihm diagnostizierten Guillain-Barré-Syndroms (GBS) als Impfschaden.
Der 1954 geborene Kläger erhielt am 04.12.2009 eine Impfung mit dem Impfstoff Pandemrix (Lot: A81CA114A) der Fa. GlaxoSmithKline
gegen Schweinegrippe (A/H1N1). Nach eigenem Vortrag sowie aus den Behandlungsunterlagen ergibt sich, dass der Kläger erstmalig
am 16.01.2010, d. h. am 43. Tag nach der Impfung, ein zunehmendes Kribbeln in den Füßen bemerkte, welches am Folgetag bis
zu den Knien aufstieg. Zwei Tage später trat eine Kraftminderung in den Unterschenkeln ein. Der Kläger begab sich daraufhin
am 19.01.2010 zu seiner Hausärztin DM D ..., welche ihn in das Krankenhaus Z ..., Neurologische Abteilung, überwies. Das dort
durchgeführte Schädel-MRT war unauffällig, ebenso die MRT-Untersuchung der Wirbelsäule mit Kontrastmitteln am 20.01.2010.
Eine Dopplersonografie der extrakraniellen Gefäße zeigte eine Hypoplasie der linken A. vertebralis ohne weitere Hinweise auf
Stenosierungen. Die Elektroneurografie der unteren Extremitäten erbrachte einen Hinweis auf eine beginnende Polyradikuloneuritis.
Labortechnisch konnte eine Infektion mit Herpes und Borrelien sowie TPPA ausgeschlossen werden. Wegen fortschreitender Beschwerden
mit Zunahme der Beinparesen beidseits wurde der Kläger mit hochdosiertem intravenösem Immunglobulin behandelt, wodurch es
zu einer deutlichen Rückbildung der Symptome kam. Die behandelnden Ärzte im Klinikum Z ... vermuteten einen möglichen Zusammenhang
mit der Schweinegrippeimpfung und meldeten die Erkrankung dem Impfhersteller. Es wurde ein Guillain-Barré-Syndrom diagnostiziert.
Der Kläger beantragte am 05.01.2012 Beschädigtenversorgung nach dem Infektionsschutzgesetz. Als dauerhafte Gesundheitsstörungen gab er eine Schwäche in den Beinen an, Gleichgewichtsstörungen, Konditionsschwäche beim
Laufen und Stehen, teilweise Bewegungsdrang beim Sitzen infolge des GBS mit inkompletter schlaffer Paraparese der Beine.
Nach Beiziehung der medizinischen Unterlagen gab Dr. Y ... eine versorgungsärztliche Stellungnahme ab. Sie führte darin am
11.05.2012 aus, dass die angeschuldigte Impfung und das mehr als 6 Wochen später aufgetretene GBS wahrscheinlich in einem
zeitlich zufälligen Zusammentreffen zu sehen sei. In etwa 60 % bis 70 % der Fälle trete das GBS 10 bis 14 Tage nach einer
Infektionskrankheit auf, meist nach einem respiratorischen oder einem gastrointestinalen Infekt. Dies sei im vorliegenden
Fall jedoch ausgeschlossen worden. Das Auftreten nach einer Impfung werde in der Literatur als sehr selten angegeben. Bei
einer Influenzaschutzimpfung werde ein extrem niedriges Risiko von 1:1.000.000 beschrieben. Die Ursache eines GBS werde in
einem immunologischen Geschehen gesehen, wobei Infektionserreger (Viren, Bakterien) genau wie der Impfstoff das auslösende
Ereignis darstellten. Für den Ablauf einer solchen Autoimmunreaktion sei nach Untersuchungen ein zeitlicher Mindestabstand
von fünf Tagen, ein Maximalabstand von 42 Tagen (im Durchschnitt ein bis vier Wochen) festzulegen. Alle außerhalb dieses Zeitrahmens
liegenden Erkrankungen seien anderen Ursachen zuzurechnen. Insgesamt sei das GBS eine relativ häufige Erkrankung mit einer
jährlichen Inzidenz von ca. ein bis zwei Fällen pro 100.000 Einwohner. Wegen des hier zeitlich auseinanderklaffenden Auftretens
müsse mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer anderen Krankheitsursache ausgegangen werden.
Mit Bescheid vom 31.05.2012 lehnte der Beklagte den Antrag auf Beschädigtenversorgung ab. Für den Ablauf einer Autoimmunreaktion
werde ein zeitlicher Mindestabstand von fünf Tagen und ein Maximalabstand von 42 Tagen als zeitlich plausibel angegeben. Ein
ursächlicher Zusammenhang zwischen der angeschuldigten Impfung und dem mehr als 6 Wochen später aufgetretenen GBS sei daher
nicht überwiegend wahrscheinlich.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein. Weder vor der Impfung noch danach sei er an einer Virusinfektion erkrankt, so
dass nur die Grippeschutzimpfung die Aktivierung der Lymphozyten bewirkt haben könne. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass
Schmerz- und Unwohlseinempfinden von Mensch zu Mensch verschieden seien. Zwar habe er erst am 16.01.2010 bewusst Symptome
wahrgenommen, die ihn dann zum Aufsuchen eines Arztes bewegt hätten, was jedoch nicht bedeute, dass nicht bereits vor diesem
Zeitpunkt Symptome vorhanden gewesen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2012 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Bei einem Zeitabstand
von 43 Tagen und dem Auftreten erster Symptome werde auch durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), von dem der Beklagte eine
Stellungnahme zur Wahrscheinlichkeit der Erkrankung an GBS nach einer Schweinegrippenimpfung bei Auftreten erster Symptom
am 43. postvakzinalen Tag angefragt hatte, der Zusammenhang als unwahrscheinlich bewertet.
Hiergegen hat der Kläger am 13.09.2012 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) Klage erhoben. Bei dem GBS handele es sich um eine akute Entzündung des peripheren Nervensystems und der Nervenwurzeln mit
Folge einer aufsteigenden Lähmung. Da der Kläger weder vor noch nach der Impfung an einer Virusinfektion erkrankt sei, könne
nur die Grippeschutzimpfung die Aktivierung der Lymphozyten bewirkt haben und damit ursächlich für die Entstehung des GBS
sein. Entgegen den Ausführungen des Beklagten habe das Paul-Ehrlich-Institut bei einer Untersuchung ein höheres Risiko für
den Auftritt des GBS ab dem 5. bis 42. Tag festgestellt und ein geringeres Risiko ab dem 42. bis 150. Tag nach der Impfung.
Es sei festgestellt worden, dass das Risiko einer Erkrankung zwischen dem 4. und 43. Tage nach der Impfung um ein 4,65-Faches
höher liege als im Zeitraum ab dem 43. Tag bis zum 150. Tag. In 30 der untersuchten Fälle sei das GBS innerhalb von 150 Tagen
nach der Pandemrix-Impfung aufgetreten.
Im Rahmen der gerichtlichen Ermittlungen hat Prof. Dr. X ..., Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, W ..., ein Gutachten
nach §
106 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) für das Gericht erstellt. Prof. Dr. X ... hat sein Gutachten am 04.12.2013 nach Aktenlage erstattet. Es bestehe heute kein
Zweifel mehr, dass eine Influenza A-(H1N1)-Impfung mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung eines GBS einhergehe. Üblicherweise
- nicht wissenschaftlich belegt - werde davon ausgegangen, dass diese Nebenwirkung in den Tagen fünf bis 42 Tage nach der
Impfung auftrete. Es handele sich hierbei nicht um einen wissenschaftlich begründeten Zeitraum. Autoimmunprozesse, die im
Gewebe des lebenden Körpers abliefen, seien nicht mit Beginn und Ende im Individuum messbar. In einzelnen Untersuchungen sei
ein Zeitraum von acht oder zehn Wochen für ein impfbedingtes GBS anerkannt worden bzw. ein erhöhtes Risiko auch für die Zeit
von fünf bis acht Wochen nach Impfung festgestellt worden. Der Kläger sei Maurer und Friedhofsarbeiter mit einer gewissen
Robustheit, so dass durchaus möglich sei, dass er auf kleinere Krankheitssymptome nicht achte und erst bei stärkeren Beschwerden
reagiere. Vor- oder Begleiterkrankungen (z. B. Atemwegs- oder Magen-Darm-Infekte) hätten nicht vorgelegen. Es gebe damit kein
anderes Ereignis innerhalb von 43 Tagen nach der Influenza A/H1N1-Impfung, welches mit der Entstehung des GBS in Beziehung
stehen könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.04.2014 hat das Gericht der Klage stattgegeben und das GBS als Folge der Impfung vom 04.12.2009
anerkannt. Ein Zusammenhang zwischen dem GBS und der Pandemrix-Impfung sei wahrscheinlich. Laut einer Studie des Paul-Ehrlich-Instituts
ließe sich bei bis zu zwei Drittel der GBS-Patienten eine vorausgegangene virale oder bakterielle Infektion nachweisen. Die
Anzahl der Neuerkrankungen nicht geimpfter Personen betrage pro Jahr in Deutschland 17,5 Fälle pro einer Million Einwohner.
Anhand der Untersuchungen gehe das Paul-Ehrlich-Institut davon aus, dass es im Zeitraum von fünf bis 42 Tagen nach einer H1N1-Impfung
zu etwa sechs zusätzlichen GBS-Fällen pro eine Million geimpfter Personen komme. Andere Studien belegten auch nach dem 42.
Tage nach der Impfung ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. Ausweislich des Ärzteblatts vom 11.07.2012 sei in der kanadischen Provinz
Quebec eine Studie durchgeführt worden, wonach in den ersten sechs Monaten nach einer A/H1N1-Impfung 83 GBS-Erkrankungen verzeichnet
worden seien, von denen 25 innerhalb der ersten acht Wochen aufgetreten seien. Von diesen 25 Patienten seien 19 bereits in
den ersten vier Wochen nach der Impfung erkrankt. Aufgrund dessen wurde für die ersten vier Wochen nach Impfung ein relatives
Erkrankungsrisiko von 2,75 % und für die ersten acht Wochen ein Erkrankungsrisiko von 1,80 % errechnet. Ebenso wie virale
und bakterielle Infektionen scheine also auch eine Impfung mit abgeschwächten Erregern grundsätzlich eine GBS-Erkrankung hervorrufen
zu können. Andere mögliche Ursachen für eine Erkrankung seien bislang nicht bekannt. Beim Kläger sei weder vor der Impfung
noch im Zeitraum zwischen Impfung und Erkrankungsbeginn eine virale oder bakterielle Infektion festgestellt Worden sei. Die
Pandemrix-Impfung sei geeignet, ein GBS zu verursachen. Es gebe keine wissenschaftliche Studie, in der ein Erkrankungsrisiko
ab dem 43. Tag ausgeschlossen sei. Vielmehr belegten die Studien lediglich, dass das Erkrankungsrisiko bis zum 42. Tag nach
der Impfung höher sei als das Erkrankungsrisiko ab dem 43. Tag. Berücksichtige man nun das Fehlen bekannter Alternativursachen
und die nur sehr eingeschränkte Aussagekraft des Zeitpunktes des Bemerktwerdens erster Symptome, sei ein Zusammenhang wahrscheinlich.
Gegen den Gerichtsbescheid vom 07.04.2014, dem Beklagten am 16.04.2014 zugestellt, hat dieser am 12.05.2015 Berufung beim
Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Die Erkrankung an dem GBS sei nicht hinreichend wahrscheinlich auf die Schweinegrippenimpfung
am 04.12.2009 zurückzuführen. Nach der Impfung am 04.12.2009 seien erste klinische Symptome des diagnostisch gesicherten GBS
am 16.01.2010 aufgetreten. Dass erste Symptome bereits früher als am 43. Tag nach der Impfung aufgetreten seien, sei nicht
belegt. Der Hinweis des erstinstanzlichen Sachverständigen Prof. Dr. X ... auf Erkrankungshäufungen nach Schweinegrippenimpfungen
von US-Soldaten 1976 berücksichtige aktuelle Studien nicht. Vielmehr werde allgemein die Auffassung vertreten, dass die damaligen
Impfstoffe, die nicht mehr angewendet würden, dafür verantwortlich gewesen seien. Nach aktuellem medizinischem Wissensstand
betrage das plausible zeitliche Intervall zwischen Impfung und Auftreten des GBS fünf bis 42 Tage. Im vorliegenden Fall habe
sich auch das PEI mit Schreiben vom 06.02.2012 zur Kausalität geäußert und einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfung
und GBS bei einem Auftreten erster Symptome am 43. nach als unwahrscheinlich eingestuft.
Der Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 07.04.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Pandemriximpfung am 04.12.2009 sei ursächlich für die Erkrankung an GBS bei ihm gewesen. Weder vor der Impfung noch im
Zeitraum zwischen Impfung und Krankheitsbeginn sei eine virale oder bakterielle Infektion bei ihm festgestellt worden. Es
gebe auch keine wissenschaftlichen Studien, die belegten, dass ein Erkrankungsrisiko ab dem 43. Tag ausgeschlossen sei.
Auf Veranlassung des Senats hat PD Dr. med. habil. R. C ..., Facharzt für Neurologie, am 27.02.2015 ein Gutachten erstellt,
nachdem er den Kläger am 20.02.2015 in seiner Praxis ambulant untersucht hat. Eine besondere Bedeutung für die hiesige Fragestellung
komme dem Zeitpunkt des möglichen Auftretens einer GB-Symptomatik nach Applikation der Impfung zu. In der Mehrzahl der relevanten
Studien werde ein Zeitintervall von 42 Tagen nach Impfung verwendet, beginnend mit dem ersten Tag nach der Impfung. Der Zeitpunkt
42 Tage nach Impfung beruhe dabei auf der ursprünglichen Beobachtung der Daten aus den Vereinigten Staaten nach 1976/1977,
bei denen eine erhöhte Inzidenz eines GB-Syndroms nach Impfung gegen Schweinegrippe innerhalb der ersten sechs Wochen nach
Impfung gesehen wurde. Als "primäre Risikoperiode" sei daher der Zeitabstand fünf bis 42 Tage nach Impfung definiert worden.
Letztes entspreche auch der aktuellen Auffassung des Paul-Ehrlich-Instituts in Deutschland. Es sei jedoch angemerkt, dass
andere Studien auch andere Zeitintervalle benutzt hätten, so zum Beispiel 90 Tage nach Impfung (Stowe, J. et al., Am J Epidemiol
2009), zwei bis sieben Wochen (= 14 bis 49 Tage) nach Impfung (Juurlienk et al., Arch Int Med 2006), eins bis 119 Tage nach
Impfung (Polakowski, LL et al., Chart confirmed Guillain-Barré-syndrome after 2009 H1N1 influenza vaccination among the Medicare
populatione, 2009-2010, Am J Epidemiol 2013 Sept 15; 178 (6): 962-973). Ebenfalls sei ausdrücklich angemerkt, dass eine relevante
Studie unter Mitwirkung des Paul-Ehrlich-Instituts, in der ein positiver Zusammenhang zwischen einer hier zu diskutierenden
Impfung und dem Auftreten eines GB-Syndroms im Zeitfenster der "primären Risikoperiode" fünf bis 42 Tage nach der Impfung
gesehen worden ist (Prestel, J. et al., Risk of Guillain-Barré syndrome following pandemic influenza A(H1/N1) 2009 vaccination
in Germany. Pharmacoepidemiol Drug Safety 2014 Nov; 23 (11): 1192-204), in einer anderen Publikation, die hier keinen entsprechenden
statistisch signifikanten Zusammenhang finde, bezüglich der fehlenden ausreichenden Berücksichtigung und Korrektur möglicher
Einflussfaktoren/Confounder kritisiert worden ist (Romio, S. et al., Guillain-Barré syndrome and adjuvanted pandemic influenza
A (H1/N1) 2009 vaccines: a multinational self-controlled case series in Europe, PLoS One, 2014 Jan 3; 9 (1)). Im vorliegenden
Fall ergebe sich somit und letztmalig maßgebend ein doppeltes Argument gegen einen ausreichend wahrscheinlichen ursächlichen
Zusammenhang des zweifelsohne eingetretenen GBS mit der vorausgegangenen Impfung. Zum einen liege der in allen zur Verfügung
stehenden Dokumenten genannte Zeitpunkt des Auftretens der ersten Symptomatik am 16.01.2010 außerhalb des Zeitfensters der
aufgrund der Einschätzung des hier maßgeblichen Paul-Ehrlich-Instituts in Deutschland genannten Periode (bis 43 Tage nach
Impfung). Jetzt, mehr als fünf Jahre nach der damaligen Erkrankung, berichte der Kläger allerdings erstmals von einem Auftreten
von Beschwerden möglicherweise vor dem 16.01.2010. Es werde dem Begutachteten hier in keiner Weise eine Falschaussage unterstellt.
Gutachterlich werde hier allerdings ausdrücklich auf die bisher einheitlich und bislang unbestrittene Datumsangabe 16.01.2010
als Erkrankungsbeginn (43. Tag nach Impfung) Bezug genommen. Als zusätzliches mögliches Argument für einen tatsächlichen Krankheitsbeginn
nicht vor dem 16.01.2010 könne die Tatsache gewertet werden, dass ein erster ärztlicher Kontakt den Unterlagen entsprechend
am 19.01.2010 (Dienstag) stattgefunden habe. Bei relevanter und zunehmender Symptomatik bereits zuvor hätte dieser Kontakt
zumindest theoretisch hier bereits am 18.01.2010 (Montag) stattfinden können. Für einen relativ späten tatsächlichen Erkrankungsbeginn
spreche auch der Umstand, dass eine medikamentöse Behandlung erst neun Tage nach Krankenhausaufnahme eingeleitet worden sei,
also erst am 54. Tag nach der Impfung. Zum anderen bestehe aufgrund der Datenlage internationaler Studien generell weiterhin
Unsicherheit bezüglich eines tatsächlichen Zusammenhangs zwischen einer Impfung gegen Influenza A/H1N1 mit den aktuellen Impfstoffen
und dem Auftreten eines GB-Syndroms. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass die ursprünglichen positiven Zusammenhänge
aus den Vereinigten Staaten aus den Jahren 1976/1977 auch einer möglichen speziellen Präparation des Impfstoffes sowie einer
möglichen bakteriellen Verunreinigung angelastet worden seien. Das GB-Syndrom sei keine seltene Ursache einer neuromuskulären
Störung. Die jährliche Inzidenz betrage ca. 2/100.000 (Huhges, R.A., Cornblath D.R.: Guillain-Barré syndrome, Lancet 2005;
366: 1653-1666; Van Doorn et al.: Clinical features, pathogenesis and treatment of Guillain-Barré syndrome, Lancet Neurol
2008; 7: 939-950). Männer seien häufiger betroffen als Frauen, das Erkrankungsrisiko steige mit dem Alter. Diese epidemiologischen
Daten passten gut zur Annahme eines sporadischen bzw. idiopathischen GB-Syndroms im hier zu diskutierenden Fall. In ca. einem
Drittel der Fälle sei keine Infektionserkrankung in den vorausgehenden Wochen nachweisbar, sowie auch hier.
Unter Wahrscheinlichkeitsaspekten und unter Berücksichtigung des temporalen Aspekts ("kritisches Zeitfenster") spreche im
hier zu diskutierenden Fall somit mehr für die Annahme eines sporadischen/idiopathischen GB-Syndroms als für die Annahme eines
postvakzinalen Geschehens mit einer möglicherweise anzunehmenden Häufigkeit von 0,06 bis 0,16 / 100.000 Impfungen (Sevjar
JJ, Influenza vaccines and Guillain-Barré syndrome. The continuing question, Neurology 2013: 81, 1562-1563). Gutachterlich
könne also ein kausaler Zusammenhang der Erkrankung von Januar 2010 mit der vorausgegangenen Impfung im Dezember 2009 nicht
mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Die Möglichkeit bleibe selbstverständlich bestehen; letzteres stelle
jedoch unter Berücksichtigung der bestehenden sozialrechtlichen Vorschriften keine ausreichende Bedingung dar.
Dem Senat lagen die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz vor. Ihr Inhalt
war Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 07.04.2014 der Klage stattgegeben. Der Gerichtsbescheid des SG war aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Bescheid des Beklagten vom 31.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 29.08.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung
eines Impfschadens in Form des GBS als Folge einer am 04.12.2009 verabreichten Pandemriximpfung, weil ein entsprechender ursächlicher
Zusammenhang zwischen der Erkrankung an GBS und der Impfung gegen Schweinegrippe nicht wahrscheinlich gemacht werden kann.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §
55 Abs.
1 Nr.
1 und
3 SGG zulässig.
Anspruchsgrundlage ist § 60 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die, 1. von einer zuständigen
Landesbehörde für öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde, 2. aufgrund dieses Gesetzes angeordnet wurde,
3. gesetzlich vorgeschrieben war oder 4. aufgrund der Verordnungen zur Ausführung der internationalen Gesundheitsvorschriften
durchgeführt worden ist, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens
im Sinne des § 2 Nr. 11 IfSG oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen
der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
Nach § 2 Nr. 11 Halbs. 1 IfSG ist im Sinne dieses Gesetzes Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer
Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung.
Die Vorschriften des IfSG verlangen für die Entstehung eines Anspruches auf Versorgungsleistungen die Erfüllung mehrerer Voraussetzungen. Es müssen
eine unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG - u. a. z. B. öffentliche Empfehlung durch eine zuständige Landesbehörde - erfolgte Schutzimpfung, der Eintritt einer über
eine übliche Reaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, sowie eine dauerhafte - gesundheitliche
Schädigung, also ein Impfschaden vorliegen (siehe zur abweichenden Terminologie in der Rechtsprechung des BSG nach dem BSeuchG, wonach als Impfschaden die über die übliche Impfreaktion hinausgehende Schädigung, also das zweite Glied
der Kausalkette, bezeichnet wurde: BSG Urteile vom 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - BSGE 60, 58, 59 und BSG 9a RV 4/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 10, 49).
Zwischen den jeweiligen Anspruchsmerkmalen muss ein Ursachenzusammenhang bestehen. Maßstab dafür ist die im sozialen Entschädigungsrecht
allgemein (aber auch im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung) geltende Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung.
Danach ist aus der Fülle aller Ursachen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne diejenige Ursache rechtlich erheblich,
die bei wertender Betrachtung wegen ihrer besonderen Beziehung zu dem Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat.
Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägen ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders
enger Beziehung stehen, wobei allein Ursächlichkeit nicht erforderlich ist (Rohr/Sträßer/Dahm, BVG-Kommentar, Stand 8/16, §
1 RdNr 10 mwN; Bereiter-Hahn/Mertens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand 1/11, §
8 SGB VII RdNr 8 mwN).
Die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung müssen mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im sogenannten Vollbeweis feststehen. Die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen
Ursachenzusammenhänge müssen hinreichend wahrscheinlich sein (§ 61 Satz 1 IfSG). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht
nicht aus (BSGE 60, 58 = SozR 3850, § 51 Nr. 9; Rohr/Sträßer/Dahm, a. a. O., § 1, RdNr. 11 mwN). Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne
einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung
aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen
mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.
Alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, sind auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt
neusten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten. Dies entspricht der Rechtsprechung des BSG im sozialen Entschädigungsrecht, insbesondere im Impfschadensrecht und Schwerbehindertenrecht (BSG Urteil vom 17.12.1997 - 9 RVI 1/95 sowie Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R). Ein bestimmter Vorgang, der unter Umständen
vor Jahrzehnten stattgefunden hat, muss, wenn über ihn erst jetzt abschließend zu entscheiden ist, nach dem heutigen Stand
der medizinischen Wissenschaft beurteilt werden. So kann auch die vor Jahrzehnten bejahte Kausalität auf Grund neuerer wissenschaftlicher
Erkenntnisse und Methoden als fehlend erkannt werden, mit der Folge, dass Anerkennungen unter Umständen zurückzunehmen oder
nur aus Gründen des Vertrauensschutzes (§ 45 SGB X) zu belassen sind (vgl. BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 V 1/10 R).
Bei Anwendung der neusten medizinischen Erkenntnisse ist jeweils genau zu prüfen, ob diese sich überhaupt auf den zu beurteilenden,
gegebenenfalls lange zurückliegenden Vorgang beziehen. Da andere Ursachen jeweils andere Folgen nach sich ziehen können, gilt
dies insbesondere für die Beurteilung von Kausalzusammenhängen. Dementsprechend muss im Impfschadensrecht sichergestellt werden,
dass die nach dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse in Betracht zu ziehenden Impfkomplikation gerade auch die
Impfstoffe betreffen, die im konkreten Fall Verwendung gefunden haben.
Dem Kläger ist am 04.12.2009 eine Pandemriximpfung (LOT: A81CA114A des Herstellers GlaxoSmithKline (GSK) verabreicht worden.
Bei der Impfung handelte es sich um den Impfstoff Pandemrix (Influenza).
Der Kläger ist an einem GBS erkrankt. Dies steht zur Überzeugung des Senats im erforderlichen Vollbeweis fest.
Jedoch lässt sich entgegen den Ausführungen des Gerichts der ersten Instanz zur Überzeugung des Senats ein Zusammenhang zwischen
der Erkrankung an einem GBS beim Kläger und der Pandemrix-Impfung nicht wahrscheinlich machen. Der Senat schließt sich hierbei
den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen PD Dr. med. habil. C ... in seinem Gutachten vom 27.02.2015 an, die er
für schlüssig und überzeugend hält. Hierfür waren folgende Überlegungen ausschlaggebend:
Zwar gibt es epidemiologische Literatur, die überhaupt einen Zusammenhang zwischen Grippeschutzimpfung und dem Auftreten eines
GB-Syndroms mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit für die Impfung gegen die sogenannten Schweinegrippe Influenza A/H1N1 bejaht
(Lehmann H.C.et al., Guillain Barré syndrome after exposure to influenza virus, Lancet Infect DIS 2010, 10: 643-651; Sevjar
JJ, Influenza vaccines and Guillain-Barré syndrome. The continuing question, Neurology 2013: 81, 1562-1563), jedoch zeigt
sich in der Literatur eine widersprüchliche Einschätzung. Nach den für den Senat schlüssigen und überzeugenden Ausführungen
des Gutachters PD Dr. med. habil. C ... ergibt sich für fünf Studien ein positiver Befund für einen Zusammenhang zwischen
Impfung und GB-Syndrom, für sieben Studien wird jedoch kein entsprechender Zusammenhang berichtet (Lehmann H.C.et al., Guillain
Barré syndrome after exposure to influenza virus, Lancet Infect DIS 2010, 10: 643-651). Auch die aktuellen Studien der nachfolgenden
Jahre zeigen uneinheitliche Ergebnisse. Für den Senat überzeugend hat der Gutachter PD Dr. C ... darauf hingewiesen, dass
die ursprünglichen positiven Zusammenhänge aus den Vereinigten Staaten aus den Jahren 1976/1977 auch einer möglichen speziellen
Präparation des Impfstoffes sowie einer möglichen bakteriellen Verunreinigung angelastet werden. Das GB-Syndrom ist nicht
selten Ursache einer neuromuskulären Störung. Die jährliche Inzidenz beträgt ca. 200.000 (Huhges, R.A., Cornblath D.R.: Guillain-Barré
syndrome, Lancet 2005; 366: 1653-1666; Van Doorn et al.: Clinical features, pathogenesis and treatment of Guillain-Barré syndrome,
Lancet Neurol 2008; 7: 939-950). Männer sind häufiger betroffen als Frauen, das Erkrankungsrisiko steigt mit dem Alter. Diese
Daten passen im Fall des Klägers besser zur Annahme eines sporadischen, bzw. idiopathischen GB-Syndroms als einer impfungsbedingten.
So wie auch im Fall des Klägers ist in ca. einem Drittel der Fälle gar keine Infektionserkrankung in den vorausgehenden Wochen
nachweisbar.
Zweites Argument gegen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Erkrankung an GBS aufgrund der Schweinegrippenimpfung ist
hier der Zeitpunkt des Auftretens erster Symptome. Beim Kläger sind die Symptome der Erkrankung an einem GB-Syndrom erst am
43. Tag nach der Impfung aufgetreten. Dabei beruht das Zeitfenster von mindestens fünf Tagen nach der Impfung und maximal
42 Tagen danach auf der ursprünglichen Beobachtung der Daten aus den Vereinigten Staaten von 1976/1977, wo eine erhöhte Inzidenz
des GB-Syndroms nach Impfung gegen die Schweinegrippe innerhalb der ersten sechs Wochen der Impfung gesehen wurde. Als "primäre
Risikoperiode" wurde daher der Zeitabstand fünf bis 42 Tage nach Impfung definiert (Prestel, J. et al., Risk of Guillain-Barré
syndrome following pandemic influenza A(H1/N1) 2009 vaccination in Germany, Pharmacoepidemiol Drug Safety 2014 Nov; 23 (11):
1192-204). Letzteres entspricht auch der aktuellen Auffassung des Paul-Ehrlich-Instituts in Deutschland Ein Zeitabstand von
43 Tagen zwischen Pandemriximpfung und Auftreten des GBS liegt somit knapp außerhalb des zeitlich plausiblen Intervalls. Auch
wenn in anderen Studien von anderen -teilweise größeren- Zeitintervallen ausgegangen, die als plausibel angesehen werden,
z. B. 90 Tage nach Impfung (Stowe, J. et al., Am J Epidemiol 2009), zwei bis sieben Wochen (= 14 bis 49 Tage) nach Impfung
(Juurlienk et al., Arch Int Med 2006), eins bis 119 Tage nach Impfung (Polakowski, LL et al., Chart confirmed Guillain-Barré-syndrome
after 2009 H1N1 influenza vaccination among the Medicare populatione, 2009-2010, Am J Epidemiol 2013 Sept 15; 178 (6): 962-973),
folgt der Senat den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Gutachters PD Dr. med. habil. C ..., wonach hier ein ausreichend
wahrscheinlicher ursächlicher Zusammenhang des GB-Syndroms aufgrund der vorausgegangenen Impfung am 04.12.2009 für unwahrscheinlich
erachtet wird. Der Zeitpunkt des Auftretens der ersten Symptomatik am 16.01.2010 liegt außerhalb des Zeitfensters der aufgrund
der Einschätzung des hier maßgeblichen Paul-Ehrlich-Instituts in Deutschland genannten Periode. Der Senat hält die Ausführungen
des Klägers, die er gegenüber dem Gutachter im Jahr 2015, mehr als fünf Jahre nach Erkrankungsbeginn, gemacht hat, wonach
Beschwerden möglicherweise vor dem 16.01.2010 aufgetreten seien, nicht für glaubhaft. Nachdem der Kläger gegenüber sämtlichen
erstbehandelnden Ärzten als Erkrankungsbeginn den 16.01.2010 angegeben hat, hält der Senat diese Angabe für glaubhafter als
die nunmehrigen Angaben etwa fünf Jahre nach dem Erkrankungsbeginn. Zu Recht führt der Gutachter PD Dr. C ... aus, dass ein
erster ärztlicher Kontakt den Unterlagen entsprechend am 19.01.2010 (Dienstag) stattgefunden hat. Wenn die Symptomatik bereits
vor dem 16.01.2010, wie im Jahr 2015 gegenüber PD Dr. C ... vorgetragen auf der Fortbildung vom 11.-15.01.2010, aufgetreten
wäre, dann hätte der Kläger zumindest am Montag, dem 18.01.2010, ärztliche Hilfe holen können. Des Weiteren spricht für einen
relativ späten tatsächlichen Erkrankungsbeginn auch der Umstand, dass eine medikamentöse Behandlung erst neun Tage nach Krankenhausaufnahme
eingeleitet worden ist, also erst am 54. Tag nach der Impfung. Aus den Dokumentationen zeitnah nach Erkrankungsbeginn im Januar
und Februar 2010 geht jeweils hervor, dass der Kläger angegeben hat, am 16.01.2010 erstmals entsprechende Symptome verspürt
zu haben. Dass er damals nicht den eigentlichen Zeitpunkt der ersten Beschwerden angegeben haben sollte, erscheint für den
Senat nicht plausibel.
Der Senat ist überzeugt, dass unter dem Gesichtspunkt der Wahrscheinlichkeit der Erkrankung an einem GBS infolge einer Impfung
sowie unter Berücksichtigung des temporalen Aspekts ("kritisches Zeitfenster") hier mehr für die Annahme eines sporadischen/idiopathischen
GBS als für die Annahme eines postvakzinalen Geschehens mit möglicherweise anzunehmender Häufigkeit von 0,06 bis 0,16/100.000
Impfungen spricht. Auch Prof. Dr. K. V ... vom Paul-Ehrlich-Institut in Langen (Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische
Arzneimittel) ist in seiner Stellungnahme vom 06.02.2012 auf Grund des nicht plausiblen zeitlichen Abstandes zur Pandemriximpfung
(43. postvakzinaler Tag) davon ausgegangen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Impfung und Auftreten des GBS im Fall
des Klägers als unwahrscheinlich angesehen werden muss.
Der Senat folgt in seiner Bewertung nicht den Einschätzungen von Prof. Dr.med. X ..., Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin.
Denn aus Sicht des Senats hat sich Prof. Dr. X ... nicht mit den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen in seiner Einschätzung
zum Entstehen des GBS auseinandergesetzt. Die Begründung, dass der Kläger vor der Erkrankung an GBS mit keiner anderen bakteriellen
oder virologischen Infektion erkrankt sei, reicht für den Senat nach den diesbezüglichen schlüssigen und überzeugenden Ausführungen
des Gutachters PD Dr. med. habil. C ... nicht aus, um bereits einen Zusammenhang als wahrscheinlich anzunehmen. Der Senat
folgt vielmehr PD Dr. C ... und dem Paul-Ehrlich-Institut, die ihre Einschätzungen mit neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen
belegen, wohingegen Prof. Dr. X ... seine Auffassung nicht weiter wissenschaftlich belegt.
Nach alledem kann der Zusammenhang zwischen der Erkrankung an einem GBS und der Impfung des Klägers am 04.12.2009 nicht als
hinreichend wahrscheinlich angesehen werden. Daher war der Gerichtsbescheid vom 07.04.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten (§
193 SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG).