Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung eines Bewilligungsbescheides über die Förderung einer abgeschlossenen
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) und die Rückforderung der gezahlten Fördermittel. Die damals kommunalrechtlich selbständige
Gemeinde K, die heute als Ortsteil zur Gemeinde P ... gehört, die nunmehr Klägerin ist, stellte am 9. Juli 1998 bei der Beklagten
einen Antrag auf Förderung einer ABM. Als Kurzbeschreibung der Maßnahme war im Antrag angegeben: "Sanierung der Wassermühle
und Umgebung - hier vorwiegend Aufräumarbeiten". Zur Kurzbeschreibung der Arbeiten wurde ausgeführt: "Aufräumen im Mühlengelände
- Sicherstellung noch vorhandener alter Mühlenteile - sonstige Hilfearbeiten (Trenn- und Sortierarbeiten von Schrott, Holz
und Bauschutt) - Transporthilfsarbeiten). Zum öffentlichen Interesse an den Arbeiten war im Antrag angegeben: "Die Arbeiten
dienen der Werterhaltung historisch-denkmalgeschützter Bausubstanz und der Verschönerung der Wohn- und Lebensqualität in der
Gemeinde und der Erhöhung der Attraktivität unsere Ortes für Gäste und Besucher".
Mit einem Bescheid vom 12. August 1998 bewilligte die Beklagte Zuschüsse in Höhe von 100% der berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelte
für drei zugewiesene Arbeitnehmer. In der Folgezeit wurde von der Verwaltungsgemeinde G .../P ..., der die Gemeinde K. angehörte,
Arbeitsplätze für drei von der Beklagten zugewiesene, vorher arbeitslose Arbeitnehmer eingerichtet. Diese wurden dann für
die Aufräumarbeiten im Bereich des Geländes um die Wassermühle in K. eingesetzt und die Beklagte überwies in der Folgezeit
die bewilligten Lohnkostenzuschüsse. Mit einem Bescheid vom 27. Oktober 1999 setzte die Beklagte nach Abschluss der Maßnahme
aufgrund einer Gesamtabrechnung der Gemeinde K vom 12. Oktober 1999 die Fördersumme mit 80.475,00 DM fest.
Im Jahr 2003 führte die Staatsanwaltschaft H. ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die ehemalige Bürgermeisterin
der Gemeinde K. u.a wegen des Verdachts der Untreue und des Betruges durch und bat die Beklagte mit Schreiben vom 3. Februar
2003 um Übersendung der Akten zur Förderung von Projekten der Gemeinde. Im Rahmen der von ihr durchgeführten Ermittlungen
sichtete die Staatsanwaltschaft H. auch umfangreiche Unterlagen bei der Gemeinde K ... In einem Prüfbericht vom 16. Februar
2004 der Staatsanwaltschaft H. wird als Ermittlungsergebnis sinngemäß unter anderem festgehalten: Die Gemeinde K. habe im
Zusammenhang mit der Sanierung der auf dem Ortsgelände vorhandenen Wassermühle Fördermittel für insgesamt vier ABM-Maßnahmen
erhalten und zwar für die Beräumung der Wassermühle, die Sanierung der Wassermühle (zwei Maßnahmen) und den Innenausbau der
Wassermühle. Das Hauptgebäude auf dem Mühlenteich, in welchem sich die maschinentechnische Ausrüstung der Wassermühle befinde,
sei saniert worden, wie bei der Beantragung der Förderung angegeben. Im anderen Teil des Gebäudes sei jedoch eine Gaststätte
eingerichtet worden. Diese Art der Nutzung sei der Beklagten (dem zuständigen Arbeitsamt) nach Lage der Akten nicht mitgeteilt
worden. Die Ausschreibung zur Bewirtschaftung der Wassermühle sei vom Gemeinderat der Gemeinde K am 25. Januar 1999 beschlossen
worden. In einem Schreiben vom 25. Februar 2004 teilte die Staatsanwaltschaft H. dann der Beklagten u.a. mit: Ein Teil der
Wassermühle sei verpachtet worden und dort werde eine Gaststätte betrieben. Im Zeitraum Dezember 2000 bis Oktober 2003 seien
aus der Verpachtung des Teils der Wassermühle abzüglich von Betriebskosten insgesamt Einnahmen in Höhe von 25.300,94 EUR erzielt
worden. Die Beklagte hörte die Gemeinde K. zu einer beabsichtigen Aufhebung der Bewilligung der Förderung der ABM-Maßnahme
an. Die Verfahrensbevollmächtigte der Gemeinde teilte im Rahmen der Anhörung mit: Die im Rahmen dieser ABM durchgeführten
Trenn-, Sortierungs- und Transportarbeiten seien durchgeführt worden, um das Objekt überhaupt begehbar zu machen und zu prüfen,
inwieweit die Wiederherstellung der Wassermühle möglich sei. Mit Bescheid vom 21. Februar 2005 hob die Beklagte den Schlussbescheid
vom 27. Oktober 1999 über die Förderung der ABM auf und forderte von der Gemeinde K. ausgezahlte Fördermittel in Höhe von
41.146,21 EUR zurück. In den Gründen führte die Beklagte aus: Die Aufhebung erfolge nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch
Zehntes Buch in Verbindung mit § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch. Spätestens durch den Gemeinderatsbeschluss vom
29. Januar 1999 habe festgestanden, dass die Gaststätte auf dem Gelände der Wassermühle gewerblich genutzt werden und dass
damit Einnahmen der Gemeinde erzielt werden sollten. Diese hätte die Gemeinde K. in der Gesamtabrechnung für den Schlussbescheid
vom 12. Oktober 1999 angeben müssen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 1. März 2005 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 22. Dezember 2005 zurück.
Die Gemeinde K. hat am 24. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, die geförderte ABM habe mit der späteren Nutzung des Objekts
Wassermühle direkt nichts zu tun gehabt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17. Oktober 2008 abgewiesen und in den Gründen ausgeführt: Der Aufhebungsbescheid sei rechtmäßig
ergangen. Der Schlussbescheid sei rechtswidrig gewesen, weil die Gemeinde K. keinen Anspruch auf die Förderung gehabt habe.
Es seien die unabdingbaren Voraussetzungen für die Errichtung der Gaststätte in der Mühle und damit zur erwerbswirtschaftlichen
Nutzung geschaffen worden. Eine solche Nutzung liege nicht im öffentlichen Interesse. Die Gemeinde könne sich nicht auf Vertrauensschutz
berufen, weil sie die beabsichtigte Nutzung nicht bei den Förderanträgen angegeben habe.
Die Gemeinde K ... hat gegen das ihr am 11. Februar 2008 zugestellte Urteil am 11. März 2008 Berufung eingelegt und vorgetragen:
Die geförderten Aufräumarbeiten hätten nicht im Zusammenhang mit der Errichtung der Gaststätte gestanden; es seien nur die
im Förderbescheid genannten Arbeiten durchgeführt worden. Die nunmehrige Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts
Halle vom 17. Januar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
22. Dezember 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist von der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils überzeugt.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten eine Ortsbesichtigung in der Gemeinde K ... durchgeführt. Dabei wurden auch das
Gelände um die sanierte Wassermühle sowie die Wassermühle (Hauptgebäude und verpachtetes Nebengebäude) besichtigt. Wegen der
näheren Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 30. November 2010 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakte der Beklagen und die von der Staatsanwaltschaft
H beigezogen Akten (Geschäftsnummer 903 Js 46767/02 VRs) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die angesichts der streitigen Rückforderungssumme gemäß §§
143,
144 des Sozialgesetzbuches (
SGG) statthafte sowie gemäß §
151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Die Berufung auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten gerichtete Anfechtungsklage (gemäß der 1.
Alternative des §
54 Abs.
1 Satz 1
SGG) als unbegründet abgewiesen.
Die Beklagte kann den angefochtenen Bescheid vom 21. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember
2005 nicht auf § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) in Verbindung mit §
330 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (
SGB III) stützen. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen
der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Liegen
die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts vor, ist dieser im Bereich
des Arbeitsförderungsrechts nach §
330 Abs.
2 SGB III auch mit Wirkung für die Vergangenheit (ohne Ausübung von Ermessen) aufzuheben.
Bei dem Bescheid vom 27. Oktober 1999 handelte es sich um den Schlussbescheid für die von der Beklagten geförderte ABM. Dieser
Bescheid setzte die Fördersumme endgütig fest und bildete somit die Rechtsgrundlage für die der Gemeinde K. gewährte Förderung.
Eine Rechtswidrigkeit ergibt sich hier nicht daraus, dass auf die Förderung kein gesetzlicher Anspruch bestand. Es handelte
sich um die Bewilligung von Fördermitteln nach § 260
SGB III. Voraussetzung für die Förderung ist nach § 260 Abs. 1 Nr. 2
SGB III neben weiteren, hier nicht in Frage gestellten Voraussetzungen, dass in den Maßnahmen zusätzliche und im öffentlichen Interesse
liegende Arbeiten durchgeführt werden. Zusätzlich sind Arbeiten, wenn sie ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang
oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden. Hier ist davon auszugehen, dass die Gemeinde K. sämtliche Maßnahmen
im Zusammenhang mit der Sanierung der auf dem Gemeindegelände vorhandenen sanierungsbedürftigen Wassermühle ohne die Förderung
der Arbeiten als ABM nicht durchgeführt hätte.
Auch ein öffentliches Interesse ist für die hier im Streit stehende ABM zu bejahen. Arbeiten liegen nach § 261 Abs. 3 Satz 1
SGB III im öffentlichen Interesse, wenn das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient. Nach dem Inhalt der Akten und dem Ergebnis der
vom Berichterstatter durchgeführten Ortsbesichtigung steht fest: Vor der Durchführung der Aufräumarbeiten auf dem Gelände
um die Wassermühle befand sich dort alter Bauschutt auf dem Gelände und auch im Mühlengraben. Das gesamte Gelände ist nun
beräumt und öffentlich zugänglich. Das eigentliche zweistöckige Mühlengebäude ist saniert und die alte Wassermühle mit Mühlstein
weitgehend wieder in den ursprünglichen historischen Zustand versetzt worden. Dieser Gebäudeteil kann zu bestimmten Zeiten
besichtigt werden und ist dann für die interessierte Allgemeinheit zugänglich. Die als Arbeitsergebnis anzusehende Zugänglichkeit
des historischen Mühlengebäudes dient der Allgemeinheit. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass sich auf dem Gelände
in dem Nebengebäude zur eigentlichen Wassermühle eine privat betriebene öffentliche Gaststätte befindet. Diese prägt nicht
den Eindruck des Geländes mit dem Mühlengebäude als der Allgemeinheit zugängliche Sehenswürdigkeit. Dass sich auf historischen,
der Allgemeinheit zugänglichen Grundstücken auch Gaststätten befinden, ist nicht außergewöhnlich. Nach dem Gesamteindruck
ist hier die Wassermühle auch nicht ein bloßes Nebengebäude zur Gaststätte, um deren Attraktivität zu erhöhen. Die eigentliche
Wassermühle ist nicht verpachtet worden und wird von der Klägerin bewirtschaftet und erhalten. Nach Auffassung des Senats
wird letztlich durch die zum Zeitpunkt der Aufräumarbeiten schon geplante Nutzung eines Gebäudeteils als Gaststätte nicht
das öffentliche Interesse an den durchgeführten Aufräumarbeiten überlagert. Eine andere Beurteilung kann für die hier nicht
im Streit stehende Förderung der Um- und Innenausbauarbeiten an den Gebäuden geboten sein. Die zunächst mit Bescheid vom 12.
Augst 1998 bewilligte Förderung war somit nicht rechtswidrig und die geförderten Arbeiten wurden so wie bei Beantragung der
Förderung angegeben durchgeführt. Deshalb sind auch keine Gründe für eine Rechtswidrigkeit des Schlussbescheides im Sinne
vom § 45 SGB X erkennbar. Andere Rechtsgrundlagen für eine Aufhebung sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche
Bedeutung. Es werden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.