Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Dabei geht es um die zu berücksichtigenden Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) für den Zeitraum
von Januar bis Juni 2013.
Die 1988 geborene Klägerin und Berufungsbeklagte (im Weiteren: Klägerin) bezieht von dem Beklagten und Berufungskläger (im
Weiteren: Beklagter) laufend SGB II-Leistungen. Seit 2009 bewohnte sie eine 57,33 m² große Wohnung in einem mittels Fernwärme
beheizten Wohnkomplex mit einer Gesamtwohnfläche von 3.395 m² in der Lutherstadt Wittenberg. Die Warmwasserbereitung erfolgt
über die Heizung. Im streitigen Zeitraum betrug die Gesamtmiete 456,99 EUR. Zur Kaltmiete von 257,99 EUR kam eine Betriebskostenvorauszahlung
von 99 EUR sowie eine monatliche Heizkostenvorauszahlung von 100 EUR.
Nach Auszug des Sohns im Oktober 2011 belehrte der Beklagte die Klägerin in der Anlage zum Änderungsbescheid vom 21. November
2011 über die Unangemessenheit ihrer Aufwendungen für die KdUH und forderte sie auf, diese bis spätestens 31. Mai 2012 zu
senken. Die angemessene Bruttokaltmiete (BKM) für einen Einpersonenhaushalt betrage 273,50 EUR. Für Heizkosten seien derzeit
nach dem Bundesdeutschen Heizspiegel maximal 80,83 EUR zu berücksichtigen. Ab Juni 2012 berücksichtigte der Beklagte bei der
Leistungsgewährung nur noch diese angemessene BKM.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 22. November 2012 bewilligte der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 28. November
2012 Leistungen für den Zeitraum von Januar bis Juni 2013. Als KdUH berücksichtigte er eine BKM von 273,50 EUR und Heizkostenvorauszahlungen
von 77,92 EUR (KdUH insgesamt: 351,42 EUR).
Am 3. April 2014 beantragte die Klägerin, für die seit dem 16. Mai 2013 eine Betreuerin für die Aufgabenkreise Vermögenssorge,
Wohnungsangelegenheiten, Rechts-/Antrags- und Behördenangelegenheiten bestellt war, die Überprüfung des Bescheids vom 28.
November 2012. Mit Bescheid vom 26. November 2014 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Es seien keine neuen Tatsachen
vorgebracht worden. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2015 zurück. Die
Einwände gegen die Ausgangsentscheidung seien bereits bei Erlass der Erstentscheidung beachtet worden.
Dagegen hat die Klägerin am 27. Februar 2015 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) Klage erhoben und die Bewilligung weiterer
Leistungen für die KdUH in Höhe der der tatsächlichen Aufwendungen, insgesamt 500,94 EUR, geltend gemacht. Zur Begründung
hat sie ausgeführt, die Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg sei zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen nicht
geeignet, da sie rechtsfehlerhaft sei. Das zugrundeliegende Konzept sei nicht schlüssig. Insbesondere sei die Herausnahme
aller Ein- und Zweifamilienhäuser bei einer weitgehend aus solchen Gebäuden bestehenden ländlichen Siedlungsstruktur nicht
nachvollziehbar. Es werde deutlich, dass "zielorientiert" bestimmte Mietwerte bei der Erhebung ausgeschlossen worden seien.
Die Bildung von Vergleichsräumen und Wohnungsmarkttypen sei nicht nachvollziehbar. Daher seien die tatsächlichen Mietkosten
zu berücksichtigen.
Mit Urteil vom 3. Mai 2018 hat das SG die Bescheide des Beklagten im Überprüfungsverfahren aufgehoben und ihn verpflichtet,
der Klägerin unter Änderung des Bescheids vom 28. November 2012 im Zeitraum von Januar bis Juni 2013 monatlich weitere KdUH
in Höhe von 84,42 EUR zu gewähren. Das SG hat im Urteil die Berufung zugelassen und zur Begründung ausgeführt, die Angemessenheitswerte
im Landkreis Wittenberg beruhten nicht auf einem schlüssigen Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG). Es spreche vieles dafür, dass nicht der gesamte Landkreis Wittenberg als ein Vergleichsraum anzusehen sei. Methodisch
fehlerhaft seien die nicht nachgewiesene Differenzierung der erhobenen Wohnungen nach ihrem Standard und der Ausschluss von
Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern aus der Datenerhebung. Der Konzeptersteller habe nach seinen Angaben den gesamten
Wohnungsmarkt der Erhebung zugrunde legen wollen, aber durch den Ausschluss der Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern
einen Großteil des Mietwohnungsmarkts nicht einbezogen. Da nur auf dem Geschosswohnungsbau abgestellt worden sei, werde die
tatsächliche Wohnsituation im weitgehend ländlich geprägten Landkreis Wittenberg nicht zutreffend abgebildet. Da der Beklagte
auf Aufforderung die Erhebung nicht nachgebessert habe, seien die tatsächlichen Aufwendungen für die KdUH zu übernehmen, nach
oben gedeckelt durch die Tabellenwerte der rechten Spalte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von zehn
Prozent. Für die Lutherstadt Wittenberg ergebe sich bei der Mietenstufe 3 für einen Einpersonenhaushalt ein Höchstwert von
363,00 EUR. Die BKM der Klägerin betrage 356,99 EUR und sei vollständig zu berücksichtigen. Die Heizkostenvorauszahlungen
von monatlich 100 EUR seien unter Anwendung des zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlichten Bundesweiten
Heizspiegels für 2012 unangemessen. Danach ergebe sich bei einer Beheizung mit Fernwärme und einer Gebäudefläche von mehr
als 1.000 m² ein Verbrauch von 16,60 EUR zzgl. eines Erhöhungsbetrags für die zentrale Warmwasserbereitung von 2,30 EUR. Daraus
errechneten sich für einen Einpersonenhaushalt berücksichtigungsfähige Abschläge von 78,75 EUR. Die Klägerin habe Anspruch
auf Berücksichtigung von insgesamt 435,84 EUR (356,99 EUR BKM und 78,85 EUR Heizkosten). Die Differenz zu den vom Beklagen
bewilligten Leistungen betrage 84,42 EUR.
Gegen das ihm am 4. Juni 2018 zugestellt Urteil hat der Beklagte am 2. Juli 2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er
in anderen Verfahren vorgetragen, die der Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg zugrundeliegende Mietwerterhebung
sei ein schlüssiges Konzept im Sinne der Vorgaben des BSG. Die Differenzierung in Wohnungsmarkttypen sei erfolgt, weil der
Landkreis nicht über einen einheitlichen Wohnungsmarkt, sondern über mehrere kleinere Wohnungsmärkte mit unterschiedlichen
Preisen verfüge. Im Wege der Clusteranalyse seien strukturell ähnliche Gemeinden unabhängig von ihrer räumlichen Lage im Kreisgebiet
zu Preistypen zusammengeführt worden. Der Ausschluss von Substandardwohnungen durch Filterfragen und Extremwertkappung sei
methodisch nicht zu beanstanden. Die Nichtberücksichtigung von Ein- und Zweifamilienhäusern entspreche dem Vorgehen bei der
Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln.
Nach den Entscheidungen des Senats mit Urteilen vom 22. Juni und 17. Dezember 2018 zum schlüssigen Konzept des Beklagten (u.a.
in den Verfahren L 4 AS 9/14, L 4 AS 251/16 und L 4 AS 559/16, juris) sowie den Urteilen des BSG vom 30. Januar 2019 hat der
Beklagte mit dem Landkreis Wittenberg als zuständigem kommunalen Träger von der Firma Analyse und Konzepte seine Mietwerterhebung
und die Angemessenheitswerte ab Januar 2011 korrigieren lassen (Korrekturberichte vom 22. und 29. März 2019). Die Werte sind
im Amtsblatt des Landkreises Wittenberg am 4. Mai und 8. Juni 2019 veröffentlicht worden.
Auf die Beanstandungen des Senats im Schreiben vom 11. Juni 2019 hat der Beklagte mit Schreiben vom 15. August 2019 mitgeteilt,
dass die Datenerhebung nunmehr der Methodik nach in Form einer Stichprobe hinsichtlich der Bestands- und Neuvertragsmieten
erfolgt sei. Ein Abgleich mit den Angebotsmieten sei nicht erforderlich, da im Rahmen der Erhebung ausschließlich Mietwerte
mit Mietvertragsabschluss oder änderung innerhalb der letzten vier Jahre berücksichtigt worden seien. Die Entscheidung, keine
Angebotsmieten mehr zu berücksichtigen, sei von der Methodenfreiheit gedeckt und daher nicht zu beanstanden.
Auf den Hinweis des Senats vom 21. August 2019 hat der Beklagte unter Verweis auf die Stellungnahmen der Firma Analyse und
Konzepte vom 26. Mai 2015 (gemeint ist wohl 26. Juni 2015), 13. Oktober 2015 und 26. August 2019 ausgeführt, die Herausnahme
von Ein- und Zweifamilienhäusern aus der Datenerhebung entspreche der Vor-gehensweise bei der Erstellung von qualifizierten
Mietspiegeln. Da die Empfehlungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zur Erstellung von Mietspiegeln
keine Angaben dazu enthielten, ab wann solche Häuser eine Bedeutung für den örtlichen Wohnungsmarkt erlangten, bestehe auch
insoweit für den Konzeptersteller Entscheidungsfreiheit. Die Herausnahme entspreche einem planvollen Vorgehen zur Vermeidung
von Mietpreisverzerrungen. Bei den vom BSG als schlüssig anerkannten Datenerhebungen für die Städte Dresden und München seien
ebenfalls keine Ein- und Zweifamilienhausbestände berücksichtigt worden. Der Beklagte hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens
und die Einvernahme eines Mitarbeiters des Konzepterstellers als sachverständigen Zeugen u.a. zur Frage, ob die Daten von
Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern unter Berücksichtigung der Werte des Zensus 2011 zum Wohnungsbestand im Landkreis
Wittenberg unberücksichtigt bleiben konnten, angeregt. Die angemessene BKM für einen Einpersonenhaushalt im Bereich der Lutherstadt
Wittenberg betrage nunmehr im streitigen Zeitraum 287,50 EUR. Da bislang nur eine BKM von 273,50 EUR berücksichtigt worden
sei, könne die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum noch weitere KdUH von 14,00 EUR beanspruchen. Darüber hinaus stünden
ihr nach dem Heizspiegel noch weitere Heizkosten von monatlich 0,83 EUR zu.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 3. Mai 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit der Beklagte verurteilt
worden ist, der Klägerin für die Monate Januar 2013 bis Juni 2013 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von jeweils mehr als
14,83 EUR zu bewilligen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist auf ihr bisheriges Vorbringen im Klage- und Berufungsverfahren.
Sie vertritt die Auffassung, dass auch die zuletzt erfolgte Korrektur und Neuauswertung der Mietwerterhebung nicht zu einem
schlüssigen Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG geführt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsvorgänge
des Beklagten sowie die Dokumentation des Senats zum schlüssigen Konzept Landkreis Wittenberg entsprechend der mit der Ladung
übersandten Erkenntnismittelliste ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung
des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist (überwiegend) erfolglos.
I.
Die Berufung ist form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden und zulässig. Der Senat
ist an die Zulassung der Berufung durch das SG im angegriffenen Urteil gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).
II.
Die Berufung des Beklagten ist jedoch überwiegend - bis auf einen Betrag von 0,10 EUR monatlich - unbegründet. Das SG hat
den Beklagten zu Recht unter Aufhebung des Überprüfungsbescheids zur Abänderung der entsprechenden Bewilligungsbescheide und
zur Bewilligung weiterer Leistungen für Bedarfe der Unterkunft und Heizung im Zeitraum von Januar bis Juni 2013 verpflichtet.
Die angegriffenen Überprüfungs- und Bewilligungsbescheide des Beklagten sind insoweit (überwiegend) rechtswidrig und beschweren
die Klägerin im Sinne der §§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Streitgegenstand ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum von Januar bis Juni
2013, als dies durch die im Klageantrag bezeichneten Bescheide des Beklagten geschehen ist. Richtige Klageart ist hier eine
kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (vgl. BSG, Urteil vom 13. Februar 2014, B 4 AS 22/13 R, juris).
Die Klägerin begehrt mit der Anfechtungsklage die Aufhebung des - die Überprüfung des Bescheids vom 28. November 2012 ablehnenden
- Verwaltungsakts vom 26. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2015. Die Verpflichtungsklage
ist auf die Erteilung eines Bescheids durch den Beklagten gerichtet, mit dem dieser die begehrte Änderung des Bescheids vom
28. November 2012 bewirkt. Mit der Leistungsklage beantragt sie die Erbringung höherer Leistungen im streitigen Zeitraum.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage von vornherein nur höhere Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen KdUH begehrt
und insoweit den Streitgegenstand im Erörterungstermin des SG in zulässiger Weise auf einen abgrenzbaren Teil der Leistungen
begrenzt (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011, B 4 AS 119/10 R, juris Rn. 32 m.w.N.). Die Beschränkung des Streitgegenstands
ist auch im Überprüfungsverfahren statthaft (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010, B 14 AS 61/09 R, juris).
Die Klägerin hat Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Abänderung des Bescheids vom 28. November 2012 sowie auf Bewilligung
von weiteren Leistungen für Bedarfe der Unterkunft und Heizung für die Monate Januar bis Juni 2013 in Höhe von monatlich 84,32
EUR. Der Beklagte hat insoweit bei Erlass der Bescheide das Recht unrichtig angewandt bzw. ist von einem Sachverhalt ausgegangen,
der sich als unrichtig erweist, sodass die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Satz
1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) vorliegen. Die Klägerin hat Anspruch
auf höhere KdUH unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen BKM von monatlich 356,99 EUR (dazu unter 1.). Auch die Höhe der
ihr vom Beklagten gewährten Heizkosten ist zu niedrig bemessen (dazu unter 2.).
Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II zu. Sie ist im streitigen Zeitraum Berechtigte im
Sinne von § 7 Abs. 1 SGB II in der ab dem 1. April 2012 geltenden Fassung. Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze
von § 7a noch nicht erreicht, hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, ist erwerbsfähig und hilfebedürftig.
Die Klägerin verfügt weder über bedarfsdeckendes Einkommen noch über ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes anrechenbares
Vermögen.
1.
Hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung stehen der Klägerin - wie vom SG zutreffend festgestellt - weitere Leistungen
zu. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der ab dem 1. April 2011 geltenden Fassung werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung
in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für Unterkunft und
Heizung den angemessenen Umfang übersteigen, sind sie gleichwohl als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der Bedarfsgemeinschaft
nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf sonstige Weise die Aufwendungen zu
senken, in der Regel jedoch längstens sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Die Prüfung der Angemessenheit des Bedarfs für die Unterkunft und der des Bedarfs für die Heizung haben grundsätzlich getrennt
voneinander zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R, juris Rn. 18, 20; BSG, Urteil vom 20. August
2009, B 14 AS 41/08 R, juris Rn. 25), unbeschadet der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Kostensenkungsaufforderungen (§ 22 Abs.
1 Satz 4 SGB II) und der seit August 2016 auch gesetzlich geregelten Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 10 SGB II
(zuvor Richterrecht, vgl. u.a. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013, B 14 AS 60/12 R, juris Rn. 30 ff.).
Die "Angemessenheit" der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang
der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011, B 4 AS 119/10 R, juris Rn. 36; Berlit in LPK-SGB II, 6. Auflage
2017, § 22 Rn. 61; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 22 Rn. 73, 91). Dies schließt nicht aus, dass bei der Kontrolle
der Verwaltung deren in der Methodenvielfalt zum Ausdruck kommenden Eigenverantwortung Rechnung getragen wird und die gerichtliche
Kontrolle als eine nachvollziehende Kontrolle ausgestaltet wird (BSG, Urteile vom 30. Januar 2019, B 14 AS 41/18 R u.a., juris
Rn. 25; Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 31. Mai 2011, 1 BvR 857/07, juris Rn. 70; Luik, a.a.O. Rn. 91).
Die Ermittlung des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für die Unterkunft hat in einem gestuften Verfahren zu erfolgen:
zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten
(BKM) zu ermitteln. Sodann ist die konkrete (subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen
Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs,
zu prüfen (ständige Rechtsprechung des BSG, zuletzt Urteile vom 30. Januar 2019, B 14 AS 41/18 R u.a., juris Rn. 19 m.w.N.).
Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie vorzunehmen. Dabei
sind in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en) sowie der angemessene
Wohnungsstandard zu bestimmen. Sodann ist die aufzuwendende Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene
Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einen schlüssigen Konzept zu ermitteln. Schließlich sind die angemessenen
kalten Betriebskosten einzubeziehen. Dabei müssen nicht die Faktoren Wohnungsgröße und Wohnungsstandard jeweils für sich angemessen
sein. Es reicht, dass das Produkt aus Wohnfläche und standard eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete ("Referenzmiete") ergibt
(vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, juris Rn. 13). Daher hat der Grundsicherungsträger den Quadratmeterpreis
für entsprechende Wohnungen zu ermitteln. Dieser ist mit der angemessenen Wohnungsgröße zu multiplizieren und so die angemessene
BKM festzustellen.
a)
Zur Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße ist nach der Rechtsprechung des 5. Senats des LSG Sachsen-Anhalt, der der erkennende
Senat folgt, im Land Sachsen-Anhalt auf die Wohnungsbauförderungsbestimmungen (RdErl. des Ministeriums für Raumordnung, Städtebau
und Wohnungswesen (MRS) vom 23. Februar 1993, MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1281) und die dazu erlassenen Richtlinien aus den Jahren
1993 und 1995 (Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt, RdErl.
des MRS vom 23. Februar 1993, MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1285, RdErl. des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr
(MWV) vom 10. März 1995, MBl. LSA Nr. 31/1995, S. 1133) zurückzugreifen (vgl. Urteil des 5. Senats vom 9. Mai 2012, L 5 AS
2/09, juris Rn. 37 f.; vgl. auch BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, B 14 AS 61/12 R, juris Rn. 21), da es in Sachsen-Anhalt
keine Wohnbauförderung (mehr) gibt. Danach waren Wohnflächen für einen Zweipersonenhaushalt bis zu 60 m² und für einen Dreipersonenhaushalt
bis zu 70 m² förderfähig.
b)
Das Konzept des Beklagten bzw. dessen Fortschreibung ist nicht geeignet, die Angemessenheit des Bedarfs für die Kosten der
Unterkunft der Klägerinnen im streitgegenständlichen Zeitraum zu definieren. Die mit Wirkung zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene
Unterkunftsrichtlinie des Beklagten, die "Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg zur Gewährung von Leistungen für
Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites und Zwölftes Buch (II und XII)" vom 15. März 2011, die auf
der im Jahr 2010 durch die Firma Analyse & Konzepte durchgeführten Mietwerterhebung zur Ermittlung der KdUH im Landkreis Wittenberg
(Endbericht aus Januar 2011) beruht, in der Fassung des Korrekturberichts vom 22. März 2019 genügt nicht den Anforderungen
des BSG an ein schlüssiges Konzept.
Der Beklagte hat den maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum der Lutherstadt Wittenberg zutreffend bestimmt. Der Vergleichsraum
ist ein ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer
Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009,
B 4 AS 30/18 R, juris Rn. 20 ff.). Während das BSG in seinen bisherigen Entscheidungen als Ausgangspunkt für die Bildung des
Vergleichsraums eher den Wohnort der leistungsberechtigten Person(en) angesehen hat, geht es nunmehr unter Verweis auf die
gesetzgeberische Vorgabe in § 22b Abs. 1 Satz 4 SGB II vom Zuständigkeitsgebiet des Jobcenters aus. Dieses ist ggf. unter
Berücksichtigung örtlicher Gegebenheiten wie Tagespendelbereiche für Berufstätige oder die Nähe zu Ballungsräumen sowie aus
der Datenerhebung ersichtliche, deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen (vgl.
BSG, Urteile vom 30. Januar 2019, B 14 AS 41/18 R u.a., juris Rn. 23).
Die Aufteilung des Zuständigkeitsgebiets des Beklagten in die Vergleichsräume Lutherstadt Wittenberg und Umland Wittenberg
ist nicht zu beanstanden. Die Kreisstadt Lutherstadt Wittenberg stellt auch nach Auffassung des Senats einen eigenen Vergleichsraum
dar (vgl. Entscheidungen des Senats vom 22. Juni und 17. Dezember 2018, u.a. L 4 AS 9/14, juris Rn. 69 und L 4 AS 251/15,
juris Rn. 55). Nach den Angaben des Beklagten besteht dieser Vergleichsraum aus der Kernstadt und den eingemeindeten Orten
Abtsdorf, Boßdorf, Griebo, Kröpstädt, Mochau, Nudersdorf, Pratau, Reinsdorf, Schmilkendorf Seegrehna und Straach. Die Kreisstadt
Lutherstadt Wittenberg erfüllt mit ihren Versorgungseinrichtungen und ihrer Infrastruktur die Funktion eines Mittelzentrums.
Das Umland Wittenberg besteht aus den übrigen Kommunen des Kreisgebiets und ist durch die ländliche Lage sowie die zumeist
unvorteilhafte verkehrstechnische Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr gekennzeichnet. Dass der Beklagte dieses
Gebiet nicht in weitere Vergleichsräume aufgeteilt hat, erscheint sachgerecht (vgl. Entscheidungen des Senats vom 22. Juni
und 17. Dezember 2018, u.a. L 4 AS 9/14, juris Rn. 66 ff.).
c)
Das Konzept des Beklagten ist dennoch nicht schlüssig. Nach der Rechtsprechung des BSG setzt ein Konzept zur Ermittlung der
angemessenen BKM ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller Tatsachen für
sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum voraus. Von der Schlüssigkeit (Nachvollziehbarkeit und Folgerichtigkeit)
eines Konzepts ist auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (stdge. Rechtsprechung des BSG seit
dem Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09, juris Rn. 19 ff.):
Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;
es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstands der Beobachtung (z.B. welche Art von Wohnungen, ggf. Differenzierung
nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete, Differenzierung nach Wohnungsgröße);
Angaben über den Beobachtungszeitraum;
Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen wie z.B. Mietspiegel);
Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten;
Validität der Datenerhebung;
Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung;
Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert, Kappungsgrenze).
Zwar hat das BSG betont, dass für den kommunalen Träger grundsätzlich Methodenfreiheit besteht. Gleichwohl ist er verpflichtet,
die von ihm gewählte Methode und die Berechnungsschritte nachvollziehbar offenzulegen, damit die Gerichte prüfen können, ob
er die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt und schließlich, ob er sich in den Berechnungsschritten
mit einem nachvollziehbaren Zahlenwerk innerhalb dieses gewählten Verfahrens und dessen Strukturprinzipien im Rahmen des Vertretbaren
bewegt hat (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010, 1 BvL 1/09 u.a., juris Rn. 143; BSG, Urteile vom 30. Januar 2019, B 14
AS 41/18 R u.a., juris Rn. 25; Luik, a.a.O., Rn. 91 mit weiteren Erläuterungen).
Den Gegenstand der Beobachtung hat der Konzeptersteller im Einzelnen nachvollziehbar definiert. Hier wurden in Anlehnung an
die vom BSG aufgezeigten Möglichkeiten zur Ermittlung der Angemessenheitsbestimmung der Mieten (vgl. BSG, Urteil vom 22. September
2009, B 4 AS 18/09 R, juris Rn. 21) die Bestandsmieten im gesamten Landkreis als Erhebungsgebiet zugrunde gelegt. Die relevanten
Mietdaten wurden in eine Liste eingetragen (Rohdaten), die die Spalten "Ort", "Wohnfläche", "Nettokaltmiete" (NKM), "NKM/qm",
"Wohnungsgrößenklasse", "Wohnungsmarkttyp", "(4 Jahre" umfasst. Aus diesen Rohdaten lassen sich die in den einzelnen o.g.
Vergleichsräumen ermittelten Daten bestimmen. Trotz Anonymisierung der Daten (es fehlen Angaben zum Namen des Vermieters und
zur konkreten Lage der beobachteten Wohnungen im Vergleichsraum nach Straße und Hausnummer) konnte der Senat eine Ghettobildung
im Sinne eines verdichteten Wohnens bei gleichförmiger Mieterstruktur mit geringen Einkommen innerhalb der Vergleichsräume
noch hinreichend sicher ausschließen. Kennzeichen von Mehrfamilienhäusern in industrieller Bauweise (sog. Plattenbauwohnungen)
sind eine identische Größe und hohe Anzahl der einzelnen Wohnungsklassen. In den Rohdaten finden sich für beide Vergleichsräume
neben vielen gleich großen Wohnungen vermutlich industrieller Bauweise auch eine Vielzahl von anderen Wohnungen, die schon
nach ihren Wohnflächen individuellere Grundrisse aufweisen (vgl. Entscheidungen des Senats vom 22. Juni und 17. Dezember 2018,
u.a. L 4 AS 9/14, juris Rn. 76).
Nach Auffassung des Senats ist die Datenerhebung des Beklagten jedoch nicht repräsentativ. Der Umfang der erhobenen und in
das Verfahren eingeführten Daten ist nicht dazu geeignet, den Mietwohnungsmarkt im Landkreis Wittenberg zuverlässig abzubilden,
da ein erheblicher Teil des Mietwohnungsmarkts unberücksichtigt geblieben ist.
Die Repräsentativität ist eine Eigenschaft von Datenerhebungen, die es ermöglicht, aus einer kleineren Stichprobe Aussagen
über eine wesentlich größere Menge zu treffen. Voraussetzung dafür ist, dass die Teilerhebung in der Verteilung aller interessierenden
Merkmale der Gesamtmasse entspricht, das heißt, ein zwar verkleinertes, aber sonst wirklichkeitsgetreues Abbild darstellt
(vgl. Berekoven/Eckert/Ellenrieder, Marktforschung: Methodische Grundlagen und praktische Anwendung, 12. Auflage 2009, S.
50). Die Stichprobe/Erhebung muss in ihrer Zusammensetzung und in der Struktur der relevanten Merkmale der Grundgesamtheit
möglichst ähnlich sein. Konkret bedeutet dies im Rahmen der Prüfung der Schlüssigkeit der Ermittlung der angemessenen Referenzmiete,
dass ein breites Spektrum der Mietwohnungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts
in die Datenerhebung Eingang gefunden haben muss. Dabei kann Wohnraum, der keinen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten
gibt - wie in Herbergen, Wohnheimen oder solcher, für den im Rahmen von verwandtschaftlichen Verhältnissen nur "Gefälligkeitsmieten"
gezahlt werden - unberücksichtigt bleiben (Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Auflage 2015, § 22 Rn. 99;
LSG Thüringen, Urteil vom 8. Juli 2015, L 4 AS 718/14, juris Rn. 70). Bezüglich der Herausnahme von Ein- und Zweifamilienhäusern
aus der Datenerhebung lässt sich eine solche Irrelevanz für die örtlichen Verhältnisse aber nicht feststellen.
Die Frage, welche Wohnungen mangels Bedeutung aus einer Erhebung ausgeklammert werden können, kann regelmäßig nicht generell
beantwortet werden, sondern ist von den Tatsacheninstanzen unter Beachtung der regionalen Verhältnisse im Vergleichsraum zu
bestimmen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, juris Rn. 25). Für das ländlich geprägte Gebiet des Landkreises
Wittenberg ist es typisch, in Häusern zu wohnen, die nicht mehr als zwei Wohneinheiten aufweisen. Nach den Angaben des Zensus
2011 des Statistischen Landesamts Sachsen-Anhalt (Berichtszeitpunkt 9. Mai 2011 - diese Zahlen können nach Auffassung des
Senats zugrunde gelegt werden, da sich keine wesentlichen Änderungen zum Stichtag der Mietwerterhebung am 1. Juli 2010 ergeben)
befinden sich von den insgesamt 69.564 Wohnungen in Wohngebäuden im gesamten Landkreis Wittenberg 28.844 Wohnungen in Einfamilienhäusern
und 11.397 Wohnungen in Zweifamilienhäusern. Im Geschossbau (Wohngebäude mit drei und mehr Wohnungen) befinden sich lediglich
29.323 Wohnungen. Deutlich mehr als die Hälfte aller Wohnungen (57,8 Prozent) befinden sich in Ein- und Zweifamilienhäusern.
Mithin ist das Wohnen in Gebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen prägend für die örtlichen Wohnverhältnisse. Dabei gibt
es ein Gefälle von der Kreisstadt zum Land. In der Lutherstadt Wittenberg befinden sich 10.587 der 25.942 Wohnungen in Wohngebäuden
in Ein- und Zweifamilienhäusern (40,8 Prozent). Im Vergleichsraum Umland Wittenberg sind es mit 29.654 von 43.622 Wohnungen
prozentual deutlich mehr (68 Prozent). Mithin bilden Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohneinheiten ein relevantes Merkmal
im gesamten Wohnungsbestand.
Dabei gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass im gesamten Landkreis Wittenberg rund 50 Prozent der Wohnungen vom Eigentümer
bewohnt, während 41,6 Prozent vermietet werden. Nur der Mietwohnungsmarkt ist im Rahmen der Erhebung relevant. Zwar dürfte
es zutreffen, dass überwiegend die Einfamilienhäuser oder eine Wohnung im Zweifamilienhaus vom Eigentümer bewohnt werden.
Hierüber gibt der Zensus 2011 keine Auskunft. Der Senat hat insoweit auch keine anderen Datenquellen gefunden. Die im Zensus
2011 angegebene Vermietungsquote von 41,6 Prozent im gesamten Landkreis Wittenberg, von 55,6 Prozent in der Lutherstadt Wittenberg
oder von 33,8 Prozent im Vergleichsraum Umland Wittenberg lässt keine Rückschlüsse auf die Wohngebäudeart zu. Unterstellt
man die vom Beklagten in seiner Stellungnahme vom 26. Juni 2015 angegebene Quote von 8,3 Prozent vermieteter Einfamilienhäuser
und 31,6 Prozent vermieteter Zweifamilienhäuser im gesamten Landkreis Wittenberg als zutreffend (diese Angaben ergeben sich
nicht aus der dort angegebenen Quelle des Zensus 2011), so befänden sich 5.995 von 28.792 vermieteten Wohnungen in Ein- und
Zweifamilienhäusern (20,8 Prozent). In der Lutherstadt Wittenberg werden nach Angaben des Beklagten 10,6 Prozent der Einfamilienhäuser
und 33,1 Prozent der Zweifamilienhäuser vermietet. Somit befänden sich 1.815 von 14.381 vermieteten Wohnungen in Ein- und
Zweifamilienhäusern (12,6 Prozent). Eine Stichprobe, die zum einen in ihrer Zusammensetzung eine Gruppe von mehr als 20 Prozent
des Mietwohnungsmarkts im gesamten Landkreis Wittenberg bzw. von 12,6 Prozent des Mietwohnungsmarkts in der Gemeinde Lutherstadt
Wittenberg und darüber hinaus von ihrer Struktur ein relevantes Merkmal ausschließt, gibt die örtlichen Gegebenheiten nicht
realitätsgerecht wieder. Damit sind die tatsächlichen Verhältnisse des gesamten Wohnungsmarkts nicht ausreichend repräsentativ
in den ausgewerteten Bestandsmieten dargestellt worden.
Entgegen der Auffassung des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 26. August 2019 hat der kommunale Träger diesbezüglich auch
keinen Beurteilungsspielraum (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 27/09, juris Rn. 24). Das BSG verlangt vom kommunalen
Träger zu Recht, die Wirklichkeit zu erfassen und sich Kenntnis über seinen Wohnungsmarkt zu verschaffen (Luik, a.a.O. Rn.
91).
Soweit das BSG in seiner Rechtsprechung eine Ableitung von Angemessenheitswerten aus Mietspiegeln akzeptiert hat, die ohne
Berücksichtigung von Wohnraum in Ein- und Zweifamilienhäusern erstellt wurden, hat dies für den vorliegenden Fall eines dünn
besiedelten Flächenlandkreises keinen Aussagewert. In Großstädten ist das Wohnen in solchen Häusern nicht typisch bzw. wohnungsmarktprägend.
Insoweit geht der vom Beklagten angestrebte Vergleich mit den Städten Dresden und München fehl.
Der Senat gibt seine bisherige Rechtsprechung, nach der die Herausnahme von Ein- und Zweifamilienhäusern nicht zur Unschlüssigkeit
dieses konkreten Konzepts führe, auf. Bereits in den bisherigen Entscheidungen vom 22. Juni 2018 und 17. Dezember 2018 hatte
er auf die diesbezüglichen erheblichen Bedenken hingewiesen (vgl. u.a. L 4 AS 9/14, juris Rn. 83; L 4 AS 251/16, juris Rn.
69). Nach nunmehriger Auffassung ist die Berücksichtigung eines insgesamt mindestens zehnprozentigen Datenbestands in der
entsprechenden Größenklasse nicht geeignet, den aufgezeigten statistischen Mangel auszugleichen. Denn eine fehlerhaft gezogene
Stichprobe/Erhebung wird durch eine größere Stichprobe (Anzahl der einbezogenen Datenwerte) nicht repräsentativ im statistischen
Sinne.
Soweit der Beklagte und der Konzeptersteller hierzu ausführen, die Herausnahme dieser Wohnungen beruhe auf einem entsprechenden
Vorgehen bei der Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln, kann dies bezogen auf den Landkreis Wittenberg nicht überzeugen.
Denn es handelt sich bei der Mietwerterhebung gerade nicht um einen qualifizierten Mietspiegel im Sinne von § 558c Bürgerliches
Gesetzbuch (BGB), sondern dem Grunde nach um eine Gesamterhebung von Bestands- und Neuvertragsmieten über den gesamten Vergleichsraum.
Aber auch bei der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels muss eine Erhebung repräsentativer Primärdaten vorliegen. Die
Repräsentativität der Stichprobe wird dann durch die Annahme der Chance gleicher Wahrscheinlichkeit der Abbildung der im Detail
unbekannten Realität der Grundgesamtheit des Gesamtwohnungsbestands fingiert (Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S. 137,
139; vgl. auch BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011, B 4 AS 19/11 R, juris Rn. 24). Ebenso ist im Rahmen einer Gesamterhebung
die Repräsentativität durch die sachgerechte Wiedergabe der örtlichen Verhältnisse des Wohnungsmarkts sicherzustellen.
Zwar sollen qualifizierte Mietspiegel nicht auf Ein- und Zweifamilienhäuser angewandt werden. Jedoch sind Wohnungen in solchen
Gebäuden entgegen der Auffassung des Beklagten nicht von vornherein bei der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels ausgenommen.
Vielmehr richtet sich dies nach den Hinweisen des BBSR zur Erstellung von Mietspiegeln nach der Bedeutung solcher Wohnungen
für den örtlichen Wohnungsmarkt (vgl. Hinweise des BBSR, zur Erstellung von Mietspiegeln, 2. Auflage 2014, S. 14, 35). Wenn
Wohnungen in solchen Gebäuden eine hohe Bedeutung oder sogar prägend für den örtlichen Wohnungsmarkt sind, sollen sie auch
im Rahmen der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels erfasst werden.
Soweit der Beklagte vorträgt, im Rahmen der Gesamterhebung sollten Preisverzerrungen durch im Mietpreis nicht gesondert ausgewiesene
wohnwertsteigernde Merkmale, (wie z.B. Stellplatz, Garten- oder sonstige Grundstücksnutzung) vermieden werden, kann dies ebenfalls
nicht überzeugen. Zwar vollzieht sich die Mietpreisbildung im Segment der Einfamilienhäuser teilweise nach Kriterien, die
einer Normierung nur schwer zugänglich sind. Allerdings hätte man "mitvermietete Extras" mittels Filterfragen in den Fragebögen
ausschließen können. Unabhängig davon sollte bei eher standardisierten Reihen- und Doppelhaushälften die Berücksichtigung
von der Bedeutung solcher Wohnungen für den Mietwohnungsmarkt abhängig gemacht werden (vgl. BSSR, a.a.O. S. 35). Hierzu finden
sich weder im Konzept noch in den Stellungnahmen des Beklagten nähere Angaben.
Dem Beklagten ist es auch nicht möglich gewesen, diese Beanstandungen auszuräumen. Ist die Ermittlung des abstrakten Angemessenheitswerts
- wie hier - rechtlich zu beanstanden, ist dem Beklagten Gelegenheit zu geben, diese Beanstandungen durch Stellungnahmen,
ggf. weitere Ermittlungen, auszuräumen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, juris Rn. 19). Mit seiner Stellungnahme
vom 26. August 2019 vermochte der Beklagte nicht die rechtlichen Bedenken des Senats am Ausschluss von Ein- und Zweifamilienhäusern
zu entkräften. Die nicht weiter begründete Behauptung des Beklagten, dies habe keinen Einfluss auf den Mietwohnungsmarkt,
ist nicht belegt. Vielmehr ist nicht abschätzbar, ob sich bei Einbeziehung der Ein- und Zweifamilienhäuser andere Werte ergeben
hätten.
Nach den Fragestellungen in den Fragebögen sollten die befragten Mieter bei Bejahung der Frage "Wohnen Sie in einem Gebäude
mit weniger als drei Wohnungen (Mietparteien)?" diese Fragebögen mangels Relevanz für die Mietwerterhebung nicht ausfüllen.
Auch im Rahmen der Vermieterfragebögen erfolgte die Abfrage, ob es sich jeweils um ein Ein- oder Zweifamilienhaus handelte.
Mithin liegen dem Beklagten Daten über Mietwohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern nicht vor. Eine nachträgliche Ermittlung
ist hier im Hinblick auf den Stichtag der Erhebung zum 1. Juli 2010 erkennbar nicht möglich. Eine entsprechende Absicht hat
der Beklagte auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erklärt.
Es besteht kein Anlass zu weiteren Ermittlungsmaßnahmen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte auch keinen entsprechenden
Beweisantrag gestellt. Sofern der Beklagte mit Schreiben vom 26. August 2019 zur weiteren Sachaufklärung die Einholung eines
Sachverständigengutachtens oder die Einvernahme eines Mitarbeiters der Firma Analyse & Konzepte als sachverständigen Zeugen
begehrt hat, folgt der Senat dieser Beweisanregung nicht. Die aufgeworfenen Fragen betreffen keine konkreten Tatsachen, sondern
Rechtsfragen. Insbesondere die vom Beklagten aufgeworfene Frage der Repräsentativität seiner Datenerhebung bei Nichtberücksichtigung
von Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern unterliegt der richterlichen Kontrolle, zu der sich der Senat (aufgrund der
Offensichtlichkeit auch ohne Einholung eines statistischen Sachverständigengutachtens) imstande sah. Die übrigen Mindestvoraussetzungen
wie Einhaltung mathematisch-statistischer Grundsätze und Angaben über die gezogenen Schlüsse (Vermeidung von Zirkelschlüssen)
sind vom Senat nicht beanstandet worden.
Der Ausschluss von vermieteten Wohnraum in Ein- und Zweifamilienhäusern, der letztlich ca. 20 Prozent des Mietwohnungsmarkts
im Zuständigkeitsbereich des Beklagten unberücksichtigt lässt, stellt einen systematischen Fehler der Konzepterstellung dar,
der zur fehlenden Repräsentativität der Mietwerterhebung und somit zur Unschlüssigkeit des Konzepts führt.
Da der Beklagte diesen Fehler nicht korrigiert hat bzw. korrigieren konnte, waren die Angemessenheitswerte des Beklagten nicht
zur Begrenzung der tatsächlichen BKM der Klägerinnen heranzuziehen. Der Senat war es auch nicht befugt, ein schlüssiges Konzept,
ggf. mit Hilfe von Sachverständigen, zu erstellen (vgl. BSG, Urteile vom 30. Januar 2019, B 14 AS 41/18 R u.a., juris Rn.
28). Ein qualifizierter Mietspiegel, auf den der Senat zurückgreifen kann, existiert weder für die Lutherstadt Wittenberg
noch für den Landkreis Wittenberg. Der Senat bzw. das SG war daher zur Herstellung der Spruchreife der Sache berechtigt und
verpflichtet, die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft dem Bedarf für die Unterkunft zugrunde zu legen, begrenzt
durch die Werte nach dem WoGG zzgl. des Sicherheitszuschlags von zehn Prozent (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, B 4 AS 87/12
R, juris Rn. 27; BSG, Urteil vom 16. Juni 2016, B 4 AS 44/14 R, juris Rn. 30).
Die Lutherstadt Wittenberg ist nach der Anlage der Wohngeldverordnung in der Fassung vom 15. Dezember 2008 der Mietstufe 3
zuzuordnen. Gemäß § 12 Abs. 1 WoGG in der Fassung vom 9. Dezember 2010 beträgt der monatliche Höchstbetrag für Miete und Belastung
für einen Haushalt der Mietstufe 3 bei einem Haushaltsmitglied 436 EUR. Der Berücksichtigung eines zehnprozentigen Sicherheitszuschlags
bedarf es hier nicht, denn die tatsächliche BKM der Klägerin von 356,99 EUR unterschreitet diesen Wert und ist daher in vollständiger
Höhe vom Beklagten zu übernehmen.
2.
Zu der BKM von 356,99 EUR kommen noch die angemessenen Heizkosten von 107,50 EUR pro Monat. Auch Heizkosten werden nach §
22 Abs. 1 SGB II nur dann in tatsächlicher Höhe übernommen, wenn diese angemessen sind. Nach der Rechtsprechung des BSG ist
regelmäßig dann von unangemessen hohen Heizkosten auszugehen, wenn ein bestimmter Grenzwert des von der co2online gGmbH in
Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
geförderten "Bundesweiten Heizspiegel" überschritten wird (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R juris Rn. 21; BSG,
Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 70/08 R, juris Rn. 19). Ein Indiz für unangemessene Heizkosten liegt dann vor, wenn
die tatsächlichen Heizkosten die Obergrenze aus dem Produkt des Werts für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche
(in m²) überschreiten. Dabei ist auf den jeweiligen bundesweiten Heizspiegel abzustellen, der zum Zeitpunkt der behördlichen
Entscheidung veröffentlicht war (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013, B 14 AS 60/12 R, juris Rn. 25).
Dies ist der Grenzwert des zum Zeitpunkt der zur Überprüfung gestellten Behördenentscheidung (hier Bescheid vom 28. November
2012) vorliegenden bundesweiten Heizspiegels 2012 (Abrechnungsjahr 2011). Dieser wurde am 22. Mai 2012 veröffentlicht. Danach
errechnen sich für die mit Fernwärme beheizte Wohnung der Klägerin, welche sich in einem Gebäude mit einer Gesamtfläche von
3.395 m² befindet, angemessene Heizkosten von monatlich 69,17 EUR (16,60 EUR mal 50 m² geteilt durch 12 Monate).
Weiter zu berücksichtigen ist, dass die Warmwasserbereitung vorliegend zentral erfolgt. Somit sind auch die Kosten für die
Warmwassererzeugung als Heizkosten zu berücksichtigen, denn sie sind in den monatlichen Abschlägen enthalten. Zu beachten
ist, dass der bundesweite Heizspiegel bis einschließlich 2013 als Vergleichswert nur die reine Raumwärme ohne Berücksichtigung
der Kosten für die Warmwasserbereitung enthielt. Erst im Heizspiegel 2014 sind erstmals die Kosten für die Raumwärme und die
Warmwasserbereitung enthalten. Daher ist im streitigen Zeitraum zusätzlich zum im Heizspiegel ausgewiesenen Grenzwert der
Aufwand zu berücksichtigen, der für die Warmwasserbereitung anfällt. Nach Auffassung des Senats ist der im Heizspiegel 2012
ausgewiesenen Wert für Warmwasserbereitung in Höhe von 2,30 EUR je m² zugrunde zu legen. Danach ist der ermittelte monatliche
Wert für Heizkosten um 9,58 EUR (2,30 EUR mal 50 m² geteilt durch 12 Monate) zu erhöhen. Es ergibt sich insgesamt ein berücksichtigungsfähiger
monatlicher Gesamtbetrag von 78,75 EUR. Soweit das SG zu einem Gesamtbetrag der Heizkosten inklusive Warmwasserbereitung von
78,85 EUR gelangt ist, handelt es sich ersichtlich um einen Rechen- bzw. Übertragungsfehler, der zu korrigieren ist.
Ob der Klägerin darüber hinaus auch die tatsächlichen Heizkosten zustehen, konnte der Senat offen lassen, da diese gegen das
Urteil des SG keine Berufung oder Anschlussberufung eingelegt hat.
Zur Zahlung eines monatlichen Betrags von 84,32 EUR, der sich zusammensetzt aus der Differenz zu der berücksichtigten BKM
von 83,49 EUR und zu den gewährten Heizkosten von 0,83 EUR, hat das SG den Beklagten zutreffend verurteilt. Bezogen auf einen
monatlichen Betrag von 0,10 EUR (Rechenfehler) hat die Berufung des Beklagten Erfolg. Da der Beklagte im Berufungsverfahren
die Gewährung weiterer KdUH-Leistungen nur in Aussicht gestellt, aber nicht bewilligt hat, war die Berufung im Übrigen zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Der Senat ist den Grundsätzen zum schlüssigen Konzept
gefolgt, die das BSG in seiner Rechtsprechung zu den KdUH entwickelt hat. Die Frage, welche Wohnungen von der Datenerhebung
ausgenommen werden dürfen, kann regelmäßig nicht generell beantwortet werden, sondern ist von den Tatsacheninstanzen unter
Beachtung der regionalen Verhältnisse im Vergleichsraum zu bestimmen.