Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Behinderungsgrad der Klägerin umstritten.
Auf Antrag der 1952 geborenen Klägerin stellte der Beklagte mit Bescheid vom 5. November 1993 eine Behinderung mit einem Grad
von 30 aufgrund eines Wirbelsäulenschadens mit Schmerzzuständen und Nervenwurzelreizerscheinungen fest. Aufgrund des Neufeststellungsantrags
vom 23. November 2004 holte der Beklagte den Reha-Entlassungsbericht Bad S. vom 1. Dezember 2004 ein, wonach eine lumbale
Instabilität bei Postnukleotomiesyndrom mit dorsaler Fusion und Dekompression am 1. April 2004 sowie ventraler Fusion am 21.
April 2004 vorlägen. Der ärztliche Dienst des Beklagten schlug für die Funktionsminderung der Lendenwirbelsäule (LWS) bei
operativer Teilversteifung weiterhin einen Grad der Behinderung von 30 vor und dem folgend lehnte der Beklagte mit Bescheid
vom 3. März 2005 den Neufeststellungsantrag ab. Nach Widerspruch der Klägerin holte der Beklagte den Arztbrief der W. Klinik
B. W. vom 29. April 2005 ein, in dem eine lumbale Instabilität, eine Spinalkanalstenose und ein Postnukleotomiesyndrom im
Bereich L5/S1 diagnostiziert worden waren. Anamnestisch bestehe außerdem eine Stressinkontinenz beim Husten, Niesen oder Pressen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2005 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Einen weiteren Neufeststellungsantrag stellte die Klägerin am 19. Juli 2006. Der Beklagte holte Befundscheine der behandelnden
Ärzte der Klägerin ein. Der Facharzt für Orthopädie Dr. P. diagnostizierte am 4. August 2006 eine Lumbalgie, eine beidseits
beginnende Coxarthrose und ein Cervicocephalsyndrom mit Schwindel bei Blockierung im Bereich der Halswirbelkörper C1/C2. Die
Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. N. berichtete über eine Hepatitisinfektion im Jahr 1977, eine Unterleibsoperation im Jahr
1987 und eine Schilddrüsenoperation im Jahr 1996. In Anlage übersandte sie weitere Arztbriefe. Der Facharzt für Innere Medizin
Dr. G. hatte am 20. Februar 2004 eine chronische Hepatitis B ohne Progression bei einem internistisch unauffälligen klinischen
Status und sehr geringer Infektiosität sowie eine Steatosis hepatis (Fettleber) diagnostiziert. Der Facharzt für Nuklearmedizin
Dr. M. (Radiologie S.) hatte am 3. Februar 2006 eine periphere Euthyreose (ausgeglichene Schilddrüsenfunktion) unter Substitution
festgestellt. Der beteiligte ärztliche Dienst des Beklagten schlug daraufhin für die Funktionseinschränkung der LWS einen
Grad der Behinderung von 30, für die Lebererkrankung von 10 sowie einen Gesamtbehinderungsgrad von weiterhin 30 vor. Dem folgend
lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 12. September 2006 den Antrag der Klägerin auf Neufeststellung ab.
Mit ihrem Widerspruch vom 28. September 2006 machte die Klägerin geltend, die Osteoporose sowie die stetige Verschlechterung
des Wirbelsäulenleidens hätten keine Berücksichtigung gefunden. In Anlage übersandte sie den Arztbrief des Facharztes für
Innere Medizin und Rheumatologie Dr. S. vom 26. Juli 2006, mit dem dieser eine postmenopausale Osteoporose bei einem Zustand
nach gynäkologischer Totaloperation ohne postoperative Hormonsubstitution, einen dringenden Verdacht auf eine blande (nicht
entzündliche) Spondylitis ankylosans sowie einen Zustand nach Hepatitis B diagnostiziert hatte. Derzeit sei das Befinden der
Klägerin zufriedenstellend. Die Hauptbeschwerden lägen im Bereich der LWS. Dort sei die Knochendichte verringert und im Schenkelhalsbereich
im Sinne einer Osteoporose reduziert (deutlicher Knochendichterückgang um 6,6 % gegenüber der Voruntersuchung vom Juli 2005).
Der nochmals beteiligte ärztliche Dienst schlug für den Verlust beider Eierstöcke zusätzlich einen Grad der Behinderung von
10 vor. Da die Osteoporose auch zu den schwergradigen Funktionseinschränkungen geführt habe, sei sie bei der Bewertung der
Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen schon adäquat berücksichtigt worden. Ein ausgeprägtes Schmerzsyndrom liege nicht vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 27. Februar 2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Magdeburg Klage erhoben und die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft begehrt. Aufgrund der Infizierung mit Hepatitis
B-Viren leide sie unter den typischen Symptomen einer anomalen Leberfunktion mit ausgeprägter Unverträglichkeit von nur geringen
Mengen Alkohol und akuter Verdauungsbeschwerden bei fetthaltigen Speisen. Darüber hinaus bestünden durch die Einnahme bestimmter
Medikamente Wechselwirkungen, die sich in Übelkeit, Bauchbeschwerden, Durchfall und heftigen Schmerzschüben äußerten. Auch
das Rückenleiden habe sich im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) verschlechtert. In Anlage hat sie Arztbriefe der W. Klinik
übersandt. Am 18. Januar 2007 waren dort eine lumbale Instabilität/Spinalstenose/Postnukleotomiesyndrom bei L5/S1, ein Zustand
nach dorsoventraler Fusion L5/S1 und eine cervicale Instabilität/Spinalkanalstenose diagnostiziert worden. Außerdem war dort
von einer deutlichen Schmerzlinderung nach den Operationen der LWS berichtet worden. Jetzt habe die Klägerin Schmerzen im
Bereich der HWS mit Ausstrahlung in beide Arme ohne definitive Dermatomzuordnung sowie eine zunehmende Griffunsicherheit geschildert.
Die HWS sei in allen Ebenen mittelgradig eingeschränkt gewesen. Mit Arztbrief vom 10. Juli 2007 war über eine Operation der
HWS im Bereich C5/6 am 28. Juni 2007 berichtet worden. Der klinische Befund habe eine mittelgradige Funktionseinschränkung
der HWS und endgradige Einschränkungen der Brustwirbelsäule (BWS) und LWS (FBA 40 cm, Schober 10/12 cm) gezeigt.
Das SG hat weitere Befundberichte eingeholt. Dr. G. hat am 21. Juni 2008 mitgeteilt, aufgrund der von ihm diagnostizierten Befunde
(chronische Hepatitis B, Steatosis hepatis) ergäben sich keine wesentlichen Einschränkungen (lediglich Verzicht auf Alkohol,
Vorsicht bei Partnerkontakt). Der Arzt für Orthopädie Dr. V. (W. Klinik) hat am 25. Juni 2008 ausgeführt, die Klägerin sei
bei der Untersuchung im Dezember 2007 mit den postoperativen Ergebnissen an der LWS und HWS insgesamt zufrieden gewesen. Sie
habe noch Krämpfe in den Fingern beider Hände angegeben, ansonsten habe sie keine weiteren Schmerzangaben gemacht. Die Röntgenuntersuchung
der HWS habe eine regelrechte Implantatlage gezeigt. Durch die Versteifung der unteren LWS und der HWS komme es zu einer Bewegungseinschränkung.
Am 26. Juni 2008 hat Dr. N. ein chronisches Cervicobrachialsyndrom mit einer noch deutlichen Beeinträchtigung der HWS-Beweglichkeit,
häufigen Kopfschmerzen und Myelosen des Schultergelenks, ein chronisches Lumbalsyndrom und Hypertonie diagnostiziert. Nach
dem von ihr übersandten Untersuchungsbefund der Radiologie S. vom 4. März 2008 liege bei der Klägerin unter Hormonsubstitution
eine euthyreote Stoffwechsellage vor. Der ebenfalls von ihr übersandte Laborbefund (Dr. K. vom 22. November 2007) hatte einen
leicht erhöhten Rheumafaktor (diagnostische Spezifität von 60 bis 80 % für die rheumatoide Arthritis) nachgewiesen. Dr. S.
hatte am 19. Juli 2007 über eine Knochendichtezunahme im LWS- und Schenkelhalsbereich im Vergleich zum Befund vom Juni 2006
berichtet. Außerdem hat Dr. N. den Reha-Entlassungsbericht Bad E. vom 18. Februar 2008 übersandt. Dort waren ein Lumbalsyndrom,
ein Cervicobrachialsyndrom, reflektorische Funktionsdefizite im Schulterbereich sowie Osteoporose diagnostiziert worden. Die
extreme Schmerzsymptomatik sei nach den Operationen verschwunden. Ferner hat Dr. N. den Reha-Entlassungsbericht Sch. vom 21.
April 2008 beigelegt, in dem ein chronisches Cervicobrachialsyndrom, ein chronisches Lumbalsyndrom sowie Osteoporose diagnostiziert
worden waren. Die Beweglichkeit von HWS (Rotation: rechts/links 30/0/30 Grad, Seitneigung rechts/links 10/0/10 Grad) und LWS
(Rotation rechts/links 20/0/20 Grad, Seitneigung rechts/links 20/0/20 Grad) sei eingeschränkt gewesen. Neurologische Defizite
hätten nicht bestanden und das Gangbild sei harmonisch gewesen.
In Auswertung der Befunde hat der Beklagte unter Hinweis auf die Stellungnahme seiner ärztlichen Gutachterin Dr. W. vom 22.
August 2008 an seiner bisherigen Auffassung festgehalten. Danach könne die abgeklungene Hepatitis nicht höher als bisher bewertet
werden, da die Klägerin eine gesunde Virusträgerin sei. Der orthopädische Befund vom Juni 2008 zeige ein zufriedenstellendes
Ergebnis nach den Operationen. Bis auf wiederkehrende Krämpfe in den Fingern seien keine Schmerzen angegeben worden. Ein organisches
Korrelat habe sich nicht gefunden und demgemäß seien auch schon unmittelbar nach der Halswirbelsäulenoperation keine neurologischen
Defizite in den Extremitäten nachweisbar gewesen. Die Funktionsminderung der Wirbelsäule sei mit einem Behinderungsgrad von
30 leidensgerecht bewertet. Der Zustand nach der Schilddrüsenoperation bedinge keinen Behinderungsgrad.
Mit Urteil vom 29. September 2008 hat das SG den Beklagten verurteilt, bei der Klägerin ab Juni 2007 einen Grad der Behinderung von 40 festzustellen und im Übrigen die
Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, neben schweren funktionellen Auswirkungen im Bereich der LWS und bestünden
nun auch mittelgradige der HWS. Aufgrund der mit der Osteoporose verbundenen Schmerzsymptomatik sei ab Juni 2007 der Wirbelsäulenschaden
mit 40 zu bewerten. Für die Lebererkrankung könne wegen fehlender wesentlicher Einschränkungen kein höherer Einzelbehinderungsgrad
als 10 angesetzt werden. Auch der Verlust der Eierstöcke führe bei der 1952 geborenen Klägerin nur zu einem Behinderungsgrad
von 10. Da leichte Gesundheitsstörungen mit einem Einzelbehinderungsgrad von 10 in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes
der Gesamtbeeinträchtigung führten, verbleibe es hier bei einem Gesamtbehinderungsgrad von 40.
Mit Ausführungsbescheid vom 26. November 2008 hat der Beklagte bei der Klägerin ab 1. Juli 2007 einen Grad der Behinderung
von 40 festgestellt.
Gegen das ihr am 10. November 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. Dezember 2008 Berufung beim Landessozialgericht
(LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Das Wirbelsäulenleiden rechtfertige nach ihrer Ansicht einen Behinderungsgrad von 40, da in
mehreren medizinischen Unterlagen ausdrücklich auf die außergewöhnliche Schmerzsymptomatik sowohl im HWS-, im LWS-Bereich
und im Bereich der Iliosakralgelenke (ISG) hingewiesen worden sei. Aufgrund dieser Schmerzen erhalte sie Infiltrationen und
Injektionen und nehme regelmäßig Schmerzmedikamente ein. Dadurch komme es zu Übelkeitszuständen und Verdauungsproblemen, da
die hepatitisinfizierte Leber die Schmerzmittel nicht adäquat abbauen könne. Außerdem habe sie chronische Magenprobleme. Ferner
leide sie an einer entzündlich-rheumatischen Krankheit der Gelenke und Wirbelsäule. Daneben sei für die degenerativen Veränderungen
der Kreuz-Darmbeingelenke (Blockade der ISG mit geringen funktionellen Auswirkungen) ein Behinderungsgrad anzunehmen. Da die
Osteoporose, die entzündlich-rheumatische Erkrankung der Gelenke und die Blockade der ISG in einer wechselseitigen Beziehung
zum Wirbelsäulenschaden stünden, seien diese in die Bewertung des Gesamtbehinderungsgrads einzubeziehen und erhöhend zu berücksichtigen.
Außerdem seien die Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke und die chronische Hepatitis ohne entzündliche Aktivität zu bewerten.
Darüber hinaus rechtfertigten die chronische Entzündung des oberen Gastrointestinaltraktes (Refluxösophagie ersten Grades)
und die mittelgradige Antrumgastritis einen weiteren Behinderungsgrad. Da sich die Gesundheitsstörungen auch wechselseitig
beeinträchtigten, sei von einem Gesamtbehinderungsgrad von 50 auszugehen.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. September 2008, den Bescheid des Beklagten vom 26. November 2008 und den Bescheid
des Beklagten vom 5. November 1993 abzuändern, den Bescheid des Beklagten vom 12. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 24. Januar 2007 aufzuheben und bei ihr mit Wirkung vom 19. Juli 2006 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen. Der Senat hat weitere Befundberichte eingeholt. Dr. N. hat am 2. März 2010 über eine Stabilisierung
nach der HWS-Operation berichtet und mitgeteilt, die Blutdruckwerte seien unter Medikation im Normbereich. In Anlage hat sie
weitere Arztbriefe übersandt. Dr. S. hatte am 18. September 2008 eine weitere Knochendichtezunahme im LWS- und im Schenkelhalsbereich
gegenüber der Voruntersuchung vom Juli 2007 mitgeteilt. Nach seinem Bericht vom 8. September 2009 sei nunmehr im Vergleich
zum Jahr 2008 ein Knochendichterückgang im Schenkelhalsbereich festzustellen. Dr. P. hatte am 1. Dezember 2009 über eine beginnende
Coxarthrose und eine Blockierung des rechten ISG berichtet. Die Pathologen Dres. L. hatten am 11. Mai 2009 eine mittelschwere
chronisch-aktive Hp-Antrumgastritis (Aktivitätsgrad 1 bis 2) diagnostiziert. Nach dem Endoskopiebericht des Dr. G. vom 8.
Mai 2009 liege bei der Klägerin eine Refluxösophagitis 1. Grades vor. Nach der am 5. März 2009 durch Dr. D. durchgeführten
Sonographie sei der Oberbauchstatus der Klägerin regulär gewesen.
Mit Befundbericht vom 6. März 2010 hat Dr. G. über die Behandlung der Klägerin im September 2009 wegen Sodbrennen, Übelkeit
und Durchfall berichtet und eine chronische Hepatitis B ohne Funktionsstörungen und ohne Therapienotwendigkeit, eine Refluxösophagitis
und eine chronisch aktive Hp-Gastritis diagnostiziert. Die Orthopäden Dr. W. und F. haben am 2. März 2010 eine beginnende
Coxarthrose (Extension/Flexion 0/0/110 Grad, Abduktion/Adduktion 30/0/20 Grad, Außen-/Innenrotation 30/0/50 Grad, Druckschmerz
über dem Trochanter major beidseits) aufgrund der Untersuchung am 6. Mai 2008 mitgeteilt. Dr. P. hat am 5. März 2010 eine
nennenswerte Befundänderung seit dem Behandlungsbeginn im Jahr 2005 ausgeschlossen. Die HWS sei im Bereich C1/2 und im cervicothorakalen
Übergang eingeschränkt. Aufgrund der Hüfterkrankung komme es zur Blockierung des rechten Beckengelenks bei sonst freier Beweglichkeit
der LWS. Außerdem sei die Innenrotation der Hüfte beidseitig eingeschränkt. Im Übrigen seien die Gelenke frei beweglich. Weitere
orthopädische Gesundheitsstörungen lägen nicht vor. Mit Befundbericht vom 22. März 2010 hat Dr. S. eine wesentliche Progredienz
der Beschwerdesymptomatik und der klinischen oder paraklinischen Befunde seit Behandlungsbeginn im Jahr 2005 ausgeschlossen.
Bei der Untersuchung am 3. September 2009 seien die Seitneigung und die Rotation der HWS und LWS eingeschränkt gewesen. Weiterhin
bestehe der Verdacht auf das Vorliegen einer entzündlich-rheumatischen Wirbelsäulenerkrankung. Schließlich haben Dres. H.
und B. (W. Klinik) am 6. Juli 2010 über die Behandlung der Klägerin am 30. Juli 2009 berichtet. Die klinische Untersuchung
habe Druckschmerz im Bereich der ISG sowie eine diskret eingeschränkte HWS-Beweglichkeit gezeigt. Es liege ein stabiler Zustand
nach den durchgeführten Operationen mit rezidivierend auftretenden ISG-Beschwerden nach längeren Belastungsphasen vor. Grob
neurologische Defizite hätten nicht festgestellt werden können. Bezüglich der Hypästhesie am Finger der linken Hand sei eine
fachneurologische Untersuchung notwendig. Dres. H. und B. hatten in ihrem beigelegten Arztbrief an Dr. P. aufgrund der Untersuchung
am 30. Juli 2009 ausgeführt, als Schmerzmittel nehme die Klägerin bei Bedarf Voltaren ein. Nach wie vor sei sie mit dem postoperativen
Ergebnis sehr zufrieden.
In Auswertung dieser Befunde hat der Beklagte auf die prüfärztliche Stellungnahme der ärztlichen Gutachterin S. vom 9. Juni
2010 verwiesen. Danach sei das Wirbelsäulenleiden mit einem Behinderungsgrad von 30 zu bewerten, da die erhobenen Befunde
für HWS und LWS jeweils maximal einen Einzelbehinderungsgrad von 20 rechtfertigten. Eine außergewöhnliche Schmerzsymptomatik
liege nicht vor, weil spezielle schmerztherapeutische Maßnahmen nie dokumentiert worden seien. Die Osteoporose und der Verdacht
auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung rechtfertigten keine höhere Beurteilung. Außerdem könne nun die chronische Entzündung
des oberen Gastrointestinaltraktes (Refluxösophagitis 1. Grades und mittelgradige Antrumgastritis) mit 10 bewertet werden.
Das Schilddrüsenleiden mit euthyreoter (normaler) Stoffwechsellage und die beginnende Arthrose der Hüftgelenke ohne behinderungsgradrelevante
Bewegungseinschränkungen rechtfertigten keinen eigenen Behinderungsgrad. Der anerkannte Behinderungsgrad von 40 könne nicht
erhöht werden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Klägerin
vom 24. Januar 2011, Schriftsatz des Beklagten vom 9. Februar 2011).
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren
Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte
ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten hat der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil nach §
153 Abs.
1 in Verbindung mit §
124 Abs.
2 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) entschieden.
Die form- und fristgerecht eingelegte und nach §
143 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist unbegründet. Gegenstand der hier erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist
nach §
96 i. V. m. §
153 SGG auch der Ausführungsbescheid des Beklagten vom 26. November 2008 geworden, da dieser für die Zeit ab 1. Juli 2007 den Bescheid
vom 5. November 1993 ersetzt. Die Klage ist aber unbegründet, denn die Voraussetzungen für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft
liegen bei der Klägerin nicht vor. Da aber bereits seit Januar 2007 ein Grad der Behinderung von 40 festzustellen ist, waren
das Urteil des SG sowie die Bescheide des Beklagten abzuändern.
Da der Beklagte bereits mit Bescheid vom 5. November 1993 einen Grad der Behinderung von 30 festgestellt und damit über den
Grad der Behinderung der Klägerin entschieden hat, richten sich die Voraussetzungen für die Neufeststellung nach § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder
rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche
Änderung ist dann anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrades
um wenigstens 10 ergibt. Die Änderung der Behinderungsbezeichnung oder das Hinzutreten weiterer Teil-Behinderungen ohne Auswirkung
auf den Gesamtbehinderungsgrad allein stellen aber noch keine wesentliche Änderung dar (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998, B 9 SB 18/97 R, zitiert nach juris). Für die wesentliche Änderung kommt es weder auf den Inhalt des Vergleichsbescheides noch auf die von
der Behörde bei der Bewilligung oder später angenommenen Verhältnisse, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse und deren
objektive Änderung an (KassKomm-Steinwedel, SGB X, § 48 Rdnr. 14 m.w.N.).
Im Vergleich zu den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheids vom 5. November 1993 vorgelegen haben, ist zwar eine Änderung
eingetreten. Die Funktionsstörungen rechtfertigen seit der Antragsstellung am 19. Juli 2006 bis zum heutigen Tag aber nicht
die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft, sondern lediglich ab Januar 2007 einen Behinderungsgrad von 40.
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin erhobenen Anspruch auf Feststellung eines Grades der Behinderung von mindestens 50
ist §
69 Abs.
1 und
3 SGB IX des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen. Nach §
69 Abs.
1 Satz 1
SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest.
Diese Vorschrift knüpft materiellrechtlich an den in §
2 Abs.
1 Satz 1
SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit
oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand
abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach §
69 Abs.
1 Satz 4
SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festzustellen.
Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach §
69 Abs.
3 Satz 1
SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen
Beziehungen festgestellt.
§
69 Abs.
1 Satz 5
SGB IX ist durch das insoweit am 21. Dezember 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 1046) geändert worden. Nach der früheren Fassung der Vorschrift galten für den Grad der Behinderung die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Nach dem Wortlaut der früheren Fassung des ebenfalls durch das Gesetz vom 13. Dezember
2007 geänderten § 30 Abs. 1 BVG war für die Beurteilung die körperliche und geistige Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben maßgeblich, wobei seelische
Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen waren. Nach der Neufassung des §
69 Abs.
1 Satz 5
SGB IX gelten für den Grad der Behinderung die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen neuen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades - dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) - nach den allgemeinen Auswirkungen
der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009
in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden, zu deren Erlass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch den dem § 30 BVG durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 angefügten Absatz 17 ermächtigt worden ist.
Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember
2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und sind damit nunmehr der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte
mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen. Zuvor dienten der Praxis als Beurteilungsgrundlage
die jeweils vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen
Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene
Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 2003, B 9 SB 3/02 R, SozR 4-3800 § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Die in den Anhaltspunkten (Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach
denen sich die Bewertung des Grades der Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind in diese Anlage übernommen
worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.). Die im vorliegenden Fall heranzuziehenden Abschnitte aus den Anhaltspunkten
in den Fassungen von 2004 und 2008 bzw. aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind unverändert geblieben. Im Folgenden
werden daher nur die Vorschriften der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zitiert.
Soweit der streitigen Bemessung des Grads der Behinderung die GdS (Grad der Schädigung)-Tabelle der Versorgungsmedizinischen
Grundsätze (Teil A, S. 17 ff.) zugrunde zu legen ist, gilt Folgendes: Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle (Teil
B 1, S. 33) sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. In jedem Einzelfall sind alle die Teilhabe beeinträchtigenden
Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Nr. 2 e (Teil
A, S. 20) genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane;
Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen.
Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a, S. 33).
Nach diesem Maßstab kann für die Funktionseinschränkungen der Klägerin kein höherer Grad der Behinderung als 30 für den Zeitraum
ab Antragstellung bis zum Dezember Januar 2006 und von 40 ab Januar 2007 festgestellt werden. Dabei stützt sich der Senat
auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Beklagten sowie die eingeholten Befundberichte nebst Anlagen.
a) Das Hauptleiden der Klägerin ist aufgrund der Wirbelsäulenerkrankung dem Funktionsbereich Rumpf zuzuordnen. Dafür ist ein
Einzelbehinderungsgrad von 30 festzustellen.
Für Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen sind die maßgeblichen Bewertungskriterien in Teil B 18.9 (S. 106 f) der Versorgungsmedizinischen
Grundsätze vorgegeben. Danach folgt der Grad der Behinderung bei Wirbelsäulenschäden primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung
der Wirbelsäulenverformung, der Wirbelsäuleninstabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Abschnitte der Wirbelsäule.
Nach B 18.9 (S. 107) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze rechtfertigen erst mittelgradige funktionelle Auswirkungen von
Wirbelsäulenschäden in einem Wirbelsäulenabschnitt, z.B. eine anhaltende Bewegungseinschränkung oder eine Instabilität mittleren
Grades, einen Einzelgrad der Behinderung von 20. Funktionsstörungen geringeren Grades bedingen allenfalls einen Einzelgrad
von 10. Schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende
Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome)
rechtfertigen einen Einzelgrad der Behinderung von 30, mittelgradige bis schwere in zwei Wirbelsäulenabschnitten einen Grad
der Behinderung von 30 bis 40. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen
- oder auch intermittierenden Störungen bei einer Spinalkanalstenose - sind zusätzlich zu berücksichtigen.
Der Beklagte hatte bereits im Jahr 1993 die Funktionseinschränkungen im Bereich des Rumpfes mit einem Grad der Behinderung
von 30 bewertet und ist damit von schweren Auswirkungen im LWS-Bereich ausgegangen. Diese Bewertung behielt er auch nach den
Operationen im LWS-Bereich im April 2004 bei, weil eine Funktionsminderung bei operativer Teilversteifung verblieben sei.
Die im Rahmen des Neufeststellungsantrags aus dem Jahre 2006 eingeholten Befunde dokumentieren aber nur noch leichte Bewegungseinschränkungen.
Mit Arztbrief der W. Klinik vom 10. Juli 2007 wurden nur noch endgradige Einschränkungen der Brustwirbelsäule (BWS) und LWS
(FBA 40 cm, Schober 10/12 cm) mitgeteilt. Auch die Reha-Berichte Bad E. vom 18. Februar 2008 und Sch. vom 21. April 2008 lassen
keine mittelgradigen Bewegungseinschränkungen erkennen. So zeigen die in Sch. erhobenen Bewegungsmaße der LWS (Rotation rechts/links
20/0/20 Grad, Seitneigung rechts/links 20/0/20 Grad - Norm: Rotation und Seitneigung jeweils rechts/links 30 bis 40 Grad)
nur leichte Einschränkungen. Auch die danach erhobenen Befunde dokumentieren keine weitergehenden Bewegungseinschränkungen
der LWS. Aufgrund der Untersuchung am 30. Juli 2009 in der W. Klinik haben Dres. H. und B. einen stabilen Zustand mit rezidivierend
auftretenden ISG-Beschwerden nach längeren Belastungsphasen mitgeteilt. Damit überstimmend hat Dr. P. am 5. März 2010 lediglich
über Blockierungen des Beckengelenks bei sonst freier Beweglichkeit der LWS berichtet. Unter Berücksichtigung der im Arztbrief
der W. Klinik vom 18. Januar 2007 beschriebenen lumbalen Instabilität und der durch die rezidivierenden Blockaden auftretenden
Schmerzen der ISG, die sich auch auf den unteren LWS-Bereich auswirken, kann dennoch insgesamt die Annahme von mittelgradigen
Funktionsseinschränkungen im LWS-Bereich und damit ein Einzelbehinderungsgrad von 20 gerechtfertigt werden.
Außerdem liegen bei der Klägerin seit dem Januar 2007 mittelgradige Funktionsstörungen im Bereich der HWS. Für den davor liegenden
Zeitraum kann noch keine dauerhafte behinderungsgradrelevante Funktionsstörung im Bereich der HWS festgestellt werden. Dr.
P. hat am 4. August 2006 zwar erstmals ein Cervicocephalsyndrom mit Schwindel bei Blockierung im Bereich der Halswirbelkörper
C1/C2 diagnostiziert. Dauerhafte Funktionseinschränkungen, die die Bewertung mit einem Einzelbehinderungsgrad rechtfertigen,
waren dem aber noch nicht zu entnehmen. Dafür spricht auch, dass Dr. S. aufgrund seiner Untersuchung im Juli 2006 nur Funktionseinschränkungen
der LWS, nicht aber der HWS feststellen konnte. Erst aufgrund des Berichts der W. Klinik vom 18. Januar 2007 ist von einer
dauerhaften Behinderung auch im HWS-Bereich auszugehen. Dort waren eine cervicale Instabilität und eine Spinalkanalstenose
bei einer in allen Ebenen mittelgradig eingeschränkten HWS sowie ein deutlicher Druck- und Klopfschmerz über der HWS und dem
cervicothorakalen Übergang diagnostiziert worden. Dieser Befund war auch der Anlass für die nachfolgende Operation der HWS
im Juni 2007. Mit dem Operationsergebnis war die Klägerin nach dem Befundbericht des Dr. V. über die Untersuchung im Dezember
2007 zufrieden. Sie hatte nur noch Krämpfe in den Fingern beider Hände angegeben und ansonsten keine weiteren Schmerzangaben
gemacht. Die Röntgenuntersuchung der HWS hatte damit übereinstimmend eine regelrechte Implantatlage und eine knöchern durchbaute
Spondylodesestrecke C5/6 gezeigt. Durch die damit erfolgte Teilversteifung der HWS liegt zwar eine dauerhafte Bewegungseinschränkung
vor. Allerdings war diese zu keinem Zeitpunkt mehr als mittelgradig. In den Reha-Berichten vom 18. Februar 2008 (Bad E.) und
21. April 2008 (Sch.) wurde jeweils ein Cervikalsyndrom beschrieben, das mit den angegebenen Bewegungsmaßen (Rotation: rechts/links
30/0/30 Grad, Seitneigung rechts/links 10/0/10 Grad - Norm: Rotation rechts/links 60 bis 80/0/60 bis 80, Seitneigung rechts/links
45/0/45 Grad) die Bewertung als Wirbelsäulenschaden mit mittelgradigen Funktionseinschränkungen rechtfertigt. In der Folgezeit
ist nach den Ausführungen von Dr. N. keine Verschlechterung, sondern eine Stabilisation nach der HWS-Operation eingetreten.
Diese wird auch in den späteren Untersuchungsergebnissen dokumentiert. So haben Dres. H. und B. (W. Klinik) am 30. Juli 2009
eine nur diskret eingeschränkte HWS festgestellt. Damit können allenfalls leichte Funktionseinschränkungen begründet werden.
Zwar hat Dr. S. aufgrund seiner Untersuchung am 3. September 2009 wiederum eine Einschränkung der Seitneigung und der Rotation
im HWS-Bereich mitgeteilt, doch hat er keine Bewegungsmaße angegeben. Für nur leichte Funktionseinschränkungen spricht schließlich
der Befundbericht des Dr. P. vom 5. März 2010, der lediglich Bewegungseinschränkungen im Bereich C1/2 und im cervicothorakalen
Übergang bei sonst altersentsprechend freier Beweglichkeit festgestellt hat.
Da seit Januar 2007 mittelgradige Funktionseinschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (LWS und HWS) bestehen, ist nach
dem oben dargestellten Maßstab dafür ein Behinderungsgrad von 30 festzustellen. Ob für den nachfolgenden Zeitraum aufgrund
der Stabilisation nach der HWS-Operation wiederum eine geringere Bewertung vorzunehmen ist, kann hier dahingestellt bleiben,
da der Beklagte keine Anschlussberufung eingelegt hat.
Eine höhere Bewertung der Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen als mit 30 ist nicht möglich, weil keine wesentlichen neurologischen
Defizite vorliegen. Die Hypästhesie am 5. Finger des linken Handgelenks konnte nicht mit der Wirbelsäulenerkrankung in Verbindung
gebracht werden. Vielmehr wurde eine fachneurologische Untersuchung angeregt. Im Übrigen ist diese Funktionsstörung so gering,
dass hierfür keine eigene Bewertung erfolgen kann. Denn damit verbundene motorische Störungen oder Beeinträchtigungen (dazu
Versorgungsmedizinische Grundsätze, B 3.10, S. 44) sind nicht nachgewiesen. Schließlich sind auch keine motorischen Ausfallerscheinungen
infolge einer Wurzelkompression dokumentiert. Allein die Diagnose einer Spinalkanalstenose rechtfertigt noch keine Erhöhung
des Behinderungsgrads.
Auch die von der Klägerin geschilderten Schmerzen erhöhen nicht den Behinderungsgrad. Die mit der Wirbelsäulenerkrankung üblicherweise
verbundenen Schmerzen sind nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen B 18.1 (S. 102) bereits im Behinderungsgrad enthalten,
lediglich außergewöhnliche Schmerzen sind ggf. zu berücksichtigen. Nach A 2 (S. 21) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze
werden auch schon erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände berücksichtigt. Nur wenn eine Schmerzhaftigkeit nachgewiesen
ist, die nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen über das übliche Maß hinausgeht und eine ärztliche Behandlung
erfordert, können danach höhere Werte angesetzt werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar nimmt die Klägerin bei
Bedarf Schmerzmittel und erhält Injektionen und Infiltrationen, doch wurden außergewöhnliche Schmerzustände nach den Operationen
nicht mehr dokumentiert. Vielmehr geht aus allen medizinischen Unterlagen überstimmend die Schmerzreduktion nach den Operationen
hervor. Im Bericht der W. Klinik vom 30. Juli 2009 wurde lediglich die bei Bedarf erfolgende Einnahme des Schmerzmittels Voltaren
mitgeteilt, sodass die noch bestehenden Schmerzen in dem Behinderungsgrad von 30 für das Wirbelsäulenleiden mit enthalten
sind.
Eine Erhöhung des Behinderungsgrads kommt schließlich auch nicht aufgrund der Osteoporose in Betracht. Nach B 18.1 (S. 103)
der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ist der Behinderungsgrad bei dieser Erkrankung vor allem von den Funktionseinschränkungen
und den Schmerzen abhängig. Eine ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts rechtfertigt
noch keinen Behinderungsgrad. Danach kann die durch Dr. S. nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts keine Erhöhung
im Funktionssystem Rumpf begründen, weil keiner der behandelnden Ärzte Funktionseinschränkungen und Schmerzen beschrieben
hat, die nicht schon bei der oben dargestellten Bewertung der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte Berücksichtung gefunden hätten.
b) Außerdem liegen Gesundheitsstörungen im Funktionssystem Verdauung vor, die einen Behinderungsgrad von 20 rechtfertigen.
Die Klägerin ist an einer chronischen Hepatitis B erkrankt. Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (B 10.3.1, S. 74)
ist dafür ein Behinderungsgrad von 20 festzustellen, wenn diese ohne (klinisch)-entzündliche Aktivität und ohne Progression
vorliegt. Bei einer geringen entzündlichen Aktivität mit Progression ist ein Behinderungsgrad von 30 und bei einer mäßigen
entzündlichen Aktivität mit Progression von 40 festzustellen. Die mit dieser Erkrankung verbundenen üblichen Befindlichkeitsstörungen
sind in diesem Behinderungsgrad mit erfasst. Danach ist bei der Klägerin ein Behinderungsgrad von 20 festzustellen, da nach
den Ausführungen von Dr. G. eine chronische Hepatitis B ohne Progression bei einem internistisch unauffälligen klinischen
Status vorliegt. Die von ihm beschriebene "sehr geringe" Infektiosität führt nicht dazu, dass schon von einer geringen entzündlichen
Aktivität im Sinne der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ausgegangen werden kann, da er ausdrücklich eine Progression ausgeschlossen
und das Therapieerfordernis verneint hat. Zudem hat er keine wesentlichen Einschränkungen aufgrund der chronischen Hepatitis
B mitgeteilt, sondern nur auf die mit der Erkrankung üblicherweise verbundenen hingewiesen (Verzicht auf Alkohol, Vorsicht
bei Partnerkontakt). Die außerdem von Dr. G. diagnostizierte Fettleber führt nach seinen Berichten auch zu keinen Funktionseinschränkungen
und kann daher nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (B 10.3.3, S. 76) nicht mit einem Einzelbehinderungsgrad bewertet
werden.
Im Funktionssystem Verdauung sind auch die Erkrankungen der Klägerin an der Refluxösophagitis und an der Hp-Antrumgastritis
zu beurteilen. Die von Dr. G. am 8. Mai 2009 durchgeführte Endoskopie hat eine Refluxösophagitis 1. Grades gezeigt. Nach den
Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (B 10.1.1, S. 69) ist bei einer Refluxkrankheit der Speiseröhre mit anhaltenden Refluxbeschwerden
je nach Ausmaß ein Bewertungsrahmen von 10 bis 30 vorgesehen. Ob anhaltende Beschwerden im Sinne der Versorgungsmedizinischen
Grundsätze vorliegen, ist zwar bereits fraglich. Denn in den zahlreichen medizinischen Unterlagen finden sich kaum Hinweise
auf diese Erkrankung. Aufgrund der diagnostischen Einordnung als Refluxösophagitis 1. Grades kann aber keinesfalls eine höhere
Bewertung als mit 10 erfolgen. Die Hp-Antrumgastritis rechtfertigt indes keinen Einzelbehinderungsgrad. Nach den Versorgungsmedizinischen
Grundsätzen (B 10.2.1, S. 70) ist bei einer chronischen Gastritis ein Bewertungsrahmen von 0 bis 10 eröffnet. Nach dem Bericht
der Pathologen Dres. L. vom 11. Mai 2009 lag zu diesem Zeitpunkt eine mittelschwere chronisch-aktive Hp-Antrumgastritis (Aktivitätsgrad
1 bis 2) vor. Da nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen selbst bei einer schweren chronischen Gastritis (Aktivitätsgrad
3) nur ein Behinderungsgrad von 10 angenommen werden kann, ist die leichte bis mittelgradige Gastritis der Klägerin mit einem
Behinderungsgrad von 0 zu bewerten. Somit kann auch dahinstehen, ob die Erkrankung nach der Diagnosestellung (erfolgreich)
therapiert wurde.
Da im Funktionssystem Verdauung ein Behinderungsgrad von 20 für die chronische Hepatitis B und 10 für die Refluxerkrankung
festgestellt werden kann, ist ein Gesamtbehinderungsgrad für das Funktionssystem zu bilden. Dabei ist zu beachten, dass nach
den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee, S. 23) von Ausnahmefällen abgesehen, zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen,
die nur einen Einzelgrad von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen. Ein solcher
Ausnahmefall ist hier nicht ersichtlich. Zudem setzen Bewertungen im Funktionssystem Verdauung mit 30 Beeinträchtigungen des
Ernährungs- und Kräftezustands (Versorgungsmedizinische Grundsätze, B 10.2.1, S. 70) bzw. stärkere und anhaltende Symptome
voraus (B 10.2.1, S. 71). In diesem Ausmaß sind die Funktionsstörungen der Klägerin nicht ansatzweise dokumentiert. Im Übrigen
war die am 5. März 2009 durchgeführte Oberbauchsonographie regulär gewesen, sodass für weitergehende Funktionsstörungen kein
Anhaltspunkt besteht. Damit verbleibt es beim Behinderungsgrad von 20 für das gesamte Funktionssystem.
c) Weitere Gesundheitsstörungen, die einem anderen Funktionssystem zuzuordnen sind und zumindest einen Einzelbehinderungsgrad
von 10 bedingen, sind nicht festzustellen. Der Blutdruck ist nach den Ausführungen von Dr. N. unter Medikation im Normbereich
und eine kardiale Leistungseinschränkung ist nicht erkennbar. Die Unterleibsoperation mit Entfernung der Gebärmutter und der
Eierstöcke bedingt bei der Klägerin keinen Behinderungsgrad. Sie ist nicht mehr im jüngeren Lebensalter mit einem noch bestehenden
Kinderwunsch (dazu Versorgungsmedizinische Grundsätze, B 14.3, S. 87). Auch die lediglich einmal erwähnte Stressinkontinenz
(W. Klinik vom 29. April 2005) rechtfertigt keinen Behinderungsgrad, da allenfalls von einer relativen Harninkontinenz ausgegangen
werden kann, die mit 0 bis 10 zu bewerten ist (Versorgungsmedizinische Grundsätze, B 12.2.4, S. 83). Für die Schilddrüsenerkrankung
der Klägerin kann auch kein Behinderungsgrad festgestellt werden, da nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (B 15.6
S. 91) nur anhaltende Beeinträchtigungen trotz Behandlung Berücksichtigung finden können. Eine Schilddrüsenfunktionsstörung
liegt bei der Klägerin nicht vor, da die Stoffwechsellage unter Medikation ausgeglichen ist. Die beginnende Coxarthrose rechtfertigt
auch keinen Behinderungsgrad. Erst bei einer Bewegungseinschränkung geringen Grades (0/10/90 Grad) mit einer entsprechenden
Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit ist ein Behinderungsgrad festzustellen (Versorgungsmedizinische Grundsätze, B
18.14, S. 115). Die erhobenen Bewegungsmaße haben eine solche Bewegungseinschränkung nicht dokumentiert (Befundbericht Dr.
W./F. über die Untersuchung am 6. Mai 2008: Extension/Flexion 0/0/110 Grad, Abduktion/Adduktion 30/0/20 Grad, Außen-/Innenrotation
30/0/50 Grad sowie Befundbericht Dr. P. vom 5. März 2010: lediglich beidseitige Einschränkung der Innenrotation). Weitere
orthopädische Erkrankungen hat Dr. P. mit Befundbericht vom 5. März 2010 ausdrücklich ausgeschlossen.
Eine Erkrankung des entzündlich-rheumatischen Formenkreises ist diagnostisch nicht gesichert. Dr. S. hat diesbezüglich wiederholt
nur Verdachtsdiagnosen mitgeteilt. Allein der leicht erhöhte Rheumafaktor mit einer diagnostischen Spezifität von 60 bis 80%
für die rheumatoide Arthritis (Laborbericht Dr. K. vom 22. November 2007) rechtfertigt nicht die Feststellung eines Behinderungsgrads.
Im Übrigen sind keine weiteren als die bereits festgestellten Funktionsstörungen erkennbar, die auf eine entzündlich-rheumatische
Erkrankung zurückgeführt werden könnten und nicht schon Berücksichtigung gefunden hätten.
d) Da bei der Klägerin Einzelbehinderungen aus verschiedenen Funktionssystemen mit einem messbaren Grad der Behinderung vorliegen,
ist nach §
69 Abs.
3 Satz 1
SGB IX der Gesamtbehinderungsgrad zu ermitteln. Dafür sind die Grundsätze nach Teil A, Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze
(S. 22) anzuwenden. Nach Nr. 3c ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad
bedingt und dann zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren
Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Zehnergrad ein oder mehr Zehnergrade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt
gerecht zu werden.
Danach ist von dem Behinderungsgrad von 30 für das Funktionssystem Rumpf seit Januar 2007 auszugehen. Dieser ist aufgrund
der mit einem Behinderungsgrad von 20 bewerteten Behinderungen im Funktionssystem Verdauung auf 40 zu erhöhen. Denn zwischen
den verschiedenen Funktionsstörungen bestehen Wechselwirkungen, die auch das Gesamtausmaß der Behinderung erhöhen. So führen
die aufgrund der Wirbelsäulen- und Osteporoseerkrankung notwendigen Schmerzmittel zu einer Verstärkung der Verdauungsprobleme.
Eine weitere Erhöhung im Sinne der von der Klägerin begehrten Schwerbehinderteneigenschaft widerspräche hier dem nach A 3
(S. 22) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu berücksichtigenden Gesamtmaßstab. In Nr. 19 Abs. 2 der Anhaltspunkte, Ausgabe
2008 (S. 25) wird insoweit erläuternd ausgeführt, dass die Schwerbehinderteneigenschaft nur angenommen werden kann, wenn die
zu berücksichtigende Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsstörungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft so schwer
wie etwa die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, der Verlust eines Beins im Unterschenkel oder eine
Aphasie (Sprachstörung) mit deutlicher Kommunikationsstörung beeinträchtigen. Derartig schwere Funktionsstörungen liegen bei
der Klägerin nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Der Teilerfolg der Klägerin ist sehr gering und wirtschaftlich auch nicht relevant, sodass der Senat davon abgesehen hat,
dem Beklagten noch weitere Kosten aufzuerlegen.
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach §
160 SGG liegt nicht vor.