Voraussetzungen für die Feststellung eines Gesamt-GdB nach dem SGB IX für Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule und der Schulter
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grades der Behinderung (GdB).
Bei dem 1963 geborenen Kläger stellte der Beklagte mit Bescheid vom 19. August 1992 einen GdB von 40 aufgrund eines Wirbelsäulenschadens
mit Funktionsbehinderung fest.
Am 17. November 2011 beantragte der Kläger die Neufeststellung und machte eine Verschlimmerung des Wirbelsäulenleidens geltend.
Außerdem bestünden Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Schulter, beider Hände und des linken Beines sowie aufgrund
der Erkrankung an Diabetes mellitus und Bluthochdruck. Der Beklagte holte einen Befundschein des Facharztes für Allgemeinmedizin
Dr. H. vom 12. August 2011 ein. Danach werde der Diabetes mellitus einmal täglich mit Tabletten (Metformin) behandelt. Der
HbA1c-Wert habe zuletzt 6,7 % betragen. Selbstmessungen seien nicht erforderlich. Es lägen auch keine Folgeschäden aufgrund
des Diabetes mellitus vor. Der Blutdruck sei medikamentös eingestellt. Auch nach der Bandscheibenoperation im Juli 2011 habe
der Kläger weiterhin Schmerzen. Im Vordergrund stünden jetzt aber die Beschwerden der Halswirbelsäule (HWS) mit rezidivierenden
Cervicocephalgien ohne neurologische Ausfälle. Im Oktober 2011 hätten im Bereich des linken Kniegelenks ein Erguss und ein
Druckschmerz vorgelegen. Die Behandlung sei konservativ erfolgt. Außerdem bestehe ein Impingementsyndrom der linken Schulter.
Nach dem beigelegten Arztbrief des Facharztes für Chirurgie Dr. G. vom 29. April 2011 habe der Kläger den linken Arm bis zur
Horizontalen heben können. Außerdem übersandte Dr. H. den Reha-Entlassungsbericht B. K. vom 19. August 2011 mit den Diagnosen:
Operation am 11. Juli 2011 bei Rezidiv-Bandscheibenprolaps L5/S1, chronisches HWS-Syndrom, arterieller Hypertonus. Unter wechselnder
Belastung habe der Kläger eine gut tolerierbare Schmerzsymptomatik ohne sensomotorische Ausfälle angegeben. Unter einseitiger
Körperhaltung bestünden erneut lumbale Beschwerden mit Ausstrahlung in die linke untere Extremität. Folgende Bewegungsmaße
der Wirbelsäule wurden angegeben: HWS: Seitneige rechts/links 30/0/30 Grad, Rotation rechts/links 70/0/70 Grad, Brustwirbelsäule
(BWS)/Lendenwirbelsäule (LWS): Seitneige rechts/links 30/0/20 Grad, Seitrotation rechts/links 20/0/20 Grad. Aktiv habe der
Kläger den rechten Arm bis 90 und links bis 170 Grad vorheben können. Alle weiteren Gelenke seien altersentsprechend frei
beweglich gewesen. Darüber hinaus habe der Kläger linksbestehende Hypaesthesien im Bereich der Großzehenaußenseite angegeben.
Das Gangbild sei gleichmäßig gewesen. Aufgrund der Magnetresonanztomographieuntersuchung (MRT) der HWS vom 5. Oktober 2011
habe ein progredienter Bandscheibenvorfall im Segment C5/6 und eine rechtsbetonte Einengung der Neuroforamina festgestellt
werden können. Mit Bericht des Städtischen Klinikums D. vom 28. Oktober 2011 wurde elektrodiagnostisch ein Polyneuropathiesyndrom
der Beine ausgeschlossen. Mit Befundschein vom 20. Dezember 2011 hat der Facharzt für Orthopädie Dr. H. mitgeteilt, der Kläger
habe über Schmerzen im HWS-Bereich und ein zeitweises Einschlafgefühl der Hände berichtet. Der Arzt hat folgende Bewegungsmaße
der HWS angegeben: Rotation rechts/links 60/0/40 Grad, Seitneige beidseits 10 Grad. Außerdem holte der Beklagte den Befundschein
des Neurochirurgen Dr. C. vom 13. April 2012 ein, der über eine deutliche Schmerzabnahme seit der Operation im Juli 2011 berichtet
hat. Dennoch sei keine komplette Beschwerdefreiheit zu erwarten. Derzeit bestünden noch Hypaesthesien im Bereich der linken
Großzehe. Eine manifeste Parese liege aber nicht vor. Es bestünden auch keine cervicalen radikulären Ausfälle und auch keine
Ausfälle aufgrund des festgestellten Karpaltunnelsyndroms. Die Beweglichkeit der LWS und HWS sei eingeschränkt gewesen. Die
degenerativen Prozesse der HWS bildeten sich zwar nicht zurück, doch könne die symptomatische Therapie jahrelang erfolgreich
sein.
In Auswertung dieser Unterlagen schlug der ärztliche Dienst des Beklagten vor, die "Funktionsstörungen der HWS und LWS infolge
Bandscheibenschäden mit Operationen und Sensibilitätsstörungen an der linken Großzehe" mit einem GdB von 20, das "Karpaltunnelsyndrom
beidseits" und die "Funktionsstörung des linken Schultergelenks" jeweils mit 10 und den Gesamt-GdB mit 20 zu bewerten. Dem
folgend lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24. Mai 2011 die Neufeststellung des GdB ab.
Dagegen legte der Kläger am 7. Juni 2012 Widerspruch ein und verwies auf das verstärkte Einschlafgefühl beider Hände. Auch
seien der Diabetes mellitus und der Bluthochdruck zu berücksichtigen. Daraufhin holte der Beklagte nochmals einen Befundschein
des Dr. H. vom 16. Juni 2012 ein. Danach werde der Diabetes mellitus durch eine orale antidiabetische Therapie (Janumet, zweimal
täglich) geführt. Der HbA1c-Wert liege derzeit bei 7,1 %. Blutzuckermessungen seien nur gelegentlich notwendig. Die Blutdruckwerte
schwankten zwischen 130 und 155 mmHg. Aufgrund des Diabetes mellitus und des Bluthochdrucks lägen keine Folgeerkrankungen
vor. Funktionsstörungen der Hand- und Fingergelenke seien nicht bekannt. Vermutlich bezögen sich diese Beschwerden auf das
bekannte Cervicobrachialsyndrom. Die ärztliche Gutachterin des Beklagten Sch. führte in ihrer versorgungsmedizinischen Stellungnahme
aus, ein GdB von 20 sei für die Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen aufgrund der Bewegungseinschränkungen und der Gefühlsstörung
im Bereich der linken Großzehe festzustellen. Es lägen auch keine Nervenreizerscheinungen oder sensomotorischen Ausfälle vor.
Ein mit "Janumet" behandelter Diabetes mellitus bedinge keinen messbaren GdB. Gleiches gelte für den behandelten Blutdruck
ohne Organschäden. Dem folgend wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2012
zurück.
Dagegen hat der Kläger am 13. Dezember 2012 Klage beim Sozialgericht (SG) D.-R. erhoben. Das SG hat sogleich ein orthopädisches Sachverständigengutachten des Chefarztes der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des
Städtischen Klinikums D. Dr. Z. vom 28. Mai 2013 eingeholt. Danach leide der Kläger unter dem Einschlafen seiner Hände, immer
wenn er zur Ruhe komme. Seit dem Jahre 2011 bestünden Schmerzzustände und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule.
Der Sachverständige hat folgende Diagnosen mitgeteilt:
Funktionseinschränkung der LWS mit Osteochondrose und Spondylarthrose mit Gefühlsstörung am linken Unterschenkel und Fuß und
positiven Nervendehnungsschmerzen beidseits,
Funktionseinschränkung der HWS mit Osteochondrose und Spondylarthrose ohne Nachweis neurologischer Ausfallerscheinungen,
Funktionseinschränkung der BWS bei Osteochondrose und vermehrter Brustkyphose ohne Nachweis neurologischer Ausfallerscheinungen,
Funktionseinschränkungen des rechten und linken Schultergelenkes bei Engpasssyndrom beidseits und partieller Schultersteife
rechts,
Karpaltunnelsyndrom beidseits ohne objektivierbare neurologische Ausfallsymptomatik, jedoch mit nachvollziehbaren Schmerzen,
Geringe Verschleißerkrankung des linken Kniegelenks ohne Funktionseinschränkung,
Verschleißerkrankung des rechten und linken Kreuzbein-/Darmbeingelenkes ohne Funktionseinschränkung,
Diabetes mellitus Typ 2, medikamentös eingestellt,
Bluthochdruck, medikamentös eingestellt.
Im Bereich der LWS sei von mittelgradigen, allenfalls beginnenden schweren funktionellen Einschränkungen auszugehen. Dort
bestünden eine deutliche Bewegungseinschränkung (Seitneige und Drehen jeweils 30/0/30 Grad, Finger-Bodenabstand 53 cm, Ott
30/30 cm, Schober 10/12,5 cm), positive Nervendehnungsschmerzen und eine Gefühlsminderung am linken Unterschenkel und Fuß.
Da an der BWS bis auf eine Bewegungseinschränkung keine weiteren funktionellen Einschränkungen bestünden, seien hier geringe
funktionelle Auswirkungen festzustellen. Im Bereich der HWS sei von geringen, allenfalls beginnenden mittelgradigen funktionellen
Auswirkungen aufgrund der Bewegungseinschränkungen (Seitneige 20/0/30 Grad, Drehen 25/0/25 Grad) ohne neurologische Ausfallerscheinungen
auszugehen. Insgesamt sei bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein GdB
von 30 bis 40 vorzuschlagen. Vor dem Hintergrund der leichten bis beginnend schweren funktionellen Auswirkungen in drei Wirbelsäulenabschnitten
sei von einem GdB von maximal 40 auszugehen. Besonders schwere Auswirkungen lägen im Bereich der Wirbelsäule aber nicht vor.
Für die Schultergelenkseinschränkungen am rechten und linken Schultergelenk sei wegen der Engpasssymptomatik mit rechtsbetonter
Bewegungseinschränkung (Vorheben rechts 95 Grad, links 110 Grad) ein GdB von 20 angemessen. Das Karpaltunnelsyndrom ohne neurologische
Ausfallerscheinungen sei mit einem GdB von 10 zu bewerten. Wesentliche Funktionseinschränkungen aufgrund der degenerativen
Erkrankung am linken Kniegelenk lägen nicht vor (Extension/Flexion 0/0/120 Grad), sodass auch kein GdB anzunehmen sei. Auch
läge keine GdB-relevante Funktionseinschränkung durch die Verschleißerkrankung des rechten und linken Kreuzbein-/Darmbeingelenkes
vor. Für den Diabetes mellitus und den medikamentös eingestellten Bluthochdruck sei auch kein GdB festzustellen. Der bisher
festgestellte Gesamt-GdB von 40 sei korrekt, denn die Bewegungsstörungen und die Beschwerdesymptomatik in beiden Schultergelenken
schränkten den Kläger nicht wesentlich über das Ausmaß der Funktionseinschränkungen ein, die im Zusammenhang mit dem HWS-Syndrom
anzunehmen seien. Auch liege bei dem Kläger keine wesentliche Einschränkung der Gehfähigkeit vor.
Mit Urteil vom 14. August 2013 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung sich auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen gestützt.
Gegen das ihm am 20. August 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. September 2013 Berufung beim Landessozialgericht
(LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt und vorgetragen: Die Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule sei mit einem GdB von 50 zu
bewerten, denn es seien mindestens drei Wirbelsäulenabschnitte mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen
betroffen. Auch die Funktionseinschränkungen der Schultergelenke seien mindestens mit einem GdB von 30 zu bewerten. Schließlich
sei für das Karpaltunnelsyndrom ein GdB von mehr als 10 anzunehmen, da die notwendigen Schienen den Nachtschlaf und insgesamt
das Wohlbefinden erheblich beeinträchtigten.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichtes D.-R. vom 14. August 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 24. Mai 2011 in der Gestalt
des Widerspruchbescheides vom 29. Mai 2012 aufzuheben und bei ihm ab 17. November 2011 einen GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf das erstinstanzliche Urteil und sieht seine bisherige Bewertung auch durch die weiteren medizinischen Ermittlungen
bestätigt.
Der Senat hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt. Dr. H. hat am 12. Dezember 2013 über eine
Verschlechterung der Schulterbeschwerden im Herbst 2013 berichtet. Die letzte Überweisung zum Schmerztherapeuten sei durch
ihn im Juli 2012 erfolgt. Ansonsten erfolge eine symptomatische Schmerztherapie in seiner Praxis. Dr. G. hat am 7. Januar
2014 ein Impingement-Syndrom der linken Schulter diagnostiziert, das zu einem Bewegungsschmerz ab 90 Grad führe (Anteversion
und Abduktion). Schließlich war der Kläger nach dem Schreiben des MVZ K. einmalig im Dezember 2013 beim Schmerztherapeuten
Dipl.-Med. S. in Behandlung gewesen. Danach bestünden eine Bewegungseinschränkung der linken Schulter und eine chronisches
Schmerzsyndrom.
In Auswertung der Befunde hat der Beklagte auf die prüfärztliche Stellungnahme seines ärztlichen Gutachters Dr. W. vom 31.
Januar 2014 verwiesen, wonach keine intensive Schmerztherapie bei dem Kläger ersichtlich sei. Eine höhere Bewertung der Funktionsminderung
der Schultergelenke als mit einem GdB von 10 komme nicht in Betracht. Insgesamt sei aufgrund der Funktionsminderung der Wirbelsäule
ein GdB von 30 unter Berücksichtigung des Karpaltunnelsyndroms festzustellen.
Daraufhin hat der Kläger mitgeteilt, dass er ständig Schmerzmedikamente nehme und ein weiterer Termin beim Schmerztherapeuten
für Mai 2014 vorgesehen sei. Außerdem hat er den Entlassungsbrief der HELIOS-Klinik K. vom 17. August 2014 nach einer Arthroskopie
des linken Schultergelenks mit Fixation der Supraspinatussehne sowie einer subacrominalen Dekompression vorgelegt. Danach
sei der Kläger im Bereich der linken Hand beschwerdefrei gewesen. Im Schultergelenk habe eine Funktionseinschränkung bestanden
(Abduktion/Anteversion 130 bzw. 160 Grad).
Der Senat hat den Entlassungsbericht der Klinik für ambulante Rehabilitation der MedReha D. (Abteilung Orthopädie) vom 12.
Februar 2015 beigezogen. Danach habe der orthopädische Befund eine altersentsprechende frei bewegliche HWS, BWS und LWS bei
deutlichen muskulären Dysbalancen gezeigt. Das Gangbild sei sicher gewesen. Bei Abschluss der Reha habe der Kläger noch über
endgradige Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk berichtet (Ante-/Retroversion rechts 140/0/40 Grad, links 90/0/30
Grad, Elevation rechts/links 100 bzw. 90 Grad.)
Der Beklagte hat nach Auswertung dieser Unterlagen unter Hinweis auf die prüfärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 9. April
2015 für die Funktionsminderung der Schultergelenke einen GdB von 20 vorgeschlagen, weil der Kläger seinen Arm maximal bis
90 Grad nach vorn habe heben können. Anders als noch nach dem Gutachten des Dr. Z. sei nunmehr eine altersentsprechende freie
Beweglichkeit der Wirbelsäule angegeben worden, sodass von einer Besserung ausgegangen werden müsse. Sensible oder motorische
Ausfallerscheinungen lägen nicht vor. Eine Schmerztherapie gehe aus dem Reha-Bericht nicht hervor, sodass sich ein GdB von
mindestens 10 anhand der aktuellen Befunde nicht ableiten lasse. Hinsichtlich des Karpaltunnelsyndroms lägen keine neuen Befunde
vor.
Schließlich hat auf Antrag des Klägers nach §
109 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) die Fachärztin für Orthopädie Dipl.-Med. W. das Gutachten vom 16. Juni 2015 erstattet. Diese hat folgende Diagnosen gestellt:
Lokales Lumbalsyndrom mit deutlicher Funktionseinschränkung nach mehreren Wirbelsäulenoperationen mit Gefühlsstörungen am
linken Fuß und Unterschenkel,
Lokales Cervicalsyndrom mit Funktionseinschränkung und Fehlhaltung bei degenerativen Veränderungen ohne neurologische Störungen,
Lokales Thorakalsyndrom bei degenerativen Veränderungen ohne neurologische Störungen,
Karpaltunnelsyndrom rechts mit Nachtschmerz,
Meniskopathie linkes Kniegelenk ohne wesentliche Funktionseinschränkungen,
Impingementsyndrom beider Schultergelenke mit Funktionsstörungen rechts/links,
Diabetes mellitus, medikamentös eingestellt,
Bluthochdruck, medikamentös eingestellt.
Nach ihrer Ansicht seien leichte Funktionseinschränkungen der BWS, mittlere der HWS und mittlere bis beginnende schwere der
LWS festzustellen. Dafür sei insgesamt ein GdB von 40 vorzuschlagen. Folgende Bewegungsmaße hat die Sachverständige erhoben:
HWS: Seitneige rechts/links 0/0/20 Grad, Rotation rechts/links 10/0/30 Grad; BWS: Ott 30/33 cm; LWS: Finger-Boden-Abstand
53 cm, Schober 10/14 cm, Seitneige 10/0/10 Grad. Für die Funktionseinschränkungen der Schultergelenke sei ein GdB von 20 festzustellen.
Der Arm könne 90 bzw. 100 Grad nach vorn gehoben werden. Das Karpaltunnelsyndrom rechts mit nächtlichen Schmerzen und Empfindungsstörungen
sei mit einem GdB von 10 zu bewerten. Die Kniegelenksbeschwerden ohne Funktionseinschränkung (frei beweglich, keine Schwellung,
kein Erguss, Bänder fest, kein Reiben) rechtfertigten keinen GdB. Auch für den Diabetes mellitus und den Bluthochdruck sei
kein GdB festzustellen. Da es durch die Schultererkrankungen keine Verstärkungen oder Überschneidungen mit dem Wirbelsäulenleiden
gebe, sei ein Gesamt-GdB von 40 vorzuschlagen. Es seien seit Dezember 2011 keine wesentlichen Veränderungen aufgetreten, sodass
diese Einschätzung für den gesamten Zeitraum zutreffe. Ihre Einschätzungen stimmten mit denen des Dr. Z. überein.
Der Kläger hat keine Einwände gegen das Gutachten erhoben, aber an seinem Berufungsbegehren festgehalten. Mit Schreiben vom
30. Juli 2015 hat er sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Der Beklagte sieht sich
durch das Gutachten bestätigt und hat sich mit Schreiben vom 28. August 2015 ebenfalls mit einer Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und
der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit nach §§
124 Abs.
2,
153 Abs.
1 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §
143 SGG auch statthafte Berufung des Klägers ist unbegründet.
Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom Beklagten vom 24. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 29.
Mai 2012 ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach §
54 Abs.
1 SGG statthaft. Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung eines höheren GdB als 40
hat.
Da der Beklagte bereits mit Bescheid vom 19. August 1992 einen GdB von 40 festgestellt und damit über den Behinderungsgrad
des Klägers entschieden hat, richten sich die Voraussetzungen für die Neufeststellung nach § 48 Abs.1 des Zehnten Buches des (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen,
die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist dann anzunehmen,
wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrades um wenigstens
10 ergibt. Im Vergleich zu den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheids vom 19. August 1992 vorgelegen haben, ist keine
Änderung eingetreten. Die Funktionsstörungen des Klägers rechtfertigen auch weiterhin keinen höheren GdB als 40.
Rechtsgrundlage für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 ist §
69 Abs.
1 und
3 des
Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB IX). Nach §
69 Abs.
1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Diese Regelung
knüpft materiell-rechtlich an den in §
2 Abs.
1 Satz 1
SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit
oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand
abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach §
69 Abs.
1 Satz 5
SGB IX gelten für den GdB die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades - dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) - nach den allgemeinen Auswirkungen
der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009
in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden. Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VMG, Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember
2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt.
Soweit der streitigen Bemessung des GdB die GdS-Tabelle der VMG (Teil A) zugrunde zu legen ist, gilt Folgendes: Nach den allgemeinen
Hinweisen zu der Tabelle (Teil B 1) sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden
Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Nr. 2 e (Teil
A) genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane;
Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sekretion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu
beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a).
Nach diesem Maßstab ist bei dem Kläger weiterhin ein GdB von 40 ab 17. November 2011 bis zum jetzigen Zeitpunkt festzustellen.
Dabei stützt sich der Senat auf das Gutachten des Dr. Z., die eingeholten Befundberichte nebst Anlagen, den Reha-Entlassungsbericht
der MedReha D. und die versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Beklagten. Auch das Gutachten von Dipl.-Med. W. rechtfertigt
keine abweichende Beurteilung.
a)
Der Kläger leidet an Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, die dem Funktionssystem Rumpf zuzuordnen sind. Dafür ist maximal
ein GdB von 40 festzustellen.
Für Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen sind die maßgeblichen Bewertungskriterien in Teil B, Nr. 18.9 VMG vorgegeben. Danach
folgt der GdB bei Wirbelsäulenschäden primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung, der Wirbelsäuleninstabilität
sowie aus der Anzahl der betroffenen Abschnitte der Wirbelsäule. Nach Teil B, Nr. 18.9 VMG rechtfertigen erst mittelgradige
funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in einem Wirbelsäulenabschnitt, z.B. eine anhaltende Bewegungseinschränkung
oder eine Instabilität mittleren Grades, einen Einzel-GdB von 20. Funktionsstörungen geringeren Grades bedingen allenfalls
einen Einzel-GdB von 10. Schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende
oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte
Wirbelsäulensyndrome) rechtfertigen einen GdB von 30, mittelgradige bis schwere in zwei Wirbelsäulenabschnitten einen GdB
von 30 bis 40. Ein GdB von 50 setzt besonders schwere Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule, anhaltende
Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte erfasst; schwere Skoliose) voraus. Anhaltende Funktionsstörungen
infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch intermittierende Störungen bei einer Spinalkanalstenose
- sind zusätzlich zu berücksichtigen.
Unter Anwendung dieses Bewertungsmaßstabs lassen sich über den gesamten Zeitraum seit dem Neufeststellungsantrag im November
2011 bis zum heutigen Zeitpunkt Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule feststellen, die maximal einen GdB von 40 rechtfertigen.
Dabei ist zu beachten, dass allein weder die Operationen noch die bildgebenden Befunde für die Feststellung des GdB maßgeblich
sind, sondern die funktionellen Auswirkungen (VMG, Teil B Nr. 18.1). Nach dem Gutachten des Dr. Z. vom 28. Mai 2013 leidet
der Kläger im Bereich der LWS und der HWS an Osteochondrose und Spondylarthrose sowie im Bereich der BWS an Osteochondrose
und vermehrter Brustkyphose. Die damit verbundenen Funktionseinschränkungen hat der Sachverständige anhand seiner erhobenen
Befunde für die LWS als mittelgradig, allenfalls beginnend schwer eingeschätzt. Der Senat geht von mittelgradigen Funktionseinschränkungen
in diesem Bereich aus. So waren das Seitneigen und Drehen der LWS mit jeweils 30/0/30 Grad noch im Normalbereich. Doch lassen
der Finger-Bodenabstand von 53 cm und das Zeichen nach Schober von 10/12,5 cm den Rückschluss auf eine geringe Verkürzung
des thorakolumbalen Übergangs und eine mäßiggradige Entfaltungsstörung der LWS zu. Über diese Bewegungseinschränkungen hinaus
sind positive Nervendehnungsschmerzen sowie eine Gefühlsminderung am linken Unterschenkel und Fuß zu berücksichtigen, sodass
insgesamt von mittelgradigen Funktionseinschränkungen im Bereich der LWS auszugehen ist. Da im Bereich der BWS außer der Entfaltungsstörung
(stark verkürzte Messtrecke nach Ott mit 30/30 cm) keine weiteren funktionellen Einschränkungen festgestellt werden konnten,
hat Dr. Z. nur geringe funktionelle Auswirkungen im Bereich der BWS angenommen. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung
an. Da auch im Bereich der HWS von geringen, allenfalls beginnenden mittelgradigen funktionellen Auswirkungen aufgrund der
Bewegungseinschränkungen (Seitneige 20/0/30 Grad - Norm: 45/0/45 Grad, Drehen 25/0/25 Grad - Norm: 60-80/0/60-80 Grad) ohne
neurologische Ausfallerscheinungen ausgegangen werden kann, kann insgesamt ein GdB von 30 für die Funktionseinschränkungen
der Wirbelsäule angenommen werden. Unter Berücksichtigung der Schmerzsymptomatik, die weiterhin symptomatisch behandelt wird
und auch zu einer Vorstellung beim Schmerztherapeuten Dipl.-Med. S. Anlass gegeben hat, erscheint der Vorschlag des Dr. Z.
vertretbar, wohlwollend einen GdB von maximal 40 für das Wirbelsäulenleiden anzunehmen.
In Anbetracht der insgesamt nur geringen bis mittelgradigen Bewegungseinschränkungen kann aber auch unter Berücksichtigung
der Schmerzen keinesfalls ein GdB von 50 allein für das Wirbelsäulenleiden angenommen werden. Besonders schwere Auswirkungen
hat Dr. Z. ausdrücklich verneint. Die vorliegenden Auswirkungen sind auch nicht mit denen vergleichbar, die bei einer Versteifung
großer Teile der Wirbelsäule, einer anhaltenden Ruhigstellung durch Rumpforthese oder einer schweren Skoliose vergleichbar
sind.
Ein höherer GdB lässt sich auch nicht für die Zeit vor der Gutachtenerstellung durch Dr. Z. begründen. Zuvor waren die Bewegungsmaße
noch weitaus besser, wie sich aus dem Reha-Entlassungsbericht B. K. vom 19. August 2011 ergibt (HWS: Seitneige rechts/links
30/0/30 Grad, Rotation rechts/links 70/0/70 Grad, BWS/LWS: Seitneige rechts/links 30/0/20 Grad, Rotation rechts/links 20/0/20
Grad). Auch die am 20. Dezember 2011 durch Dr. H. übermittelten Befunde (HWS: Rotation rechts/links 60/0/40 Grad, Seitneige
beidseits 10 Grad) zeigen keine schweren Auswirkungen, sodass sich auch für den Zeitraum vor der Untersuchung durch Dr. Z.
ein höhere Bewertung rechtfertigen lässt.
Auch für den nachfolgenden Zeitraum ist kein höherer GdB als 40 anzunehmen. Durch den Entlassungsbericht der Klinik für ambulante
Rehabilitation der MedReha D. vom 12. Februar 2015 lässt sich sogar eine vorübergehende Besserung nachweisen. Dort war eine
in allen Abschnitten altersentsprechende frei bewegliche Wirbelsäule bei lediglich deutlichen muskulären Dysbalancen festgestellt
worden. Eine andere Bewertung lässt sich auch nicht aus dem Gutachten der Orthopädin Dipl.-Med. W. vom 16. Juni 2015 ableiten.
Die Ärztin hat keine anderen medizinischen Diagnosen als Dr. Z. erhoben. Auch sie hat sich im Ergebnis für einen GdB von 40
wegen der Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen ausgesprochen. Ihre erhobenen Bewegungsmaße entsprechen im Ergebnis denen von
Dr. Z., wobei sowohl Verbesserungen (Ott nunmehr 30/33 cm, Schober 10/14 cm) als auch Verschlechterungen (HWS: Seitneige rechts/links
0/0/20 Grad, Rotation rechts/links 10/0/30 Grad; LWS: Seitneige 10/0/10 Grad) von ihr festgestellt werden konnten.
b)
Die Funktionseinschränkungen im Bereich beider Schultern aufgrund des Engpasssyndrom und der partiellen Schultersteife rechts
sind im Funktionssystem Arme mit einem GdB von 20 zu bewerten. Dabei hat der Senat die Vorgaben nach Teil B, Nr. 18.13 VMG
berücksichtigt. Sofern der Arm nur bis zu 90 Grad angehoben werden kann, erfolgt danach die Bewertung mit einem GdB von 20.
Bei einer Armbeweglichkeit bis 120 Grad ist ein GdB von 10 festzustellen. Bei der Untersuchung durch Dr. Z. war ein Vorheben
des Armes rechts bis 95 und links bis 110 Grad möglich. Dieser Befund stellte insbesondere im Bereich des linken Armes eine
deutliche Verschlechterung gegenüber dem Reha-Entlassungsbericht B. K. vom 19. August 2011 dar. Damals konnte der Kläger den
linken Arm noch bis 170 Grad vorheben. Auch Dr. H. hat in über eine Verschlechterung des Schulterleidens im Herbst 2013 berichtet,
sodass ab diesem Zeitpunkt in GdB von 20 für das Schulterleiden angenommen werden kann. Eine weitere Erhöhung des Einzel-GdB
für das Schulterleiden kann auch nicht aufgrund der nachfolgenden Befunde angenommen werden. Nach dem Bericht der MedReha
D. vom 12. Februar 2015 waren die dort erhobenen Befunde nicht wesentlich schlechter als bei Dr. Z. (Ante-/Retroversion rechts
140/0/40 Grad, links 90/0/30 Grad, Elevation rechts/links 100 bzw. 90 Grad). Dem entsprechen die Befunderhebung durch Dipl.-Med.
W. (Elevation rechts/links 100 bzw. 90 Grad) und auch ihr Vorschlag, für die Funktionseinschränkungen der Schultergelenke
einen GdB von 20 anzunehmen.
Darüber hinaus ist im Funktionssystem Arme für das Karpaltunnelsyndrom ein GdB von 10 festzustellen, weil der Kläger Empfindungsstörungen
und nächtliche Schmerzen hat. Auch insoweit schließt sich der Senat der Einschätzung von Dr. Z. an. Dabei waren die Vorgaben
von Teil B, Nr. 3.11 VMG (Polyneuropathie) vergleichsweise heranzuzuziehen. Die neurologisch nicht objektivierbaren Empfindungsstörungen
führen zu keinen motorischen Ausfällen, sodass auch keine höhere Bewertung angezeigt ist. Auch diese Bewertung des Senates
stimmt mit dem Vorschlag von Dipl.-Med. W. überein.
Für das Funktionssystem Arme ist aufgrund der Einschränkungen im Schulterbereich (Einzel-GdB 20) und des Karpaltunnelsyndroms
(Einzel-GdB 10) insgesamt ein GdB von 20 festzustellen, da nach Teil A, Nr. 3 ee) VMG zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen,
die nur einen Einzelgrad von 10 bedingen, grundsätzlich zu keiner Erhöhung führen. Für einen Ausnahmefall liegt kein Anhaltspunkt
vor.
c)
Weitere orthopädische Funktionseinschränkungen, die einen GdB von 10 rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Zwar hat Dr.
Z. in seinem Gutachten auch geringe Verschleißerkrankungen des linken Kniegelenks festgestellt. GdB-relevante Funktionseinschränkungen
sind damit aber nicht verbunden, wie die noch normale Beweglichkeit zeigt (Extension/Flexion 0/0/120 Grad). Daher hat der
Sachverständige dafür zu Recht keinen GdB vorgeschlagen. Auch während der Reha-Maßnahme in B. K. (August 2011) konnte keine
Funktionseinschränkung des Kniegelenkes festgestellt werden. Der im Oktober 2011 von Dr. H. im Bereich des linken Kniegelenks
diagnostizierte Erguss wurde von ihm konservativ behandelt und in den Folgeberichten nicht mehr erwähnt. Auch Dipl.-Med. W.
hat aufgrund der von ihr festgestellten Meniskopathie des linken Kniegelenkes keine wesentlichen Funktionseinschränkungen
mitgeteilt (freie Kniegelenksbeweglichkeit, keine Schwellung, kein Erguss, Bänder fest, kein Reiben) und daher zutreffend
auch keinen GdB vorgeschlagen. Schließlich sind auch die von Dr. Z. festgestellten Verschleißerkrankungen im Bereich des rechten
und linken Kreuzbein-/Darmbeingelenkes nicht mit GdB-relevanten Funktionseinschränkungen verbunden.
d)
Die Bluthochdruckerkrankung des Klägers ist dem Funktionssystem Herz-Kreislauf zuzuordnen. Dafür ist nach Teil B, Nr. 9.3
VMG als leichte Form der Hypertonie, bei der keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen
vorliegen, ein GdB von 0 bis zu 10 anzunehmen. Da beim Kläger der medikamentös eingestellte Blutdruck nach den Angaben von
Dr. H. weder mit Leistungsbeeinträchtigungen noch mit Folgeerkrankungen einhergeht, kann dafür kein GdB festgestellt werden.
Dies entspricht auch den Vorschlägen von Dr. Z. und Dipl.-Med. W ... Schließlich kann für den Diabetes mellitus nach Teil
B, Nr. 15.1 VMG kein GdB festgestellt werden, da dieser medikamentös behandelt wird. Diese Therapie kann keine Hypoglykämien
auslösen. Eine GdB-relevante Teilhabebeeinträchtigung durch diese Erkrankung ist nicht erkennbar. Blutzuckermessungen sind
nach dem Bericht von Dr. H. nur gelegentlich erforderlich. Auch Dr. Z. und Dipl.-Med. W. haben keinen GdB für den Diabetes
mellitus vorgeschlagen.
e)
Da bei dem Kläger Einzelbehinderungen aus verschiedenen Funktionssystemen mit einem messbaren GdB vorliegen, ist nach §
69 Abs.
3 Satz 1
SGB IX der Gesamtbehinderungsgrad zu ermitteln. Dafür sind die Grundsätze nach Teil A, Nr. 3 der VMG anzuwenden. Nach Nr. 3c ist
in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad bedingt und dann zu prüfen, ob und
inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten
Zehnergrad ein oder mehr Zehnergrade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.
Danach kommt ausgehend von dem Einzel-GdB von 40 für das Funktionssystem Rumpf wegen der Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen
keine weitere Erhöhung aufgrund der Funktionsstörungen im Funktionssystem Arme in Betracht. Dabei ist zu beachten, dass nach
Teil A Nr. 3 ee VMG auch Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 als leichte Funktionsstörungen angesehen werden,
die es vielfach nicht rechtfertigen, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Nach diesem Maßstab
führt die Einschränkung aufgrund des Engesyndroms im Schulterbereich und der Einschränkungen aufgrund des Karpaltunnelsyndroms,
die insgesamt mit einem GdB von 20 zu bewerten sind, nicht zur Verstärkung des Gesamtausmaßes der Behinderung. Dabei hat der
Senat die medizinische Feststellung des Dr. Z. zugrunde gelegt, wonach die Bewegungsstörungen und die Beschwerdesymptomatik
in beiden Schultergelenken den Kläger nicht wesentlich über das Ausmaß der Funktionseinschränkungen hinaus einschränkten,
die im Zusammenhang mit dem HWS-Syndrom anzunehmen seien. Daher hat der Senat sich seinem Vorschlag, einen Gesamt-GdB von
40 anzunehmen, nach eigener Prüfung angeschlossen. Ein Gesamt-GdB von 40 wird letztlich auch von Dipl.-Med. W. vorgeschlagen,
weil es auch nach ihrer Ansicht durch die Schultererkrankungen keine Verstärkungen oder Überschneidungen mit dem Wirbelsäulenleiden
gebe. Eine weitere Erhöhung, die zur Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft führen würde, widerspräche auch dem nach
Teil A, Nr. 3b VMG zu berücksichtigenden Gesamtmaßstab. Die Schwerbehinderteneigenschaft kann nur angenommen werden kann,
wenn die zu berücksichtigende Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsstörungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft
so schwer wie etwa die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule beeinträchtigen. Vergleichbar schwere Funktionsstörungen
liegen bei dem Kläger auch unter Berücksichtigung von Wirbelsäulen- und Schulterfunktionseinschränkungen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.