SGB-II-Leistungen
Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft und Heizung
Wohnen bei den Eltern
Teilen einer Wohnung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten nur noch über den Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Zuschusses zu den ungedeckten Kosten der
Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) a.F. für die Zeit vom 1. März 2010 bis zum 31. August 2010.
Der am _. ________ 1979 geborene Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum Student der Fachhochschule K___ im Studiengang
"Soziale Arbeit" mit dem Abschluss Bachelor. Im Zeitraum 1. März 2010 bis 31. August 2010 befand sich der Kläger im sechsten
Fachsemester. Er bewohnte eine ca. 80qm große Einliegerwohnung, die sich im ca. 160 qm großen Reihenhaus der Eltern befindet.
Dabei handelt es sich um eine abgeschlossene Wohneinheit mit drei Zimmern, Küche und Bad im Dachgeschoss des Objekts. Wegen
des Zuschnitts wird auf die Planzeichnung (Bl. 23 der Leistungsakte) Bezug genommen. Das Hausgrundstück stand im Eigentum
der Eltern des Klägers.
Der Kläger hatte seit Studienbeginn Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bezogen. Mit Bescheid vom 28. August 2009 bewilligte das Studentenwerk Schleswig-Holstein - Amt für Ausbildungsförderung
- dem Kläger für den Zeitraum September 2009 bis einschließlich August 2010 BAföG-Leistungen in Höhe von monatlich insgesamt 478,00 EUR, wobei die Hälfte als Zuschuss, die Hälfte als unverzinsliches Darlehen
gewährt wurde. Dieser Betrag setzte sich aus 414,00 EUR Grundbedarf (366,00 EUR monatlicher Bedarf zzgl. 48,00 EUR Unterkunftsbedarf)
sowie 64,00 EUR als Bedarf für die Kranken- und Pflegeversicherung zusammen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 216 der Leistungsakte
Bezug genommen.
Am 2. Februar 2010 beantragte der Kläger ab dem 1. März 2010 die Weiterbewilligung des bereits in den Jahren zuvor gewährten
Zuschusses zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs.7 SGB II in der bis zum 28. Oktober 2010 geltenden Fassung (a.F.). Hierzu gab er an, dass seine Nettokaltmiete 257,00 EUR zuzüglich
70,00 EUR Nebenkosten pro Monat betrage. Hinzu kämen noch 23,00 EUR monatliche Heizkosten. Überdies beantragte er, den gesamten
Semesterbeitrag für das Sommersemester 2010 in Höhe von 102,50 EUR bedarfserhöhend zu berücksichtigen. Außerdem bat der Kläger
um Berücksichtigung des von seiner Krankenkasse ab dem 1. Februar 2010 erhobenen Zusatzbeitrags in Höhe von monatlich 8,00
EUR.
Mit Bescheid vom 23. Februar 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft
und Heizung für den Zeitraum 1. März 2010 bis 31. August 2010 in Höhe von monatlich 278,50 EUR. Er wies darauf hin, dass bei
der Berechnung des Mietkostenzuschusses die Mietobergrenze für eine Person abzüglich des Mietanteils von den BAföG-Leistungen bei den Unterkunftskosten zu Grunde gelegt worden sei. Der Kläger erhalte den Höchstbetrag an Mietkostenzuschuss.
Im Übrigen werde der Antrag auf Übernahme des Zusatzbeitrags der Krankenkasse abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 SGB II a.F. lägen nicht vor. Der Kläger könne seine Krankenkasse wechseln. Der Zusatzbeitrag könne daher nicht übernommen werden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid (Bl. 251 f. der Leistungsakte) Bezug genommen.
Dagegen legte der Kläger am 26. Februar 2010 Widerspruch ein. Diesen stützte er vornehmlich darauf, dass weder sein Zusatzbeitrag
berücksichtigt worden noch ersichtlich sei, dass sein Bedarf bezüglich der Semesterbeiträge und des Semestertickets Berücksichtigung
gefunden habe.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte
er aus, dass der angefochtene Bescheid den gesetzlichen Bestimmungen entspreche. Im Übrigen umfasse § 22 Abs.7 SGB II a.F. nur die ungedeckten Bedarfe für die Unterkunft und Heizung. Es werde bereits der Höchstbetrag gewährt.
Dagegen hat der Kläger am 6. Mai 2010 Klage zum Sozialgericht Kiel erhoben. Nachdem er zunächst neben den ungedeckten Kosten
der Unterkunft und Heizung weiterhin auch die Übernahme des Zusatzbeitrages der Krankenkasse und die Berücksichtigung eines
erhöhten Bedarfs für das Semesterticket sowie den Semesterbeitrag geltend gemacht hat, hat er im Termin zur mündlichen Verhandlung
den Gegenstand begrenzt und nur noch beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 23. Februar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2010
zu verurteilen, ihm ab dem 1. März 2010 bis zum 31. August 2010 einen weiteren Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft
und Heizung in Höhe von monatlich 23,50 EUR zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat auf seinen Widerspruchsbescheid Bezug genommen, ferner aber hingewiesen auf die Rechtsprechung des Sozialgerichts Schleswig,
das in seinem Urteil vom 15. Februar 2012 zum Az. S 3 AS 722/08 den Anspruch des Klägers nach § 22 Abs.7 SGB II a.F. auch deshalb verneint habe, weil die Regelung des § 22 Abs. 7 SGB II a.F. auf den Kläger als Bezieher nach § 13 Abs. 3a BAföG nicht anwendbar sei.
Mit Urteil vom 8. März 2013 hat das Sozialgericht der so beschränkten Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Berufung
zugelassen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Anspruch aus § 22 Abs. 7 SGB II a.F. folge und der Kläger von dieser Leistung nicht ausgeschlossen sei. § 22 Abs. 7 SGB II a.F. beziehe sich auf § 13 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BAföG als Bedarfsvorschrift und begründe einen Anspruch nur für denjenigen Auszubildenden, der bei seinen Eltern wohne. Allein
maßgebliches Differenzierungskriterium mit unterschiedlicher Folge auf der Bedarfsseite in § 13 Abs. 2 BAföG sei lediglich die Frage, ob der Anspruchsteller bei seinen Eltern wohne oder nicht. § 13 Abs. 3a BAföG sei keine weitere Bedarfsvorschrift, sondern stelle lediglich klar, dass - mit der Folge eines geringeren Unterkunftskostenbedarfs
- auch derjenige bei seinen Eltern wohne, der eine Wohnung bewohne, die im Eigentum der Eltern stehe. Ein Verweis im Rahmen
des § 22 Abs. 7 SGB II a.F. auf § 13 Abs. 3a BAföG sei daher nicht erforderlich. Diese Auslegung führe im Vergleich der Systeme Grundsicherung einerseits und der Ausbildungsförderung
andererseits auch nicht zu einem Wertungswiderspruch. Sinn und Zweck der geringeren ausbildungsförderungsrechtlichen Unterkunftspauschale
sowohl bei einem Wohnen in häuslicher Gemeinschaft mit den Eltern als auch bei einem Wohnen in einer im Eigentum der Eltern
stehenden Wohnung sei es, die Subventionierung eines Vermietergewinn zu vermeiden. Dies gelte im Hinblick auf den generalisierenden,
typisierenden Charakter der Regelung unabhängig davon, ob die Wohnung von den Eltern unentgeltlich, zu besonders günstigen
Bedingungen oder zu den marktüblichen Konditionen überlassen werde. § 13 Abs. 3a BAföG wolle mögliche Vorteile beim Bewohnen von im Eigentum der Eltern stehenden Wohnraum generell ausschließen. Da auch § 13 Abs. 2 Nr. 1 BAföG diesem Zweck diene, diese Vorschrift aber in § 22 Abs. 7 SGB II a.F. explizit genannt sei, sei kein Grund ersichtlich, der gegen eine Einbeziehung auch des § 13 Abs. 3a BAföG spräche. In beiden Fällen könne es im Rahmen der Gewährung ungedeckter Kosten der Unterkunft und Heizung dazu kommen, dass
die (anteiligen) Mietkosten (pro Kopf) weit höher lägen als die pauschaliert berücksichtigten 48,00 EUR. Auch bei Vorliegen
einer Haushaltsgemeinschaft seien ggf. Mietkosten zu übernehmen, die über dieser Pauschale lägen. Ein Ausschluss des Klägers
von Leistungen nach § 22 Abs.7 SGB II a.F. dem Grunde nach käme nur dann zulässigerweise in Betracht, wenn der Kläger beim BAföG-Leistungsträger einen Sonderfall des § 13 Abs. 3a BAföG geltend gemacht hätte, der für ihn im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu höheren Unterkunftskosten
nach § 13 BAföG geführt hätte. Nach der Rechtsprechung des BVerfG könne § 13 Abs. 3a BAföG verfassungskonform für den besonderen Fall ausgelegt werden, in dem die Eltern seit vielen Jahren ihrem Kind eine in ihrem
Eigentum stehende Wohnung zu den gleichen Bedingungen zur Verfügung stellten wie Personen, die nicht in gerader Linie mit
ihnen verwandt seien. In einem solchen Sonderfall schieden Vorteile, die dem Auszubildenden durch die Ersparnis von Aufwendungen
für die Unterkunft entstünden, ebenso wie besondere Vermietergewinne von vornherein aus, so dass die Inanspruchnahme eines
höheren Unterkunftsbetrags nicht missbräuchlich sei. Dass im Rahmen der BAföG-Gewährung diese Auslegung Anwendung gefunden hätte und der Kläger also nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG behandelt worden wäre, sei nicht ersichtlich. Da das zu berücksichtigende Einkommen nicht einmal ausreiche, den grundsicherungsrechtlichen
Regelbedarf zu decken, sei der Differenzbetrag zwischen den tatsächlichen mangels schlüssigen Konzepts des Beklagten als angemessen
anzusehenden Unterkunftskosten in Höhe von 350,00 EUR und dem pauschalierten Unterkunftsbedarf in Höhe von 48,00 EUR als ungedeckte
Kosten im Sinne des § 22 Abs. 7 SGB II a.F. anzuerkennen. Da der Beklagte bereits 278,50 EUR monatlich geleistet habe, sei der Beklagte unter Abänderung des angegriffenen
Bescheids zur Gewährung weiterer Leistungen von monatlich von 23,50 EUR zu verurteilen. Wegen der Einzelheiten wird auf das
erstinstanzliche Urteil (Bl. 44 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Gegen das ihm am 18. April 2013 zugestellt Urteil hat der Beklagte am 13. Mai 2013 Berufung beim Schleswig-Holsteinischen
Landessozialgericht erhoben. Zur Begründung beruft er sich auf das zwischen den Beteiligten dieses Verfahrens ergangene Urteil
des Sozialgerichts Schleswig vom 15. Februar 2012 - S 3 AS 722/08. BAföG-Empfänger, die trotz eigener Wohnung und eigenen Haushalts lediglich kraft Fiktion des § 13 Abs. 3a BAföG im ausbildungsrechtlichen Kontext so behandelt würden, als lebten sie bei ihren Eltern, gehörten nicht zum schutzwürdigen
Personenkreis der Zuschussberechtigten nach § 22 Abs. 7 SGB II a.F. Nach seinem Sinn und Zweck setze der Zuschuss gerade eine tatsächliche und nicht lediglich eine fiktive Haushaltsgemeinschaft
zwischen dem Studierenden und seinen Eltern voraus. Anderenfalls würde derjenige, der von seinen Eltern eine Wohnung zu marktüblichen
Konditionen gemietet habe, besser stehen als derjenige, der die Wohnung von Dritten gemietet habe. Dies sei wertungswidersprüchlich.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. März 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Dem Senat haben die Leistungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten zum Verfahren zum Az. L 6 AS 57/15 (S 3 AS 722/08 Sozialgericht Schleswig) vorgelegen. Auf diese Akten und auf die Gerichtsakte wird wegen des der Entscheidung zugrunde liegenden
Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht erhoben worden (§
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Berufung ist ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Berufung (§
144 Abs.
1 SGG) statthaft, weil das Sozialgericht die Berufung mit bindender Wirkung zugelassen hat (§
144 Abs.
3 SGG).
Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den streitgegenständlichen Bescheid vom 23. Februar 2010
in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2010 geändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger für die Zeit
vom 1. März 2010 bis zum 31. August 2010 einen weiteren Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe
von monatlich 23,50 EUR zu gewähren.
Die insoweit zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4 SGG) ist unbegründet. Soweit der Bewilligungsbescheid vom 23. Februar 2010 rechtswidrig ist, ist der Kläger dadurch lediglich
begünstigt und nicht beschwert. Er hätte nach Überzeugung des erkennenden Senats überhaupt keinen Anspruch auf einen Zuschuss
zu den ungedeckten Unterkunftskosten gehabt. Folglich kann er auch höhere als die ihm zu Unrecht bewilligten Leistungen nicht
verlangen.
Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 22 Abs. 7 SGB II in der vom 1. Januar 2007 bis zum bis zum 28. Oktober 2010 geltenden Fassung des Gesetzes vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) (a.F.) in Betracht. Abweichend von § 7 Abs. 5 SGB II erhalten danach Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch oder Leistungen nach
dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten und deren Bedarf sich nach § 65 Abs. 1, § 66 Abs. 3, § 101 Abs. 3, §
105 Abs.
1 Nr.
1, 4, §
106 Abs.
1 Nr.
2 des
Dritten Buches oder nach §
12 Abs.
1 Nr.
2, Abs. 2 und 3, § 13 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst, einen Zuschuss zu ihren ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1). Dies gilt nicht, wenn die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 2a ausgeschlossen
ist. Diese Voraussetzungen für einen Unterkunftskostenzuschuss liegen zugunsten des Klägers nicht vor.
Der Kläger, der einen eigenen Haushalt außerhalb des Elternhaushaltes führt, gehört schon dem Grunde nach nicht zum Kreis
der leistungsberechtigten Personen des § 22 Abs. 7 SGB II a.F. weil seine Leistungsansprüche systematisch allein dem BAföG zuzurechnen sind. Er hat im streitgegenständlichen Zeitraum mit der staatlichen Fachhochschule Kiel (vgl. § 1 Abs. 1 Hochschulgesetz
Schleswig-Holstein [HSG SH]) eine Fachhochschule besucht, die als besondere Hochschulform dem Grunde nach zum Bezug von Leistungen
der Ausbildungsförderung berechtigt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Bundesausbildungsförderungsgesetz [BAföG]). Anspruchsberechtigt nach § 22 Abs. 7 SGB II a.F. kann er deshalb nur sein, wenn sich sein Bedarf nach § 13 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BAföG bemessen würde. Dies ist indes - bei grundsicherungsbezogener Auslegung im Lichte des § 22 Abs. 7 SGB II a.F. - nicht der Fall.
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG in der Fassung des Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 23. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3254) gelten als monatlicher Bedarf für Auszubildende in höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen 366,00 EUR. Die Bedarfe
nach Abs. 1 erhöhen sich gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 BAföG für die Unterkunft, wenn der Auszubildende bei seinen Eltern wohnt, um 48,00 EUR. Zentrale Voraussetzung dafür, dass sich
der Bedarf des Klägers nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BAföG bemisst, was wiederum wesentliche Bedingung für eine Bezuschussung nach § 22 Abs. 7 SGB II a.F. wäre, ist damit, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum "bei seinen Eltern" gewohnt hat.
Das Wohnen "bei den Eltern" setzt bei semantischem, systematischem und teleologischem Begriffsverständnis eine Haushaltsgemeinschaft
zwischen dem Auszubildenden und seinen Eltern voraus. Bereits bei natürlichem Sprachverständnis kann von einem Wohnen bei
den Eltern nur ausgegangen werden, wenn Auszubildende und Eltern eine Wohnung teilen. Auch teleologisch lässt sich allein
diese Auslegung rechtfertigen, weil der niedrigere Unterkunftssatz des § 13 Abs. 2 Nr. 1 BAföG gerade darauf beruht, dass Kosten für die Gemeinschaftsräume wie Flur, Treppenhaus und Bad nur einmal anfallen. Dementsprechend
entspricht es ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung, für das Wohnen bei den Eltern vorauszusetzen, dass der Auszubildende
in häuslicher Gemeinschaft mit seinen Eltern lebt und die von der Familie genutzten Wohn- und Gemeinschaftsräume insgesamt
als einer Wohnung zugehörend anzusehen sind (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1980 - 5 C 48/79 - BVerwGE 61, 235 = FEVS 31, 4; vgl. auch Winkler, in: Rolffs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck'scher Online-Kommentar Sozialrecht [BeckOK-SozR],
§ 13 BAföG Rn. 7 m.w.N.). Systematisch wird dieses Ergebnis dadurch bestätigt, dass sich der BAföG-Gesetzgeber - letztlich in Reaktion auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - dazu verlasst
gesehen hat, in § 13 Abs. 3a BAföG andere Formen der Zurverfügungstellung von Wohnraum durch die Eltern qua Fiktion ausdrücklich in den Geltungsbereich des
§ 13 Abs. 2 Nr. 1 BAföG einzubeziehen.
In diesem Sinne bei seinen Eltern hat der Kläger zur Überzeugung des erkennenden Senats nicht gewohnt. Weder hat zwischen
ihm und seinen Eltern eine häusliche Gemeinschaft bestanden noch sind die von der Familie jeweils genutzten Wohn- und Gemeinschaftsräume
insgesamt als einer Wohnung zugehörend anzusehen. Vielmehr hat der Kläger in einer im Eigentum seiner Eltern stehenden Immobilie,
die im Erdgeschoss von seinen Eltern bewohnt worden ist, im ersten Obergeschoss eine abgetrennte Wohneinheit bewohnt. Diese
Wohnung kann nach den baulichen Gegebenheiten bei natürlicher Betrachtungsweise nicht mehr als der elterlichen Wohnung im
Erdgeschoss zugehörig betrachtet werden. Sie verfügt ausweislich der Planzeichnung über alle Elemente einer eigenständigen
Wohnung, insbesondere über eine eigene Küche und ein eigenes Bad. Für den eigenständigen Charakter spricht zusätzlich, dass
der Dachgeschossausbau zu der vom Kläger bewohnten Wohnung erst nachträglich Anfang der 2000er Jahre geplant und durchgeführt
worden ist zu einer Zeit, da der Kläger bereits volljährig war. Das ganze Vorhaben diente dabei ersichtlich dem Zweck, dem
damals schon erwachsenen Kläger innerhalb der elterlichen Immobilie einen eigenen Lebens- und Wirtschaftsraum zu verschaffen,
der gerade nicht mehr Teil der elterlichen Wohnung sein sollte.
Die Zuschussberechtigung nach § 22 Abs. 7 SGB II a.F. erlangt der Kläger - anders als dies das Sozialgericht meint - nach Überzeugung des Senats auch nicht dadurch, dass
der von ihm bewohnte Wohnraum im Eigentum seiner Eltern steht, auch wenn der Kläger gemäß § 13 Abs. 3a BAföG damit ausbildungsförderungsrechtlich dem Personenkreis gleichgestellt wird, der bei seinen Eltern wohnt und er deshalb Ausbildungsförderung
tatsächlich nur in der in § 13 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BAföG bestimmten Höhe erhalten hat. Allerdings pflichtet der Senat dem Sozialgericht darin bei, dass Wortlaut und Systematik des
§ 22 Abs. 7 SGB II a.F. zunächst ein anderes Ergebnis nahelegen. In der Tat handelt es sich im Kontext des BAföG bei der Vorschrift des § 13 Abs. 3a BAföG nicht um eine eigenständige Bedarfsvorschrift, sondern lediglich um eine Definitionsnorm, die - als Fiktion - definiert,
welche weiteren Formen des elterlich unterstützten Wohnens auch als Wohnen bei den Eltern zu gelten haben. Damit bemisst sich
aber - ausbildungsförderungsrechtlich - der Bedarf allein nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BAföG und der Kläger wäre an sich dem berechtigten Personenkreis des § 22 Abs. 7 SGB II a.F. zuzurechnen.
Dieses Ergebnis entspricht aber nicht dem Sinn und Zweck des § 22 Abs. 7 SGB II a.F., der deshalb telelogisch zu reduzieren ist; diese Reduktion ist zulässig und überschreitet die Wortlautgrenze nicht,
weil § 22 Abs. 7 SGB II a.F. auf § 13 Abs. 3a BAföG keinen Bezug nimmt und sich zur Einbeziehung der dort geregelten Fallgruppe in den zuschussberechtigten Personenkreis nicht
positiv verhält. § 22 Abs. 7 SGB II a.F. ist durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) zum 1. Januar 2007 ins SGB II aufgenommen worden. Mit ihm sollte für bestimmte Gruppen von Auszubildenden, die zuvor generell von Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts ausgeschlossen waren, deren teilweise Einbeziehung in das System existenzsichernder Grundsicherungsleistungen
aber für sachgerecht erachtet wurde, eine Regelung geschaffen werden. Dies sollte insbesondere für Auszubildende gelten, die
"BAföG als Studierende im Haushalt der Eltern beziehen und Kosten für Unterkunft und Heizung beisteuern müssen, weil die Eltern
den auf das studierende Kind entfallenden Wohnkostenanteil nicht tragen können, insbesondere wenn sie selbst hilfebedürftig
sind und daher einen Teil der Wohnkosten nicht erstattet bekommen" (BT-Drucks. 16/1410 S. 24).
Diese Erläuterungen zeigen, dass die Zuschussberechtigung derjenigen Studierenden, deren Bedarf sich nach § 13 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BAföG bemisst, nicht im primären Interesse der Studierenden selbst, sondern in stärkerem Maße im Interesse ihrer Eltern geschaffen
worden ist. Im Vorfeld der Neuregelung war es insbesondere in den - in der Gesetzesbegründung kurz dargestellten - Fällen
eines Zusammenwohnens studierender Kinder mit grundsicherungsbedürftigen Eltern in einer Wohnung zu einer Bedarfsunterdeckung
gekommen, die auf dem generellen Leistungsausschluss Studierender nach § 7 Abs. 5 SGB II einerseits und der kopfteiligen Aufteilung der Unterkunftskosten in Haushaltsgemeinschaften andererseits beruhten (vgl. LSG
Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. März 2006 - L 8 AS 307/05; nachfolgend BSG, Urteil vom 19. März 2008 - B 11b AS 13/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 6; dazu auch Berlit, NDV 2006, S. 5, 27 f.; Spellbrink, SozSich 2008, S. 30, 33 f.). Diese Probleme wollte der Gesetzgeber einer Lösung zuführen. § 22 Abs. 7 SGB II a.F. hatte schon vor diesem Hintergrund nicht das Ziel, den nicht bedarfsgerechten Umfang des BAföG allgemein über Grundsicherungsleistungen auszugleichen und insbesondere die Bedarfe derjenigen Studierenden zu decken, die
in eigenen Wohnungen außerhalb des Haushalts ihrer Eltern wohnen, so dass eine erweiternde Auslegung auf diesen Personenkreis
von Anfang an ausgeschlossen worden ist (Spellbrink, a.a.O, S. 34). Dies zeigt sich gerade auch daran, dass Studierenden,
deren Bedarf sich nach § 13 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BAföG bemisst, bis heute kein Zuschussanspruch zuerkannt wird.
Würde man allerdings die Norm so auslegen, wie sie vom Sozialgericht verstanden worden ist, würden diese Zielsetzungen konterkariert.
§ 22 Abs. 7 SGB II a.F. würde eine studierende Person, die von ihren Eltern eine in deren Eigentum stehende Wohnung anmietet, besser stellen
als eine studierende Person, die ihre Wohnung von Dritten gemietet hat. Während erstere einen Zuschuss zu den ungedeckten
Unterkunftskosten bis zur Höhe der angemessenen Kosten verlangen könnte, wäre letztere von vornherein vom Zuschuss nach §
22 Abs. 7 SGB II a.F. ausgeschlossen und auf den pauschalierten aber regelmäßig nicht bedarfsdeckenden Unterkunftsbedarf nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG beschränkt. Dies entspricht weder dem objektiven Zweck des § 22 Abs. 7 SGB II a.F. noch dem erklärten Willen des Gesetzgebers, die infolge der Haushaltsgemeinschaft zwischen Studierenden und SGB-II-leistungsberechtigten Eltern eintretenden sozialen Härten abzufedern.
Eine den von § 13 Abs. 3a BAföG erfassten Personenkreis in die Zuschussberechtigung nach § 22 Abs. 7 SGB II a.F. einbeziehende Auslegung ist auch nicht verfassungsrechtlich geboten. Vielmehr sind Härten, die sich für Studierende
ergeben können, die von ihren Eltern eine in deren Eigentum stehende Wohnung angemietet haben, primär im Rahmen des Ausbildungsförderungsrechts
abzufedern. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit eine verfassungskonforme Auslegung des § 13 Abs. 3a BAföG für den besonderen Fall nicht ausgeschlossen, in dem die Eltern seit vielen Jahren einer Auszubildenden und deren Kind eine
in ihrem Eigentum stehende Wohnung zu den gleichen Bedingungen zur Verfügung stellen wie Personen, die nicht in gerader Linie
mit ihnen verwandt sind (BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 1997 - 1 BvL 60/87 - zit. n. juris). An dieser Rechtsprechung orientiert sich die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung auch noch nach Inkrafttreten
des § 22 Abs. 7 SGB II (vgl. zuletzt OVG Koblenz, Beschluss vom 22. Juli 2014 - 7 A 10060/14 - zit. n. juris). Ob der Kläger nach diesen strengen Maßstäben einen Anspruch auf Aufstockung der Pauschale von 48,00 EUR
gehabt hätte, ist im Hinblick auf die Feststellungen des Sozialgerichts Schleswig im Parallelverfahren zum Az. S 3 AS 722/08 (nachgehend L 6 AS 57/15) zweifelhaft, obliegt aber ohnehin nicht der Entscheidung des Senats. Schließlich hätte, wie für alle anderen Studierenden
mit eigenem Haushalt, für die der Leistungsausschluss für Grundsicherungsleistungen greift, die Möglichkeit bestanden, Härten
über ein Darlehen gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) (Jetzt: § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB II) abzufedern. Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, bedarf hier keiner Klärung, da der Kläger bestandskräftig einen Mietzuschuss
in Höhe von monatlich 278,50 EUR (zu Unrecht) erhalten hat, weitere darlehensweise Leistungen nicht begehrt und diese hier
nicht Streitgegenstand sind.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG). Die Frage, ob der Zuschuss zu den ungedeckten Unterkunftskosten auch an Studierende zu leisten ist, die nicht im Haushalt
ihrer Eltern wohnen, bei denen aber wegen des Eigentums der Eltern am bewohnten Wohnraum im Ausbildungsförderungsrecht die
Zugehörigkeit zum Haushalt fingiert wird, ist weder höchstrichterlich geklärt noch ohne Weiteres aus dem Gesetz zu beantworten.
Sie ist infolge des Wegfalls des § 22 Abs. 7 SGB II a.F. durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch nicht obsolet geworden, sondern stellt sich für § 27 Abs. 3 SGB II in der aktuell geltenden Fassung in gleicher Weise.