Sozialversicherungspflicht des Fremdgeschäftsführers einer GmbH
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 4. bei der Klägerin im Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 1998 sozialversicherungspflichtig
beschäftigt war und Beiträge in Höhe von 4.932,00 EUR nachentrichtet werden müssen.
Der Beigeladene zu 4. ist Diplomingenieur für Versorgungstechnik und war Alleingesellschafter einer seit 1. Januar 1993 in
die Handwerksrolle eingetragenen GmbH. Daneben war er für verschiedene Firmen - auch versicherungspflichtig - tätig, zuletzt
als technischer Leiter vom April 1993 bis April 1997. Von Mai bis 31. Dezember 1997 war er arbeitslos gemeldet. Nach eigenen
Angaben projektierte er aufgrund eines Auftrags vom Januar 1997 für das Planungsbüro E. M. die Heizungs- und Sanitäranlage
für das Pflegeheim B ...
Am 29. Dezember 1997 beantragte der Beigeladene zu 4. bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht als Handwerker.
Ab 1. Januar 1998 nahm er bei der Klägerin, einer seit 1991 in das Handelsregister eingetragenen GmbH, eine Tätigkeit als
Geschäftsführer auf.
Unter dem 11. März 1998 teilte ihm die Beklagte mit, dass er seit 1. Januar 1993 mit einer GmbH in die Handwerksrolle eingetragen
sei. Er gehöre damit zu dem Personenkreis der sonstigen Selbständigen, die nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Rentenversicherung unterlägen.
Die Klägerin ist seit 1991 in das Handelsregister eingetragen. Nach ihrem Gesellschaftsvertrag betrug das Stammkapital 51.000,00
DM (§ 3). Sie hat nach § 5 einen oder mehrere Gesellschafter, wird durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch
einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten; die Gesellschafterversammlung kann einem oder mehreren
Geschäftsführern die Befugnis zur alleinigen Vertretung erteilen und Geschäftsführer von den Beschränkungen des §
181 BGB befreien.
Am 2. Juli 1998 schlossen der alleinige Gesellschafter der Klägerin B. G. und der Beigeladene zu 4. einen notariellen Vertrag
"Zusammenlegung und Teilung von Geschäftsanteilen sowie Geschäftsanteilsveräußerung". Er enthält u.a. folgende Passagen:
I. 1. Zusammenlegung von Geschäftsanteilen
Die vom Erschienenen zu 1. gehaltenen Geschäftsanteile von werden zu einem Geschäftsanteil im Nennbetrag von 51.000,00 (...)
zusammengelegt.
2. Teilung des Geschäftsanteils
Der vorstehend neu gebildete Geschäftsanteil des Erschienenen zu 1. wird in zwei Geschäftsanteile geteilt. Die Teilung erfolgt
so, dass ein Geschäftsanteil von 30.600,00 DM (60 %) und ein Geschäftsanteil von 20.400,00 DM (40%) gebildet wird, um letzteren
an den Erschienenen zu 2. abzutreten.
II. Der Erschienene zu 1., Herr B. G., wird den Geschäftsanteil in Höhe von 20.400,00 an den Erschienenen zu 2., Herrn P.
A., zum Nennwert in Höhe von 20.400,00 DM übertragen.
Am gleichen Tag beschloss die Gesellschafterversammlung (B. G. und der Beigeladene zu 4.) einen schriftlichen "Geschäftsführer-Vertrag".
Dort ist u.a. Folgendes festgelegt:
Zum Geschäftsführer wird bestellt: Herr P. A ... In Erfüllung dieses Beschlusses und unter Beachtung des Gesellschaftsvertrages
der Gesellschaft, welcher dem Geschäftsführer bekannt ist, schließen die Beteiligten nachfolgenden Anstellungsvertrag:
§ 1
Herr P. A. übernimmt die Geschäftsführung des Unternehmens. Alleinvertretungsberechtigt ist Herr P. A ...
§ 2
Herr A. darf Geschäfte auf eigene oder fremde Rechnung machen bzw. sich an sonstigen Geschäften direkt oder indirekt zu beteiligen.
§ 3
Herr P. A. bezieht ein Gehalt von monatlich 6.000,- DM, erstmals ab 2. Juli 1998. Mit dem Novembergehalt eines Jahres hat
der Geschäftsführer Anspruch auf eine Sonderzahlung als Weihnachtsgratifikation, Urlaubsgeld oder ähnliches in Höhe eines
Monatsgehalts. Außerdem enthält er eine Tantieme in Höhe von 19 % des Jahresgewinns vor Körperschafts- und Gewerbesteuer,
nach Verrechnung mit Verlusten Der Urlaub des Geschäftsführers beträgt 30 Arbeitstage im Jahr. Im Falle der Erkrankung zahlt
die Gesellschaft die hier festgelegten Bezüge 3 Monate weiter.
Die Änderungen wurden am 7. September 1998 in das Handelsregister eingetragen.
Aufgrund eines Berichtes über die Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamtes Erfurt mit Haftungsbescheid für den Prüfzeitraum
1. Dezember 1995 bis 31. August 2000 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch (Prüfzeitraum 1. Januar
1997 bis 31. Dezember 2000) und forderte mit Bescheid vom 21. Februar 2001 35.537,12 DM an offenen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen
nach. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit ergänzendem Bescheid vom 5. März 2001 stellte die Beklagte fest, dass
der Beigeladene zu 4. ab 2. Juli 1998 nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht.
Mit Bescheid vom 7. März 2001 stellte die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 4. fest, dass ab 2. Juli 1998 keine Versicherungspflicht
in der Sozialversicherung vorlag und mit Bescheid vom 28. Mai 2001, dass er im Zeitraum 1. Januar bis 30. Juli 1998 versicherungspflichtig
zur Renten- und Arbeitslosenversicherung war. Hiergegen legte der Beigeladene zu 4. Widerspruch ein.
Mit korrigiertem Bescheid vom 29. Juni 2001 half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin teilweise ab und bezifferte ihre
Nachforderung für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 4. im Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 1998 auf 9.648,00
DM. Sie zog u.a. einen Handelsregisterauszug über die Klägerin, den Gesellschaftsvertrag und den Geschäftsführer-Vertrag vom
2. Juli 1998 sowie eine Selbstauskunft des Beigeladenen zu 4. vom 17. Januar 2001 bei, wo dieser angibt, er habe der Klägerin
ein Darlehen über 30.000,00 DM gewährt. Seine tarifliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 40 Stunden.
Mit den Widerspruchsbescheiden vom 23. Juli 2002 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin und des Beigeladenen zu 4.
zurück.
Nach der Klageerhebung der Klägerin hat das Sozialgericht die Beigeladenen zu 1. bis 4. zum Verfahren beigeladen und in der
mündlichen Verhandlung vom 1. Februar 2005 die Zeugen R. B., U. E. und St. B., Arbeitnehmer der Klägerin, zur Stellung des
Beigeladenen zu 4. im Betrieb vernommen. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung
vom 1. Februar 2005 (Blatt 66 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.
Der Beigeladene zu 4. hat im Januar 2006 eine Rechnung mit dem Briefkopf der Klägerin an das Planungsbüro E. M. vom 12. Januar
1998 über 24.946,18 DM eingereicht und vorgetragen, er habe die Bezahlung für diese Leistungen nicht über sein Privatkonto
abgewickelt, sondern im Namen der Klägerin geltend gemacht. Der Betrag sei in voller Höhe überwiesen worden. Weitere Nachforschungen
des Gerichts zu der Rechnung sind erfolglos geblieben; der Inhaber des Planungsbüros E. M. ist nicht auffindbar. Das Sozialgericht
hat die Handelsregisterakte beigezogen und die Klage mit Urteil vom 8. Mai 2007 abgewiesen. Nach seiner Ansicht war der Beigeladene
zu 4. vor Abschluss des Gesellschaftervertrages kein Geschäftsführer, sondern versicherungspflichtiger Arbeitnehmer.
Gegen das am 25. Juni 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. Juli Berufung eingelegt. Er trägt vor, der Beigeladene
zu 4. habe von Januar bis Ende Juni 1998 die gleichen Tätigkeiten mit den gleichen Rechten und Pflichten verrichtet wie nach
dem Abschluss des Geschäftsführer-Vertrags im Juli 1998. Es habe ab Juli 1998 keine Kompetenzerweiterung gegeben. Die Bestellung
zum Geschäftsführer durch die schriftliche Niederlegung sei lediglich ein formaler Akt gewesen, der die bereits bestehenden
Verhältnisse bestätigt habe. Der Beigeladene zu 4. habe bereits ab Januar 1998 maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der
Gesellschaft nehmen können und völlig freie Hand bei der rechtlichen und tatsächlichen Gestaltung seiner Arbeit gehabt. Von
einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden könne nicht ausgegangen werden. Tatsächlich habe er zusätzlich an Wochenenden
arbeiten müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 8. Mai 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2001, abgeändert durch
Bescheid vom 29. Juni 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2002 aufzuheben und festzustellen, dass die
von dem Beigeladenen zu 4. bei ihr im Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis 30. Juni 1998 ausgeübte Tätigkeit als Geschäftsführer
nicht versicherungspflichtig war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Beigeladene zu 4. habe Dienste höherer Art mit entsprechender Eingliederung in die Betriebsorganisation
der Klägerin ausgeübt. Als Fremdgeschäftsführer sei er versicherungspflichtig tätig gewesen.
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung ist die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eindeutig. Der Beigeladene zu 4. sei bis zur Übertragung der Anteile an der GmbH zum 2. Juli 1998 als pflichtversicherter
Fremdgeschäftsführer zu betrachten.
Die Beigeladenen zu 2. bis 5. haben keinen Antrag gestellt. Die Beigeladenen zu 2. und 5. haben sich zur Sache nicht geäußert.
Die Beigeladene zu 3. ist der Ansicht, der Beigeladene zu 4. sei nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG als abhängig Beschäftigter anzusehen.
Der Beigeladene zu 4. ist der Ansicht der Klägerin beigetreten. Er trägt vor, er könne sich nicht vorstellen, wie seine Angabe
"40 Wochenstunden" in die Selbstauskunft gekommen sei. Bei dem dort erwähnten Darlehen habe es sich tatsächlich um seine zur
Begleichung des Geschäftsanteils an die Klägerin abgetretene Forderung an das Planungsbüro E. M. gehandelt. Versteuert habe
er diesen Betrag selbst nicht, weil er ihn abgetreten habe. Warum er in der Selbstauskunft ein Darlehen erwähnt und es entgegen
dem Forderungsbetrag mit 30.000,00 DM beziffert habe, könne er nicht mehr sagen. Der Wert des abgetretenen Geschäftsanteils
sei jedoch höher gewesen als der Nennwert.
Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakte,
der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Beigeladene zu 4. war im Zeitraum 1. Januar 1998 bis 30. Juni 1998 versicherungspflichtig
bei der Klägerin beschäftigt. Der Prüfbescheid der Beklagten vom 21. Februar 2001, abgeändert durch Bescheid vom 29. Juni
2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2002 erweist sich als rechtmäßig.
Der Bescheid vom 28. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2002 an den Beigeladenen zu 4. hindert
den Senat nicht, über das streitige Rechtsverhältnis insgesamt und einheitlich zu entscheiden. Eine Entscheidung über die
Versicherungspflicht kann nur einheitlich erfolgen, wenn und solange diese Frage auch zwischen den Beklagten und den Beigeladenen
zu 4. offen geblieben ist. Der Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2002 ist nicht bestandskräftig geworden, sodass keine gespaltene
Rechtskraftwirkung bzw. Bestandskraftwirkung eintreten kann (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 - Az.: B 2 U 20/07 R, nach juris).
Für die Beteiligten steht durch bestandskräftigen Bescheid vom 5. März 2001 fest, dass der Beigeladene zu 4. ab dem 2. Juli
1998 nicht der Versicherungspflicht unterlag.
In der Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1998 gehörte der Beigeladene zu 4. aufgrund seiner Beschäftigung bei der Klägerin
gegen Arbeitsentgelt als Fremdgeschäftsführer zum in der Sozialversicherung versicherten Personenkreis (§
2 Abs.
1 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch -
SGB IV) und unterlag hinsichtlich der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht.
Beschäftigung ist nach §
7 Abs
1 SGB IV in der hier maßgebenden Fassung vom 23. Dezember 1976 (BGBl I S. 3845) die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. März 2003 - Az.: B 11 AL 25/02 R, nach juris). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte dort eingegliedert
ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Bei
Diensten "höherer" Art, z.B. bei einem Geschäftsführer, kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers eingeschränkt und zur "funktionsgerecht
dienenden Teilhabe" am Arbeitsprozess verfeinert sein, wenn der Versicherte in den Betrieb eingegliedert ist (vgl. BSG, Urteil vom 19. Juni 2001 - Az.: B 12 KR 44/00 R, nach juris; Senatsurteil vom 26. September 2005 - Az.: L 6 KR 718/02).
Der Beigeladene zu 4. war in streitigen Zeitraum nicht an der GmbH beteiligt. Erst mit Abschluss des notariellen Veräußerungsvertrages
am 2. Juli 1998 wurde ihm nach § 15 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) ein Geschäftsanteil von 40 v.H. (20.400,00 DM) wirksam übertragen. Eingetragen in das Handelsregister wurde dieser am 7.
September 1998. Insofern war der Beigeladene zu 4. bis dahin ein sogenannter Fremdgeschäftsführer, bei dem regelmäßig eine
abhängige versicherungspflichtige Beschäftigung bejaht wird (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - Az.: B 12 KR 10/01 R m.w.N., nach juris; Seewald in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand August 2008, §
7 SGB IV Rdnr. 93). Nur unter besonderen Umständen wird diese verneint, insbesondere bei Geschäftsführern, die mit den Gesellschaftern
familiär verbunden waren und die Geschäfte wie Alleininhaber nach eigenem Gutdünken führten (vgl. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1987 - Az.: 7 RAr 25/86, nach juris). Eine abhängige Beschäftigung wird zudem dann ausgeschlossen, wenn dem Geschäftsführer der tatsächliche Einfluss
auf die Willensbildung der GmbH gestattet, nicht genehme Weisungen der genannten Art zu verhindern, z.B. dann, wenn er auch
als externer (angestellter) Geschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter
persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 1999 - Az.: B 2 U 48/98 R, nach juris) und er seine Tätigkeit nicht wie für ein fremdes, sondern wie für ein eigenes Unternehmen ausübt (vgl. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1987 - Az.: 7 RAr 25/86, nach juris).
Insgesamt ergibt die Betrachtung und Abwägung der vertraglichen und der tatsächlichen Gestaltung der Tätigkeit des Beigeladenen
zu 4., dass die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung weitgehend überwiegen und das Gesamtbild der Tätigkeit des Beigeladenen
zu 4. bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum geprägt haben.
Nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2010 galten für den Beigeladenen
zu 4. von Beginn an die Festlegungen, die später in dem Geschäftsführer-Vertrag vom 2. Juli 1998 schriftlich fixiert wurden.
Das ist grundsätzlich nachvollziehbar. Eine formlose Bestellung eines Geschäftsführers ist entgegen der Ansicht der Vorinstanz
bei der Ein-Mann-GmbH zulässig (vgl. auch BGHZ 33,191). Die unterlassene Protokollierung (§ 48 Abs. 3 GmbHG) führt nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses (vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Auflage 2010, § 48 Rdnr. 48). Der Vortrag der Klägerseite, eine frühere Eintragung des Beigeladenen zu 4. als Gesellschafter in das Handelsregister
sei nicht möglich gewesen, ist nachvollziehbar und wird belegt durch die beigezogene Handelsregisterakte. Anlässlich des Ausscheidens
des früheren Gesellschafters St. L. durch notariellen Vertrag vom 26. August 1997 wurde eine Unstimmigkeit bezüglich der Höhe
des Gesellschaftskapitals festgestellt. Diese Klärung zog sich von Oktober 1997 bis März 1998 hin. Erst danach konnte eine
Eintragung des Beigeladenen zu 4. als Gesellschafter erfolgen. Die Zeugeneinvernahme durch das Sozialgericht hat ergeben,
dass die Arbeitnehmer eine zeitliche Zäsur bezüglich der Stellung des Beigeladenen zu 4. im Betrieb nicht wahrgenommen haben.
Der schriftliche Geschäftsführer-Vertrag enthält eine Reihe von Abreden, die für eine persönliche Abhängigkeit als Arbeitnehmer
typisch sind: Der Beigeladene zu 4. erhielt ein festes monatliches Gehalt in Höhe von 6.000,- DM, hatte einen Anspruch auf
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsgeld, einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstage im Jahr, Anspruch auf eine Tantieme
in Höhe von 10 v.H. des Jahresgewinns sowie - nach den Angaben in der Senatssitzung am 24. August 2010 - einen Dienstwagen.
Ein für die selbständige Tätigkeit typisches Unternehmensrisiko trug er erst später, nämlich mit der Bestellung zum Geschäftsführer
als Organ der Gesellschaft und der Übernahme der Gesellschaftsanteile zum 2. Juli 1998. Ein Außenstehender hätte ihn bei Verbindlichkeiten
der Gesellschaft zuvor nicht in Haftung nehmen können.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Vortrag, der Beigeladene zu 4. sei grundsätzlich in der Gestaltung seiner Arbeitszeit
frei gewesen. Dies hatte dieser zum einen zum Zeitpunkt der Selbstauskunft offensichtlich anders gesehen und seine "regelmäßige
tarifliche wöchentliche Arbeitszeit" mit 40 Wochenstunden angegeben. In der Senatssitzung hat er dies nicht erklären können.
Zum anderen ist eine freie Zeitgestaltung bei Geschäftsführern durchaus üblich und kein wesentliches Indiz für eine versicherungsfreie
Tätigkeit.
Somit könnte eine versicherungsfreie selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 4. nur damit begründet werden, dass er nach
seinem Willen schalten und walten konnte, weil er den Gesellschafter persönlich dominierte oder weil dieser wirtschaftlich
von ihm abhängig war. Ausreichende Anhaltspunkte für eine solche Dominanz fehlen. Dagegen spricht zudem, dass der Alleingesellschafter
und Geschäftsführer G. bis zum Abschluss des schriftlichen Geschäftsführervertrages und dem Erwerb der Geschäftsanteile am
2. Juli 1998 eine (Allein)Vertretungsberechtigung jederzeit mit formloser Mitteilung hätte einschränken oder ihn sogar allein
kündigen können. Soweit der Beigeladene zu 4. vorträgt, dass er aufgrund seiner Erfahrungen in der Projektierung und Kenntnisse
maßgeblich an der Akquirierung großer Aufträge beteiligt war, die Aufgabenverteilung dergestalt erfolgte, dass er bereits
im Zeitraum 1. Januar bis 2. Juli 1998 die größeren Objekte und der Geschäftsführer G. die kleineren Objekte (Einfamilienhäuser
etc.) übernahm und seine Entscheidungen ohne Rücksprache mit dem Geschäftsführer G. traf, unerstellt der Senat dies als richtig.
Daraus resultiert aber angesichts der bereits erwähnten Umstände keine Dominanz, sondern allenfalls eine Gleichstellung; allein
die höhere Qualifizierung des Beigeladenen zu 4. und die Verteilung der Geschäftszuständigkeiten reichen hierfür nicht aus.
Eine wirtschaftliche Abhängigkeit ist nicht ersichtlich. Sie kommt auch nicht wegen der vorgetragenen Abtretung des Vergütungsanspruchs
aus der Rechnung der Klägerin gegenüber dem Planungsbüro E. M. vom 12. Januar 1998 in Höhe von 24.946,18 DM (als Stammeinlage)
in Betracht. Dieser Vortrag ist bereits nicht erwiesen, denn weder das Planungsbüro Erhard Müller noch dieser selbst waren
auffindbar. Auch ist er in sich nicht stimmig. So hat der Beigeladene zu 4. in der Selbstauskunft vom 17. Januar 2001 angegeben,
der Klägerin ein "Darlehen" in Höhe von 30.000 DM gegeben zu haben. Dies legt nahe, dass er selbst den zugrunde liegenden
Sachverhalt nicht als Einlage wertete. Die Diskrepanz hat er in der Sitzung nicht aufklären können. Auch entspricht der Betrag
nicht dem Nennbetrag der abgetretenen Stammeinlage (20.400,00 DM). Die Behauptung, der Wert des abgetretenen Anteils habe
tatsächlich höher gelegen, ist zwar denkbar, erklärt aber weder die betragsmäßige Angabe in der Selbstauskunft (30.000,00
DM) noch die Zahlung gerade des vorgetragenen Betrages. Die teilweise Rückzahlung einer Überzahlung an den Beigeladenen zu
4. hat der Geschäftsführer der Klägerin verneint. Es drängt sich somit der Verdacht auf, dass der Rechnungsstellung der Klägerin,
sofern sie denn tatsächlich erfolgte, andere Gründe zugrunde lagen. Im Übrigen wäre selbst bei einem Nachweis der Abtretung
angesichts der Höhe des Betrags eine Abhängigkeit nicht vorstellbar. Der Beigeladene zu 4. und der Geschäftsführer der Klägerin
hatten in der gleichen Zeit jeweils das gleiche monatliche Gehalt erhalten (je 6.000,00 DM), das sich zusammen auf etwa die
Hälfte des Abtretungsbetrags addiert. Schon dieses Verhältnis schließt die wirtschaftliche Abhängigkeit aus. Die Existenz
eines höheren Betrages (30.000,00 DM) wird von der Klägerin und dem Beigeladenen zu 4. nicht behauptet.
Nicht nachvollziehbar ist der Vortrag der Klägerin in der Vorinstanz, das Schreiben der Beklagten vom 11. März 1998 hätte
einen Vertrauenstatbestand geschaffen und hätte nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben werden müssen. Dieses Schreiben bezog sich offensichtlich nicht auf die Geschäftsführertätigkeit bei der Klägerin.
Insofern scheidet ein Vertrauenstatbestand aus.
Der Streitwert war nach dem Gerichtskostengesetz im Hinblick auf die streitgegenständliche Summe auf 4.932,00 EUR festzusetzen.