Anspruch auf Hinterbliebenenrente; Ablehnung wegen der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung großer Witwenrente aus der Versicherung des am 15.6.2003 verstorbenen H. M. S.
(im Folgenden: Versicherter).
Die 1953 geborene Klägerin heiratete am 10.11.2002 den 1954 geborenen Versicherten. Dieser hatte seit dem 1.5.1996 von der
früheren Landesversicherungsanstalt (LVA) Berlin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen (Zahlbetrag ab dem 1.7.1999: 1128,09
DM/Monat). Die Klägerin erzielte aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit als Inhaberin einer Cocktailbar im Jahr 2001 ein
zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 3599 DM; in den Jahren 2002 und 2003 wurde auf eine Steuerfestsetzung ganz verzichtet.
Bei dem Versicherten wurde erstmals im August 1999 ein Bronchialkarzinom diagnostiziert, dessen ausgedehnte Lymphknoten-Metastasierung
mit Pleurakarzinose bei einem stationären Aufenthalt im August 2000 gesichert wurde. Nach einer weiteren stationären Chemotherapie
vom 30.4.2002 bis 1.5.2002 und Feststellung einer Hirnmetastasierung im Oktober 2002 wurde eine Ganzhirnbestrahlung bei schwerster
neurologischer Symptomatik des Versicherten durchgeführt; dieser befand sich vom 30.10.2002 bis zum 12.11.2002 in stationärer
Behandlung. Er verstarb am 15.6.2003.
Den Antrag der Klägerin vom September 2003 auf große Witwenrente lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.2.2004 und Widerspruchsbescheid
vom 29.3.2005 ab: Im Hinblick auf die gesetzliche Vermutung in §
46 Abs
2a des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB VI) sei davon auszugehen, dass die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung gewesen sei. Diese Vermutung habe die Klägerin
nicht widerlegen können.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage nach persönlicher Anhörung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung mit Urteil vom 2.4.2007
abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Klägerin ebenfalls persönlich angehört und ihre Berufung mit Urteil vom
15.8.2007 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Dem Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Witwenrente
stehe die Vorschrift des §
46 Abs
2a SGB VI entgegen. Danach sei der Anspruch auf eine große Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert
habe, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalles die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass der alleinige
oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Widerlegung
der Vermutung erfordere nach §
202 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) iVm §
292 der
Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils. Im vorliegenden Fall sei die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt, weil nicht feststellbar
sei, auf welchen konkreten Erwägungen die Eheschließung im Einzelnen beruhe. Die Klägerin habe anlässlich ihrer persönlichen
Anhörung vor dem Senat nicht plausibel darlegen können, weshalb es trotz der seit 1999 bzw 2000 bestehenden eheähnlichen Lebensgemeinschaft
mit dem Versicherten erst am 10.11.2002 zur Heirat im Krankenhaus gekommen sei. Zumindest dem Versicherten sei die seit spätestens
August 2000 gesicherte Diagnose in ihrer Tragweite uneingeschränkt bekannt gewesen. Die Klägerin habe zwar vorgetragen, dass
der Wunsch zu heiraten beiderseits bestanden habe, seit sie mit dem Versicherten zusammen gezogen sei. Allerdings sei nicht
nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, weshalb dieser Heiratsentschluss nicht früher umgesetzt worden sei, obwohl sie
nach ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung Kenntnis von der schweren Krebserkrankung gehabt habe. Aus den vorliegenden
ärztlichen Unterlagen ergebe sich, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung aus objektiver Sicht festgestanden habe, dass der
Tod des Versicherten in absehbarer Zeit zu erwarten gewesen sei. Die Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung hätte die wirtschaftliche
Situation der Klägerin angesichts ihrer geringen eigenen Einkünfte objektiv erheblich verbessert. Die gesetzliche Regelung
in §
46 Abs
2a SGB VI verstoße nicht gegen den Schutz der Ehe in Art
6 Abs
1 des Grundgesetzes (
GG).
Die Klägerin rügt mit der vom Senat zugelassenen Revision, dass die Regelung über den Ausschluss einer Witwen-/Witwerrente
in §
46 Abs
2a SGB VI nicht verfassungsgemäß sei. Das LSG habe die Grenzen der verfassungskonformen Anwendung und Auslegung der genannten Vorschrift
im Lichte des Art
1 Abs
1, Art
2, Art
3 Abs
1 und Art
6 GG verkannt und zu Unrecht die Gewährung der großen Witwenrente verweigert. Zumindest erfordere eine verfassungskonforme, am
Normzweck orientierte Auslegung ein einschränkendes Verständnis des Begriffs der in der Vorschrift definierten Versorgungsehe.
Der überlebende Ehegatte werde gesetzlich genötigt, sich unter Umständen über intime Einzelheiten der vorehelichen Beziehung,
der Motive und der Entschlusslage bei der Heirat zu äußern und für diese den vollen Beweis zu erbringen. Dieses "Sich-offenbaren-Müssen"
stoße bei ihr auf unüberwindbare psychische und emotionale Barrieren, weshalb sie nicht in der Lage gewesen sei, gegenüber
dem Gericht die Umstände, die Gefühlslage und ihre emotionale Motivation zum Eheschluss auszudrücken. Das Grundrecht aus Art
2 Abs
1 GG iVm Art
1 Abs
1 GG schütze einen letzten unantastbaren Bereich der privaten Lebensgestaltung, der der öffentlichen Gewalt schlechthin entzogen
sei und in den mithin nicht eingegriffen werden dürfe. Durch die gesetzliche Vermutung in §
46 Abs
2a SGB VI werde von der Rechtsprechung verlangt, dass der Hinterbliebene im Wege des Vollbeweises die Vermutung einer Versorgungsehe
widerlegen und damit hinsichtlich seiner Motive des Eheschlusses sich vollkommen entblättern, also seine innersten Motive
offenlegen müsse. Komme er dem nicht nach und überzeuge er den Rentenversicherungsträger bzw das Gericht nicht davon, dass
eine Versorgungsehe gerade nicht vorgelegen habe, folgere das Gericht daraus eine unzureichende Beweisführung und damit eine
den Anspruch ausschließende Versorgungsehe. Der Schutz der Familie in Art
6 Abs
1 GG enthalte eine verbindliche Wertentscheidung für das gesamte Recht, soweit es Ehe und Familie betreffe. Diese gelte auch für
den Schutz durch die Hinterbliebenenversicherung für überlebende Ehepartner. Ehen würden nicht nur zur Herbeiführung einer
wirklichen Ehegemeinschaft im Sinne einer auf Liebe und Zuneigung basierenden Geschlechts- und Verantwortungsgemeinschaft,
sondern auch aus materiellen Gründen wie damit verbundenen Steuervergünstigungen, um gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen
und zum Verschaffen einer Hinterbliebenenversorgung geschlossen. Eine formwirksame Heirat führe zum Status eines Ehegatten
und müsse aufgrund des in Art
6 Abs
1 GG gewährten Schutzes dazu führen, dass der Rentenversicherungsträger für das Vorliegen einer Versorgungsehe darlegungs- und
beweispflichtig sei. In verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift des §
46 Abs
2a SGB VI könne dem Hinterbliebenen hinsichtlich des Nachweises nur auferlegt werden, allein objektiv nachvollziehbare Gründe und Umstände
darzulegen, die für den Entschluss zu heiraten maßgeblich gewesen seien. Im Übrigen werde der Hinterbliebene ohne sachlichen
Grund gegenüber denjenigen, bei denen der Tod des Verstorbenen erst nach Ablauf eines Jahres eintrete, schlechter gestellt;
ebenso im Verhältnis zu dem Hinterbliebenen einer Scheinehe, die nur zur Verschaffung eines Aufenthaltsrechts eingegangen
worden sei. Hätte das LSG die objektiven Vermutungsvoraussetzungen entsprechend weiter gefasst, würde sie nicht die Widerlegungslast
treffen, weil die schon gut zwei Jahre vor dem Eheschluss praktizierte Lebensgemeinschaft den Versorgungszweck der Heirat
ausschließe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. August 2007 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2.
April 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. März 2005
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Juli 2003 große Witwenrente aus der Versicherung des H. M. S. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Die angegriffene Norm wolle gerade das Institut der
Ehe vor Missbrauch schützen und stelle daher keinen Verstoß gegen Art
6 Abs
1 GG dar. Die gesetzliche Regelung über die sog Versorgungsehe sei nicht gegen die Ehe als solche gerichtet, sondern nur dagegen,
dass bestimmte einzelne Folgen einer Eheschließung einträten, wenn der Eheschluss lediglich oder überwiegend wegen eben dieser
Folgen vorgenommen worden sei. Die Klägerin sei auch nicht gesetzlich genötigt, gegenüber außenstehenden Dritten über interne
Einzelheiten der vorehelichen Beziehung zu sprechen. Der Hinterbliebene könne selbst entscheiden, inwieweit er seine Beweggründe
für die Eheschließung offenbare oder Auskünfte hierüber verweigere. Er habe nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast
lediglich materielle Nachteile in Kauf zu nehmen, wenn er die vermutete Versorgungsabsicht nicht widerlegen könne. Zum Beispiel
werde aus der Aufzählung der Eheaufhebungsgründe in §
1314 Abs
2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (
BGB) mit der Möglichkeit der Eheaufhebung wegen Irrtums, arglistiger Täuschung, Drohung oder wegen des Tatbestands der sog Scheinehe
deutlich, dass es jedem Ehegatten durchaus zuzumuten sei, die Motive, die ihn zur Eheschließung veranlasst hätten, darzulegen,
wenn er selber Vorteile hieraus herleiten wolle. Ein Verzicht auf die gesetzliche Vermutung würde die Rechtslage der Klägerin
nicht verbessern. In diesem Fall wäre die Rentenversicherung gezwungen, die Motive, die zur Eheschließung geführt haben, von
Amts wegen aufzuklären.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt (§
124 Abs
2 SGG).
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf Witwenrente nach dem Versicherten.
Zwar erfüllt sie die Voraussetzungen für eine große Witwenrente nach §
46 Abs
2 Satz 1
SGB VI. Dem Anspruch steht jedoch der Ausschlusstatbestand des §
46 Abs
2a SGB VI (eingeführt durch das Altersvermögensergänzungsgesetz [AVmEG] vom 21.3.2001, BGBl I 403) entgegen. Hiernach haben "Witwen
... keinen Anspruch auf Witwenrente ..., wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat [Halbs 1], es sei denn, dass
nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck
der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen [Halbs 2]."
Die einfachgesetzliche Anwendung dieser Regelung durch das LSG ist nicht zu beanstanden (1). Übergangsrechtlich war §
46 Abs
2a SGB VI auf die Klägerin anwendbar (2). Die Regelung verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht (3).
(1) Die Anwendung des §
46 Abs
2a SGB VI durch das LSG erweist sich nicht als fehlerhaft. Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen bei der Klägerin vor. Ihre Ehe
mit dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert (§
46 Abs
2a Halbsatz 1
SGB VI), nämlich vom 10.11.2002 bis zum 15.6.2003; besondere Umstände iS des §
46 Abs
2a Halbsatz 2
SGB VI sind nicht festgestellt.
Das LSG hat dieser Ausnahmeregelung auch keine derartigen Voraussetzungen entnommen, dass ihr kein Anwendungsbereich bliebe
(vgl zu ähnlichen Bedenken im Rahmen des §
237 Abs
4 Satz 1 Nr
3 SGB VI: Senatsurteil vom 12.12.2006, SozR 4-2600 §
237 Nr 11 RdNr 39).
Es hat seine Entscheidung vor allem darauf gestützt, dass auch nach persönlicher Anhörung der Klägerin nicht feststellbar
gewesen sei, auf welchen Erwägungen im Einzelnen die Eheschließung am 10.11.2002 - während des Krankenhausaufenthaltes nach
Feststellung einer Hirnmetastasierung - beruht habe. Auch dies ist eine für das BSG bindende Tatsachenfeststellung (§
163 SGG), weil die Klägerin sie nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat; ihr tatsächlicher Vortrag ist in der Revisionsinstanz
ohnehin unbeachtlich. Auf der geschilderten Tatsachengrundlage aber kann - unabhängig von denkbaren Zweifelsfragen in anderen
Fällen - in keinerlei Hinsicht davon ausgegangen werden, dass zugunsten der Klägerin besondere Umstände iS des §
46 Abs
2a Halbsatz 2
SGB VI vorlagen.
(2) Die Vorschrift ist nach der Übergangsregelung des §
242a Abs
3 SGB VI auf den Fall der Klägerin anwendbar, weil ihre Ehe nach dem 31.12.2001 geschlossen wurde. Insoweit bestehen keine verfassungsrechtlichen
Bedenken.
(a) Der Gesetzgeber hat durch die Neuregelung weder im Sinne einer echten noch einer unechten Rückwirkung (zur echten Rückwirkung
näher zB Senatsbeschluss vom 29.8.2006 - B 13 RJ 47/04 R, Juris RdNr 69 ff; zur unechten Rückwirkung zB Senatsurteil vom 8.12.2005, SozR 4-2600 § 166 Nr 1 RdNr 23, jeweils mwN)
in Rechte der Klägerin oder des Versicherten eingegriffen.
(aa) Durch die Einschränkung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenrente ist von vornherein noch nicht einmal der Schutzbereich
der Eigentumsgarantie des Art
14 Abs
1 GG berührt. Denn die Hinterbliebenenversorgung gehört - selbst bei langjährig bestehenden Ehen - nicht zu den von Art
14 Abs
1 GG geschützten Rechtspositionen (Bundesverfassungsgericht [BVerfG] vom 18.2.1998, BVerfGE 97, 271, 284 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1).
(bb) Die Einführung des §
46 Abs
2a SGB VI zum 1.1.2002 verstößt auch nicht gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (Art
2 Abs
1 GG) der Klägerin in Verbindung mit dem Vertrauensschutzprinzip. Sie hat für die Klägerin noch nicht einmal eine sog unechte
Rückwirkung - im Sinne der nachträglichen Entwertung einer Rechtsposition dadurch, dass eine Norm auf gegenwärtig noch nicht
abgeschlossene Sachverhalte mit Wirkung für die Zukunft einwirkt - entfaltet. Es fehlt an einem Vertrauenstatbestand. Im Zeitpunkt
des Inkrafttretens der Vorschrift hatten weder der Versicherte noch gar die Klägerin mehr als eine - rechtlich jedenfalls
unbeachtliche - bloße Aussicht, dass aus den Beiträgen des Versicherten einmal ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente zu ihren
Gunsten entstehen würde. Denn beide waren zu diesem Zeitpunkt nicht miteinander verheiratet (vgl BSG vom 3.7.2002, SozR 3-5050
§ 22b Nr 3 S 28, mit BVerfG Kammerbeschluss vom 3.7.2006 - 1 BvR 2401/02, SozR 4-5050 § 22b Nr 7 RdNr 10 [nicht in Juris!] für eine ähnliche Konstellation).
Im Übrigen stand interessierten Paaren nach der Verkündung des AVmEG (im BGBl I Nr 13 vom 26.3.2001) noch eine Übergangsfrist
von über acht Monaten zur Verfügung, um durch eine Eheschließung vor dem 1.1.2002 auch für den Fall des Ablebens eines der
Partner vor Ablauf der Jahresfrist dem Überlebenden die Möglichkeit einer Hinterbliebenenrente ohne die Einschränkung des
§
46 Abs
2a SGB VI zu eröffnen. Hiervon hätten auch der Versicherte und die Klägerin Gebrauch machen können, die nach Angaben der Klägerin seit
1999/2000 in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebten.
(b) Auch aus dem Gleichheitssatz (Art
3 Abs
1 GG) kann kein Anspruch der Klägerin auf Witwenrente noch nach dem vor dem 1.1.2002 geltenden Rechtszustand abgeleitet werden.
Hinterbliebenen, deren Ehen - anders als die der Klägerin - noch vor dem 1.1.2002 geschlossen wurden, steht zwar eine Witwen-
(oder Witwer-)rente auch nach kürzerer Ehedauer als einem Jahr problemlos zu. Diese Ungleichbehandlung hält jedoch einer verfassungsrechtlichen
Prüfung stand. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, auch solche Gesetzesänderungen zu beschließen, die die Stellung der Betroffenen
(hier: die Chance auf eine Witwenrente) verschlechtern; dies geht denknotwendigerweise nicht ohne Festsetzung eines Zeitpunkts,
zu dem die Neuregelung Gültigkeit erlangt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass ein anderes Datum des Inkrafttretens sachgerechter
gewesen wäre.
(3) Die Vorschrift des §
46 Abs
2a SGB VI ist als solche verfassungsmäßig.
Sie verstößt nicht gegen den allgemeinen oder einen speziellen Gleichheitssatz des Art
3 GG, auch nicht in Verbindung mit dem durch Art
6 Abs
1 GG gewährleisteten Schutz der Ehe.
Dies gilt unabhängig davon, ob eine Versorgungsehe (definiert in Anlehnung an §
46 Abs
2a Halbsatz 2
SGB VI als "Ehe, die allein oder überwiegend zu dem Zweck geschlossen wird, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen")
bereits als solche einen Missbrauch der Ehe darstellt (so jedoch BSG vom 28.3.1973, BSGE 35, 272, 273 zur Versorgungsehe im Unfallversicherungsrecht; zweifelnd insoweit die Anm Beitzke, SGb 1973, 520). Im deutschen Recht sind seit dem Ende des 19. Jahrhunderts Regelungen bekannt, die innerhalb von Sicherungssystemen (Beamten-,
Soldaten-, Kriegsopferversorgung, Unfallversicherung, auch betriebliche Altersversorgung) Ansprüche ausschließen oder mindern,
wenn die Ehe die Versorgung des überlebenden Ehegatten (meist: der Witwe) bezweckt (Eisfeld, Die Scheinehe in Deutschland
im 19. und 20. Jahrhundert, 2005, S 85 ff, 223 ff). Das Eherecht selbst hatte derartige Ehen nicht missbilligt (s Eisfeld
aaO, insbes S 148 f zu den Vorarbeiten zum Ehegesetz vom 6.7.1938, RGBl I 807). Erst seit Einführung der Vorschriften über
die sog Scheinehe (iS des §
1314 Abs
2 Nr
5 BGB idF des Eheschließungsrechtsgesetzes vom 4.5.1998, BGBl I 833; in Kraft seit 1.7.1998) wird diskutiert, ob hierunter auch
Versorgungsehen fallen (hiergegen Voppel in Staudinger,
BGB, 2007, §
1314 RdNr 72: weil "in der Intention der Versorgung" zugleich auch ein Minimum an Übernahme von Verantwortung für den anderen
Ehegatten liege, sodass nicht ausschließlich ehefremde Zwecke angenommen werden könnten; zweifelnd zB Otte, JuS 2000, 148, 151 f; Brudermüller in Palandt,
BGB, 67. Aufl 2008, §
1314 RdNr 14). Hierauf kommt es für die verfassungsrechtliche Beurteilung jedoch nicht an.
Die Neuregelung erweist sich auch angesichts dessen verfassungsgemäß, dass die Einführung des §
46 Abs
2a SGB VI gegenüber den bisherigen sozialrechtlichen Regelungen zur Versorgungsehe einen gewichtigeren Einschnitt bedeutet: Die Hinterbliebenenleistungen
im Unfallversicherungs- und im sozialen Entschädigungsrecht werden typischerweise nur neben einer, zudem gemeinhin höheren,
Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt; mit der Witwen- (bzw Witwer-) Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
fällt hingegen in der Regel die hauptsächliche Witwen- (bzw Witwer-) Versorgung weg. Im Beamtenrecht wirkt freilich die dem
§
46 Abs
2a SGB VI entsprechende Regelung in § 19 Abs 2 Satz 2 Nr 1 des Beamtenversorgungsgesetzes ähnlich ausschließlich wie die Regelung zur gesetzlichen Rentenversicherung.
(a) Die als Prüfungsmaßstab in Betracht kommenden Regelungen des Art
6 Abs
1 und Art
3 Abs
1 GG sind nicht verletzt.
(aa) Zwar stehen nach Art
6 Abs
1 GG Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. Nach der Rechtsprechung des BVerfG enthält diese Verfassungsbestimmung
sowohl ein Grundrecht auf Schutz vor Eingriffen des Staates als auch eine Institutsgarantie und eine wertentscheidende Grundsatznorm
(stRspr, zB BVerfG vom 17.7.2002, BVerfGE 105, 313, 342 f mwN). Sie ist jedoch durch §
46 Abs
2a SGB VI in keinerlei Hinsicht verletzt.
So kann hieraus kein Verstoß gegen die aus Art
6 Abs
1 GG zu folgernde Eheschließungsfreiheit (vgl BVerfG vom 4.5.1971, BVerfGE 31, 58 LS 1) abgeleitet werden. Ebenso wenig verletzt §
46 Abs
2a SGB VI das aus Art
6 Abs
1 GG folgende Diskriminierungsverbot und das Verbot der Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen (vgl BVerfG vom 10.11.1998,
BVerfGE 99, 216, 232). Denn nicht Verheiratete (zum neuesten Stand vgl §
46 Abs
4 SGB VI idF des Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004, BGBl I 3396) haben von vornherein keinen
Anspruch auf Hinterbliebenenrenten.
Schließlich umfasst die dem Staat obliegende Pflicht, die Ehe einem besonderen Schutz zu unterstellen, zwar auch die Aufgabe,
die Ehe durch geeignete Maßnahmen - auch im Sozialversicherungsrecht - zu fördern; der Gesetzgeber kann aber im Rahmen seiner
Gestaltungsfreiheit bestimmen, auf welche Weise er diese Aufgabe verwirklichen will (BVerfG vom 6.6.1978, BVerfGE 48, 346, 366 = SozR 2200 § 1268 Nr 11). Jedenfalls kann er einen sozialversicherungsrechtlichen Anspruch auf Witwenrente vorsehen;
ob ein solcher überhaupt verfassungsrechtlich geboten ist, hat das BVerfG jedoch offen gelassen (BVerfG vom 30.11.1982, BVerfGE
62, 323, 332 f = SozR 2200 § 1264 Nr 6).
(bb) Insbesondere aber ist der Gesetzgeber nach Art
6 Abs
1 GG nicht - auch nicht iVm Art
3 Abs
1 GG - gehalten, alle Ehen unterschiedslos vom ersten Tage ihres Bestehens an mit Ansprüchen auf Hinterbliebenenversorgung aus
der gesetzlichen Rentenversicherung auszustatten. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG ist erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird,
obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie eine gleiche
oder ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, zB BVerfG vom 28.2.2007, BVerfGE 117, 316, 325 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 mwN); dh wenn die vom Gesetzgeber getroffene rechtliche Unterscheidung in sachlichen Unterschieden
keine ausreichende Stütze findet.
Bereits die isoliert betrachtete Vorschrift des §
46 Abs
2a Halbsatz 1
SGB VI, also ein ausnahmsloser Ausschluss der Witwen- oder Witwerversorgung bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr, rechtfertigt
keine aus den genannten Verfassungsnormen abzuleitenden Bedenken.
Im Gegenteil konnte auch die vor dem Inkrafttreten des AVmEG geltende völlige Ehezeitunabhängigkeit der Ehegattenhinterbliebenenrenten
als unsachgemäß erachtet werden. Denn der Witwen- bzw Witwerrente kommt vor allem eine Unterhaltsersatzfunktion zu (BVerfG
vom 18.2.1998, BVerfGE 97, 271, 287 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1). Bei Kurzzeitehen müssen jedoch typischerweise keine ehebedingten Nachteile ausgeglichen werden.
Bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr hat sich der überlebende Ehepartner in der Regel von seinen wirtschaftlichen
Verhältnissen, wie sie vor der Eheschließung gegeben waren, nicht so weit entfernt, dass er nach dem Tod des Ehepartners nicht
wieder daran anknüpfen könnte (vgl bereits BSG vom 27.5.1959, BSGE 10, 51, 55, zu § 38 Abs 2 BVG aF; BSG vom 5.11.1965 - 5 RKn 87/61, insoweit nicht veröffentlicht, zu § 590 Abs 2
RVO aF). Auch das Unterhaltsrecht schränkt bei einer nur kurzen Ehedauer etwaige Ansprüche ein (s §
1573 Abs
5 Satz 1, §
1579 Nr
1 BGB aF, §
1578b Abs
2 Satz 2 iVm Abs
1 Satz 2
BGB idF des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007, BGBl I 3189). Demgegenüber setzt zwar das gesetzliche
Ehegattenerbrecht mit dem Tag der Eheschließung ein und wandelt sich quotenmäßig im Laufe der Ehe nicht. Infolge der Testierfreiheit
ist insoweit jedoch eine Möglichkeit der Anpassung an die individuellen Verhältnisse gegeben; dagegen sind die Ansprüche auf
Hinterbliebenenrente der Privatautonomie nicht zugänglich (Köbl, ZfSH/SGB 1991, 675, 676).
Bereits aus diesen Erwägungen ergibt sich der sachliche Grund, der die Einführung des §
46 Abs
2a SGB VI durch das AVmEG legitimiert. Es bedarf deswegen keiner Überprüfung, ob die Unterstellung der Gesetzesbegründung (in BT-Drucks
14/4595 S 44 auch als "gesetzliche Vermutung" bezeichnet; ähnlich bereits BT-Drucks IV/120 S 59 zu § 592 des Entwurfs = § 594
RVO) zutrifft, wonach "regelmäßig", wenn ein Ehegatte innerhalb eines Jahres nach Eheschließung versterbe, "Ziel der Eheschließung
die Erlangung einer Versorgung" sei (zur Überprüfung gesetzlicher Vermutungen anhand von Art
3 Abs
1 GG zB BSG vom 24.7.1997, SozR 3-4100 § 103a Nr 3 S 23 f).
(cc) Schließlich wirft das von der Revision vorgebrachte "Stichtagsargument" keine verfassungsrechtlichen Bedenken auf. Die
Klägerin trägt vor, der aufgrund eines Todesfalls bereits im ersten Ehejahr Hinterbliebene werde ohne ernsthaften sachlichen
Grund gegenüber denjenigen schlechter gestellt, bei denen der Ehegatte erst nach Ablauf eines Jahres versterbe. Es ist jedoch
geklärt, dass der Gesetzgeber - wie hier - für Eintreten belastender Rechtsfolgen Stichtage festlegen kann, ohne gegen den
Gleichheitssatz (Art
3 Abs
1 GG) zu verstoßen. Die insoweit in der Verfassungsrechtsprechung aufgestellte Voraussetzung, dass sich die Einführung des Stichtags
überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (vgl BVerfG
vom 23.11.1999, BVerfGE 101, 239, 270; stRspr), ist hier erfüllt; die Wahl einer anderen Frist als der eines Jahres drängt sich nicht auf.
Wenn sich aber bereits eine Regelung, die eine Witwen- oder Witwerrente bei einem Ableben des Ehepartners im ersten Ehejahr
unterschiedslos ausschlösse, auf einen sachlichen Grund berufen könnte, dann gilt das erst recht für die von der Klägerin
angegriffene Regelung des §
46 Abs
2a SGB VI, deren Halbsatz 2 von dieser Regel wiederum eine Ausnahme zulässt.
(b) Der Senat könnte schließlich auch dann keinen Verstoß gegen das Gebot, Männer und Frauen gleich zu behandeln (Art
3 Abs
2 Satz 1
GG), feststellen, wenn statistisch erwiesen werden könnte, dass mehr Witwen als Witwer an dem Ausschlusstatbestand des §
46 Abs
2a SGB VI scheitern. Denn nichts anderes ist angesichts des zahlenmäßigen Verhältnisses der gezahlten Witwen- und Witwerrenten zu erwarten.
Im Jahre 2001, also vor Inkrafttreten der Neuregelung, wurden mehr als 13 Mal soviel Witwenwie Witwerrenten gezahlt (vgl Rentenversicherung
in Zeitreihen, DRV-Schriftenreihe Band 22, Ausgabe 2008, S 158). Zwar nimmt die Zahl der Witwenrenten ab und die der Witwerrenten
zu; dies ist jedoch kontinuierlich seit 1995 der Fall (damals gab es mehr als 20-mal soviel Witwen- wie Witwerrenten; 2007
ist die Relation ca 1 : 10; aaO), sodass ein Einfluss der Neuregelung des §
46 Abs
2a SGB VI nicht zu erkennen ist.
(c) Die Ausnahmeregelung des Halbsatzes 2 wirft ihrerseits ebenso wenig verfassungsrechtlichen Bedenken auf.
(aa) Angesichts dessen, dass - wie oben (bei [a]) ausgeführt - bereits die Grundregelung des Halbsatzes 1 über eine hinreichende
verfassungsrechtliche Legitimation verfügt, ist dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen, wenn er hiervon
- von Verfassung wegen nicht gebotene - Ausnahmen zulässt. Auf dieser Grundlage kann aus dem allenfalls einschlägigen Gleichheitssatz
(Art
3 Abs
1 GG) nichts gegen sein Motiv eingewandt werden, im Anschluss an entsprechende Regelungen im Unfallversicherungs-, sozialen Entschädigungs-
und Beamtenrecht solche Hinterbliebenen zu privilegieren, deren Heirat mit dem Versicherten nachweisbar nicht überwiegend
auf Versorgungsgründen beruhte.
(bb) Im Gegensatz zum Vortrag der Revision wird die Klägerin durch §
46 Abs
2a Halbsatz 2
SGB VI nicht gegenüber dem Hinterbliebenen einer Scheinehe iS des §
1314 Abs
2 Nr
5 BGB (idF des Eheschließungsrechtsgesetzes vom 4.5.1998 - BGBl I 833; in Kraft seit 1.7.1998) - zB einer Aufenthaltsehe - in verfassungswidriger
Weise schlechter gestellt.
Nach der genannten Vorschrift kann eine Ehe ua dann aufgehoben werden, wenn "beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber
einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß §
1353 Abs
1 (
BGB) begründen wollen"; ist eine solche Übereinkunft offenkundig, muss bereits der Standesbeamte seine Mitwirkung bei der Eheschließung
verweigern (§
1310 Abs
1 Satz 2 Halbsatz 2
BGB). §
1353 Abs
1 BGB wiederum lautet: "Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet;
sie tragen füreinander Verantwortung".
Es kann offen bleiben, ob eine Versorgungsehe (iS des §
46 Abs
2a Halbsatz 2
SGB VI) notwendiger- oder typischerweise auch eine "Scheinehe" iS des §
1314 Abs
2 Nr
5 BGB darstellt (s hierzu oben bei [3], am Anfang).
Zwar führt die Revision zu Recht aus, dass eine einmal geschlossene Scheinehe (zB eine Aufenthaltsehe, bei der die Voraussetzungen
des §
46 Abs
2a SGB VI nicht vorliegen) auch einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung nach sich zieht, wenn sie nicht auf der Grundlage eines
gerichtlichen Verfahrens - mit einer anderen Verteilung der Beweislast als nach §
46 Abs
2a SGB VI - auf Antrag ua der zuständigen Verwaltungsbehörde aufgehoben wird (§§
1313,
1316 BGB). Hierin liegt jedoch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung. Im Gegenteil wird eine Ehe, auf die ("nur") die Voraussetzungen
des §
46 Abs
2a SGB VI zutreffen, nicht jedoch die nach §
1314 Abs
2 Nr
5 BGB, weitaus weniger streng sanktioniert. Sie stellt eine statusrechtlich vollgültige Ehe dar; deren Schließung soll weder von
vornherein verhindert werden, noch unterliegt sie der Aufhebung.
(cc) Die Revision meint ferner, es verstoße gegen Art
2 Abs
1 iVm Art
1 Abs
1 GG, wenn die Klägerin zum Nachweis des Vorliegens des Ausnahmetatbestands nach §
46 Abs
2a Halbsatz 2
SGB VI ihre innersten Motive hinsichtlich der Eheschließung offenlegen müsse. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Klägerin
nicht verpflichtet ist, ihre Beweggründe für die Eheschließung zu offenbaren (vgl Senatsurteil vom heutigen Tage - B 13 R 55/08 R; ferner BSG vom 28.3.1973, BSGE 35, 272, 273 zur Versorgungsehe im Unfallversicherungsrecht; vom 3.9.1986, BSGE 60, 204, 208 zur Versorgungsehe im Recht der Kriegsopferversorgung; so auch Beitzke, SGb 1973, 520). Sie kann vielmehr selbst abwägen, ob sie derartige Details preisgeben will, um eine Witwenrente zu erlangen.
Im Übrigen verfolgt die Ausgestaltung der Regelung - ähnlich wie die Regelung in § 7 Abs 3a des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch
zur Vermutung einer eheähnlichen Beziehung zweier in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebender Personen - als Regel-/Ausnahmetatbestand
gerade den Zweck, die Träger der Rentenversicherung von der Ausforschung im Bereich der privaten Lebenssphäre der Eheleute
zu entbinden (vgl Senatsurteil vom heutigen Tage - B 13 R 55/08 R; BSGE 60, 204, 206 f; ferner BVerwG vom 30.10.1969, BVerwGE 34, 149, 153 f zu den "besonderen Umständen des Falles" bei Versagung des Unterhaltsbeitrags für eine "nachgeheiratete" Witwe). Zwar
werden weder der Rentenversicherungsträger noch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit hierdurch von ihrer Amtsermittlungspflicht
(§
20 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch; §
103 SGG) befreit; eine Regelung (wie zB §
144 Abs
1 Satz 4 bzw § 147a Abs 1 Satz 2 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch), wonach der Betroffene zur Anspruchsbegründung bestimmte
Sachverhalte "darzulegen und nachzuweisen" hat, enthält §
46 Abs
2a SGB VI nicht. Erst wenn die Ermittlungen ohne Erfolg bleiben, stellt sich die Frage nach der Feststellungslast.
Es ist nicht zu beanstanden, wenn sich Leistungsträger und Gerichte auf die Ermittlung äußerer Umstände beschränken. Den Antragstellern
ist jedoch die Möglichkeit einzuräumen, sich - ggf im Rahmen einer persönlichen Anhörung - auf innere Motivationen zu berufen,
über die naturgemäß zuvörderst sie Auskunft geben können; auch derartige Angaben sind dann, zB anhand von Indizien (Hilfstatsachen),
zu würdigen. Sie können der Entscheidung zugrunde gelegt werden, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen
und anderweitige Beweismittel nicht zur Verfügung stehen (s hierzu Senatsurteil vom heutigen Tage - B 13 R 55/08 R).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §
193 SGG.