Rückforderung von Elterngeld wegen einer Verlustverrechnung
Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs für alle Einkunftsarten
Gründe:
I
Die Klägerin wehrt sich in der Hauptsache sich gegen die endgültige Festsetzung ihres Elterngelds und eine entsprechende Rückforderung.
Der Beklagte gewährte der Klägerin vorläufig Elterngeld für ihre am 30.6.2010 geborene Tochter auf der Grundlage ihres Einkommens
als selbstständige Fotografin im Kalenderjahr 2009. Im Wege der endgültigen Festsetzung senkte der Beklagte das Elterngeld
auf den Sockelbetrag von 300 Euro monatlich ab und forderte bereits gezahltes Elterngeld in Höhe von 13 559,60 Euro zurück.
Die Einnahmen der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit seien mit den Verlusten aus der von ihr - gemeinsam mit ihrem Ehemann
- betriebenen Photovoltaikanlage zu verrechnen. Sie habe deshalb im Ergebnis im Bemessungszeitraum kein Einkommen erzielt
(Bescheid vom 6.11.2012, Widerspruchsbescheid vom 19.2.2013).
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (SG-Urteil vom 14.4.2015, Berufungsurteil vom 15.6.2017). Das LSG hat ausgeführt, die Klägerin habe im Bemessungszeitraum keinen
Gewinn erzielt, weil die aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage entstandenen steuerlichen Verluste den Gewinn aus ihrem Fotostudio
überstiegen hätten.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig.
1. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die behauptete grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß
dargelegt worden ist (§
160a Abs
2 S 3
SGG).
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung
erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte)
Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Wer, wie die Klägerin, mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich nicht auf die bloße
Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung
des BVerfG und des BSG zu gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus
sich im konkreten Fall der Verfassungsverstoß ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen
Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des
Grundgesetzes im Einzelnen dargelegt werden (Senatsbeschluss vom 8.9.2016 - B 9 V 13/16 B - Juris RdNr 7 mwN).
Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Beschwerde hält es für klärungsbedürftig,
"ob der Ausgleich von mehreren unabhängig voneinander erzielten Einkünften innerhalb der Einkunftsart 'Einkünfte aus Gewerbebetrieb'
(horizontaler Verlustausgleich) gem. § 2 Abs. 8 BEEG a.F. im Hinblick auf den nicht zu erfolgenden Verlustausgleich von mehreren Einkunftsarten (vertikaler Verlustausgleich)
eine Ungleichbehandlung von Gewerbetreibenden gegenüber Nichtselbstständigen darstellt."
Insoweit legt sie aber bereits nicht dar, welche Regelung über den Ausgleich von Verlusten zwischen verschiedenen Einkunftsarten
§2 Abs 8 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG - (in der hier anwendbaren Fassung vom 28.3.2009) überhaupt enthält. Die Vorschrift bestimmt, wie das Einkommen aus Land-
und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit zu ermitteln ist, und zwar als Gewinn abzüglich Steuern und
ggf Sozialversicherungsbeiträgen. Den Ausschluss des Verlustausgleichs zwischen verschiedenen Einkunftsarten - sog vertikaler
Verlustausgleich - (vgl Senatsurteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 5/15 R - BSGE 122, 102 = SozR 4-7837 § 2b Nr 3 RdNr 26 mwN) regelt nicht diese Vorschrift, sondern der von der Beschwerde nicht zitierte § 2 Abs 1 S 2 BEEG. Er definiert als Einkommen die Summe der positiven Einkünfte der verschiedenen steuerrechtlichen Einkunftsarten unter Bezug
auf das
Einkommensteuergesetz. Auch insoweit legt die Beschwerde aber schon nicht hinreichend substantiiert dar, worin die Ungleichbehandlung der von ihr
so bezeichneten Gewerbetreibenden mit abhängig Beschäftigten liegen sollte. Der Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs
gilt im Elterngeldrecht für alle Einkunftsarten gleichermaßen. Andererseits ist die Berücksichtigung von Verlusten einschließlich
des Verlustausgleichs innerhalb derselben Einkunftsart möglich (Senatsurteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 6/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 30 RdNr 15 mwN). Sollte es der Beschwerde um eine ungleiche Behandlung von Eltern mit Mischeinkünften
einerseits und Einkünften lediglich aus abhängiger Beschäftigung andererseits gehen, hätte sie dies klar zum Ausdruck bringen
und sich hieran anschließend mit der Rechtsprechung des Senats befassen müssen, die davon ausgeht, dass die unterschiedliche
Behandlung der Einkommen aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit im BEEG den Besonderheiten dieser Einkommensarten geschuldet ist (vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 18/11 R - Juris RdNr 22 ff mwN). Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, das tatsächlich und rechtlich Gemeinte aus der unklaren
oder mehrdeutigen Formulierung der Beschwerdebegründung herauszuarbeiten.
Unabhängig davon setzt sich die Beschwerde auch nicht hinreichend mit den Gründen für den Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs
bei der Elterngeldberechnung auseinander. Nach dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt
(vgl dazu zuletzt BVerfG Beschluss vom 6.6.2018 - 1 BvR 1375/14 ua - Juris RdNr 75 mwN), sollen dadurch einerseits bei der Einkommensermittlung vor der Geburt Verluste beispielsweise aus
selbstständiger Arbeit nicht das Elterngeld reduzieren oder ausschließen, das für ein daneben erzieltes Einkommen aus nichtselbstständiger
Arbeit zusteht. Andererseits sollen bei der Einkommensermittlung nach der Geburt steuerrechtlich zulässige Gestaltungsoptionen
nicht den Bezug eines deutlich erhöhten Elterngelds ermöglichen (BEEG-Entwurf, BT-Drucks 16/2785 S 37). Die Beschwerde führt nichts dazu aus, ob diese gesetzgeberischen Gründe die von Art
3 Abs
1 GG geforderte hinreichende Rechtfertigung für eine - von ihr ohnehin nicht substantiiert dargelegte - Ungleichbehandlung von
wesentlich Gleichem enthalten (vgl Senatsurteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 5/15 R - BSGE 122, 102 = SozR 4-7837 § 2b Nr 3 RdNr 34 ff mwN).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2, §
169 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.