Verpflichtung der Bundesagentur für Arbeit zur Arbeitsvermittlung von Prostituierten als Arbeitnehmer
Gründe:
I
Der Kläger begehrt von der beklagten Bundesagentur für Arbeit (BA) die Vermittlung von Prostituierten.
Der Kläger betreibt in S ein Bordell, in welchem Prostituierte als Selbständige sexuelle Dienstleistungen gegenüber Dritten
erbringen. Im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen mit den Prostituierten stellt der Kläger diesen ua ausgestattete Räume gegen
Entgelt zur Verfügung. Er beabsichtigt nach seinen Angaben, in Zukunft Arbeitsverhältnisse mit Prostituierten zu begründen,
die für ihn im Rahmen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse tätig sein sollen. Mit Schreiben vom 17. Mai
2004 bat der Kläger die Beklagte um Vermittlung deutscher Prostituierter sowie Prostituierter aus den EU-Mitgliedstaaten.
Art der Tätigkeit sei die Vornahme sexueller Handlungen. Es heißt weiter:
"Gesucht wird eine Frau und/oder ein bisexuell veranlagter Mann für Massagen, den zärtlichen Bereich, Geschlechts- und/oder
Oralverkehr. Erfahrungen im Prostitutionsgewerbe sind von Vorteil. Ein schlankes und gepflegtes Äußeres wird erwartet. Equipment
wie Hygieneartikel, Bettwäsche, Kondome und Getränke werden vom Arbeitgeber gestellt."
Die Beklagte lehnte die Annahme des Vermittlungsauftrages ab, da die Entgegennahme und Ausführung des Antrages gegen die guten
Sitten verstoße und sie deshalb nach §
36 Abs
1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) nicht vermittlerisch tätig werden dürfe (Bescheid vom 8. Juni 2004; Widerspruchsbescheid vom 24. August 2004).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 4. Mai 2006). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz
(LSG) das erstinstanzliche Urteil geändert, den Bescheid vom 8. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.
August 2004 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Vermittlungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil vom 24. Januar 2008). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Der
angefochtene Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig. Allerdings habe der Kläger keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte
seinen Vermittlungsauftrag vom 17. Mai 2004 annehme. Er könne vielmehr nur verlangen, dass diese in ermessensfehlerfreier
Weise darüber entscheide, ob sie den Vermittlungsauftrag annehme und ggf auf welche Weise sie ihn wahrnehme. Anspruchsgrundlage
sei §
35 Abs
1 Satz 1
SGB III, wonach die Agentur für Arbeit ua auch Arbeitgebern Ausbildungsvermittlung und Arbeitsvermittlung (Vermittlung) anzubieten
habe. Wer eine Vermittlung durch die BA geltend mache, habe ein subjektiv-öffentliches Recht auf deren Tätigwerden. Die Entscheidung
über ein Vermittlungsbegehren erfolge durch Ausübung und im Rahmen eines durch das Gesetz eingeräumten Ermessens, wie durch
die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ([BSG], Urteil vom 25. Juli 1985 - 7 RAr 33/84) bereits geklärt sei. Die Beklagte habe ihre Entscheidung zu Unrecht auf das absolute Vermittlungsverbot des §
36 Abs
1 SGB III gestützt. Die Arbeitsverhältnisse, in die sie nach dem Antrag des Klägers vermitteln solle, verstießen nicht gegen die guten
Sitten. Letzteres ergebe sich aus dem Prostitutionsgesetz (ProstG) vom 20. Dezember 2001 und dem darin zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen. Der Vertrag zwischen Prostituierten
und Kunden sowie Bordellbetreibern sei grundsätzlich auch nicht teilweise sittenwidrig, und zwar auch nicht in Bezug auf die
Vornahme sexueller Handlungen. Gegenteiliges lasse sich auch nicht aus den Grundwertungen des Grundgesetzes (
GG) entnehmen, weil nach dem ProstG eine vertragliche Verpflichtung der Prostituierten zur Vornahme sexueller Handlungen gerade nicht bestehe. Die Vereinbarung
über die Vornahme sexueller Handlungen gegen Entgelt sei vom Gesetzgeber als einseitig verpflichtender Vertrag ausgestaltet
worden. Die Kunden und die Bordellbetreiber hätten indes gegenüber Prostituierten keinen Anspruch auf die Vornahme sexueller
Handlungen. Da die Beklagte zu Unrecht vom Vorliegen eines absoluten Vermittlungsverbotes ausgegangen sei, habe sie kein Ermessen
ausgeübt; es müsse daher ein Bescheidungsurteil ergehen. Die Voraussetzungen für eine so genannte Ermessensreduzierung auf
Null dahingehend, dass nur eine Ablehnung des Vermittlungsersuchens des Klägers rechtsfehlerfrei sei, lägen nicht vor.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von §
35 Abs
1 SGB III. Entgegen der Rechtsansicht des LSG und der vereinzelt in der Literatur (Rademacker in Hauck/Noftz,
SGB III, §
35 RdNr
38) unter Heranziehung von §
3 Abs
5 SGB III geäußerten Ansicht sei der Beklagten hinsichtlich der Frage, ob sie vermittelnde Tätigkeiten aufnehmen müsse, kein Ermessen
eingeräumt. Einen Spielraum habe die Beklagte lediglich hinsichtlich der Frage, wie sie die Vermittlungsbemühungen ausgestalte.
§
3 Abs
5 SGB III beziehe sich nur auf die Art und den Umfang einzelner Leistungen, nicht aber auf die Tätigkeit dem Grunde nach. Ebenso ergebe
sich aus der vom LSG angeführten Rechtsprechung des BSG für eine Entscheidung nach §
35 SGB III ein zweistufiger Entscheidungsgang, nämlich die Entscheidung über das "Ob" des Tätigwerdens und die Auswahl unter verschiedenen
denkbaren Vermittlungsmöglichkeiten. Eine Entscheidung gegen die Aufnahme jeglicher Vermittlungstätigkeit könne nicht ergehen,
da damit sein, des Klägers, subjektiv-öffentliches Recht auf ein Tätigwerden der Beklagten verletzt werde. Auch wenn man davon
ausgehen sollte, dass der Beklagten hinsichtlich der Frage, ob sie Vermittlungsbemühungen aufnehme, Ermessen zukomme, sei
dieses in seinem Fall auf Null reduziert. Der Gesetzgeber des ProstG habe die Prostitution als Beruf zugelassen und in den Schutz der Sozialversicherung einbezogen. Die Beklagte könne seinen
Vermittlungswunsch nicht als arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitisch unerwünscht ablehnen. Vielmehr sei sie insoweit zur
Neutralität verpflichtet. Eine Versagung der Vermittlungstätigkeit und eine auf diese Weise ausgeübte Berufs- und Arbeitsmarktlenkung
sei verfassungswidrig und verletze insbesondere Art
12 und Art
2 Abs
1 GG.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Januar 2008 und das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 4. Mai
2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2004 aufzuheben
und diese zu verurteilen, den Vermittlungsauftrag des Klägers vom 17. Mai 2004, gerichtet auf die Vermittlung von Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern zur Erbringung sexueller Dienstleistungen gegenüber Dritten, anzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt - im Wege der Anschlussrevision -,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Januar 2008 aufzuheben, soweit dieses das Urteil des Sozialgerichts
Speyer vom 4. Mai 2006 abgeändert, den Bescheid vom 8. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August
2004 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet hat, über den Vermittlungsantrag des Klägers vom 17. Mai 2004 unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, und die Berufung insgesamt zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Anschlussrevision zurückzuweisen.
Die Beklagte rügt eine Verletzung von §
35 SGB III, §
39 Abs
1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) sowie des § 35 Abs 1 Satz 3 und des § 42 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Entgegen der Rechtsansicht des LSG habe sie bei der Ablehnung des Vermittlungsauftrags des Klägers kein Ermessen ausüben
müssen. Vielmehr liege ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vor. Sie erfülle mit der Arbeitsvermittlung eine öffentliche
Aufgabe im Rahmen der beschäftigungspolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung. Nach dem vorgelegten "Bericht der Bundesregierung
zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten" vom Januar 2007 könne in Deutschland
derzeit nicht von einem gesellschaftlichen Konsens hinsichtlich der moralisch-ethischen Bewertung von Prostitution und der
daraus für staatliches Handeln zu ziehenden Konsequenzen ausgegangen werden. Sie habe sich deshalb aus grundsätzlichen Erwägungen
dafür entschieden, keine Arbeitsvermittlung im Bereich der Prostitution vorzunehmen, da sie sonst die Prostitution direkt
fördern würde. Auch die Bundesregierung, an deren beschäftigungspolitischen Zielsetzungen sie sich bei der Erfüllung ihrer
Aufgaben zu orientieren habe (vgl ua §
1 SGB III), habe sich im og Bericht ausdrücklich gegen eine Arbeitsvermittlung in die Prostitution ausgesprochen. Für Prostituierte
sei zwar seit Einführung des ProstG der Zugang zur Sozialversicherung erleichtert worden. In der Praxis werde dies aber kaum genutzt, wie der Bericht der Bundesregierung
zeige. Nur 1 % aller Prostituierten hätten einen Arbeitsvertrag, 87 % seien krankenversichert, ein Drittel von ihnen jedoch
als Familienangehörige, die überwiegende Mehrheit nicht unter ihrer Berufsbezeichnung. Da die Ausübung von Prostitution nach
wie vor erhebliche arbeits-, bau-, gewerbe-, sicherheits- und jugendschutzrechtliche Probleme mit sich bringe und auch der
Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung einen Makel der Prostitution in ethischmoralischer Hinsicht nicht definitiv ausschließe,
habe sie, die Beklagte, keine Entscheidungsalternative als die Ablehnung des klägerischen Vermittlungsgesuchs. Aber selbst
dann, wenn kein Fall der Ermessensreduzierung auf Null angenommen werden könne, sei die unterlassene Ermessensausübung zumindest
nach § 42 Satz 1 SGB X unbeachtlich, da die Verletzung der Pflicht zur Entscheidung nach Ermessen und deren Begründung die Entscheidung in der Sache
- mangels Entscheidungsalternativen - nicht beeinflusst habe.
II
Die Revision des Klägers ist zulässig; insbesondere fehlt es nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse (vgl Bundesverwaltungsgericht
[BVerwG], Urteil vom 29. April 2004 - 3 C 25/03 - BVerwGE 121, 1; Keller in Meyer-Ladewig,
SGG, 9. Aufl 2008, vor §
51 RdNr
16). Sie ist aber nicht begründet (§
170 Abs
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Dagegen ist die Anschlussrevision der Beklagten, mit der sie sich gegen ihre Verurteilung zur Neubescheidung wendet,
zulässig (§
202 SGG iVm §
554 Zivilprozessordnung) und begründet (§
170 Abs
2 Satz 1
SGG). Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger aus Anlass seines Vermittlungsantrags vom 17. Mai 2004 Arbeitsvermittlung
anzubieten. Der Bescheid vom 8. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2004 ist rechtmäßig.
1. Die vom Kläger im Wege der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§
54 Abs
1 SGG) angefochtene Entscheidung der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie hat den Vermittlungsauftrag des Klägers
zu Recht abgelehnt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Arbeitsverhältnisse, deren Vermittlung der Kläger wünscht, unter
das Vermittlungsverbot des §
36 Abs
1 SGB III fallen, wonach die Agentur für Arbeit nicht vermitteln darf, wenn ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis begründet werden
soll, das gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt. Denn auch wenn - entsprechend den Ausführungen des LSG - die Prostitution
nicht mehr als sittenwidrig zu bewerten ist, folgt daraus keineswegs die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger in diesem
Bereich Arbeitsvermittlung anzubieten. Entgegen der Rechtsansicht der Revision begründet §
35 Abs
1 SGB III keinen Rechtsanspruch des Klägers darauf, dass die Beklagte im Prostitutionsbereich vermittelnd für ihn tätig wird.
Nach §
35 Abs
1 Satz 1
SGB III in der hier maßgebenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl
I 2848) hat die Agentur für Arbeit Ausbildungssuchenden, Arbeitsuchenden und Arbeitgebern Ausbildungsvermittlung und Arbeitsvermittlung
(Vermittlung) anzubieten. Die Vermittlung umfasst nach §
35 Abs
1 Satz 2
SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997 (BGBl I 594) ua alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, Arbeitsuchende
mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. Zu diesen Tätigkeiten gehören nicht nur
die konkreten unmittelbaren Vermittlungsbemühungen, sondern bereits auch Vorbereitungshandlungen wie etwa die Entgegennahme
von Arbeitsangeboten, Arbeitsgesuchen usw. Nach Abs 2 Satz 1 der Vorschrift hat die Agentur für Arbeit durch Vermittlung ua
darauf hinzuwirken, dass Arbeitsuchende eine Arbeitsstelle und Arbeitgeber geeignete Arbeitnehmer erhalten. Daraus folgt zwar,
dass derjenige, der Vermittlung durch die Agentur für Arbeit geltend macht, ein subjektiv-öffentliches Recht auf deren Tätigwerden
hat. Letzteres ist durch die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25. Juli 1985 - 7 RAr 33/84 - BSGE 58, 291, 298 = SozR 4100 § 14 Nr 5 S 7) bereits zu der Vorgängervorschrift des § 14 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) entschieden worden. In § 14 Abs 1 Satz 1 AFG war bestimmt, die BA habe dahin zu wirken, dass Arbeitsuchende Arbeit und Arbeitgeber die erforderlichen Arbeitskräfte erhalten.
Daraus folgt nach der zitierten Rechtsprechung, dass derjenige, der die Arbeitsvermittlungsdienste der Beklagten nachfragt,
einen subjektiv-öffentlichen Anspruch auf deren Tätigwerden hat. Dieser verwirklicht sich jedoch - so das BSG (aaO) weiter
- nicht in der Form der Erfüllung eines Rechtsanspruchs auf eine nur allein richtige (gesetzmäßige) Handlung, sondern durch
die der Beklagten verbleibende Wahl der dafür geeigneten Maßnahme, ggf unter mehreren je für sich ebenfalls gesetzmäßigen
Möglichkeiten. Die Entscheidung über ein Vermittlungsbegehren erfolgt demgemäß durch Ausübung und im Rahmen eines durch das
Gesetz eingeräumten Ermessens, wobei sich dieses Ermessen nicht nur auf die konkrete Art der Umsetzung eines Vermittlungsbegehrens,
sondern auch darauf bezieht, ob eine Vermittlung überhaupt in Betracht kommt (BSG aaO, S 298, 299 = SozR aaO Nr 5, S 8). Es
kann hier offen bleiben, inwieweit diese Rechtsprechung auf die Rechtslage unter Geltung des
SGB III übertragbar ist (vgl einerseits Rademacker in Hauck/Noftz,
SGB III, §
35 RdNr 38, Stand Dezember 2005 und andererseits Mutschler in Mutschler ua,
SGB III, 3. Aufl 2008, §
35 RdNr
10 mwN). Denn auch dann, wenn aus §
35 Abs
1 Satz 1
SGB III ein subjektiv-öffentliches Recht auf Vermittlung dem Grunde nach folgt, liegt jedenfalls - wie das BSG in seiner Entscheidung
vom 25. Juli 1985 (BSGE aaO, S 29 f = SozR aaO S 7) bereits ausgeführt hat - die Entscheidung über ein konkretes Vermittlungsbegehren
einschließlich der Ablehnung eines konkreten Vermittlungswunsches im Rahmen eines durch das Gesetz eingeräumten Ermessens
der Beklagten.
2. Entgegen der Rechtsansicht des LSG muss die Beklagte nicht deshalb, weil sie ihr Ermessen nicht ausgeübt hat, sondern ihre
ablehnende Entscheidung auf das absolute Vermittlungsverbot nach §
36 SGB III gestützt hat, den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut bescheiden (vgl §
131 Abs
2 SGG; Keller in MeyerLadewig,
SGG, 9. Aufl, §
131 RdNr
13). Denn es liegt hier der besonders gelagerte Ausnahmefall einer Ermessensreduzierung auf Null vor. Auf Grund des festgestellten
Sachverhalts steht fest, dass die Beklagte bei rechtsfehlerfreier Ermessensausübung keine andere - den Kläger ganz oder teilweise
begünstigende - Entscheidung hätte treffen können (vgl BSG, Urteile vom 28. Oktober 1981 - 3 RK 3/81 - BSGE 52, 267, 272 = SozR 2200 § 182c Nr 6, S 20; vom 11. November 1993 - 7 RAr 52/93 - BSGE 73, 211, 213 = SozR 3-4100 § 55a Nr 5, S 30; vom 25. Januar 1994 - 4 RA 16/92 - SozR 3-1300 § 50 Nr 16; vom 11. April 2002 - B 3 P 8/01 R; Keller in Meyer-Ladewig,
SGG, 9. Aufl 2008, §
54 RdNr 29, 31d; Kopp/Schenke,
VwGO, 13. Aufl 2003, §
113 RdNr 207; §
114 RdNr 6, jeweils mwN). Die fehlende Ermessensentscheidung der Beklagten begründet daher gemäß § 42 Satz 1 SGB X keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides; erst recht ist - anders als die Revision meint - der Verwaltungsakt nicht iS
des § 40 SGB X nichtig.
a) Nach §
39 Abs
1 Satz 1
SGB I, der auf Grund der Vorrangregelung des §
37 SGB I auch für den Bereich der Arbeitsförderung nach dem
SGB III gilt, haben die Leistungsträger dann, wenn sie ermächtigt sind, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen
zu handeln, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
Wie das BSG bereits in seiner Entscheidung vom 25. Juli 1985 (BSGE 58, 291, 297 = SozR 4100 § 14 Nr 5) ausgeführt hat, nimmt die Beklagte die Aufgaben der Arbeitsvermittlung als hoheitliche Aufgabe
wahr (BVerfGE 21, 245, 251) und ist sie bei der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens gehalten, eine sozial gerechte, aber auch arbeitsmarkt-
und beschäftigungspolitisch sinnvolle und sachgerechte Arbeitsvermittlung zu betreiben. Sie hat dabei vorrangig den Zielen
zu entsprechen, wie sie in §§
1,
2 SGB III programmatisch niedergelegt sind, nämlich ua einen hohen Beschäftigungsstand zu gewährleisten und die Beschäftigungsstruktur
ständig zu verbessern. Dies bedeutet aber nicht - wie auch das Vermittlungsverbot in §
36 Abs
1 SGB III klarstellt -, dass sie diese Aufgabe in einem wertfreien Raum zu erfüllen hat. Vielmehr ist sie als Träger öffentlicher Gewalt
nach Art
1 Abs
3 und Art
20 Abs
3 GG an Gesetz und Recht und insbesondere die Wertordnung des
GG unmittelbar gebunden. Die aktive Förderung des Zustandekommens von Arbeits- bzw Beschäftigungsverhältnissen im Bereich der
Prostitution ist weder mit den Zielsetzungen des
SGB III noch mit der Wertordnung des
GG zu vereinbaren (dazu im Folgenden unter c).
b) Hieran hat sich auch mit Inkrafttreten des ProstG vom 20. Dezember 2001 am 1. Januar 2002 nichts geändert, denn dieses hat eine ganz andere Zielrichtung als die Regelungen
zur Vermittlungspflicht der Beklagten. Mit dem ProstG hat der Gesetzgeber einerseits den zivilrechtlichen Schutz der Prostituierten erheblich verbessert und ihnen andererseits
den Zugang zur Sozialversicherung eröffnet. Hierzu bestimmt Art 1 § 1 ProstG, dass Prostituierte nach Vornahme sexueller Handlungen einen Anspruch auf das vereinbarte Entgelt haben bzw dass es zur Erlangung
eines vorher vereinbarten Entgelts nicht der tatsächlichen Erbringung der sexuellen Handlung bedarf, wenn die Vereinbarung
darauf gerichtet ist, dass sich eine Person für derartige Handlungen für eine bestimmte Zeitdauer bereithält. Wie aus den
Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 14/5958, S 4, 6 zu Art 1) zu entnehmen ist, sollte damit klargestellt werden, dass Prostituierte
einen Anspruch auf das vereinbarte Entgelt haben, wenn sie ihre Leistung erbracht haben, ihre Tätigkeit vom Gesetzgeber nicht
als Verstoß gegen die guten Sitten gewertet wird und damit §
138 Abs
1 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) "insoweit nicht mehr anwendbar" ist. Ob diese Gesetzesbegründung im Gesetz selbst in § 1 ProstG zum Ausdruck gekommen ist, kann hier dahingestellt bleiben (vgl Armbrüster in Münchener Kommentar zum
BGB, 5. Aufl 2006, § 1 ProstG RdNr 19 und § 138 RdNr 57; Laskowski, AuR 2002, 406, 407, 409). Ebenso kann offen bleiben, ob - wie sich in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) andeutet (vgl Urteile vom 13.
Juli 2006 - I ZR 65/05, I ZR 231/03 und I ZR 241/03 - BGHZ 168, 314, zur Auslegung des § 120 Abs 1 Nr 2 Ordnungswidrigkeitengesetz sowie Urteil vom 8. November 2007 - III ZR 102/07 - zu so genannten Telefonsexdienstleistungen) - insoweit von einer geänderten Rechtslage auszugehen ist oder ob auch nach
Inkrafttreten des ProstG zumindest die Verpflichtung zur Vornahme sexueller Handlungen sittenwidrig ist (vgl Nasall in juris-Praxiskomm-
BGB, 4. Aufl 2008, §
138 BGB, RdNr 146; Ellenberger in Palandt,
BGB, 68. Aufl 2008, §
138 RdNr 52; Palm in Erman,
BGB, 12. Aufl 2008, §
138 RdNr 158; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des
BGB, 9. Aufl 2004, §
41 RdNr 47; Medicus, Allgemeiner Teil des
BGB, 9. Aufl 2006, RdNr 701; Bergmann, JR 2003, 270, 272; Majer, NJW 2008, 1926, 1927 f) und ein Arbeitsverhältnis mit einem Bordellbesitzer mit einer entsprechenden Verpflichtung nach §
138 Abs
1 BGB nichtig ist (Richardi in Staudinger,
BGB,
2005, §
611 RdNr
197; Sack in Staudinger,
BGB,
2003, §
138 RdNr 398; OLG SchleswigHolstein, Urteil vom 13. Mai 2004 - 16 U 11/04, NJW 2005, 225).
Jedenfalls ergibt sich aus dem ProstG, insbesondere aus § 1, dass es dem Gesetzgeber allein um den Schutz der Prostituierten ging. Indem in § 1 ProstG "der Weg eines einseitig verpflichtenden Vertrages gewählt wurde, wird deutlich gemacht, dass es dem Gesetzgeber um Rechtsansprüche
der Prostituierten, nicht aber um Rechtsansprüche zu Gunsten von Kunden und Bordellbetreibern gegen die Prostituierten geht"
(so ausdrücklich BT-Drucks 14/5958 S 4 unter Ziff 3). Dementsprechend verfolgt auch § 3 ProstG, wonach bei Prostituierten das eingeschränkte Weisungsrecht im Rahmen einer abhängigen Tätigkeit der Annahme einer Beschäftigung
im Sinne des Sozialversicherungsrechts nicht entgegen steht, ausschließlich den Schutz der Prostituierten. Ausweislich der
Gesetzesmaterialien geht diese Regelung auf Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R - BSGE 87, 53, 60 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15, S 51) zurück, wonach kein Grund ersichtlich ist, etwaige sittenwidrige Beschäftigungsverhältnisse
von vornherein vom Schutz der Sozialversicherung auszunehmen (vgl BT-Drucks 14/5958, S 5). Aus dem ProstG lässt sich somit gerade nicht entnehmen, der Gesetzgeber habe die entsprechende Beschäftigung umfassend legalisiert (so aber
Mutschler in Mutschler ua,
SGB III, 3. Aufl 2008, §
35 RdNr 47 und §
36 RdNr 21 sowie Laskowski, AuR 2002, 406, 407, 409). Insbesondere ist aus dem durch das ProstG eröffneten Zugang zur Sozialversicherung und den damit im Zusammenhang stehenden Änderungen des Strafgesetzbuches in Art
2 ProstG (BT-Drucks 14/5958, S 5) nicht die Schlussfolgerung zu ziehen, dass damit auch eine Vermittlungstätigkeit der BA angestrebt
würde.
Dem kann die Revision auch nicht entgegenhalten, dass der Gesetzgeber in § 3 ProstG bei Vorliegen einer abhängigen Tätigkeit die Versicherungs- und Beitragspflicht bei Prostituierten bejaht habe und es demzufolge
eine sinnwidrige Beschränkung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung sei, wenn die Beklagte einen Anspruch auf Vermittlung
von Prostituierten verneine. Denn sie übersieht, dass zum einen - wie bereits ausgeführt - das ProstG nicht den Schutz des Bordellbetreibers, dh seinen Anspruch, regelt, sondern den Schutz von Prostituierten. Zum anderen ist
speziell im Recht der Arbeitslosenversicherung die Frage der Versicherungs- und Beitragspflicht von der Leistungspflicht,
dh den Leistungen der Arbeitsförderung, wozu auch die Arbeitsvermittlung gehört (§
3 Abs
1 Nr
1 und Abs
2 Nr
1 SGB III) zu unterscheiden (vgl ua BVerfGE 72, 9, 19 f = SozR 4100 § 104 Nr 13, S 13; BVerfGE 76, 220, 236 = SozR 4100 § 242b Nr 3, S 11).
c) Mit der Ablehnung des Vermittlungsauftrags des Klägers hält sich die Beklagte im Rahmen der Zielsetzung des §
1 Abs
1 Satz 4
SGB III in der hier anzuwendenden, ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl I 3443).
Danach sind die Leistungen der Arbeitsförderung so einzusetzen, dass sie der beschäftigungspolitischen Zielsetzung der Sozial-,
Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung entsprechen. Dies bestätigt der im Revisionsverfahren vorgelegte Bericht
der Bundesregierung zu den Auswirkungen des ProstG (Stand Januar 2007). Gerade vor dem Hintergrund des mit dem ProstG verfolgten Schutzes der Prostituierten hat darin die Bundesregierung die Auffassung vertreten, dass - auch wenn die Prostitution
nicht mehr als sittenwidrig zu bewerten sei - die Beklagte nicht verpflichtet sei, Arbeitsvermittlung im Bereich der Prostitution
durchzuführen. Sie begrüße vielmehr nachdrücklich die Entscheidung der Beklagten gegen eine Arbeitsvermittlung in diesem Bereich.
Die Legalisierung von Beschäftigungsverhältnissen in der Prostitution führe nicht dazu, dass Prostitution ein "Beruf wie jeder
andere" geworden sei. Die gegenwärtige Praxis der Beklagten sei durch das geltende Recht gedeckt (vgl Bericht unter B. IV.).
Dieser Bericht kann auch in der Revisionsinstanz im Rahmen der vom Kläger erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage berücksichtigt
werden. Denn er enthält - gemessen an dem durch die Verwaltungsentscheidung festgelegten Streitgegenstand - keine neuen Tatsachen
(vgl BSG, Urteil vom 25. März 2003 - B 1 KR 33/01 R - SozR 4-1500 §
54 Nr 1; Keller in Meyer-Ladewig,
SGG, 9. Aufl 2008, §
54 RdNr 34). Es bedarf an dieser Stelle keiner Vertiefung, inwieweit dem Bericht der Bundesregierung die Qualität eines Maßstabes
für deren beschäftigungspolitische Zielsetzung zukommt und inwieweit dieser Bericht die zeitlich frühere Ablehnungsentscheidung
der Beklagten legitimieren kann. Denn die Rechtmäßigkeit der streitigen Verwaltungsentscheidung folgt bereits aus der für
die Beklagte als Träger öffentlicher Verwaltung bindenden Wertordnung des
GG und einer hieran orientierten Auslegung des §
35 Abs
1 SGB III.
Gemäß Art
1 Abs
1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Die Garantie
der Menschenwürde verpflichtet gemäß Art
1 Abs
1 Satz 2
GG die gesamte "staatliche Gewalt", was den in Art
1 Abs
3 GG verwandten Begriffen entspricht, wonach die Grundrechtsbindung für Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung gilt
(vgl BVerfGE 7, 198, 205 f; Jarras/Pieroth, Kommentar zum
GG, 8. Aufl 2006, Art
1 RdNr
3a; Starck in v Mangoldt/Klein/Starck,
GG, 5. Aufl 2005, Art
1 Abs
3 RdNr
168 f; 326 ff, 331). Demzufolge ist die BA im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgabenstellung zur Wahrung der Grundrechte verpflichtet.
Eine Arbeitsvermittlung in die Prostitution, die - wie im Fall des Vermittlungsauftrags des Klägers - mit der entgeltlichen
Vornahme sexueller Handlungen oder anderer Dienstleistungen mit eindeutig sexuellem Bezug verbunden ist, beraubt den Anbietenden,
auch wenn er nicht zur Leistung verpflichtet ist, seiner Subjektqualität und der Freiheit in seiner Intimsphäre (vgl BVerfGE
87, 209, 228; 96, 375, 399; 109, 279, 312 f; BVerwGE 64, 274, 278 - zum Peep-Show-Verbot). Eine Vermittlungstätigkeit der BA für nach den Feststellungen des LSG auf den Sexualbereich
bezogene Dienstleistungen - über anderes ist hier nicht zu entscheiden - ist deshalb mit dem Schutz aus Art
1 Abs
1 GG und auch Art
2 Abs
1 GG unvereinbar (ebenso Rixen in Eicher/Schlegel,
SGB III, §
36 RdNr
63, Stand Februar 2007; ders in SGb 2005, 509, 511 f; Peters-Lange in Gagel, SGB II/SGB III, §
36 SGB III RdNr 7d mwN, Stand Juni 2008).
Was die Achtung der Menschenwürde im Einzelnen erfordert, kann zwar nicht völlig von den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen
losgelöst werden (vgl BVerfGE 96, 375, 400; BVerwGE 84, 314, 317 ff - zweite Peep-Show-Entscheidung). Indes ist auch - wie bereits ausgeführt - der Gesetzgeber des ProstG nicht so weit gegangen, die Prostitution einem "Beruf wie jedem anderen" gleichzustellen. Für den Bereich der Arbeitsvermittlung
unter Beachtung der beschäftigungspolitischen Zielsetzung des
SGB III kann deshalb nicht entscheidend sein, ob die Prostitution als solche unter dem Gesichtspunkt eines Wandels der Wertvorstellungen
noch einem sozialethischen Unwerturteil unterliegt oder nicht (vgl insoweit zur gaststättenrechtlichen Beurteilung BVerwG,
Urteil vom 6. November 2002 - 6 C 16.02 - Buchholz 451.41 § 4 GastG Nr 25; Beschluss vom 23. März 2009 - 8 B 2/09 - mwN). Maßgebend für die Beurteilung im Rahmen des §
35 Abs
1 SGB III ist vielmehr allein, dass jedenfalls für die Zwecke des
SGB III eine aktive Vermittlungstätigkeit der Beklagten im Prostitutionsbereich nicht mit der grundgesetzlichen Wertordnung zu vereinbaren
ist.
Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass immerhin Fälle denkbar sind, in denen einzelne Arbeitslose das Angebot
zur Aufnahme einer Beschäftigung im Bereich von Sexualdienstleistungen nicht als Eingriff in ihre Menschenwürde oder ihre
Intimsphäre deuten. Denn ein Grundrechtsverzicht wäre insoweit unerheblich (ebenso Rixen, aaO; kritisch Starck in v Mangoldt/Klein/Starck,
GG, 5. Aufl, Art
1 Abs
1 RdNr
114; Dreier in
GG, Bd I, 2. Aufl 2004, Art
1 Abs
1, RdNr
152, 174, jeweils mwN). Die Grundrechtsbindung der Beklagten als Träger öffentlicher Verwaltung nach Art
1 Abs
3, Art
20 Abs
2 GG gilt objektiv und ist unabhängig von einem etwaigen Verzicht einzelner Arbeitsuchender auf die entsprechende Schutzwirkung.
Menschenwürde in diesem Sinn ist nicht nur die individuelle Würde der jeweiligen Person, sondern die Achtung und der Schutz
des Wertes, der jedem Menschen um seiner selbst willen zukommt (vgl BVerfGE 87, 209, 228; 109, 279, 313; Jarass,
GG, 8. Aufl 2006, Art
1, RdNr 7, 21; Herdegen in Maunz/Dürig/Herzog,
GG, Art
1 Abs
3 RdNr
57). Auch das vom Kläger in seiner Revision angesprochene Recht der Berufsfreiheit aus Art
12 Abs
1 GG bzw Art
2 Abs
1 GG stehen der Versagung der Vermittlungstätigkeit nicht entgegen. Eine im Bereich der Prostitution unterbleibende Vermittlungstätigkeit
der Beklagten berührt zwar die Berufsfreiheit der Prostituierten und der Bordellbetreiber, wie des Klägers. Indes stehen beide
Grundrechte unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung (Art
2 Abs
1 GG) bzw kollidierenden Verfassungsrechts (vgl Jarras/Pieroth, Kommentar zum
GG, 8. Aufl, Art
12 RdNr 41; VG Neustadt, Beschluss vom 21. Mai 1992 - 7 L 1271/92.NW - NVwZ 1993, 98, 100 - zur Berufsfreiheit bei einem so genannten Zwergenweitwurf; Rädler, DÖV 1997, 109, 112).
Ein Ausschluss der Arbeitsvermittlung im Bereich der Prostitution vermeidet auch - wie im Bericht der Bundesregierung bereits
ausgeführt (B. IV.) - die Gefahr, dass der Arbeitslose ungewollt mit Stellenangeboten aus diesem Bereich konfrontiert wird.
Es erübrigt sich ferner auch die schwierige Abgrenzungsfrage, inwieweit einem Arbeitslosen Beschäftigungen im Bereich der
Prostitution nach den Umständen des Einzelfalles zumutbar sind (vgl §
121 Abs
1 SGB III). Es stellt sich damit auch nicht die Frage nach leistungsrechtlichen Konsequenzen, beispielsweise Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe
oder Arbeitsablehnung (vgl auch dazu den Bericht der Bundesregierung unter B. IV.). Ebenso erübrigt sich die von der Beklagten
angesprochene Frage, inwieweit bei einer Vermittlung von Arbeitslosen im Bereich der Prostitution auch verfassungsmäßig geschützte
Rechte ihrer Mitarbeiter berührt sein können.
3. Die Revision des Klägers hat somit keinen Erfolg. Vielmehr ist auf die Anschlussrevision der Beklagten - unter Aufhebung
des Berufungsurteils - die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen.
Diesem Prozessergebnis trägt auch die auf §
197a SGG beruhende Kostenentscheidung Rechnung.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren beträgt gemäß §
197a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §§ 52 Abs 2, 72 Gerichtskostengesetz - entsprechend der vorläufigen Streitwertfestsetzung mit Beschluss des Senats vom 30. Juli 2008 - 5.000 Euro.