Übernahme von rückständigen Mietforderungen nach dem SGB XII als Zuschuss anstelle eines Darlehens
Grundsatzrüge
Würdigung einer Frage nur im konkreten Einzelfall
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts
Nordrhein-Westfalen vom 7. Dezember 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Im Streit ist die Übernahme von rückständigen Mietforderungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) als Zuschuss anstelle eines Darlehens, die Direktzahlung der Kosten der Unterkunft an die Vermieterin des Klägers sowie
die Aufrechnung eines Darlehens für Mietrückstände mit laufenden Leistungen.
Der 1963 geborene Kläger bezieht seit 2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und von der Beklagten ergänzende Leistungen
der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII (Grundsicherungsleistungen), zuletzt bewilligt für die Zeit von Dezember 2015 bis November 2016 (Bescheid vom 24.11.2015).
Nachdem der Kläger die Miete für November 2015 nicht und für Dezember 2015 nur anteilig an seine Vermieterin überwiesen hatte,
kündigte diese ihm fristlos. Den Antrag auf Übernahme seines Mietrückstandes lehnte die Beklagte zunächst ab (Bescheid vom
1.4.2016); im Verlaufe des Widerspruchsverfahrens übernahm sie die angelaufenen Mietrückstände darlehensweise, verfügte jedoch
die monatliche Aufrechnung des Darlehens in Höhe von 30 Euro mit den laufenden Leistungen und die Direktzahlung der Miete
zum 1.7.2016 an die Vermieterin (Bescheide vom 9.6., 10.6. und 23.6.2016; Widerspruchsbescheid vom 28.9.2016). Seine dagegen
gerichtete Klage ist in erster Instanz erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts [SG] Köln vom 26.7.2017). Das Landessozialgericht
(LSG) hat die Bescheide der Beklagten "auf die Klage" insoweit aufgehoben, als darin ab dem 1.7.2016 eine Aufrechnung verfügt
worden ist, (im Übrigen) aber die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 7.12.2017). Zur Begründung seiner Entscheidung
hat das LSG ausgeführt, das SG habe zu Recht lediglich über die zuschussweise Gewährung der Mietrückstände sowie die Zahlung direkt an die Vermieterin entschieden
und die Klagen (insoweit) zu Recht abgewiesen. Soweit mittlerweile der Beklagte einen weiteren Widerspruchsbescheid (Widerspruchsbescheid
vom 28.9.2017) auch über die Aufrechnungsverfügung erlassen habe, sei dieser gemäß §
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in das Verfahren einbezogen worden und auf Klage die Verfügung über die Aufrechnung aufzuheben gewesen, weil diese rechtswidrig
sei.
Der Kläger hat durch die DGB-Rechtsschutz GmbH beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG eingelegt und nach Niederlegung des Mandats durch diese die
Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Zivilprozessordnung [ZPO]); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend
nicht der Fall.
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Es stellen sich weder wegen der vom Kläger in der Sache begehrten Übernahme von Mietschulden als Zuschuss anstelle eines
Darlehens (§ 36 Abs 1 Satz 3 SGB XII) noch wegen der Rechtmäßigkeit der verfügten Direktzahlung der Leistungen für Unterkunft an die Vermieterin (§ 35 Abs 1 Sätze 3 und 4 SGB XII) Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. Die Entscheidung für eine nur darlehensweise Schuldenübernahme nach § 36 Abs 1 Satz 3 SGB XII und die ihr zugrunde liegenden Ermessenserwägungen unterliegen einer Würdigung nur im konkreten Einzelfall. Auch ist nicht
erkennbar, dass die Anwendung des § 35 Abs 1 SGB XII auf den konkreten Einzelfall Fragen grundsätzlicher Bedeutung betrifft. Im Übrigen ergeben sich nach summarischer Prüfung
des Sach- und Streitstandes keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klagen in der Sache Erfolg haben könnten. Die nur darlehensweise
Gewährung von Leistungen wegen Mietschulden nach § 36 Abs 1 Satz 3 SGB XII ist auf der Grundlage der vom Beklagten vorgenommenen Ermessenserwägungen im Ergebnis nicht zu beanstanden. Auch sind die
rechtlichen Ausführungen des LSG zur Direktzahlung an die Vermieterin zutreffend, weil die Voraussetzungen des § 35 Abs 1 Satz 3 iVm Satz 4 Nr 1 SGB XII zu Recht bejaht worden sind. Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen ebenso wenig.
Es ist schließlich nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Zwar ist der Bescheid vom 9.6.2016, mit dem die Aufrechnung verfügt
worden ist, gemäß §
86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 1.4.2016 und auch dann mit Klageerhebung rechtshängig geworden,
wenn der Widerspruchsbescheid vom 28.9.2016 dies nicht berücksichtigt. Denn das Prozesserfordernis des Vorverfahrens (§
78 Abs
1 Satz 1 und Abs
3 SGG) ist selbst dann gewahrt, wenn nur über einen Teil der streitigen Verwaltungsakte entschieden worden ist (vgl dazu ausführlich
BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 8 RdNr 19 mwN). Jedoch fehlt es insoweit an der erforderlichen Erfolgsaussicht in der Hauptsache (vgl zu dieser Voraussetzung
nur Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
73a RdNr 7c mwN). Denn auch, wenn das LSG insoweit verfahrensfehlerhaft im Hinblick auf den im Berufungsverfahren ergangenen
Widerspruchsbescheid §
96 SGG angewandt und "auf Klage" entschieden hat, ist der Kläger hierdurch nicht beschwert, weil er in diesem Punkt obsiegt hat.
Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 ZPO nicht in Betracht.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist als unzulässig zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 SGG), weil sie nicht innerhalb der bis zum 28.3.2018 verlängerten Frist (§
160a Abs
2 Satz 2
SGG) begründet worden ist. Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter (§
169 Satz 3
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.