Anspruch auf Sozialhilfe; Leistungsausschluss für Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland; Ausnahme in außergewöhnlichen
Notlagen bei Unmöglichkeit der Rückkehr
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt die Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach § 24 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch
(SGB XII).
Der 1949 in H. geborene Antragsteller ist deutscher Staatsbürger und lebt nach seinen Angaben seit 1995 "mit einigen kurzen
Unterbrechungen" in T.. Gemäß Auskunft des Bürgerbüros W. vom 05.05.2011 war der Antragsteller bis zum 19.03.2004 in der Wohnung
W., gemeldet (Bl. 233 VA). Gemäß dem aktenkundigem Rentenversicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 27.04.2011
(Bl. 225 VA) wurden für den Antragsteller wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld II vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 und vom
28.02.2006 bis 31.08.2006 Rentenversicherungsbeiträge abgeführt.
Der Antragsteller beantragte am 20.07.2010 per E-Mail und am 21.07.2010 schriftlich die Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche
im Ausland wegen der Pflege und Erziehung des Kindes J. N., geb. 2000 in P., das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben
müsse. Seinen Familienstand gab er in dem Antrag nicht an. Als einzige unterhaltsverpflichtete Angehörige benannte er seine
Mutter, R. C., geb. 1928, deren Aufenthalt unbekannt sei.
Mit E-Mail vom 29.07.2010 (Bl. 27 Verwaltungsakte - VA) teilte er mit, er sei völlig mittellos und habe alles verwertet was
zu verwerten sei. Er besitze keinen Euro mehr um sich zu ernähren und Dinge des täglichen Lebens zu besorgen. Er sei auf das
Wohlwollen anderer Menschen angewiesen (E-Mail vom 30.07.2010, Bl. 33 VA). Mit E-Mail vom 08.10.2010 verwies er darauf, er
habe die Goldinlays seiner Zähne herausgebrochen um sein Überleben zu sichern.
Nachdem ihm die die zuständige Sachbearbeiterin der Deutschen Botschaft B. (E-Mail vom 27.07.2010, Bl. 43 f. VA) mitgeteilt
hatte, erforderlich sei die Feststellung der Vaterschaft für das Kind J., woran es fehle, erkannte er am 02.08.2010 die Vaterschaft
für das Kind J. N. an und veranlasste die Eintragung in das sog. "Vaterschaftsregister". Diese Unterlagen wie auch eine Auflistung
über Mietzahlungen von Januar 2010 bis Mai 2010 über jeweils 6.000,00 Baht waren dem Antrag samt einer Stellungnahme der Deutschen
Botschaft B. beigefügt. In dieser hieß es, die Anerkennung der Vaterschaft sei auch für den deutschen Rechtsbereich wirksam.
Das Kind habe damit die deutsche Staatsangehörigkeit gem. §
4 Abs.
1 Satz 2
StAG erhalten und der Antragsteller das gemeinsame Sorgerecht, zusammen mit der Mutter des Kindes. Einen deutschen Pass besitze
das Kind nicht. Bis vor zwei Jahren habe er gemeinsam mit seiner Frau Immobilien vermittelt; das Geschäft sei auf den Namen
seiner Frau gelaufen. Im Zuge der Bankenkrise und politischen Unruhen in T. hätte das Geschäft aufgegeben werden müssen. Der
Antragsteller verfüge über kein Einkommen, alle Geldreserven seien aufgebraucht; Moped, TV und goldene Zahninlays habe er
bereits verkauft. Er habe keine Mittel, um seinen Lebensunterhalt und den seiner Tochter zu sichern. Nach Angabe des Antragstellers
wohne das Kind bei ihm und er kümmere sich um Erziehung und Schulbildung des Kindes. Die Mutter des Kindes und frühere Lebenspartnerin
arbeite inzwischen 10 Stunden täglich wechselweise in Früh- und Spätschicht in einem Hotelbetrieb, um ihr Überleben zu sichern.
Sie erwarte, dass sich der Antragsteller um die Tochter kümmere. Von ihr sei nach Angabe des Antragstellers keine Hilfe zu
erwarten, da sie sich gerade selbst versorgen könne und gelegentlich Essen für die Tochter besorge. Der Aufenthaltsort der
Mutter des Kindes sei dem Antragsteller nicht bekannt; diese käme gelegentlich zu Besuch und wohne dann im Zimmer der Tochter.
Diese spreche Thailändisch und Englisch, aber kein Deutsch und werde im buddhistischen Glauben erzogen. Ein Umzug nach Deutschland
"kommt aus Sicht von Herrn N. nicht in Frage, da dem Kind die Sprachkenntnisse fehlen und sie nicht weiter buddhistisch erzogen
werden könne." Zudem verweigere die Mutter die Zustimmung für einen Umzug nach Deutschland, weshalb das Kind aus rechtlichen
Gründen in T. verbleiben müsse. Den monatlich benötigten Betrag bezifferte der Antragsteller mit 590,00 €. In der Stellungnahme
der Deutschen Botschaft B. wurde die Leistung von Sozialhilfe als Darlehen befürwortet.
Mit Bescheid vom 18.10.2010 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab.
Zur Begründung des am 15.11.2010 hiergegen erhobenen Widerspruchs ließ der Antragsteller u.a. ausführen (Widerspruchsbegründungsschrift
vom 14.01.2011 - Bl. 179 VA), die getrennt lebende Mutter der gemeinsamen Tochter trage zu deren Pflege und Erziehung nur
unwesentlich bei. Bei den Eltern herrsche trotz der Trennung Einverständnis darüber, dass die Tochter im buddhistischen Glauben
und in T. aufwachsen solle. Bei einer Rückkehr in die Bundesrepublik wäre der Antragsteller gehindert, sein Erziehungsrecht
zum Wohle seiner Tochter fortzusetzen. Der Antragsteller erziehe seine Tochter allein, nachdem die Mutter "wegen ihrer Berufstätigkeit
hierzu nicht in der Lage ist". Es sei nicht gewährleistet, dass die Mutter "auf Grund ihrer seitherigen Einstellung und bestehenden
Beschäftigung in der Lage wäre, die Erziehung allein auszuüben." Diesbezüglich habe der Antragssteller "erhebliche Bedenken".
Das Widerspruchsverfahren ist weiter anhängig und ruht während der Durchführung des gerichtlichen Eilverfahrens.
Am 31.03.2011 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. In der Antragsschrift hat er ausführen lassen, er lebe seit 1995 mit
einigen kurzen Unterbrechungen in T., habe in Folge des "Tsunami" 2004 sämtliches Vermögen verloren und seither sein Einkommen
durch Gelegenheitsjobs bezogen, sei aber seit einem Dreivierteljahr ohne Erwerbstätigkeit in P.. Seit Monaten sei er im Zahlungsrückstand
für die mit seiner Tochter, die ausschließlich die t. Staatsangehörigkeit besitze, bewohnte Wohnung, so dass ihm täglich deren
Kündigung und Obdachlosigkeit drohten. Nach Veräußerung sämtlicher Vermögenswerte seien auch die Bemühungen, von Verwandten,
Freunden und Bekannten Zuwendungen zu erhalten, ausgeschöpft. Trinkwasser werde trotz Infektionsgefahr zeitweise aus dem Hausbrunnen
bezogen. Der Antragsteller lebe getrennt von der Mutter seiner Tochter, welche im Schichtbetrieb arbeite und zur Erziehung
und Pflege der Tochter nur unwesentlich beitrage. Sie zeige wenig Interesse und Engagement bezüglich der gemeinsamen Tochter,
so dass der Antragsteller den weit überwiegenden Teil der Erziehung alleine trage. Beide Eltern seien sich darin einig, dass
die Tochter, welche der deutschen Sprache kaum mächtig sei, in T. aufwachsen solle.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegen getreten und hat darauf verwiesen, die Mutter des Antragstellers sei vorrangig
unterhaltspflichtig; der Antragsteller habe dies selbst angegeben. Die Behauptungen, die Mutter zeige wenig Interesse und
Engagement hinsichtlich der Pflege und Erziehung ihrer Tochter, trete aber gleichzeitig einer Ausreise nach Deutschland entgegen,
seien widersprüchlich.
Mit Beschluss vom 27.04.2011 hat das SG den Antrag abgelehnt. Einer Leistungsgewährung stehe der Leistungsausschluss des § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB XII entgegen. Die Voraussetzungen für das Eingreifen eines Ausnahmefalles hat das SG als nicht hinreichend glaubhaft gemacht angesehen. Nachweise für eine drohende Kündigung der Wohnung seien nicht vorgelegt
worden. Allein die Vorlage von Quittungen für Mietzahlungen bis Mai 2010 reichten für die Glaubhaftmachung einer außergewöhnlichen
Notlage nicht aus. Zudem habe der Antragsteller weder nachgewiesen noch zumindest glaubhaft gemacht, dass eine Rückkehr in
das Inland wegen der Pflege und Erziehung seiner Tochter nicht möglich sei. Zwar habe der Antragsteller behauptet, dass die
Kindsmutter einer Ausreise ihrer Tochter nach Deutschland nicht zustimme, irgendwelche Belege dafür habe er jedoch nicht erbracht.
Ferner sei nicht vorgetragen oder erkennbar, dass der Antragsteller für den Fall eines Widerstandes der Mutter gegen eine
Mitnahme der Tochter alle (sorge-)rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hätte.
Gegen den seinem Bevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis am 30.04.2011 zugestellten Beschluss hat dieser für den Antragsteller
am 25.05.2011 Beschwerde eingelegt. Zu deren Begründung wird ausgeführt, die Schwierigkeiten der Führung eines Nachweises
seien auf die Besonderheiten der asiatischen Kultur zurückzuführen. Man bekomme nicht ohne weiteres ein Schreiben in die Hand,
welches das Nächtigen im Freien oder die regelmäßige Bitte um eine Schüssel Reis bestätige. Allerdings habe er vom Vermieter
eine schriftliche Bestätigung darüber vorliegen, dass er seit acht Monaten mit ca. 50.000,00 Baht im Zahlungsrückstand sei
und aufgefordert worden sei, für einen Ausgleich zu sorgen, widrigenfalls die Schlösser der Wohnung ausgetauscht würden. Das
Schreiben ist der Beschwerdebegründung als Ablichtung beigefügt, ebenso ein in englischer Sprache verfasstes Schreiben vom
16.05.2011, welches nach Angabe des Antragstellers von der Mutter des gemeinsamen Kindes stammt und in welchem erklärt wird,
sie gebe für einen Umzug der Tochter nach Deutschland ihre Erlaubnis nicht. Der Antragsteller lässt hierzu vortragen, der
Widerspruch sei, da er nicht das alleinige Sorgerecht innehabe, für ihn beachtlich. Zudem habe seine Tochter keinen deutschen
Pass, für dessen Ausstellung die Zustimmung beider Elternteile notwendig sei. Falls der Antragsteller auf gerichtlichem Wege
versuchen würde das alleinige Sorgerecht zu erstreiten, würde dies dazu führen, dass die Mutter unverzüglich veranlassen würde,
nicht nur die Tochter dem Antragsteller wegzunehmen, sondern jeglichen gegenwärtigen und zukünftigen Kontakt des Antragstellers
zu seiner Tochter zu unterbinden, was die derzeit bestehenden familiär festen Verhältnisse in den Grundfesten erschüttern
und das Kindeswohl gefährden würde. Sofern der Antragsteller gezwungen sei ohne seine Tochter auszureisen, sei ihm die Pflege
und Erziehung seiner Tochter nicht mehr möglich. Dies sei dem Antragsteller im Hinblick auf seine Verpflichtung zur elterlichen
Sorge unzumutbar. Weiter lässt der Antragsteller ausführen, er habe in den letzten Monaten 20 kg abgenommen, zudem seien regelmäßig
Fieber und Durchfall wegen unzureichender und nicht keimfreier Ernährung aufgetreten. Wegen mangelnder Zahnbehandlung - der
Antragsteller habe an vier Zähnen die Goldkronen entfernt um davon zu leben - bestehe eine akute Gesundheitsbeeinträchtigung,
denn die Folge seien Entzündungen und Vereiterungen. Seine Mutter habe sich seit Jahren von ihm abgewandt und reagiere nicht
auf schriftliche oder telefonische Versuche einer Kontaktaufnahme. Wenn doch ein Kontakt gelinge, würden Bitten um Unterstützung
abgelehnt. Der Antragsteller hat der Beschwerdeschrift Fotografien von herausgebrochenen Zahnkronen beigefügt und durch seinen
Bevollmächtigten für den Fall einer positiven Entscheidung "wegen der besonderen 'Sensibilität' des Vorgangs ausdrücklich
absolutes Stillschweigen hinsichtlich des Verfahrens und des Ausgangs" zugesichert.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. April 2011 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung
vorläufig zur Gewährung von Sozialhilfeleistungen an Deutsche im Ausland in Höhe von monatlich 590,00 € als Darlehen zu verurteilen.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. April 2011 zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte
des Antragsgegners, die SG-Akte und die Senatsakte Bezug genommen.
II. Die zulässige, insbesondere statthafte (§
172 Abs.
3 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) sowie form- und fristgerecht eingelegte (§
173 SGG) Beschwerde ist nicht begründet.
Dem Antragsteller steht nach summarischer Prüfung Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nicht zu, denn er kann darauf verwiesen
werden, nach Deutschland zurückzukehren. Einen Hinderungsgrund für eine Rückkehr nach Deutschland nach § 24 Abs. 1 Satz 2
Nrn. 1 bis 3, insbesondere Nr. 1, SGB XII sieht auch der Senat nach eigener Prüfung nicht als erwiesen an. Der Senat schließt
sich den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung nach eigener Prüfung vollumfänglich an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen
darauf Bezug (§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG).
Insbesondere im Hinblick auf das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren wird ergänzend Folgendes ausgeführt:
Der Senat sieht das Bestehen einer außergewöhnlichen Notlage ebenso wie das SG nicht als glaubhaft gemacht an. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche
erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dabei verkennt der Senat im vorliegenden Fall
weder, dass die Beweismaßstäbe wegen der mit einer abweisenden Entscheidung verbundenen gravierenden Folgen für den Antragsteller
nicht überspannt werden dürfen, noch dass aufgrund der besonderen Verhältnisse in T. die Erbringung von Nachweisen erschwert
ist. Gleichwohl kommt gerade dann, wenn wie vorliegend Nachweise nur unter erschwerten Bedingungen erbracht werden können,
der Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Antragstellers besonderes Gewicht zu. Der Antragsteller hat vorliegend demgegenüber
sowohl sich widersprechende als auch widerlegte Angaben gemacht, was die Glaubhaftigkeit seines gesamten Vorbringens erschüttert.
So hat er mehrfach vortragen lassen, sich seit 1995 - mit "kurzen Unterbrechungen" in T. aufzuhalten. Im Antragsformular hat
er angegeben, vor "ca. 10 bis 12 Jahren" aus H. nach T. übergetreten zu sein. Demgegenüber ergibt sich aus den Akten der Antragsgegnerin,
dass der Antragsteller bis zum 19.03.2004 mit Wohnsitz in W. gemeldet gewesen ist und aus dem aktenkundigen Rentenversicherungsverlauf,
dass für den Antragsteller vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 und wieder vom 28.02.2006 bis 31.08.2006 wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld
II Rentenversicherungsbeiträge abgeführt worden sind. Der Bezug von Arbeitslosengeld II aber setzt gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1
Nr. 4 SGB II den gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland voraus. Der Antragsteller hatte also nicht - wie
er behauptet hat - seit den 90er Jahren mit "kurzen Unterbrechungen" seinen gewöhnlichen Aufenthalt in T., sondern war zwischendurch
auch für längere Zeiträume wieder in Deutschland, und zwar auch nach der Geburt seiner Tochter. Ferner hat der Antragsteller
gegenüber der Deutschen Botschaft B. angegeben, bis ca. 2008 zusammen mit seiner "Frau" (die Mutter seines Kindes wurde in
der Stellungnahme sonst stets mit "Mutter des Kindes" bezeichnet; seinen Familienstand hat der Antragsteller im Antragsformular
nicht angegeben) eine Immobilienvermittlung betrieben zu haben. Im Widerspruchs- und Antragsverfahren hat er demgegenüber
behauptet, seine Erwerbsgrundlage im Zuge des "Tsunami" 2004 verloren und seitdem nur noch Gelegenheitsarbeiten ausgeübt zu
haben. Wenig glaubhaft ist auch, dass die nach Angaben des Antragstellers für 6.000,00 Baht (umgerechnet 150,00 Euro monatlich,
vgl. Aufstellung des Hilfebedarfs durch den Antragsteller, Bl. 69 b VA) angemietete Wohnung, die der Antragsteller gemeinsam
mit seiner Tochter bewohnt, so groß ist, dass diese ein eigenes Zimmer hat, dieser gleichzeitig aber angegeben hat, regelmäßig
um eine Schüssel Reis betteln zu müssen. Angesichts der aufgezeigten massiven Glaubhaftigkeitsmängel des Vortrages des Antragstellers
sieht der Senat weder die Fotografien von herausgebrochenen Zahnkronen, noch das handschriftlich verfasste Schriftstück über
einen bestehenden Mietrückstand mit Räumungsandrohung noch die - pauschale - eidesstattliche Versicherung, dass sämtliche
im Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 16.06.2011 erfolgten Ausführungen und Angaben und vorgelegten Unterlagen
"richtig und vollständig sind", als ausreichend an, eine außergewöhnliche Notlage glaubhaft zu machen.
Darüber hinaus sieht der Senat die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB XII wie bereits das SG, weder als nachgewiesen noch als zumindest glaubhaft gemacht an. Hiernach besteht der Grundsatz, dass vom Hilfebedürftigen
zur Behebung einer Notlage zuvorderst die Rückkehr nach Deutschland zu verlangen ist. Für eine Ausnahme von diesem Grundsatz
ist der Nachweis zu erbringen, dass dem Betreffenden - was hier von den in § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB XII genannten Alternativen
allein in Betracht kommt - eine Rückkehr in das Inland wegen der Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen
im Ausland bleiben muss, nicht möglich ist. § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XII ist ausgehend von seinem Wortlaut und auch im
Hinblick auf die Entstehungsgeschichte (vgl. hierzu Bieback in: Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 3. Auflage 2010,
§ 24 Rn. 4 m.w.N., ebenfalls Berlit in: LPK-SGB XII, 8. Auflage 2008, § 24 Rn. 2: "Überreaktion des Gesetzgebers auf einen
vermeintlichen Leistungsmissbrauch in einem Einzelfall") dahingehend auszulegen, dass als Mindestvoraussetzung beim Antragsteller
zumindest ein ernsthafter Wille bestehen muss, gemeinsam mit dem Kind, dessen Pflege und Erziehung übernommen wird, zur Beseitigung
der Hilfebedürftigkeit nach Deutschland zurückzukehren. Darüber hinausgehend wird in der Literatur sogar verlangt, dahingehend
zumutbare ernsthafte Anstrengungen anzustellen (vgl. Berlit aaO. § 24 Rn. 9 m.w.N.: "alle (sorge-)rechtlichen Möglichkeiten
der Mitnahme eines Kindes ergriffen werden"). Beides ist hier nicht erkennbar. Ob tatsächlich rechtliche Hindernisse einer
Rückkehr des Antragstellers gemeinsam mit dessen Tochter nach Deutschland entgegenstehen, lässt der Senat offen. Jedenfalls
stellen einer Ausreise der Tochter des Antragstellers möglicherweise entgegenstehende rechtliche Hindernisse nicht die unmittelbare
Ursache dafür dar, dass der Antragsteller seiner Obliegenheit, wenn irgend möglich mit seinem Kind zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit
nach Deutschland zurückzukehren, nicht nachkommt. Vielmehr können vorliegend möglicherweise einer Ausreise des Kindes gemeinsam
mit dem Antragsteller entgegenstehende rechtliche Hindernisse keine Wirkung entfalten, da es gleichsam "vorgeschaltet" bereits
an der ernsthaften Bereitschaft beim Antragsteller fehlt, gemeinsam mit seinem Kind nach Deutschland zurückzukehren und auf
diese Weise seine Hilfebedürftigkeit durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, ersatzweise den Bezug von SGB-II-Leistungen in
Deutschland, zu beseitigen. So hat der Antragsteller gegenüber der Deutschen Botschaft B. erklärt, dass für ihn ein Umzug
seiner Tochter nach Deutschland "nicht in Frage" komme, da ihr die Sprachkenntnisse fehlten und sie in Deutschland nicht weiter
buddhistisch erzogen werden könne. Auch im Eilverfahren hat der Antragsteller mehrfach vortragen lassen, dass Einverständnis
zwischen ihm und der Mutter seiner Tochter bestehe, dass diese im buddhistischen Glauben erzogen werde und in T. aufwachsen
solle. Jedenfalls soweit und solange von vornherein keine ernsthafte Bereitschaft zur gemeinsamen Ausreise des Antragstellers
nach Deutschland mit dem Kind besteht, kommt es auf das Bestehen möglicher rechtlicher Hindernisse nicht an, zumal § 24 Abs.
1 Satz 2 Nr. 1 SGB XII als Ausnahmevorschrift restriktiv auszulegen ist.
Auch Fürsorge- und Kindeswohlerwägungen in Bezug auf die Tochter des Antragstellers und die Auslegung von § 24 Abs. 1 Satz
2 Nr.
1 SGB XII im Lichte des Grundrechts des Art.
6 GG führen zu keinem anderen Ergebnis. Soweit vom Antragsteller pauschale Bedenken hinsichtlich der Fähigkeit der im Rahmen einer
Vollzeitbeschäftigung in Tagschicht berufstätigen Mutter des Kindes, für dieses zu sorgen und es zu erziehen, geäußert worden
sind, steht dem entgegen, dass in Deutschland eine Vielzahl alleinerziehender Elternteile voll berufstätig sind, und zwar
als Arbeitnehmer wie auch als Selbständige, und dieser Personengruppe kaum pauschal die Fähigkeit abgesprochen werden kann,
sich hinreichend um die Pflege und Erziehung der eigenen Kinder zu kümmern, zumal die Tochter des Antragstellers mittlerweile
11 Jahre alt und kein Kleinkind mehr ist. Soweit Bedenken hinsichtlich der Motivation der Mutter, sich um ihre Tochter zu
kümmern, geäußert worden sind, ist dies bereits nicht mit dem Vortrag des Antragstellers gegenüber der Deutschen Botschaft
B. zu vereinbaren, dass die Mutter des Kindes ihre Tochter besucht und ihr dann Essen mitbringt. Konkrete Anhaltspunkte für
das Fehlen mütterlicher Fürsorge bestehen nicht; der diesbezügliche Vortrag des Antragstellers erschöpft sich in pauschalen
Behauptungen.
Schließlich hatte der Senat bei seiner Entscheidung auch zu berücksichtigen, dass offensichtlich in den Jahren 2005 und 2006
die vom Antragsteller jetzt angeführten Umstände einer Ausreise nach Deutschland nicht entgegen gestanden waren, da der Antragsteller
vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 und vom 28.02.2006 bis 31.08.2006 in der Bundesrepublik Deutschland steuerfinanzierte Transferleistungen
(Arbeitslosengeld II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bezogen hat. Im Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung
Bund ist die Abführung von in diesem Zeitraum noch mit einem Arbeitslosengeld II-Bezug verknüpften Rentenversicherungsbeiträgen
dokumentiert. Inzwischen aber ist die mittlerweile 11jährige Tochter weniger auf die Pflege und Erziehung des Antragstellers
angewiesen als in den genannten Zeiträumen.
Nach alledem war die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung von §
193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).