Anspruch auf Sozialhilfe; Nichtigkeit vertraglicher Vereinbarungen zu Lasten der Hilfeempfänger
Gründe
Nach §
86b Abs.
2 Satz 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf
den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung
eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur
Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung
wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und,
wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht (§
86b Abs.
2 Satz 3
SGG). Die §§
920,
921,
923,
926,
928 bis
932,
938,
939 und
945 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) gelten entsprechend (Satz 4 a.a.O.).
Der Senat lässt es dahingestellt sein, ob das Sozialgericht Freiburg (SG) mit Blick auf das seit 11. Januar 2011 beim Landessozialgericht (LSG) anhängige Berufungsverfahren (L 7 SO 135/11) für den
am selben Tag eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung überhaupt - wie vom Antragsgegner beanstandet
- als Gericht der Hauptsache zu betrachten war. Denn ungeachtet des bereits in dem - dem vorgenannten Berufungsverfahren vorausgegangenen
- Klageverfahren vor dem SG (S 6 SO 2309/10) mit Schriftsatz vom 29. November 2010 auf den Zeitraum bis 31. Dezember 2010 beschränkten Klagebegehrens
war der Senat kraft des in der Geschäftsverteilung geregelten Sachzusammenhangs ohnehin zur Entscheidung über die Sache berufen.
Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG in Betracht. Neben der Statthafthaftigkeit und Zulässigkeit des Antrags auf Erlass bedarf es weiter der Anordnungsvoraussetzungen
(ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164); eine einstweilige Anordnung darf demnach nur
erlassen werden, wenn sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch
die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen
ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur
Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse
vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B - und 2. September 2010 - L 7 SO 1357/10 ER-B - <beide [...]>). Die Anordnungsvoraussetzungen sind glaubhaft zu machen
(§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 ZPO); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes
verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung;
vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - <[...]> unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
<BVerfG>; z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803; BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - NZS 2008, 365). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen
Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und 17. August 2005 a.a.O.).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Dabei geht der Senat davon aus, dass der
Antragsgegner, der den - bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen Prüfung entgegen der Auffassung des Beigeladenen nicht
als nichtig im Sinne des § 40 Abs. 2 Nr. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (vgl. hierzu Roos in von Wulffen u.a., SGB X, 7. Auflage, § 40 Rdnr. 14 <m.w.N.>) zu betrachtenden - Bescheid vom 8. Dezember 2009 nicht aufgehoben hat, sich vielmehr nach seinem gesamten
Vorbringen (vgl. nur die Beschwerdeschrift vom 25. Februar 2011) weiterhin an den materiellen Gehalt dieses Bescheides im
Sinne des §
77 SGG gebunden sieht (vgl. hierzu etwa Leitherer in Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 9. Auflage, §
77 Rdnrn. 5 ff. <m.w.N.>), zur Übernahme der Vergütung für die in der Werksiedlung St. Ch. in M.-N., einer Einrichtung des Beigeladenen,
durchgeführte Eingliederungshilfeleistung - und zwar auf der Grundlage des Spruchs der Schiedsstelle vom 26. April 2010 (vgl.
auch die mit Schriftsatz vom 23. März 2011 vorgelegten EDV-Buchungsprotokolle) - auch fernerhin bereit ist. Demgemäß bedarf
es mit Blick auf die für den Antragsgegner anzunehmende materielle Bestandskraft des oben genannten Bescheids in dem hier
umstrittenen Regelungszeitraum insoweit keiner weiteren vorläufigen Regelung. Für eine einstweilige Anordnung, wie dem Antragsteller
in dem von ihm nicht nicht angefochtenen Beschluss des SG vom 26. Januar 2011 zugesprochen, besteht allerdings kein Raum.
Dem einstweiligen Rechtsschutzbegehren des Antragstellers kann freilich nicht schon die Vollziehungsfrist der Bestimmung des
§
929 Abs.
2 ZPO entgegengehalten werden, welche im sozialgerichtlichen Verfahren über §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG auch in Angelegenheiten nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) entsprechend anwendbar ist (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 11. Januar 2006 - L 7 SO 4891/05 ER-B
- FEVS 58, 14 und 2. September 2010 a.a.O.; ferner Dombert in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren,
6. Auflage, Rdnrn. 521 ff.). Denn ungeachtet des am 3. März 2011 beim SG eingegangenen Antrags auf Vollziehung des Beschlusses vom 26. Januar 2011 mangelt es diesem Beschluss schon an einem vollstreckungsfähigen
Inhalt, weil dort zwar das Ende der mit der einstweiligen Anordnung ausgesprochenen Regelung festgelegt (17. Juli 2011), zu
deren Beginn jedoch nichts gesagt ist (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 2. September 2010 a.a.O.); ohnehin hatte sich der Antragsgegner
mit Schriftsatz vom 10. März 2011 bereit erklärt, den vorbezeichneten Beschluss auszuführen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom
30. Juli 2008 - L 7 AS 2809/08 ER-B - <[...]>).
Der Senat lässt es dahingestellt sein, ob der vom Antragsteller beantragten einstweiligen Anordnung schon die hinsichtlich
der Zeit ab 1. Januar 2011 wohl eingetretene Bestandkraft des Bescheids vom 8. Dezember 2009 (Widerspruchsbescheid vom 30.
März 2010), welcher Eingliederungshilfeleistungen für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis 31. August 2011 bewilligt, den
der Antragsteller jedoch ausweislich der zu den Az. S 6 SO 2309/10 und L 7 SO 135/11 eingereichten Schriftsätze vom 29. November
2010 und 11. Januar 2011 nur noch für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis 31. Dezember 2010 angegriffen hat, entgegenstehen
könnte. Wäre das der Fall, würde dieser Umstand die Statthaftigkeit der beantragten einstweiligen Anordnung tangieren (ständige
Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschluss vom 13. Juni 2006 - L 7 AS 2050/07 ER-B - <[...]>). Dessen ungeachtet fehlt es an den Anordnungsvoraussetzungen für das einstweilige Rechtsschutzbegehren des
Antragstellers, wie es von ihm beim SG zuletzt mit Schriftsatz vom 17. Januar 2011 beantragt worden ist, und zwar am Anordnungsanspruch und am Anordnungsgrund.
Als Rechtsgrundlage des Begehrens des Antragstellers ist § 19 Abs. 3 SGB XII i.V.m §§ 53, 54 SGB XII, §
55 des
Neunten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IX) heranzuziehen; die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers hat der Antragsgegner nicht in Frage gestellt, wobei hier ohnehin
die Bestimmungen des § 92 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB XII zu beachten wären. Dass der Antragsteller, bei dem nach den aktenkundigen ärztlichen Äußerungen ein frühkindlicher Autismus
(ICD-10 F84.0) vorliegt, eine wesentliche Behinderung im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz1 SGB XII gegeben ist, steht ohne Zweifel fest und wird auch vom Antragsgegner nicht in Frage gestellt. Dieser stellt ferner nicht
in Abrede, dass beim Antragsteller ein durch Leistungen der Eingliederungshilfe auszugleichender Bedarf besteht; ohnehin ist
es nicht angebracht, hinsichtlich der Erfüllung der in § 53 Abs. 3 SGB XII umschriebenen Aufgaben und Ziele der Eingliederungshilfe einen engen Maßstab anzulegen (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 2.
September 2010 a.a.O. <m.w.N.>).
Der insoweit vom Antragsteller geltend gemachte eingliederungshilferechtliche Bedarf ist indessen durch die mit dem Bescheid
des Antragsgegners vom 8. Dezember 2009 bewilligte Leistung nach der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
gebotenen Prüfung vollständig gedeckt. Mit diesem Bescheid hat der Antragsgegner dem Antragsteller gemäß dem Antrag seiner
Betreuerin (vgl. deren Schreiben vom 14. Juli 2009) - Entsprechendes hatte im Übrigen auch die Werksiedlung St. Ch. mit Schreiben
vom 20. Juli 2007 beantragt - ab 1. September 2009 Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in der Tagesstruktur
der Förder- und Betreuungsgruppe (FuB) der vorgenannten Einrichtung gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. §
55 SGB IX bewilligt. Zu den unter §
55 Abs.
2 Nr.
3 SGB IX zu subsumierenden Leistungen der sozialen Rehabilitation gehören die Hilfen in Förderstätten nach §
136 Abs.
3 SGB IX für Menschen, die - wie der Antragsteller - die Voraussetzungen für eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte
Menschen nicht erfüllen (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 9. Dezember 2008 - B 8/9b SO 11/07 R - <[...]>; ferner
BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 9/10 R - <[...]>; Cramer, Werkstätten für behinderte Menschen, 4. Auflage, §
136 SGB IX Rdnr. 101; Vater in HK-
SGB IX, 3. Auflage, §
136 Rdnr. 31). In diesen Förderstätten werden Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fertigkeiten gewährt, die erforderlich
sind, behinderten (insbesondere geistig behinderten) nicht werkstattfähigen Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am
Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen; dies geschieht dort mit dem Ziel der Weiterentwicklung der Persönlichkeit vorrangig
in Form der Einübung selbständiger Verrichtungen des täglichen Lebens (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2008 a.a.O.; ferner Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, IV.3 Rdnr. 48 <Stand: 1. März 2006>).
Für derartige Hilfen sind im Übrigen Vereinbarungen nach § 76 SGB XII zu schließen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2008 a.a.O.).
Dass die Tagesstruktur in der FuB der Werksiedlung St. Ch. in N. zur Erreichung der oben beschriebenen Ziele objektiv nicht
geeignet sei, macht der Antragsteller selbst nicht geltend. Ebenso wenig wird von ihm auch nur behauptet, dass sein Hilfebedarf
in dieser Einrichtung nicht vollständig gedeckt werde (vgl. hierzu auch § 11 Abs. 2 des im "Angebot Tagesbetreuung" der Werksiedlung
St. Ch. vom 17. Januar 2011 in Bezug genommenen Rahmenvertrags für Baden-Württemberg nach § 79 Abs. 1 SGB XII <Stand: 20. September 2006>; i.F.: Rahmenvertrag); das hat er nicht einmal für die Zeit bis zu der mit Wirkung vom 8. Februar
2011 erfolgten Einstellung des Herrn Rombach durch den Beigeladenen vorgebracht. Der Antragsteller macht im vorliegenden Verfahren
- anders noch in der Klageschrift vom 3. Mai 2010 im Verfahren S 6 SO 2309/10 - nun allerdings geltend, dass der im Bescheid
des Antragsgegners vom 8. Dezember 2009 in Bezug genommene Leistungstyp I.4.5a des Rahmenvertrags ("Tagesstrukturierendes
Angebot für geistig und körperlich behinderte Menschen Förder- und Betreuungsgruppe - FuB -") nur für geistig behinderte Menschen
gelte, er jedoch allein seelisch behindert sei. Ob dieser im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht klärbare Befund
in der einen oder anderen Richtung zutrifft, vermag der Senat auch unter Heranziehung der Atteste des Dr. M., Epilepsiezentrum
Kork, vom 17. Januar und 6. April 2011 nicht abschließend zu beurteilen; freilich dürfte beim gegenwärtigen wissenschaftlichen
Erkenntnisstand zum frühkindlichen Autismus (vgl. hierzu etwa Remschmidt/Frese, Aktuelle Entwicklungen bei der sozialrechtlichen
Zuordnung autistischer Störungen, SGb 2006, 410 ff.) viel für eine Mehrfachbehinderung des Antragstellers sprechen. Hierauf kommt es vorliegend indessen nicht an. Denn der
Antragsteller übersieht, dass zwischen dem sozialhilferechtlichen Leistungsrecht, das den Sozialhilfeträger zu bedarfsdeckenden
Leistungen verpflichtet, sowie dem - die Rechtsbeziehungen zwischen dem Träger der Einrichtung und dem Sozialhilfeträger bestimmenden
- Leistungserbringerrecht zu unterscheiden ist. Soweit demnach in Landesrahmenverträgen nach § 79 SGB XII die Bildung typisierter Leistungsangebote vorgesehen ist, bezieht sich dies nicht auf die Bedarfslagen einzelner Hilfeempfänger
im Sinne einer individuellen Bedarfsdeckungspflicht, sondern auf die von der Einrichtung für bestimmte abstrakt definierte
Bedarfsgruppen (in § 3 Abs. 2 des Rahmenvertrags "Zielgruppen" genannt) zu erbringenden Sach- und Dienstleistungen, die Grundlage
für das in Vergütungsvereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII zu regelnde Entgelt sind (vgl. Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, 1. Auflage, § 76 Rdnr. 34 <Stand: 17.06.2011>; Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 76 Rdnr. 4 <Stand: IX/09>; vgl. auch Senatsbeschluss vom 13. November 2006 - L 7 SO 2998/06 ER-B - <[...]>; ferner § 15 Abs.
2 des Rahmenvertrags). Allein aus der auf das Leistungserbringerrecht zielenden vergütungsmäßigen Zuordnung der bewilligten
Leistung zu einem Leistungstyp vermag der Antragsteller für sein einstweiliges Rechtsschutzbegehren mithin nichts herzuleiten;
denn das typisierte Leistungsangebot bildet - anders als mittelbar die im Rahmenvertrag für stationäre Leistungen vorgesehenen
Hilfebedarfsgruppen (vgl. hierzu Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, a.a.O. Rdnr. 59; ferner BSG, Urteil vom 2. Februar 2010 - B 8 SO 20/08 R - <[...]>) - nur den für eine bestimmte Gruppe von Hilfeempfängern abstrakt
zu definierenden Hilfebedarf (vgl. auch Bundesgerichtshof <BGH>, Urteil vom 2. Dezember 2010 - III ZR 19/10 - <[...]>), nicht jedoch seinen individuellen Hilfebedarf ab (vgl. auch Hess. LSG, Beschluss vom 19. März 2008 - L 9 SO 1/08
B ER - <[...]>). Darauf, dass der vom SG im angefochtenen Beschluss herangezogene Leistungstyp I.4.5b des Rahmenvertrags ("Tagesstrukturierung und Förderung für psychisch
behinderte Menschen") Angebote in einer FuB überhaupt nicht erfassen dürfte, kommt es deshalb nicht mehr an.
Der Antragsteller macht nun allerdings sinngemäß geltend, dass er auf der Grundlage des auf den 27. Januar 2011 datierten
"Dienstleistungsvertrags" zwischen ihm und der Werksiedlung St. Ch. - im Schriftsatz des Beigeladenen vom 9. März 2011 wird
freilich lediglich von einer "konkludenten" Annahme des Angebots vom 17. Januar 2011 gesprochen, ohne den vorbezeichneten
Dienstleistungsvertrag zu erwähnen - zur Zahlung einer monatlichen Vergütung von 4.823.64 Euro verpflichtet sei. Der Senat
lässt offen, ob hier die Voraussetzungen des §
117 Abs.
1 und
2 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs greifen könnten. Denn selbst wenn die im Dienstleistungsvertrag vom 27. Januar 2011 vereinbarte Vergütung in der vorgenannten
Höhe mit Rechtsbindungswillen von beiden Vertragsparteien gewollt gewesen sein sollte, vermag der Antragsteller hieraus eine
Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Vergütung (vgl. hierzu grundlegend BSGE 102, 1 ff. = SozR 4-1500 § 75 Nr. 9) nicht herzuleiten. Darauf hinzuweisen ist, dass der Hilfeempfänger einen Anspruch auf Übernahme
der Kosten für seine Betreuung in einer Einrichtung nur hat, wenn und soweit er solche dem Einrichtungsträger selbst schuldet
(vgl. BSGE 102, 1 ff. = SozR 4-1500 § 75 Nr. 9 <Rdnr. 31>; BSG, Urteil vom 2. Februar 2010 a.a.O <Rdnr. 12>; ferner schon die ständige Senatsrechtsprechung; z.B. Beschlüsse vom 22. September
2005 - L 7 SO 3421/05 ER-B - FEVS 57, 322 ff. und 9. Dezember 2005 - L 7 SO 4890/05 ER-B - <[...]>). Jedenfalls für die Zeit
bis zum Abschluss des auf den 27. Januar 2011 datierten schriftlichen Dienstleistungsleistungsvertrags ergeben sich keinerlei
Hinweise, dass für die Betreuung des Antragstellers in der FuB der Werksiedlung St. Ch. in N. überhaupt eine feste Vergütung
vereinbart war. Ein schriftlicher Vertrag ist insoweit nicht zu den Akten gelangt; vielmehr hat es nach der Mitteilung der
Eltern des Antragstellers im Schreiben vom 13. Februar 2010 an den Antragsgegner einen solchen schriftlichen Vertrag nicht
gegeben.
Für das vorliegende Verfahren ist demnach davon auszugehen, dass die Vergütung der vom Beigeladenen erbrachten Betreuungsleistungen
- zumindest bis 27. Januar 2011 - an das Leistungserbringerrecht gekoppelt werden sollte. Hierfür spricht auch, dass der Beigeladene
ausweislich seiner vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 23. März 2011 vorgelegten Rechnung vom 1. Januar 2011 just die auf
dem Spruch der Schiedsstelle vom 26. April 2010 basierenden Vergütungssätze zugrunde gelegt hat. Am 27. Januar 2011 haben
indessen die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Vergütung nicht vorgelegen, denn das Befinden des Antragstellers hatte
sich nach den Bekundungen der vom SG im Erörterungstermin vom 25. November 2010 (S 6 SO 2309/10) gehörten Zeuginnen - seiner Mutter und Betreuerin sowie der Dipl.-Psych.
Anne Larsen - seit seinem Eintritt in die FuB im Gegenteil sogar insgesamt gebessert. Darüber hinaus dürfte der zwischen dem
Antragsteller und der Werksiedlung St. Ch. in N. "mündlich" geschlossene Vertrag über den 31. Dezember 2010 hinaus fortbestanden
haben. Denn dass die mit Schreiben der Werksiedlung vom 29. November 2010 zum 31. Dezember 2010 ausgesprochene Kündigung der
mündlich geschlossenen Dienstleistungsvereinbarung unwirksam gewesen sein und der Beigeladene dies selbst so gesehen haben
dürfte (der Antragsteller spricht im Übrigen im Schriftsatz vom 2. März 2011 selbst von einer "Rechtswidrigkeit" der Kündigung),
ergibt sich schon daraus, dass der Antragsteller ausweislich des zum Verfahren S 9 SO 161/11 ER gelangten Schriftsatzes seiner
Prozessbevollmächtigten vom 17. Januar 2011 auch über den 31. Dezember 2010 hinaus (nach dem Ende der Weihnachtsferien) zumindest
bis zum 17. Januar 2011 die FuB in der Werksiedlung St. Ch. in N. weiterhin besucht hat. Eine zur Kündigung berechtigende
Unzumutbarkeit zur Fortführung der Betreuung des Antragstellers durch die Einrichtung lag jedenfalls nicht vor (vgl. zu den
Kündigungsgründen durch den Unternehmer im Heimvertragsrecht ausdrücklich § 12 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes vom 29. Juli 2009 - WBVG - <BGBl. I S. 2319>); andernfalls ließe sich nicht erklären, dass die Werksiedlung St. Ch. mit jenem unter dem 27. Januar
2011 einen nun schriftlich fixierten Dienstleistungsvertrag geschlossen hat. Der im Erörterungstermin vor dem SG vom 25. November 2010 (S 6 SO 2309/10) als Zeuge gehörte Vorstandsvorsitzende des Beigeladenen Joachim Walter hat zudem bekundet,
dass der derzeit vorhandenen Überbelegung durch die geplante Errichtung eines neuen Gebäudes und die Sanierung anderer Gebäude
abgeholfen werden solle. Zu beachten ist hinsichtlich des oben genannten Dienstleistungsvertrags, dass Vereinbarungen, die
bestehende oder künftige Ansprüche des Sozialleistungsberechtigten zu seinen Lasten beeinflussen oder anspruchsrelevante Pflichten
verschärfen, nach §
32 des
Ersten Buches Sozialgesetzbuch nichtig sind (vgl. Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, a.a.O. § 75 Rdnrn. 106 f.).
Da mithin das vertraglich geregelte Leistungsspektrum und die hierfür fällige Vergütung entsprechend dem Rechtsgedanken der
§§ 7 Abs. 2 und 9 Abs.1 WBVG auch im Fall teilstationärer Hilfen - wie hier - an den Inhalt bestehender Vereinbarungen gebunden sind (vgl. nochmals Jaritz/Eicher,
a.a.O. Rdnr. 106), vermag der Beigeladene im zivilrechtlichen Erfüllungsverhältnis nicht einseitig zu Lasten des Antragstellers
eine Erhöhung der Vergütung zu verlangen. Vielmehr hat er die Pflicht, auf den Abschluss einer Vereinbarung oder die Ergänzung
einer bestehenden Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger hinzuwirken, sofern die Höhe der Vergütung dem Betreuungsaufwand
nicht entsprechen sollte (vgl. Jaritz/Eicher, a.a.O. Rdnr. 107). Da hier auf zivilrechtlicher Ebene eine Vertragsanpassung
schon mit Blick auf den - nicht im Sinne einer Erhöhung des Aufwands geänderten - Betreuungsbedarf des Antragstellers zu verneinen
ist, dürfte der Beigeladene, der mit der FuB in der Werksiedlung St. Ch. in N. vereinbarungsgebunden ist, gehalten sein, auf
eine neue Vergütungsvereinbarung hinzuwirken (vgl. Jaritz/Eicher, a.a.O. Rdnrn. 62, 65), sofern er die durch den Schiedsstellenspruch
vom 26. April 2010 festgelegten Vergütungssätze nicht mehr für auskömmlich halten sollte; keinesfalls darf der Leistungserbringer
durch zivilrechtliche Regelungen im Erfüllungsverhältnis den Verlauf von Verhandlungen präjudizieren (vgl. Senatsbeschlüsse
vom 18. November 2005 - L 7 SO 4187/05 ER-B - und 9. Dezember 2005 - L 7 SO 4890/05 ER-B - <beide [...]>; Jaritz/Eicher, a.a.O.
Rdnrn. 61, 65; zur sog. Sperrwirkung während der Verhandlungen vgl. ferner BSGE 102, 1 ff. = SozR 4-1500 § 75 Nr. 9 <Rdnrn. 29 ff.>; Bundesverwaltungsgericht <BVerwG> BVerwGE 126, 295 ff.; BVerwG, Beschluss vom 25. September 2007 - 5 B 17/07 - <[...]>). Derartige Verhandlungen hat der Antragsgegner im Übrigen wiederholt angeboten (vgl. etwa Schriftsatz vom 18.
Januar 2001 im Verfahren S 9 SO 161/11 ER; Schriftsatz vom 23. März 2011 im hiesigen Beschwerdeverfahren). Die Sperrwirkung
dürfte überdies selbst während der Verhandlungen auf individualvertraglicher Ebene gelten (vgl. Jaritz/Eicher, a.a.O. Rdnr.
65; hierzu auch BSGE 102, 1 ff. = SozR 4-1500 § 75 Nr. 9 <Rdnr. 30>).
Viel spricht hier dafür, dass die Leistungserbringung in der FuB der Werksiedlung St. Ch. in N. von der mit dem Antragsgegner
getroffenen Leistungsvereinbarung vom 31. August 2004 erfasst ist. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass nicht jede einzelne
Betreuungsmaßnahme, die mit der Zuordnung zu einem bestimmten Leistungstyp verbunden ist, eigens in einem Leistungsangebot
aufgeführt sein muss, um für den Leistungserbringer verbindlich zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2010 a.a.O. <Rdnr.
16>). Selbst wenn aber, was der Antragsteller und insbesondere der Beigeladene geltend machen, die Betreuung des Antragstellers
in der FuB in der Werksiedlung St. Ch. in N. nicht von den dort angebotenen, durch den Leistungstyp I.4.5a definierten Betreuungsleistungen
umfasst sein sollte, wäre der Beigeladene im Verhältnis zum Antragsteller an der Durchsetzung der im Dienstleistungsvertrag
vom 27. Januar 2011 auf 4.823,64 Euro bezifferten Vergütung gehindert, bevor er nicht den Versuch einer Einigung mit dem Antragsgegner
unternommen hat. Die Auseinandersetzung über die gezahlte Vergütung darf, sofern der Beigeladene mit deren Höhe unzufrieden
sein sollte, jedenfalls nicht auf dem Rücken des Antragstellers als dem schwächsten Glied im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis
(vgl. hierzu BSGE 102, 1 ff. = SozR 4-1500 § 75 Nr. 9 <Rdnrn. 16 ff.>; ferner schon die ständige Senatsrechtsprechung; etwa Beschluss vom 22. September
2005 a.a.O.) ausgetragen werden.
Aus den oben genannten Gründen dürfte die - je nach Ausgang des vorliegenden Verfahrens - offenbar erneut beabsichtigte Kündigung
des Dienstleistungsvertrags durch den Beigeladenen (vgl. Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 8.
Juni 2011) ebenfalls unwirksam sein. Aus all diesen Gründen fehlt es dem Begehren des Antragstellers neben dem Anordnungsanspruch
auch am Anordnungsgrund.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6); dabei hat der Senat von einer auch nur teilweisen Kostenerstattung für den Beigeladenen abgesehen, weil dieser dem
Rechtsstreit auf Seiten des Antragstellers beigetreten ist (vgl. im Übrigen zur fehlenden Befugnis zur Stellung abweichender
Sachanträge Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, a.a.O., § 75 Rdnr. 119).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).