Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Kosten der Unterkunft im Hinblick auf die Anmietung eines Lagerraums und die hierfür anfallende
Kaution.
Der 1960 geborene Kläger bezieht seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg
II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Auf seinen Fortzahlungsantrag vom 28.10.2008 bewilligte
der Beklagte mit Bescheid vom 06.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides W3842/08 vom 11.02.2009 in der Fassung der
Änderungsbescheide vom 28.04.2009 und 02.07.2009 Alg II für die Zeit 01.11.2008 bis 31.04.2009 in Höhe von monatlich 627,12
EUR (351 EUR Regelleistung zzgl 276,12 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung). Eine dagegen gerichtete Klage auf höhere Leistungen
für die Unterkunftskosten blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Nürnberg - SG - vom 31.07.2009, Az S 19 AS 357/09; Beschluss des Senats vom 03.12.2009, Az L 11 AS 621/09 NZB).
Dem Fortzahlungsantrag war ein Schreiben vom 28.10.2008 beigefügt, womit der Kläger ergänzend die Nachzahlung von rückständigen
Unterkunftskosten in Höhe von 3,60 EUR, die Bewilligung von Leistungen in Höhe von monatlich 193,73 EUR für die Anmietung
eines ca 9,9 qm großen Lagerraums zur Auslagerung von Akten, Büchern und Zeitschriften und die Übernahme einer diesbezüglich
anfallenden Kaution in Höhe von 242,16 EUR beantragte. Er sei von der Stadt A. aufgefordert worden, die in die von ihr gestellte
Unterkunft eingebrachten Papiermengen zu reduzieren. Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 06.11.2008 ab. Es handle
sich weder um einen unabweisbaren Bedarf noch um angemessene Kosten zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Entscheidung beruhe
auf §§ 22, 23 SGB II.
Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, er müsse in seinem Appartement auf 31 qm umfangreiche Druckerzeugnisse, Akten
und Kopien hiervon, Bekleidung und sonstigen Hausrat unterbringen. Er sei mehrmals aufgefordert worden, die Papiermenge zu
reduzieren. Ein förmlicher Bescheid liege noch nicht vor. In seiner eigenen Person würden keine Gefahren begründet sein, da
er Nichtraucher sei und keinen Alkohol trinke. Die Sachen würden zur Lebensführung, zur Vorbereitung und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
und als Teil des notwendigen Haushalts benötigt. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2009
zurück.
Dagegen hat der Kläger beim SG Klage erhoben. Es würden derzeit in seiner Unterkunft insbesondere Aktenbestände aus diversen Rechtssachen aufbewahrt, die
unverzichtbar und durch die geforderte Reduzierung gefährdet seien. Im Hinblick auf die Literatur, die der Kläger für die
spätere Fortführung der Erwerbstätigkeit benötige, hat er ein Verzeichnis vorgelegt.
Mit Urteil vom 31.07.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe zwar entschieden, dass grundsätzlich ein Anspruch auf Übernahme
der Kosten für einen Lagerraum in Betracht komme, wenn der angemietete Wohnraum so klein sei, dass er zur Unterbringung von
persönlichen Gegenständen nicht ausreiche. Die Unterkunft des Klägers verfüge jedoch über 31 qm und sei nicht derart klein,
dass es sich nur um ein "Dach über dem Kopf" handele. Ein Großteil der Unterlagen würden weder den persönlichen Grundbedürfnissen
des Klägers dienen noch dem Wohnen. Die Papiermengen seien das Ergebnis einer Sammelleidenschaft und der Neigung, zahllose
Gerichtsverfahren anzustrengen. Es bestehe die Möglichkeit, Bibliotheken zu nutzen oder durch den Umzug in eine andere angemessene
Wohnung entsprechenden Platz zu schaffen. Insofern gebe es auch keinen Anspruch auf eine Kautionsübernahme. Hinsichtlich der
Generalterminsvollmacht des Sitzungsvertreters genüge es, wenn sich das Gericht von der zu den Generalakten des Gerichts gereichten
Vollmacht überzeuge.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und erklärt, einen Lagerraum habe er tatsächlich
nicht angemietet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 31.07.2009 und den Bescheid vom 06.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
W 3843/08 vom 11.02.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, weitere Kosten der Unterkunft und Heizung für die Anmietung eines
Lagerraums zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, §§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Sie hat teilweise Erfolg. Im Hinblick auf die Aufhebung des Bescheides vom 06.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
W 3843/08 vom 11.02.2009 ist die Klage begründet. Die gesonderte Ablehnung eines einzelnen Teilbedarfes, der rechtlich nicht von dem
bestehenden Gesamtanspruch abtrennbar ist, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, §
54 Abs
1 Satz 1
SGG.
Im Übrigen ist die Berufung jedoch unbegründet, denn im Umkehrschluss hat auch der Kläger keinen Anspruch darauf, dass ihm
ein rechtlich nicht trennbarer Teilbedarf zugesprochen wird. Dem Wesen nach handelt es sich bei dem geltend gemachten Anspruch,
die zusätzlichen Kosten der Unterkunft im Hinblick auf die Anmietung eines Lagerraums gesondert (und dauerhaft) zu bewilligen,
um eine unzulässige Elementenfeststellungsklage.
Vorliegend macht der Kläger im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage die Beseitigung eines belastenden
Verwaltungsaktes (Beseitigung der Leistungsablehnung) und die Verpflichtung des Beklagten zu einem den zusätzlichen Bedarf
an Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 und Abs 3 Satz 1 SGB II bewilligenden Verwaltungsakt geltend.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen
dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl nur: BSG, Urteil vom 18.08.2005 in Breith 2006, 345ff mwN), wobei jedoch ein Bescheid
im Einzelfall mehrere abtrennbare Verfügungen (Verwaltungsakte iSd § 31 SGB X) enthalten (vgl BSG, Urteil vom 18.08.2005 aaO.) kann. Das BSG hat zu den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende
bereits auch entschieden, dass eine Entscheidung über die Unterkunftskosten im Rahmen einer Alg II - Bewilligung eine derartige
eigenständige, abgrenzbare Verfügung darstellt (vgl BSG, Urteil vom 07.11.2006 in SozR 4-4200 § 22 Nr 1)
Hierbei ist jedoch nicht die optische Aufspaltung entscheidend; vielmehr ergibt sich die rechtliche Abtrennbarkeit dieser
Verfügungen von den übrigen Verfügungen eines Bewilligungsbescheides aus § 6 Abs 1 SGB II. Danach sind Träger der Leistungen
nach dem SGB II die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die kreisfreien Städte und Kreise für bestimmte in der Norm selbst bezeichnete
Leistungen. Die Zuständigkeit der kommunalen Träger gilt insbesondere für die Leistungen des § 22 SGB II, die also nach der
Gesetzessystematik von einem anderen Leistungsträger zu gewähren sind als der BA.
Soweit daher eine Grenze für die Aufteilbarkeit des "Gesamtanspruches" in einzelne Verfügungen gezogen werden kann, verläuft
diese Grenze zwischen den Zuständigkeitsbereichen der Träger, jedoch nicht innerhalb dieser Zuständigkeitsbereiche. Dies hat
auch das BSG in der Entscheidung vom 18.06.2008 (B 14/7b AS 44/06 R) zum Ausdruck gebracht, indem es darauf hingewiesen hat, dass bei der Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft
und Heizung die Rechtsprechung des BSG zur Berücksichtigung der Warmwasserkosten zu beachten ist, obgleich dies von den Beteiligten
im dortigen Verfahren zu keinem Zeitpunkt thematisiert worden war, so dass auch hieraus der Schluss zu ziehen ist, dass über
die Leistungen eines Trägers nur einheitlich, ohne Möglichkeit einer rechtlichen Trennung, entschieden werden kann.
Bei den vom Kläger geltend gemachten weiteren Leistungen für die Anmietung eines Lagerraums zur Auslagerung bestimmter Gegenstände
handelt es sich um Leistungen für Unterkunft und Heizung iSv § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II bzw im Hinblick auf eine etwaige Kaution
iSv § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II. Wenn es wegen der Größe der konkret bewohnten Unterkunft erforderlich sein sollte, angemessenen
Hausrat und persönliche Gegenstände anderweitig unterzubringen, können auch die angemessenen Kosten einer Einlagerung als
Teil der Unterkunftskosten zu berücksichtigen sein (vgl dazu ausführlich BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R).
Dies hat vorliegend zur Konsequenz, dass die Entscheidung des Beklagten vom 06.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
W 3843/08 vom 11.02.2009 aufzuheben war, weil keine Rechtsgrundlage für eine gesonderte Entscheidung über weitere Unterkunftskosten
für die Anmietung eines Lagerraums ersichtlich ist, die lediglich als ein Berechnungselement des nach § 6 Abs 1 Nr 2 SGB II
durch den kommunalen Träger zu deckenden Gesamtbedarfes des Klägers anzusehen ist.
Die Entscheidung des Beklagten vom 06.11.2008 hat sich auch nicht in sonstiger Weise erledigt (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X). Die Bewilligungsentscheidung bezüglich der Gewährung von Alg II im weiteren Bewilligungsbescheid vom 06.11.2008 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides W 3842/08 vom 11.02.2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 28.04.2009 und 02.07.2009 ist für die Zeit vom 01.11.2008 bis 31.04.2009
in Form von Regelleistung und Kosten der Unterkunft und Heizung rechtskräftig (Urteil des Sozialgerichts Nürnberg - SG - vom 31.07.2009, Az S 19 AS 357/09; Beschluss des Senats vom 03.12.2009, Az L 11 AS 621/09 NZB). Dort wurde zumindest inzident die Gewährung von weiteren Leistungen für Unterkunftskosten zur Einlagerung der Gegenstände
abgelehnt. Für den dortigen Leistungszeitraum hat der Kläger im Übrigen auch keine Nachweise vorgelegt, dass insofern tatsächlich
weitere Unterkunftskosten im Hinblick auf eine Einlagerung von Gegenständen entstanden wären. Hierfür gibt es auch keine Anhaltspunkte,
so dass eine Nichtberücksichtigung der weiter geltend gemachten Kosten rechtmäßig war.
Die im vorliegenden Verfahren angegriffene Entscheidung des Beklagten könnte aber über den im anderen Verfahren streitig gewesenen
Leistungszeitraum (01.11.2008 bis 30.04.2009) hinaus zumindest den Rechtsschein einer dauerhaften Ablehnung der weiteren Unterkunftskosten
manifestieren, auch wenn mit den Bewilligungsbescheiden für die folgenden Leistungszeiträume (ab dem 01.05.2009), die Übernahme
weiterer Unterkunftskosten inzident jeweils abgelehnt worden ist (vgl zur Begrenzung des Streitgegenstandes durch nachfolgenden
Ablehnungsbescheide BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b 59/06 R). Diesen Rechtsschein gilt es mit der Aufhebung des Bescheides
vom 06.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides W 3843/08 vom 11.02.2009 zu beseitigen.
Darüber hinaus hat der Kläger jedoch keinen Anspruch, die beantragten Leistungen, dh die zusätzlichen Kosten für die Einlagerung,
gesondert im Wege einer Verpflichtungsklage zugesprochen zu erhalten. Dem Wesen nach handelt es sich bei diesem Teilbedarf
an Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 und Abs 3 Satz 1 SGB II lediglich um ein Berechnungselement des nach § 6 Abs 1 Nr 2 SGB
II durch den kommunalen Träger zu deckenden Gesamtbedarfes des Klägers, der rechtlich nicht von den übrigen Leistungen des
kommunalen Trägers abgetrennt werden kann, so dass seitens des Klägers allenfalls die Feststellung begehrt werden kann, dass
ein bestimmter (zusätzlicher) Unterkunftsbedarf im Rahmen der Berechnung ihres Gesamtanspruches zu berücksichtigen sei. Derartige
Feststellungsklagen sind jedoch - weil sie lediglich eine Vorfrage des Gesamtanspruches betreffen - als sogenannte Elementenfeststellungsklagen
unzulässig (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9.Aufl, §
55 Rn 9) und es sind keine Anhaltspunkte für eine ausnahmsweise Zulässigkeit einer solchen Feststellungsklage ersichtlich (vgl
Keller aaO. § 55 Rn 9a), denn es ist offen, ob der Streit zwischen den Beteiligten auf Dauer beigelegt werden kann, weil die
Frage des zusätzlichen Unterkunftsbedarfs im Zeitablauf Änderungen im tatsächlichen Bereich unterliegen kann. Eine Erhöhung
der Leistungen ist damit abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§
183,
193 SGG und berücksichtigt, dass der Beklagte dem Kläger mit der verfahrensrechtlich unnötigen Ablehnung der zusätzlichen Unterkunftskosten
durch einen gesonderten Bescheid hinreichenden Anlass zur Rechtsverfolgung gegeben hat.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Absatz
2 Nr
1 und
2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.