Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren; Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse bei Arbeitslosengeld
II-Beziehern, maßgebender Zeitpunkt
Gründe:
I. In der Hauptsache haben sich die Parteien wegen der Feststellung eines höheren Grades der Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht
(GdB) sowie wegen Zuerkennung des Merkzeichens "G" gestritten. Im vorliegenden Verfahren wendet sich der Kläger und Beschwerdeführer
(Bf.) gegen die Ablehnung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten
durch das Sozialgericht Regensburg.
In der geschilderten Angelegenheit war es zu einem Klageverfahren vor dem Sozialgericht gekommen. Dieses lehnte mit Beschluss
vom 11. Dezember 2006 einen Antrag des Bf. auf Bewilligung von PKH und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ab, weil
es keine Notwendigkeit für eine Anwaltsbeiordnung sah. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies das Bayerische Landessozialgericht
mit Beschluss vom 29. Januar 2007 ebenfalls mangels Notwendigkeit einer Anwaltsbeiordnung zurück. Eine dagegen zum Bundesverfassungsgericht
eingelegte Verfassungsbeschwerde war erfolgreich (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 2007 - 1 BvR 681/07) und führte zur Aufhebung des Beschlusses vom 29. Januar 2007 und zur Zurückverweisung der Sache an das Bayerische Landessozialgericht.
Dieses wies die Beschwerde mit Beschluss vom 27. September 2007 erneut ab, weil die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich
sei. Wiederum legte der Bf. Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein, die ebenfalls erfolgreich war und zur
Aufhebung des Beschlusses vom 27. September 2007 und zur Zurückverweisung an einen anderen Senat des Bayer. Landessozialgerichts
führte (Beschluss vom 6. Mai 2009 - 1 BvR 439/08).
Der Rechtsstreit in der Hauptsache wurde vor dem Sozialgericht durch Prozessvergleich erledigt. Nachdem vor der mündlichen
Verhandlung am 17. Januar 2008 ein Terminsgutachten erstellt worden war, das einen Gesamt-GdB von 70 als zutreffend erachtete,
kam in der mündlichen Verhandlung eine dahin gehende Einigung der Parteien zustande.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Beklagten und Beschwerdegegners (Bg.) sowie die Akten
des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II. Das Präsidium des Bayer. Landessozialgerichts hat die Bearbeitung und Entscheidung des vom Bundesverfassungsgericht zurückverwiesenen
Verfahrens dem 1. Senat des Bayer. Landessozialgerichts übertragen (Beschluss vom 14.07.2009).
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Bewilligung von PKH und Anwaltsbeiordnung
abgelehnt. Die Voraussetzungen hierfür liegen vor.
Das Rechtsschutzbegehren hatte eine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinn von §
73 a Abs.
1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) in Verbindung mit §
114 Satz 1 der
Zivilprozessordnung (
ZPO). Denn es bedurfte medizinischer Ermittlungen, insbesondere der Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Dass
der Bf. mit der Klage tatsächlich teilweisen Erfolg hatte, bestätigt zwar die Ex-ante-Beurteilung, ist daneben aber nicht
relevant.
Auch die subjektiven, insbesondere die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH liegen vor. Die nähere
Begründung enthält die diesem Beschluss beigefügte Anlage, die aber wegen §
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
127 Abs.
1 Satz 3
ZPO nicht dem Bg. übermittelt wird.
Die Anwaltsbeiordnung beruht auf §
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
121 Abs.
2 ZPO. Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist erforderlich. In Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in den
Beschlüssen vom 22. Juni 2007 - 1 BvR 681/07 und vom 6. Mai 2009 - 1 BvR 439/08 kommt der Senat zum Schluss, dass im Klageverfahren zwischen dem Bf. und dem Bg. keine prozessuale Waffengleichheit bestanden
hat. Es hat eine Konstellation vorgelegen, bei der sich ein vernünftiger bemittelter Rechtsuchender hätte anwaltlich vertreten
lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
127 Abs.
4 ZPO. Danach ist eine Kostenerstattung im Beschwerdeverfahren generell ausgeschlossen.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§
177 SGG).