Rentenversicherung - Befreiung von der Versicherungspflicht als Landwirt; Arbeitseinkommen; Ansparrücklagen
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt Befreiung von der Versicherungspflicht als Landwirt für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2006.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2009 hatte die Landwirtschaftliche Alterskasse Mittel- und Ostdeutschland (nachfolgend ebenfalls
Beklagte genannt) für den Kläger Versicherungspflicht als Landwirt ab 1. Januar 1998 festgestellt. Mit Bescheid vom 15. Januar
2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2010 hatte sie diesen Bescheid mit Ablauf des 30. Juni 2007 aufgehoben.
Zum 1. Dezember 2004 nahm der Kläger eine selbständige Erwerbstätigkeit als Eisenflechter auf. Die Bundesagentur für Arbeit
hatte ihm dafür einen Existenzgründungszuschuss für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis 30. November 2005 in Höhe von monatlich
600 Euro (Bescheid vom 30. November 2004), für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 30. November 2006 in Höhe von monatlich 360
Euro (Bescheid vom 15. Januar 2006) und für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 30. November 2007 in Höhe von monatlich 240
Euro (Bescheid vom 13. Februar 2007) bewilligt. Der Kläger erzielte aus seiner selbständigen Tätigkeit als Eisenflechter Einkünfte
aus Gewerbebetrieb für 2004 von minus 14.307 Euro (Bescheid des Finanzamtes Cottbus für 2004 über Einkommensteuer vom 14.
Februar 2007), für 2005 von 3.214 Euro (Bescheid des Finanzamtes Cottbus für 2005 über Einkommensteuer vom 9. September 2008)
und für 2006 von minus 2.626 Euro (Bescheid des Finanzamtes Cottbus für 2006 über Einkommensteuer vom 26. Februar 2009).
Im Juli 2009 hatte der Kläger einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 3 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) wegen der Erzielung eines außerlandwirtschaftlichen Arbeitseinkommens aufgrund einer selbständigen Tätigkeit gestellt.
Mit Bescheid vom 26. August 2009 hatte die Beklagte festgestellt, dass die Beitragsforderung für den Zeitraum vom 1. Januar
1998 bis 31. Dezember 2004 verjährt ist. Mit Bescheid vom 3. November 2009 hatte sie den Kläger für die Zeit ab 1. Januar
2007 als Landwirt von der Versicherungspflicht befreit.
Mit weiterem Bescheid vom 26. August 2009 hatte sie die Befreiung von dieser Versicherungspflicht für die Zeit vom 1. Januar
2005 bis 31. Dezember 2006 abgelehnt. Der Kläger habe vom 1. Januar bis 31. Dezember 2006 ein Einkommen von minus 2.626 Euro
jährlich erzielt, das den gesetzlichen Grenzwert für eine Befreiung von 4.800 Euro jährlich nicht überschreite.
Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 den Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 von
der Versicherungspflicht als Landwirt befreit hatte, hatte der Kläger gegen den Bescheid vom 26. August 2009 am 3. Januar
2010 mit der Begründung Widerspruch eingelegt, er habe Pflichtbeiträge in die Rentenversicherung (LVA) für den gesamten Zeitraum
vom 1. Januar bis 31. Dezember 2006 entrichtet, so dass er seinen Zahlungsverpflichtungen nachgekommen sei. Diesen Widerspruch
hatte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2010 wegen Verfristung als unzulässig zurückgewiesen.
Im April 2010 beantragte der Kläger eine Überprüfung des Bescheides vom 26. August 2009. Er wies darauf hin, dass er als Ich-AG
in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt habe, so dass ein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht zur
Altersversorgung der Landwirte bestehe.
Mit Bescheid vom 11. Mai 2010 lehnte die Beklagte die Rücknahme dieses Bescheides ab.
Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, es sei ihm eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung
nicht möglich gewesen, so dass er bezüglich der landwirtschaftlichen Alterskasse nicht als selbständig gegolten habe, wies
die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2010 zurück: Ausweislich des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2006
vom 26. Februar 2009 habe der Kläger im Jahre 2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von minus 2.626 Euro erzielt. Gemäß
§
15 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) sei Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn
aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen sei als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht
zu bewerten sei. Mithin sei auf das im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Einkommen abzustellen. Der Kläger habe somit Arbeitseinkommen
erzielt, dessen Höhe nicht 4.800 Euro jährlich überstiegen habe.
Dagegen hat der Kläger am 12. August 2010 beim Sozialgericht Cottbus Klage erhoben.
Er hat über sein bisheriges Vorbringen hinaus darauf hingewiesen, dass er im Jahr 2006 hauptberuflich als Eisenflechter gearbeitet
habe.
Die Beklagte hat gemeint, selbst bei vollständiger Berücksichtigung des im Jahr 2006 erhaltenen Existenzgründerzuschusses
in Höhe von 4.200 Euro übersteige das außerlandwirtschaftliche Einkommen nicht 4.800 Euro.
Mit Urteil vom 21. Mai 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Der Bescheid vom 26. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 29. März 2010 sei nicht rechtswidrig, denn er habe seine Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG. Danach würden Landwirte auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, solange sie regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen,
vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen bezögen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und
Forstwirtschaft jährlich 4.800 Euro überschreite. Der Kläger habe jedoch ein Arbeitseinkommen in dieser Höhe nicht erzielt.
Da das ALG keine eigene Definition des Begriffes "Arbeitseinkommen" enthalte, ergebe sich dieser Begriff aus §
15 Abs.
1 Satz 1
SGB IV. Danach sei Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte
Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Diese Vorschrift nehme eine Verweisung auf den Gewinn vor, so wie er nach den allgemeinen
Gewinnermittlungsvorschriften des
Einkommensteuergesetzes (
EStG) ermittelt werde. Damit werde auf die §§
4 bis 7 k
EStG verwiesen. Es sei daher der im Einkommensteuerbescheid 2006 ausgewiesene Gewinn, der sich negativ im Sinne eines Verlustes
von 2.626 Euro darstelle, zugrunde zu legen. Daran ändere auch der erstmalig in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand
nichts, dass das Einkommen im Jahr 2006 mehr als 4.800 Euro betragen habe und dieses lediglich durch Betriebsausgaben für
Neuanschaffungen und Ansparabschreibungen reduziert worden sei. Die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Renten- (und Krankenversicherung)
stelle nach dem ALG keinen Befreiungstatbestand dar. Das ALG gewährleiste für die Alterssicherung der Landwirte nur eine Teilabsicherung neben derjenigen in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Es gäbe daher keinen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass Konkurrenzen von Versicherungspflichttatbeständen in verschiedenen
Zweigen der Sozialversicherung durch eine Vorrangregelung im Sinne eines Ausschlusses von Doppelversicherungen zu lösen seien.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 29. Mai 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Juni 2013 eingelegte Berufung
des Klägers.
Er trägt vor, er habe von der Bundesagentur für Arbeit eine Förderung in Höhe von 4.200 Euro erhalten, so dass schlichtweg
falsch sei, dass er im Jahr 2006 aus der selbständigen Tätigkeit einen Verlust in Höhe von 2.626 Euro erzielt habe. Richtig
sei, dass aufgrund einer Investitionsrückstellung für Anschaffung der Steuerbescheid für das Jahr 2006 zunächst den genannten
Verlust aufgewiesen habe. Dazu sei auszuführen, dass Steuerpflichtige gemäß §
7 g EStG für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts bis zu 40 Prozent der voraussichtlichen
Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnreduzierend abziehen könnten. Davon habe der Kläger Gebrauch gemacht und eine
Investitionsrücklage in Höhe von 5.688 Euro gebildet. Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten
Wirtschaftsguts sei der für dieses Wirtschaftsgut in Anspruch genommene Investitionsbetrag gemäß §
7 g Abs.
2 Satz 1
EStG gewinnerhöhend hinzuzuziehen. Soweit der Investitionsbetrag jedoch nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr
des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach §
7 Abs.
2 EStG hinzugerechnet worden sei, sei der Abzug rückgängig zu machen (§
7 g Abs.
3 EStG). Sei der Gewinn des maßgebenden Wirtschaftsjahres bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde
gelegt worden, sei der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid, vorliegend der Bescheid von 2006, insoweit zu ändern.
Dies gelte auch dann, wenn bereits der Bescheid bestandskräftig geworden sei. Vorliegend sei durch den Kläger in den folgenden
Jahren keine Anschaffung erfolgt und somit auch keine Abnutzung für Anschaffung zum Abzug gebracht worden. Sie sei rückwirkend
im Jahr 2007 gewinnerhöhend für das Jahr 2006 wieder aufgelöst worden. Bei dem Kläger handele es sich um eine Ansparabschreibung
gemäß §
7 g EStG entsprechend der damals gültigen Fassung. Erst mit der Unternehmenssteuerreform 2008 ergäben sich wesentliche Änderungen
bei §
7 g EStG. Erst seither sei eine rückwirkende Auflösung zwingend. Somit habe der Kläger die Möglichkeit genutzt, handelsrechtliche
Gewinne im Zeitraum von 2004 bis 2008 in Höhe von 17.868 Euro, was 40 v.H. der Anschaffungskosten in Höhe von 44.670 Euro
entspreche, als Rücklage zu bilden. Soweit es die hier im Streit stehende Ansparrücklage für den Zeitraum von 2004 bis 2006
betreffe, so sei diese als Vermögen im Rahmen der Bemessungsgrenzen einzusetzen. Erst bei der Auflösung handele es sich um
einen steuerrechtlichen Gewinn. Aus einer Auflösung der Ansparrücklage handele es sich nicht um Einkommen im grundsicherungsrechtlichen
Sinne der sozialen Aufwendungen. Es sei bei Selbständigen von den Bruttoeinkünften im handelsrechtlichen Sinne auszugehen.
Für den strittigen Zeitraum seien somit vom Kläger diese Abgaben lückenlos beim Rentenversicherungsträger in der Höhe der
Beitragsbemessungsgrundlage abgeführt worden. Der Kläger habe somit im Jahr 2006 aus seiner Tätigkeit als Eisenflechter keinen
Verlust, sondern einen nachträglich festgestellten Gewinn von 3.062 Euro (aufgelöste Investitionsrücklage von 5.688 Euro abzüglich
Verlust von 2.626 Euro) erzielt. Unter Berücksichtigung der Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit ergebe sich somit
ein Einkommen in Höhe von insgesamt 7.262 Euro. Der Kläger hat eine Kopie der Summen- und Saldenliste Dezember 2007 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. Mai 2013 und den Bescheid vom 11. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 20. Juli 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Rücknahme des Bescheides vom 26. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 29. März 2010 zu verpflichten, den Kläger in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006 von der Versicherungspflicht
zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Für die Ermittlung des Arbeitseinkommens seien der steuerrechtliche
Gewinn und damit auch die Ansparrücklage maßgebend.
Den Beteiligten ist mit Verfügung vom 15. Januar 2015 mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung nach §
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in Betracht kommt; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 06. Februar 2015 gegeben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt
der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (...), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung insbesondere im Hinblick darauf, dass
die Beteiligten bereits ausführlich ihre Argumente vorgebracht haben, nicht für erforderlich hält, hat er nach deren Anhörung
von der durch §
153 Abs.
4 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch Beschluss zu entscheiden.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 11. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 20. Juli 2010 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihn unter entsprechender Rücknahme
des Bescheides vom 26. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2010 für die Zeit vom 1. Januar
2006 bis 31. Dezember 2006 von der Versicherungspflicht als Landwirt befreit.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem
Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht
oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung
für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich
in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Bescheid vom 26. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.
März 2010 ist rechtmäßig, denn der Kläger erfüllt für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2006 nicht die für eine
Befreiung erforderlichen Voraussetzungen.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG gilt: Landwirte (und mitarbeitende Familienangehörige) werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, solange sie
regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen (§ 3 Abs. 4 ALG) beziehen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft jährlich 4.800 Euro überschreitet.
Erwerbsersatzeinkommen sind Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften
erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen. Hierzu zählen insbesondere Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld,
soweit es nicht nach §
55a Abs.
2 SGB VII gewährt wird, oder Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem
SGB III und vergleichbare Leistungen von einem Sozialleistungsträger (§ 3 Abs. 4 Sätze 1 und 2 Nr. 2 ALG).
Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst
vom Eingang des Antrags an. § 34 Abs. 2 Satz 3 und 4 ALG gilt entsprechend (§ 3 Abs. 2 Sätze 1 und 4 ALG).Die in Bezug genommene Vorschrift bestimmt unter Berücksichtigung ihrer entsprechenden Anwendung: Bei rückwirkender Feststellung
der Versicherungspflicht gilt dies mit der Maßgabe, dass die Frist mit Bekanntgabe des Bescheides über die Feststellung der
Versicherungspflicht beginnt. Wird die Versicherungspflicht als Folge der Beendigung einer Befreiung von der Versicherungspflicht
nach § 3 Abs. 1 ALG (oder § 85 Abs. 3b ALG) rückwirkend festgestellt, gilt dies nur, wenn der Antrag aus Gründen, die der Berechtigte nicht zu vertreten hat, nicht
innerhalb der Frist des § 3 Abs. 2 Satz 1 ALG gestellt worden ist.
Danach ist die Frist von drei Monaten gewahrt, denn der Antrag auf Befreiung wurde im Juli 2009 gestellt, nachdem die Beklagte
mit Bescheid vom 25. Juni 2009 rückwirkend Versicherungspflicht festgestellt hatte.
Der Kläger erzielte Arbeitseinkommen, nämlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der selbständigen Tätigkeit als Eisenflechter.
Diese betrugen nach den Bescheiden des Finanzamtes Cottbus für 2004 minus 14.307 Euro, für 2005 3.214 Euro und für 2006 minus
2.626 Euro.
Der Begriff des Arbeitseinkommens bestimmt sich nach §
15 Abs.
1 SGB IV. Dies ergibt sich daraus, dass das ALG keine eigenständige Definition des Arbeitseinkommens enthält, so dass §
1 Abs.
1 Satz 1
SGB IV maßgebend ist, der anordnet, dass die Vorschriften des
SGB IV unter anderem für die gesetzliche Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte gelten.
Nach §
15 Abs.
1 SGB IV gilt: Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn
aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht
zu bewerten ist.
Soweit der Kläger meint, es sei nicht auf das genannte Arbeitseinkommen, sondern auf Bruttoeinkünfte im handelsrechtlichen
Sinne abzustellen, wird dies somit durch das Gesetz nicht gestützt.
Die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts sind die §§
4 bis 7 k
EStG. Damit gehört auch die Regelung des §
7 g EStG zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften und ist damit bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens zu berücksichtigen
(Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 21. Juni 2011 - B 4 AS 21/10 R, abgedruckt in BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 39; BSG, Urteil vom 10. Mai 2007 - B 10 LW 7/05 R, abgedruckt in SozR 4-5868 § 3 Nr. 2).
§
7 g EStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2002 (BGBl I 2002, 4210 - a. F. -) bestimmte in seinem zeitlichen Anwendungsbereich bis 17. August 2007 unter anderem Folgendes: Steuerpflichtige
können für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes im Sinne des §
7 g Abs.
1 EStG (also bei neuen beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens) eine den Gewinnmindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung).
Die Rücklage darf 40 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsgutes nicht überschreiten,
das der Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres
anschaffen oder herstellen wird. Eine Rücklage kann auch gebildet werden, wenn dadurch ein Verlust entsteht oder sich erhöht
(§
7 g Abs.
3 Sätze 1, 2 und 4
EStG). Sobald für das begünstigte Wirtschaftsgut Abschreibungen vorgenommen werden dürfen, ist die Rücklage in Höhe von 40 v.
H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend aufzulösen. Ist eine Rücklage am Ende des zweiten auf ihre Bildung
folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie zu diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen (§
7 g Abs.
4 EStG).Ermittelte der Steuerpflichtige den Gewinn nach §
4 Abs.
3 EStG, so waren die genannten Vorschriften mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe
(Abzug) und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln war (§
7 g Abs.
6 erster Halbsatz
EStG).Abweichend davon traf §
7 g Abs.
7 EStG Sonderregelungen für Existenzgründer. Danach war unter anderem die Rücklage spätestens am Ende des fünften auf ihre Bildung
folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen (§
7 g Abs.
7 Satz 1 Nr.
3 EStG).
Die Ansparabschreibung wurde zum 18. August 2007 durch Gesetz vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) durch Änderung des §
7 g EStG durch den Investitionsabzugsbetrag ersetzt. §
7 g EStG in der Fassung dieses Gesetzes (n. F.) sieht vor: Steuerpflichtige können für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines
abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten
gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Abzugsbeträge können auch dann in Anspruch genommen werden, wenn dadurch
ein Verlust entsteht oder sich erhöht (§
7 g Abs.
1 Sätze 1 und 3
EStG). Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts ist der für dieses Wirtschaftsgut
in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 40 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend
hinzuzurechnen (§
7 g Abs.
2 Satz 1 erster Halbsatz
EStG). Soweit der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres
nach §
7 g Abs.
2 EStG hinzugerechnet wurde, ist der Abzug nach §
7 g Abs.
1 EStG rückgängig zu machen. Wurde der Gewinn des maßgebenden Wirtschaftsjahres bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten
Feststellung zugrunde gelegt, ist der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid insoweit zu ändern. Dies gilt auch,
wenn der Steuer- oder Feststellungsbescheid bestandskräftig geworden ist (§
7 g Abs.
3 Sätze 1 bis 3 erster Halbsatz
EStG).
Übergangsrechtlich bestimmt §
52 Abs.
23 Satz 3
EStG: Bei Ansparabschreibungen, die in vor dem 18. August 2007 endenden Wirtschaftsjahren gebildet worden sind, und Wirtschaftsgütern,
die vor dem 1. Januar 2008 angeschafft oder hergestellt worden sind, ist §
7 g EStG in der bis zum 17. August 2007 geltenden Fassung weiter anzuwenden.
Daraus folgt, dass es im Falle des Klägers nicht um einen Investitionsabzugsbetrag, sondern um eine Ansparabschreibung geht,
denn er trägt vor, im Jahr 2007 eine gewinnerhöhende Auflösung vorgenommen zu haben. Dies wird durch die vorgelegte Summen-
und Saldenliste Dezember 2007 bestätigt, in der ein Sonderposten von 5.688 Euro als Rücklageanteil nach §
7 g Abs.
3, 7
EStG ausgewiesen ist, so dass §
7 g EStG a. F. anzuwenden ist.
Ansparrücklagen sollten dem Selbständigen ermöglichen, eine Rücklage für künftige Investitionen zu bilden. Durch ihre Bildung
wurde verhindert, dass in bestimmter Höhe erzielte Gewinne besteuert wurden. Die Rücklagenbildung hatte zur Folge, dass sie
im Jahr der Bildung zu einem buchmäßigen Aufwand führte, wodurch der Steuerpflichtige einen Steuervorteil unter der Bedingung
erhielt, dass er spätestens zwei Jahre nach der (eigenkapitalschonenden) Rücklagenbildung investierte. Die Nichtbesteuerung
der erzielten Gewinne in Höhe der Ansparrücklage führte dazu, dass beim Steuerpflichtigen im Jahr der Bildung der Ansparrücklage
eine erhöhte Liquidität vorlag (BSG, Urteil vom 21. Juni 2011 - B 4 AS 21/10 R unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 5. September 2006 - B 7a AL 38/05, abgedruckt in SozR 4-4300 § 141 Nr. 2). Dies bedeutete aber auch, dass der
Steuerpflichtige vor der Bildung einer Ansparrücklage Einkommen erarbeitet haben musste. Hieraus folgte, dass der Steuerpflichtige
den Gewinn in Höhe der Ansparrücklage tatsächlich im Jahr der Bildung der Ansparrücklage erarbeitet hatte (Verwertung und
Einsatz der Arbeitskraft). Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass im Falle der fehlenden Investition eine gewinnerhöhende
Auflösung der Ansparrücklage spätestens am Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres erfolgen
musste (BSG, Urteil vom 5. September 2006 - B 7a AL 38/05 R).
Wenn somit die Ansparrücklage im Jahr ihrer Bildung zur Minderung des Gewinnes führte, so bewirkte deren Auflösung eine Erhöhung
des Gewinns. Diese Erhöhung trat nach §
7 g Abs.
4 Satz 2
EStG a. F., wenn die Rücklage am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden war, "zu diesem
Zeitpunkt" ein. Die Ansparabschreibung war mithin im Unterschied zum Investitionsabzugsbetrag gerade nicht "rückgängig zu
machen" (§
7 g Abs.
3 Satz 1
EStG n. F.), so dass im Unterschied zum Investitionsabzugsbetrag, bei dem auch bestandskräftige Steuer- oder Feststellungsbescheide
für das Jahr, in dem der Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen wurde, insoweit zu ändern sind (§
7 g Abs.
3 Sätze 2 und 3
EStG n. F.), diese Rechtsfolge bei der Ansparabschreibung nicht eintrat. Demzufolge war die Ansparabschreibung nicht rückwirkend
im Jahr der Bildung gewinnerhöhend, sondern in dem Jahr, in dem diese tatsächlich aufgelöst wurde, gewinnerhöhend zu berücksichtigen.
Die gewinnerhöhende Auflösung der Ansparrücklage erfolgte nach der Summen- und Saldenliste Dezember 2007 im Jahr 2007 mit
5.688 Euro, so dass sie nach §
7 g Abs.
4 Satz 2
EStG a. F. gewinnerhöhend im Jahr 2007 zu berücksichtigen ist. Folgerichtig kann der Kläger für das Jahr 2006 wegen der im Jahre
2007 erfolgten Auflösung der Ansparrücklage auch keinen neuen geänderten Einkommensteuerbescheid vorlegen.
Der Kläger erzielte neben dem Arbeitseinkommen als Erwerbsersatzeinkommenden von der Bundesagentur für Arbeit gewährten Existenzgründungszuschuss
als vergleichbare Leistung von einem Sozialleistungsträger im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG.
Dieser betrug nach den Bescheiden der Bundesagentur für Arbeit für 2004 600 Euro, für 2005 6.960 Euro und für 2006 4.200 Euro.
Der Existenzgründungszuschuss hat seine Rechtsgrundlage in §
421 l Abs.
1 SGB III. Danach haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen (, hauptberuflichen) Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden,
Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss.
Beim Existenzgründungszuschuss handelt es sich nicht um eine Leistung mit fürsorgerechtlichem Charakter wie der Arbeitslosenhilfe,
die deswegen weder Erwerbsersatzeinkommen noch eine vergleichbare Leistung im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 3 ALG darstellte (BSG, Urteil vom 2. Dezember 1999 - B 10 LW 6/99 R, abgedruckt in SozR 3-5868 § 3 Nr. 2). Mit dem Wegfall der Arbeitslosenhilfe zum 1. Januar 2005 ist, sofern dem Existenzgründungszuschuss
bis dahin möglicherweise zum Teil fürsorgerechtlichen Charakter zukam (so erörtert für das Überbrückungsgeld nach §
57 SGB III: BSG, Urteil vom 10. Mai 2007 - B 10 LW 7/05 R), ein solcher fürsorgerechtlicher Charakter jedenfalls entfallen, denn das an die Stelle der Arbeitslosenhilfe getretene
Arbeitslosengeld II vermittelt keinen Anspruch auf (Überbrückungsgeld bzw.) einen Existenzgründungszuschuss. Damit hat der
Gesetzgeber Abstand von fürsorgerechtlichen Elementen genommen und den Aspekt der Vergleichbarkeit mit den ausdrücklich genannten
Erwerbseinkommensersatzleistungen des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG gestärkt (BSG, Urteil vom 10. Mai 2007 - B 10 LW 7/05 R).
Damit erzielte der Kläger mit dem Arbeitseinkommen und dem Existenzgründungszuschuss Gesamteinnahmen für 2004 von minus 13.707
Euro, für 2005 von 10.174 Euro und für 2006 von 1.574 Euro.
Ob die Befreiungsvoraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG vorliegen, ist nicht rückwirkend für einen abgelaufenen Zeitraum, sondern vorausschauend (ohne Bindung an das Kalenderjahr)
zu beurteilen. Dies folgt aus den Gesetzesmaterialien (Bundestag-Drucksache 12/5700, S. 9, Bundestag-Drucksache 12/7599, S.
8) und dem Begriff regelmäßig zur Klarstellung dafür, dass, wie im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung eine vorausschauende
und nicht eine rückschauende Betrachtung anzuwenden ist. Der maßgebende Begriff der Regelmäßigkeit setzt eine gewisse Stetigkeit,
Dauer und Gesetzmäßigkeit voraus (BSG, Urteil vom 16. Oktober 2002 - B 10 LW 5/01 R, abgedruckt in SozR 3-5868 § 3 Nr. 5).
Nach Maßgabe dessen war bei vorausschauender Betrachtung nicht davon auszugehen, dass das aus der selbständigen Erwerbstätigkeit
als Eisenflechter erzielte Arbeitseinkommen zusammen mit dem Erwerbsersatzeinkommen des Existenzgründungszuschusses für 2006
den Betrag von jährlich 4.800 Euro überschreiten werde. Das Arbeitseinkommen für 2004 war mit minus 14.307 Euro deutlich negativ.
Es erreichte für 2005 auch nur einen Betrag von 3.214 Euro. Den Grenzwert von jährlich 4.800 Euro konnte der Kläger für 2005
dabei nur deswegen überschreiten, weil er in diesem Jahr einen Existenzgründungszuschuss von 6.960 Euro erhielt. Dabei war
zu diesem Zeitpunkt schon absehbar, dass sich dieser Existenzgründungszuschuss im Jahr 2006 auf 4.200 Euro verringern würde.
Unter Berücksichtigung des für 2005 erzielten Arbeitseinkommens von (nur) 3.214 Euro und der Ansparabschreibung für 2006von
5.688 Euro war mithin nicht anzunehmen, dass der Betrag von 4.800 Euro jährlich für 2006 überschritten werden wird.
Bei dieser Sachlage scheidet eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Landwirt für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis
31. Dezember 2006 aus.
Soweit der Kläger erneut auf eine lückenlose Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung hinweist, nimmt der
Senat Bezug auf die dazu gemachten Ausführungen des Sozialgerichts, denen er sich anschließt.
Die Berufung hat daher keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 Abs.
1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG) nicht vorliegen.