Abänderung eines Prozessvergleichs
Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen
Unzumutbarkeit des Festhaltens an der ursprünglichen Regelung
Änderung der Vergleichsgrundlagen
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Abänderung eines am 14.10.2009 vor dem Sozialgericht Duisburg geschlossenen Prozessvergleichs.
Der am 00.00.1962 geborene Beklagte betreibt auf dem Hof seiner zwischenzeitlich am 00.00.2009 verstorbenen Mutter I L einen
landwirtschaftlichen Betrieb mit dem Gegenstand Pferdepension, Reitunterricht und Futtermittelgewinnung. Anfang 2007 meldete
er außerdem ein Gewerbe als Reitlehrer an. Seit Jahren ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten streitig, ob und in welcher
Höhe der Beklagte und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden weiteren Personen einen Anspruch auf Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gegen den Kläger haben. Diesbezügliche Leistungen sind bis zum 30.06.2007 in Höhe von zuletzt monatlich 384,98 Euro bewilligt
worden (Regelsatz und Zuschuss zur Rentenversicherung wegen Befreiung von der Versicherungspflicht). Kosten der Unterkunft
wurden nicht gewährt.
Die Weitergewährung von Leistungen ab dem 01.07.2007 lehnte der Kläger mit Bescheiden vom 24.08.2007 und 20.09.2007 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2007 mit der Begründung ab, Hilfebedürftigkeit sei nicht nachgewiesen. Die Einkommens-
und Vermögensverhältnisse seien nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Hinreichende Nachweise darüber, dass tatsächliche
Aufwendungen für die Unterkunft entstanden seien und auch entrichtet werden, seien nicht vorgelegt worden. Der Beklagte hat
hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben (S 38 (27) AS 513/07), die auf den Zeitraum bis 30.06.2008 beschränkt worden ist. Er hat außerdem ein Eilverfahren vor dem Sozialgericht Duisburg
(S 27 AS 460/07 ER) auf vorläufige Gewährung von Leistungen geführt. In diesem Verfahren hat sich der Kläger zur Gewährleistung des Krankenversicherungsschutzes
des Beklagten dazu verpflichtet, vorläufig ab 01.07.2008 Leistungen in Höhe von monatlich 20,- Euro zu gewähren.
In dem Hauptsacheverfahren S 38 (27) AS 513/07 hat das Sozialgericht den Kläger mit Urteil vom 13.12.2011 dazu verurteilt, der Bedarfsgemeinschaft, die zu diesem Zeitpunkt
aus dem Beklagten, seiner Ehefrau N O und deren Söhnen D S und T S bestand, für den streitigen Zeitraum vom 21.08.2007 bis
zum 30.06.2008 Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen des Beklagten und unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft zu gewähren sowie für den
Beklagten einen Zuschuss zur Pflichtversicherung in der Landwirtschaftlichen Alterskasse zu zahlen.
Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt (L 2 AS 242/12). Im Verhandlungstermin am 16.02.2016 hat er die Berufung hinsichtlich des Zeitraums 21.08.2007 bis 31.12.2007, bezogen auf
den abtrennbaren Streitgegenstand der Regelleistungen einschließlich der Anrechnung von Einkommen, zurückgenommen.
Auf Vorschlag des Gerichtes haben die Beteiligten außerdem hinsichtlich der für den Zeitraum Januar bis Mai 2008 an die Bedarfsgemeinschaft
zu gewährenden Regelleistungen einen Teilvergleich geschlossen. Mit Urteil vom 16.02.2016 hat der Senat im Übrigen das Urteil
des Sozialgerichts Duisburg vom 13.12.2011 aufgehoben, soweit der Kläger dazu verurteilt worden ist, den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft
Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren und für den Beklagten einen Zuschuss zur Pflichtversicherung in der Landwirtschaftlichen
Alterskasse zu zahlen. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten
hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 10.10.2016 als unzulässig verworfen.
Zur Erledigung eines zwischenzeitlich geführten weiteren Eilverfahrens (S 39 AS 78/09 ER) auf Gewährung vorläufiger Leistungen für die Zeit ab Juni 2009 haben die Beteiligten in einem Erörterungstermin am 14.10.2009
vor dem Sozialgericht einen Vergleich geschlossen. Der Beklagte lebte zu diesem Zeitpunkt mit seinem Sohn B L und seinen beiden
Töchtern B L und E L in einer Bedarfsgemeinschaft. In diesem Vergleich ist unter Punkt 4) vereinbart worden, dass der Beklagten
dem Kläger für die Zeit ab 01.09.2009 bis Ende Februar 2010 vorschussweise Beiträge zur Landwirtschaftlichen Alterskasse Nordrhein-Westfalen
in Höhe von zurzeit 104,- Euro monatlich zahlt. Die Beträge sollten vom Kläger direkt an die Landwirtschaftliche Alterskasse
überwiesen werden. Für die Zeit ab 01.10.2009 bis Ende Februar 2010 sollten außerdem vorschussweise Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 170,- Euro gezahlt werden (Punkt 2) des Vergleichs). Dabei sollten 20,- Euro monatlich
auf den Beklagten und jeweils 50,- Euro monatlich auf die drei Kinder entfallen. Unter Punkt 8) des Vergleichs wurde vereinbart,
dass der Kläger dem Beklagten auf der Basis des Prozessvergleichs weitere Leistungen bewilligen wird, wenn das Hauptsacheverfahren
zu dem Aktenzeichen S 38 (27) AS 513/07 bis Februar 2010 nicht beendet ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift des Sozialgerichts
vom 14.10.2009 Bezug genommen.
In Ausführung des Vergleichs wurden den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum bis 31.06.2010 Leistungen bewilligt.
Im Anschluss daran stellte der Kläger die Gewährung weiterer Leistungen zunächst mit der Begründung ein, durch den Tod der
Mutter des Beklagten am 11.12.2009 und den daraufhin eingetretenen Erbfall sei eine völlig neue Situation entstanden: Am 17.04.1998
hatten der Beklagte und seine Mutter (Erblasserin) einen Erbvertrag geschlossen. Darin wurde bestimmt, dass die Schwester
des Beklagten, I T, verschiedene Grundstücke und Häuser mit einem Gesamtwert von 263 692,50 DM und die Abkömmlingen des Beklagten
die Grundbesitzungen X-weg 00 und ein Dreifamilienhaus in der N Str. 00 in L (Gesamtwert ohne Nießbrauchsrecht: 271 000,-
DM) erben sollen. Ferner wurde bestimmt, dass dem Beklagten ein lebenslanges unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Erbteil
der Kinder zusteht. Der Beklagte wurde außerdem hinsichtlich der Erbanteile seiner Kinder zum Testamentsvollstrecker bestimmt.
Eine Erbauseinandersetzung wurde ausgeschlossen, bis das jüngste Enkelkind 25 Jahre alt ist. Am 14.07.2010 wurde diesbezüglich
ein Erbschein erteilt, der die Schwester des Beklagten zu 1/2 und die vier Abkömmlinge des Beklagten jeweils zu 1/8 als Erben
ausweist.
Zu diesem Zeitpunkt waren in dem Haus N Straße zwei Wohnungen, in dem Haus X-weg 00 war eine Wohnung vermietet. Die Mieten
und Nebenkostenvorauszahlungen in einer Gesamthöhe von mehr als 1200,- Euro monatlich wurden auf das Geschäftskonto des Beklagten
überwiesen. Dieser hat auf Nachfrage des Klägers mitgeteilt, dass von den Mieteinnahmen notwendige Renovierungsarbeiten vorgenommen
werden mussten. Über den Umfang der Testamentsvollstreckung führte der Beklagte mit seiner Schwester verschiedene gerichtliche
Verfahren.
Ein daraufhin gestellten Antrag des Klägers auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich hat das Sozialgericht
mit Beschluss vom 09.09.2010 zurückgewiesen (S 38 AS 3039/10 ER). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine nachträgliche Veränderung der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht hinreichend
glaubhaft gemacht worden sei. Es sei zweifelhaft, dass es sich bei dem Nachlass und den Nachlasserträgen (Mieteinnahmen) um
Einkommen handele, weil wegen der angeordneten Testamentsvollstreckung keine "bereiten Mittel" zur Verfügung stünden. Die
rechtliche Situation hinsichtlich des Nachlasses sei noch unklar, so dass weitere Ermittlungen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten
bleiben müssten. Der Kläger hat daraufhin auch über den 30.06.2010 hinaus zunächst in Ausführungen des Vergleichs weitere
Leistungen bis Februar 2011 gewährt.
Am 28.01.2011 hat er beim Sozialgericht Duisburg einen erneuten Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt (S 38 AS 401/11 ER) und die hier zu entscheidende Klage wegen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 14.10.2009 erhoben.
Er hat beantragt, den Vergleich anzupassen und Ziffer 4) des Vergleichs ersatzlos zu streichen, hilfsweise die Zwangsvollstreckung
aus dem Vergleich hinsichtlich Zahlung von Beiträgen an die Landwirtschaftliche Alterskasse für unzulässig zu erklären. Zur
Begründung hat er geltend gemacht, dass sich die Geschäftsgrundlage nach Abschluss des Vergleichs grundlegend geändert habe,
da nach der ab dem 01.01.2011 geltenden Gesetzesänderung für Bezieher von Arbeitslosengeld II nunmehr keine Beiträge zur Rentenversicherung
mehr zu zahlen seien und deshalb auch die Regelung des § 26 Abs. 1 SGB II, die Grundlage der Zahlung der Beiträge zur Landwirtschaftlichen Alterskasse gewesen sei, ersatzlos weggefallen sei. Da der
Beklagte ihm bereits unter dem 29.07.2010 eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs habe zustellen lassen, seien die
Klage und der Eilantrag geboten. Mit Beschluss vom 30.05.2011 hat das Sozialgericht Duisburg es dem Beklagten in dem anhängigen
Eilverfahren, also dem Kläger im vorliegenden Verfahren, im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Zwangsvollstreckung
hinsichtlich der Beiträge zur Landwirtschaftlichen Alterskasse aus dem Vergleich vom 14.10.2009 bis zur endgültigen Entscheidung
in dem Hauptsacheverfahren durchzuführen.
Im Hauptsacheverfahren hat der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und erklärt, dass er den Vergleich ohne die Ziffer
4) nicht abgeschlossen hätte, weil er dann auf einen höheren Zahlbetrag hinsichtlich der Regelleistungen gedrungen hätte,
um sicherzustellen, dass jedenfalls der Beitrag zur Landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt werden könne. Das Sozialgericht
hat daraufhin mit Urteil vom 23.08.2012 entschieden, dass Ziffer 4) des Vergleichs dahingehend abgeändert wird, dass vorschussweise
nur noch die Differenz zwischen dem Beitrag zur Landwirtschaftlichen Alterskasse und dem Beitrag zu zahlen ist, der ohne Befreiung
von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen wäre. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Vergleich nicht unwirksam sei, aber an die geänderten Umstände angepasst
werden müsse. Nach Wegfall der gesetzlichen Verpflichtung einen Zuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen, sei
es dem Kläger nicht mehr zumutbar, einen diesbezüglichen Zuschuss weiter zu gewähren. Der Kläger habe allerdings bereits vor
der Änderung der Rechtslage einen Zuschuss in einer Höhe gewährt, der über den Rahmen des § 26 Abs. 1 SGB II hinausgehe. Es sei nicht gerechtfertigt, ihn auch von dieser Leistungspflicht zu entbinden. Der Vertrag sei daher anzupassen.
Gegen das Urteil ihm am 04.09.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.09.2012 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht sei
zutreffend davon ausgegangen, dass es sich um eine Abänderungsklage nach §
323a Zivilprozessordnung (
ZPO) handele. Die Abänderung richte sich gemäß §
313 BGB nach den Grundsätzen über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage. Geschäftsgrundlage sei gewesen, dass Zuschüsse
zu besonderen Alterskassen gezahlt werden könnten. Diese gesetzliche Möglichkeit bestehe seit dem 01.01.2011 nicht mehr. Die
entsprechenden Regelungen seien ersatzlos weggefallen. Die Zahlung eines Zuschusses ohne gesetzliche Grundlage sei aber nicht
möglich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 23.08.2012 zu ändern und den vor dem Sozialgericht Duisburg am 14.10.2009 in dem
Verfahren S 38 AS 78/09 ER geschlossenen Vergleich dahingehend abzuändern, dass die Verpflichtung aus Ziffer 4) des Vergleichs mit Wirkung zum 01.01.2011
aufgehoben wird.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er macht geltend, dass neben der Versicherung in der Landwirtschaftlichen Alterskasse noch eine Pflichtversicherung in der
gesetzlichen Rentenversicherung bestanden habe. Eine diesbezügliche Befreiung sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
Auf Antrag des Klägers nach §
199 Abs.
2 SGG hat der Senat die Vollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil ausgesetzt (Beschluss vom 04.12.2012). Er hat außerdem eine
Auskunft der Landwirtschaftlichen Alterskasse und der Deutschen Rentenversicherung eingeholt. Die Landwirtschaftliche Alterskasse
hat am 17.04.2013 mitgeteilt, dass in der Zeit ab September 2009 bis Februar 2011 von dem Kläger monatliche Beiträge von zunächst
104,- Euro, dann ab Januar 2010 Beiträge von 110,- Euro und zuletzt ab September 2010 Beiträge von monatlich 85,- Euro bzw.
88,- Euro für den Beklagten gezahlt worden sind. Von März 2011 bis April 2012 sei eine Zahlung durch den Beklagten erfolgt.
Danach seien keine Beiträge mehr entrichtet worden. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat am 27.06.2013 mitgeteilt, dass
der Beklagte zu keinem Zeitpunkt von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit war. Nach dem
Versicherungsverlauf sind für ihn seit 2000 keine Beiträge mehr gezahlt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten, den Inhalte
der Gerichtsakten S 39 AS 78/09 ER, S 38 AS 401/11 ER und L 2 AS 242/12, den Inhalt der beigezogenen Insolvenzakte des Amtsgerichts L und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten. Die Akten
haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Sozialgericht Duisburg hat den Antrag des Klägers, Ziffer 4) des vor
dem Sozialgericht Duisburg in dem Verfahren S 38 AS 78/09 ER am 14.10.2009 geschlossenen Vergleichs mit Wirkung zum 01.01.2011 vollständig aufzuheben, zu Unrecht abgewiesen. Die diesbezügliche
Abänderungsklage nach §
323a ZPO i.V.m. §
794 Abs.
1 Nr.
1 ZPO ist zulässig und begründet.
Nach §
323a Abs.
1 Satz 1
ZPO, der über §
202 Abs.
1 Satz 1
SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt, kann bei einem Prozessvergleich, der eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden
wiederkehrenden Leistungen enthält, jeder Teil auf Abänderung klagen. Die Abänderungsklage und damit auch die Berufung sind
begründet, wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, so wesentlich geändert
haben, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen Regelung nicht mehr zugemutet werden kann. Die weiteren
Voraussetzungen und der Umfang der Abänderung richten sich grundsätzlich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§
323a Abs.
2 ZPO), insbesondere nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage gemäß §
313 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB), bei einem öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrag nach § 54 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), den die Beteiligten hier geschlossen haben, auch nach § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X (vgl. hierzu Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16.01.2013 - L 6 U 3568/11, RdNrn. 44 ff bei [...]). Nach beiden Vorschriften kann eine Vertragsanpassung erfolgen, wenn sich die Umstände, die zur
Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss so schwerwiegend verändert haben, dass einem Teil das Festhalten
am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Es kann daher offen bleiben, ob § 59 SGB X eigenständige Regelungen des Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage enthält oder auf die allgemeinen Grundsätze
zur Geschäftsgrundlage zurückgegriffen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.2012 - B 11 AL 15/11 R, RdNr. 27 bei [...]).
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten ist, ist zu berücksichtigen,
dass Geltungsgrund von gerichtlichen Vergleichen allein der Parteiwille ist. Allein er entscheidet daher die Frage, welche
Verhältnisse zur Grundlage des Vergleichs gehören und wie die Parteien diese Verhältnisse bewerten (vgl. Bundesgerichtshof
(BGH), Urteil vom 23.04.1986 - IVb ZR 30/85, RdNr. 5 bei [...] mwN; Urteil vom 25.11.2009 - XII ZR 8/08, RdNr. 13 bei [...]).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geht der Senat davon aus, dass die Voraussetzungen für die beantragte Vergleichsanpassung
gegeben sind, weil sich die Verhältnisse, die nach dem Parteiwillen Grundlage des Vergleichs waren, nach Vergleichsabschluss
wesentlich geändert haben.
Maßgeblich für den Abschluss des Vergleichs war, die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob und gegebenenfalls in welchem
Umfang dem Beklagten und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden weiteren Personen, Leistungen nach dem SGB II zustanden. Unklar war insbesondere, ob die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft unter Berücksichtigung der vom Beklagten erzielten
Einkünfte aus seinen selbständigen Tätigkeiten überhaupt bedürftig waren und ob bei der Berechnung des Bedarfs Kosten der
Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen waren. Diesbezüglich führte das Sozialgericht in dem Hauptsacheverfahren S 38 (27)
AS 513/07 noch weitere Ermittlungen durch. Im Rahmen der zu diesem Hauptsacheverfahren parallel durchgeführten Eilverfahren kam es
dem Beklagten insbesondere darauf an, dass sein Krankenversicherungsschutz gewährleistet und er dazu in der Lage ist, die
Beiträge zur Landwirtschaftlichen Alterskasse zu entrichten, da anderenfalls erhebliche Säumniszuschläge anfallen. Zur Gewährleistung
des Krankenversicherungsschutzes gewährte der Kläger dem Beklagten daher bereits ab dem 01.07.2010 vorläufig Regelleistungen
in Höhe von 20,- Euro monatlich (S 27 AS 460/07 ER). Die Weitergewährung dieses Betrages und die vorläufige Zahlung weiterer 104,- Euro an die Landwirtschaftliche Alterskasse
wurde in dem Vergleich vom 14.10.2009 vereinbart. § 26 Abs. 1 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung bestimmte diesbezüglich, dass Bezieher von Arbeitslosengeld II, die von der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind, einen Zuschuss zu den Beiträgen erhalten, die wegen einer Pflichtversicherung
an die Alterssicherung der Landwirte gezahlt werden. Der Umstand, dass diese gesetzliche Regelung, aus der sich ein Anspruch
auf Gewährung eines Zuschusses zur Landwirtschaftlichen Alterskasse ergeben kann, mit Wirkung zum 01.01.2011 weggefallen ist,
rechtfertigt allerdings nicht die begehrte Vergleichsanpassung. Auch eine Änderung der Rechtslage kann zwar eine solche Anpassung
erfordern, dies setzt aber voraus, dass die geänderte Rechtsgrundlage für den Vergleich maßgeblich war. Dies war hier nicht
der Fall, weil die Zahlung der 104,- Euro an die Landwirtschaftliche Alterskasse nicht auf der Grundlage des mit Wirkung zum
01.01.2011 außer Kraft getretenen § 26 SGB II erfolgt sein kann. Diese Vorschrift war im Fall des Beklagten gar nicht einschlägig, weil die Voraussetzungen mangels Befreiung
von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu keinem Zeitpunkt vorgelegen haben und der Zuschuss
nach § 26 SGB II auf die Höhe des Betrages begrenzt ist, der ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
zu zahlen wäre (40,80 Euro). Da in dem Vergleich die Zahlung eines viel höheren Beitrages vereinbart worden ist, kann die
Vereinbarung auch deshalb nicht auf § 26 Abs. 1 SGB II gestützt gewesen sein. Entsprechend der Interessenlage des Beklagten ist daher davon auszugehen, dass die vereinbarte Zahlung
an die Landwirtschaftliche Alterskasse jedenfalls in Höhe des hier streitigen Betrages von 73,20 Euro als Teil der Regelleistung
anzusehen ist, der lediglich zur Vermeidung der Säumniszuschläge unmittelbar an die Landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt
werden sollte. Für diese Auslegung spricht auch, dass in Ziffer 4) des Vergleichs nicht festgelegt worden ist, dass ein "Zuschuss"
zur landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt wird, sondern dass vorschussweise die Beiträge zur Landwirtschaftlichen Alterskasse
gezahlt werden. Auch die Höhe der nach der Vereinbarung vorläufig zu gewährenden Regelleistungen spricht für diese Auslegung.
Der Beklagte erhält danach lediglich vorläufige Regelleistungen in Höhe von 20,- Euro monatlich, an seine minderjährigen Kinder
werden demgegenüber jeweils monatlich 50,- Euro gezahlt, obwohl der für sie zugrundezulegende Regelsatz unter den Regelleistungen
liegt, die dem Beklagten zustehen, und bei den Kindern zudem noch das unstreitig gezahlte Kindergeld anzurechnen ist, so dass
der Zahlbetrag der Regelleistung eigentlich deutlich unter dem Wert liegt, den der Beklagten bei nicht ausreichendem eigenen
Einkommen erhalten würde.
Ein Anspruch des Klägers auf Anpassung des Vergleichs besteht aber dennoch. Es ist insoweit anerkannt, dass die auch bei einer
in die Zukunft gerichteten unbefristeten Regelung zu treffende umfassende Billigkeitsabwägung ergeben kann, dass eine dauerhafte
Festlegung im Zweifel nicht gewollt war (BGH, Urteil vom 26.05.2010 - XII ZR 143/08, MDR 2010, 930, 931). Dies muss insbesondere dann gelten, wenn sich die Verhältnisse, die Grundlage der vergleichsweisen Regelung waren,
geändert haben (BGH, Urteil vom 25.11.2009 - XII ZR 8/08, RdNr. 13 bei [...]). Dies ist hier der Fall. Die Beteiligten haben in dem Vergleich keine befristete Regelung getroffen,
sind aber erkennbar davon ausgegangen, dass das Hauptsacheverfahren S 38 (27) AS 513/07, auf das sich die Verlängerungsklausel bezogen hat, kurzfristig nach Abschluss des Vergleichs beendet werden kann und nicht
erst Jahre später, nämlich am 10.10.2016 endgültig entschieden werden wird. Die ergänzende Verlängerungsklausel sollte dementsprechend
ersichtlich nicht für weitere Jahre und insbesondere nicht unabhängig von Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse erfolgen.
Dies zeigt schon der Umstand, dass in dem Vergleich zunächst nur eine Regelung für sechs Monate getroffen worden ist. Auch
die Einschränkung, dass Leistungen für die Kinder nur gewährt werden, wenn diese weiterhin zur Bedarfsgemeinschaft gehören,
zeigt, dass Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen berücksichtigt werden sollten. Hierfür spricht schließlich auch,
dass es sich bei der vergleichsweisen Regelung um eine vorläufige Regelung in einem einstweiligen Verfahren handelt und gerade
in einem solchen Eilverfahren üblicherweise nur Regelungen für eng begrenzte Zeiträume getroffen werden, weil gerade im Bereich
der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II regelmäßig Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eintreten, die den Leistungsanspruch verändern.
Eine solche maßgebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist auch hier durch den Tod der Mutter des Beklagten am 11.12.2009
eingetreten, der zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 14.10.2009 nicht absehbar war. Mit dem dadurch eingetretenen Erbfall
(§
1922 Abs.
1 BGB) haben die Abkömmlinge des Beklagten, unter anderem auch die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder B, B und
E L, eine rechtliche Position über ihren Anteil am Nachlass erhalten, die als Einkommen zu bewerten ist (BSG, Urteil vom 25.01.2012 - B 14 AS 101/11 R, RdNrn. 18 ff. bei [...]). Dem Beklagten selbst stand aufgrund des Erbvertrags ein lebenslanges unentgeltliches Nießbrauchsrecht
an dem Erbteil der Kinder zu. Er hatte außerdem Anspruch auf seinen Pflichtteil gegen die Erben (§
2303 Abs.
1 BGB). Ob der Erbe schon zum Zeitpunkt des Erbfalls tatsächlich - zumindest bedarfsmindernd - Vorteile aus seiner Erbenstellung
ziehen kann, ist dabei zunächst ohne Belang (BSG, Urteil vom 25.01.2012 - B 14 AS 101/11 R, RdNr.19 bei [...]). Allerdings kann er nicht auf Mittel verwiesen werden, die ihm erst zukünftig zur Verfügung stehen.
Auch bei einem Einkommen aufgrund eines Erbfalls kann eine Anrechnung auf den Bedarf deshalb erst erfolgen, wenn ein tatsächlicher
Zufluss erfolgt ist (BSG, Urteil vom 25.01.2012 - B 14 AS 101/11 R, RdNr. 22 bei [...]). Spätestens mit der Erteilung des Erbscheins am 14.07.2010 standen den Abkömmlingen des Beklagten
bzw. dem Beklagten selbst im Rahmen seines Nießbrauchsrechts aber zumindest die Mieteinnahmen aus den ererbten Gebäuden als
Einkommen zur Verfügung. Einer Erbauseinandersetzung bedurfte es dazu nicht. Diesbezügliche Zahlungen auf ein Geschäftskonto
des Beklagten sind auch dokumentiert. Bereits hierdurch änderten sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mitglieder
der Bedarfsgemeinschaft grundlegend, auch wenn im Einzelnen noch ungeklärt war, in welcher Höhe die Kinder des Beklagten aufgrund
ihres Erbteils bzw. der Beklagte selbst aufgrund des vereinbarten Nießbrauchsrechts Gelder aus den ererbten Grundstücken erhalten
werden und welche konkreten Belastungen durch notwendige Renovierung etc. damit verbunden sind. Dies ist aber unbeachtlich,
weil Einkünfte zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts zu verwenden sind und sich der Anspruch des Beklagten auf die vorläufig
gezahlten Regelleistungen unabhängig davon reduziert hätte, ob die Mieteinahmen ihm selbst oder seinen Kindern zustehen. Sofern
die Mieteinnahmen bei den Kindern als Einkommen angerechnet werden würden, ergäbe sich hierdurch auch bei dem Beklagten eine
andere Bedarfsberechnung, weil sein eigenes Einkommen aus selbständiger Tätigkeit ihm dann im Rahmen der horizontalen Berechnung
in größerem Umfang zu Verfügung stehen würde. Auch das gezahlte Kindergeld stünde dann dem Beklagten möglicherweise zu, da
die Kinder selbst dies zur Bedarfsdeckung nicht mehr benötigen. Inwieweit und zu welchem Zeitpunkt, die Bedarfsgemeinschaft
tatsächlich über Einkünfte aus dem Erbe verfügen konnte, kann in diesem Verfahren im Übrigen dahinstehen, weil bei verständiger
Würdigung des Parteiwillens der Beteiligten nicht davon auszugehen ist, dass der Kläger den Vergleich auch geschlossen hätte,
wenn der Erbfall bereits eingetreten gewesen wäre und die nach seiner Auffassung bereits wegen der Einkünfte der Mitglieder
der Bedarfsgemeinschaft L aus selbständiger Tätigkeit und der fraglichen Kosten der Unterkunft zweifelhafte Bedürftigkeit
des Beklagten bzw. der mit ihm auch teilweise in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder nun auch noch vor dem Hintergrund
der nicht unerheblichen Erbschaft nicht hinreichend glaubhaft gemacht ist. Jedenfalls die hier streitige Reglung hinsichtlich
der Zahlung an die Landwirtschaftliche Alterskasse wäre dann im Hinblick auf die erzielten Mietnahmen, die auch zum Lebensunterhalt
hätten eingesetzt werden können, nicht getroffen worden. Eine dauerhafte einstweilige Regelung auch bei sonstigen Änderungen
der Lebensverhältnisse war ersichtlich nicht gewollt. Abzustellen ist aber darauf, was die Beteiligten bei verständiger Würdigung
bei Änderung des Sachverhaltes getan hätten. Diesbezüglich kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger trotz des
Bestehens weiterer Einkünfte aufgrund eines Erbes, sich dazu bereit erklärt hätte, dem Beklagten über die gewährten Regelleistungen
in Höhe von 20,-Euro monatlich zur Gewährleistung des Krankenversicherungsschutzes hinaus, weitere Regelleistungen vorläufig
zu gewähren. Insbesondere auch wegen der unzureichenden Angaben des Beklagten zu diesem Punkt war das Vorliegen von Bedürftigkeit
des Beklagten nun auch aus diesem Grund zweifelhaft.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht.