Rentenversicherung - Kostenübernahme; selbst beschaffte Leistung; Teilhabe am Arbeitsleben
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung und Gewährung von Übergangsgeld für eine selbst beschaffte Teilhabe-Leistung
in Form einer Techniker-Ausbildung am Berufskolleg Z...., deren Bewilligung mangels Mitwirkung abgelehnt wurde.
Der 1966 geborene Kläger ist gelernter Maurer. Nach mehreren Beschäftigungen u.a. als Maurer und Putzer übte er zuletzt von
2001 bis 2009 eine Tätigkeit als Stuckateur, Putzer, Kurier- und Transportfahrer aus.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 10. November 2010 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach
(Bl. 46 Verwaltungsakte [VA]-Teil 2). In einem Beratungsgespräch am 16. Dezember 2010 gab er gegenüber der Beklagten an, eine
Technikerausbildung anzustreben (Bl. 65 VA-Teil 1). Eine von der Beklagten im Mai 2011 eingeleitete Arbeitserprobung im Hinblick
auf eine Techniker-Ausbildung, die vom 27. bis 30. Juni 2011 in der Akademie für berufliche Aus- und Weiterbildung Y.... GmbH
X.... stattfinden sollte (Bl. 22 VA-Teil 2), lehnte der Kläger mit Schreiben vom 31. Mai 2011 ab (Bl. 67 VA-Teil 1). Mit Schreiben
vom 22. Juni 2011 wies ihn die Beklagte auf Mitwirkungspflichten nach §
66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) hin (Bl. 11 VA-Teil 2). Einen hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2011 zurück
(Bl. 52 VA-Teil 2). Hiergegen erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Dresden (S 35 R 1659/11), wobei das Verfahren durch einen Vergleich, in dem sich die Beklagte zur Aufhebung des Widerspruchsbescheides mit der Maßgabe,
dass kein Versagungsbescheid ergangen sei, verpflichtet hat, beendet wurde (Bl. 102 VATeil 2). Im Rahmen eines einstweiligen
Rechtsschutzverfahrens vor dem Sozialgericht Dresden begehrte der Kläger zunächst die Verpflichtung der Beklagten, ihm eine
Ausbildung am Beruflichen Schulzentrum (BSZ) W.... zu gewähren (S 37 R 1418/11 ER).
Im Rahmen dieses Verfahrens teilte der Kläger mit Schreiben vom 11. August 2011 seine Bereitschaft mit, bei der Firma V....
eine Eingangsdiagnostik zu absolvieren, sollte die begehrte Ausbildung zum 23. August 2011 beginnen können (Bl. 109 GA). Da
die Ausbildungsklasse nicht zustande kam, nahm der Kläger seinen Antrag zurück.
Mit Schreiben vom 15. November 2011 beantragte er die Übernahme der Kosten für eine Ausbildung am Berufskolleg Z.... (Bl.
92 Reha-Ersatzakte). Parallel stellte er einen Antrag bei der Agentur für Arbeit U...., die diesen mit Schreiben vom 16. Dezember
2011 an die Beklagte weiterleitete. Am 12. Januar 2012 stellte der Kläger vor dem Sozialgericht Dresden im Rahmen eines Eilverfahrens
den Antrag, die Beklagte zur Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Ausbildung zum staatlich
geprüften Techniker am Berufskolleg Z.... für den Zeitraum 1. Februar 2012 bis 31. Januar 2014 zu verpflichten (S 35 R 77/12 ER). Unter dem 13. Januar 2012 erteilte das Berufskolleg Z.... dem Kläger einen Aufnahmebescheid für die Einschulung am 1.
Februar 2012 (Bl. 25 Gerichtsakte [GA] L 5 R 90/12 BER). Mit Schreiben vom 18. Januar 2012 bestand die Beklagte weiterhin auf der Durchführung eines Assessments im Sinne von
§
33 Abs.
4 SGB IX und wies darauf hin, dass vergleichbare Technikerausbildungen beim BSZ W.... oder BSZ T.... erst im September 2012 beginnen
würden, weshalb genug Zeit für die Durchführung eines Assessments bliebe (Bl. 32 GA L 5 R 90/12 BER). Das Sozialgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 26. Januar 2012 ab. Die Art und Weise der Durchführung von Teilhabeleistungen
stehe im Ermessen der Beklagten, eine Ermessensreduzierung auf Null liege nicht vor. Der Kläger sei seinen Mitwirkungspflichten
nicht nachgekommen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landessozialgericht mit Beschluss vom 1. März 2012 zurückgewiesen
(L 5 R 90/12 B ER).
Der Kläger nahm die Ausbildung am Berufskolleg Z.... auf, die inzwischen regulär beendet ist. Mit Bescheid vom 3. Juli 2013
versagte die Beklagte die beantrage Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Gestalt der Ausbildung zum Techniker am Berufskolleg
Z.... nebst der Gewährung von Übergangsgeld nach §
66 SGB I sowie die Erstattung von Kosten für diese Maßnahme (Bl. 114 VA-Teil 2). Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit
Widerspruchsbescheid vom 15. August 2013 zurück. Die Teilhabeleistung in Form der begehrten Ausbildung sei zu versagen, weil
der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nach §
66 Abs.
1 SGB I nicht nachgekommen sei. Eine Kostenerstattung für die selbstbeschaffte Leistung sei abzulehnen, weil ihr ein Ermessen bei
der Auswahl der Leistung zustehe. Die Voraussetzungen von §
15 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (
SGB IX) würden nicht vorliegen. Insofern bestehe auch kein Anspruch auf Übergangsgeld.
Mit seiner am 28. August 2013 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren hinsichtlich der
Übernahme der Kosten für die Ausbildung am Berufskolleg Z.... sowie der Gewährung von Übergangsgeld seit dem 1. Februar 2012
weiterverfolgt. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2011, das der Beklagten per Einschreiben übersandt worden sei, habe er angekündigt,
sich die Leistung, sofern er bis zum 22. Dezember 2011 keine Nachricht erhalte, selbst zu beschaffen. Mit Gerichtsbescheid
vom 29. Juli 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung nahm es auf die Gründe des Widerspruchsbescheides
Bezug.
Gegen den am 30. Juli 2014 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 29. August 2014 Berufung eingelegt. Die Ausbildung
sei inzwischen erfolgreich abgeschlossen worden und er befinde sich in unbefristeter Anstellung. Seinen Mitwirkungspflichten
sei er nachgekommen, weil er sich im Schreiben vom 11. August 2011 bereit erklärt habe, die Arbeitserprobung bei der Firma
V.... durchzuführen. Eine Einladung hierzu sei nicht erfolgt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Dresden vom 29. Juli 2014 zu verpflichten, dem Kläger
die Kosten für die im Zeitraum 1. Februar 2012 bis 31. Januar 2014 durchgeführte Ausbildung am Berufskolleg Z.... zu erstatten
sowie ihm für diesen Zeitraum Übergangsgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das vom Kläger vorgelegte Schreiben vom 5. Dezember 2011 sei nicht bei ihr eingegangen. Die Tatsache, dass er die Ausbildung
mit Erfolg absolviert habe, rechtfertige rückblickend keine Befreiung von der zwingend erforderlichen Mitwirkungspflicht im
Hinblick auf das Assessment.
Der Kläger hat ein Abschlusszeugnis des Berufskollegs Z...., den Ausdruck eines Schreibens vom 5. Dezember 2011 und einen
Einlieferungsbeleg der Deutschen Post über ein Einschreiben an die Beklagte mit selben Datum vorgelegt (Bl. 73 ff. GA). Die
Ehefrau des Klägers bestätigt schriftlich die Versendung des Schreibens (Bl. 90 GA).
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten der Verfahren L 5 R 90/12 BER, S 37 R 1418/11 ER sowie die Gerichtsakte beider Rechtszüge vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand ist allein die Kostenübernahme für die Teilhabeleistung sowie die Gewährung von Übergangsgeld. Soweit die
Beklagte im angegriffenen Bescheid vom 3. Juli 2013 darüber hinaus die Teilhabeleistung nach §
66 SGB I versagt hat, geht der Kläger hiergegen nicht vor. Zudem hätte sich diese Streitfrage aufgrund der zwischenzeitlichen Beendigung
der Ausbildung erledigt.
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Dresden hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. Juli 2014 zu Recht abgewiesen.
Der Bescheid der Beklagte vom 3. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2013 ist rechtmäßig und
verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die selbst beschaffte Teilhabeleistung sowie auf Gewährung von
Übergangsgeld für die Zeit der Ausbildung gegen die Beklagte.
1.
Vorliegend kommt als Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte Kostenerstattung, nachdem er sich die Ausbildung am Berufskolleg
Z.... selbst beschafft hat, allein §
15 Abs.
1 IX (in Verbindung mit §
16 SGB IV, §
33 Abs.
1 und
3 Nr.
3 bzw. 4
SGB IX) in Betracht.
Danach besteht ein Anspruch auf Erstattung der Kosten, wenn der Leistungsträger nach Fristsetzung mit Beschaffungsankündigung
des Versicherten nicht fristgerecht entscheidet (§
15 Abs.
1 Satz 3
SGB IX), er eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann (§
15 Abs.
1 Satz 4 1. Alt.
SGB IX) oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§
15 Abs.
1 Satz 4 2. Alt.
SGB IX).
Die Vorschrift geht vom Grundsatz der Sachleistung im Rahmen der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe im Sinne des
SGB IX aus und lässt nur ausnahmsweise bei Vorliegen ganz bestimmter Voraussetzungen in Abweichung von diesem Grundsatz statt der
Erbringung der Sachleistung durch den Rehabilitationsträger eine Erstattung der Kosten für eine vom Leistungsberechtigten
selbstbeschaffte Leistung zu (Götze in:
Hauck/Noftz, SGB, 12/12, §
15 SGB IX, Rn. 6). Ein solcher gesetzlich vorgesehener Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Weder sind die Voraussetzungen für die Kostenerstattung
einer selbstbeschafften Leistung nach erfolgter Fristsetzung (Regelung in Abs. 1 Sätze 1 bis 3 und 5) noch die der Kostenerstattung
im Falle einer nicht rechtzeitigen Erbringung bzw. rechtswidrigen Ablehnung (Regelung in Abs. 1 Satz 4) erfüllt.
a)
Die Voraussetzungen von §
15 Abs.
1 Sätze 1 bis 3
SGB IX liegen nicht vor.
Danach teilt der Rehabilitationsträger dem Leistungsberechtigten innerhalb der in §
14 Abs.
2 SGB IX genannten Frist unter Darlegung der Gründe mit, dass über einen Teilhabeantrag nicht innerhalb dieser Frist entschieden werden
kann (Satz 1). Erfolgt die Mitteilung nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, kann der Leistungsberechtigte dem
Rehabilitationsträger eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass er sich nach Ablauf der Frist eine erforderliche
Leistung selbst beschafft (Satz 2). In dem Fall ist der Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit
und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet (Satz 3).
Dahinstehen kann, ob der Kläger der Beklagten, nachdem diese auf sein Schreiben (Antrag auf Kostenübernahme) vom 15. November
2011 (Eingang bei der Beklagten am 18. November 2011) zunächst nicht reagierte, tatsächlich mit Schreiben vom 5. Dezember
2011 - wie von ihm behauptet und seitens der Beklagten in Abrede gestellt - eine Frist zur Bewilligung der Maßnahme bis zum
22. Dezember 2011 gesetzt und eine Selbstbeschaffung angedroht hat. Zwar können, wenn eine derartige Mitteilung des Rehabilitationsträgers
an den Leistungsberechtigten nicht erfolgt oder trotz einer Mitteilung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 ein zureichender Grund
nicht vorliegt, Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie
sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen (Götze in: Hauck/Noftz, SGB, 12/12, §
15 SGB IX, Rn. 9). Auch hat die Beklagte explizit auf das Schreiben des Klägers vom 15. November 2011 zunächst nicht reagiert. Hierin
liegt jedoch nicht das Unterlassen einer Mitteilung im Sinne von §
15 Abs.
1 Satz 2
SGB IX. Denn die Kostenübernahme für eine vom Kläger begehrte Technikerausbildung war bereits seit Dezember 2010 (erste Vorsprache
bei der Beklagten) Gegenstand einer zwischen dem Kläger und der Beklagten geführten Korrespondenz mündlicher und schriftlicher
Art. Dabei hat die Beklagte die Übernahme der Kosten von Anfang an von der Teilnahme an einer Arbeitserprobung abhängig gemacht,
was dem Kläger spätestens seit seiner Vorsprache bei der Beklagten am 31. Mai 2011 bekannt war (vgl. Bl. 67 VA-Teil 1).
Damit hat die Beklagte die vom Kläger seit Dezember 2010 begehrte Technikerausbildung nicht abgelehnt, sondern in nicht zu
beanstandender Weise nach §
33 Abs.
4 Satz 2
SGB IX von einer Arbeitserprobung abhängig gemacht. Danach wird, soweit erforderlich, die berufliche Eignung abgeklärt oder eine
Arbeitserprobung durchgeführt. Bereits mit Schreiben vom 22. Juni 2011 hatte die Beklagte ihre dahingehenden Ermessenserwägungen
gegenüber dem Kläger offen gelegt und eine entsprechende Abwägung vorgenommen, in deren Ergebnis sie in nicht zu beanstandender
Weise (vgl. Senatsbeschluss vom 1. März 2012 im einstweiligen Rechtsschutzverfahrens L 5 R 90/12 BER, in dessen Ergebnis das LSG die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden zurückgewiesen
hat) auf der Durchführung einer Arbeitserprobung bestand. Ermessensfehler der Beklagten sind nicht ersichtlich. Von der Arbeitserprobung
hat die Beklagte auch zu keinem späteren Zeitpunkt Abstand genommen, weshalb dem Kläger spätestens seit Mai 2011 und damit
auch im November 2011 bekannt war, dass die Bewilligung einer konkreten Technikerausbildung erst nach Absolvierung einer entsprechenden
Arbeitserprobung erfolgen würde.
Eine solche hat der Kläger jedoch trotz zahlreicher Angebote der Beklagten nicht durchgeführt. Vielmehr hat er mit Schreiben
vom 31. Mai 2011 (Bl. 67 VA-Teil 1), 13. und 14. Juni 2011 (Bl. 76 VA-Teil 1 und Bl. 9 VA-Teil 2) eine entsprechende Testung
generell bzw. im Hinblick auf die zunächst im Raum stehende Techniker-Ausbildung am BSZ W.... verweigert. Die von der Beklagten
eingeleitete Arbeitserprobung, die bei der Firma Y.... GmbH im Zeitraum 27. bis 30. Juni 2011 stattfinden sollte, lehnte er
ebenfalls ab (vgl.
Schreiben Y.... Bl. 25 VA-Teil 2 und Schreiben des Klägervertreters vom 13. Juli 2011 Bl. 57 ff. VA-Teil 2). Zwar hatte er
im Rahmen des vor dem Sozialgericht Dresden anhängigen einstweiligen Rechtsschutzverfahren (S 37 R 1418/11 ER), in dem um die Kostenübernahme für eine am 23. August 2011 beginnende zweijährige Ausbildung zum "Staatlich geprüften
Bautechniker" am BSZ W.... gestritten wurde, zwischenzeitlich erklärt, er sei bereit, die Eingangsdiagnostik hierfür "unabhängig
davon, dass diesseits nach wie vor davon ausgegangen wird, dass eine solche Absolvierung aufgrund der bekannten Eignungsvoraussetzungen
nicht möglich ist", zu absolvieren, sofern damit der Ausbildungsbeginn am 23. August 2011 ermöglicht würde (Bl. 81 GA). Dieses
"Einlenken" bezog sich jedoch ausdrücklich ausschließlich auf die zum damaligen Zeitpunkt kurz bevorstehende Ausbildung am
BSZ W..... Der Antrag wurde vom Kläger zurückgenommen, nachdem die Ausbildungsklasse nicht zustande kam. Dass mit Schreiben
vom 11. August 2011 keine generelle Bereitschaft zur Mitwirkung an einem nach wie vor nicht für notwendig erachteten Assessment
zum Ausdruck gebracht wurde, ist auch daran erkennbar, dass der Kläger die dahingehenden Angebote der Beklagten, ein solches
Assessment bei der Firma V...., Y.... oder beim BFW T.... zum Beispiel im August oder September 2011 durchzuführen (vgl. u.a.
Schreiben vom 12. August 2011, Bl. 139 GA L 5 R 1418/11 ER), nicht angenommen hat. Dabei hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Anmeldung über sie erfolgen kann. Nicht nachvollziehbar
ist deshalb, dass der Kläger, wie er vorträgt, vergeblich auf (weitere) Angebote bzw. Termine für ein Assessment gewartet
habe. Vielmehr hat er die Durchführung eines solches in dem am 12. Januar 2012 vor dem Sozialgericht Dresden anhängig gemachten
einstweiligen Rechtsschutzverfahren (S 35 R 77/12 ER), in dem er die Zusage für die hier im Streit stehende Ausbildung am Berufskolleg Z.... begehrte, wiederum ausdrücklich
abgelehnt. Auch im Rahmen dieses Verfahrens hat die Beklagte weiterhin auf der Durchführung einer Arbeitserprobung (Assessment)
bestanden, der der Kläger ausdrücklich entgegen getreten ist.
In dieser durchgehenden Ablehnung des Klägers liegt ein zureichender Grund dafür, dass die Leistung nicht innerhalb der Fristen
des §
14 Abs.
2 SGB IX erbracht werden konnte.
Die Vorschrift des §
15 Abs.
1 SGB IX erläutert zwar nicht, was unter "zureichenden Gründen" zu verstehen ist. Zureichende Gründe im Sinne der zweiten Tatbestandsalternative
des Abs. 1 Satz 2 für eine nicht rechtzeitige Bescheidung des Leistungsantrages sind aber jedenfalls Gründe, die im Verantwortungsbereich
des Leistungsberechtigten liegen, wozu insbesondere eine fehlende Mitwirkung des Leistungsberechtigten gehört (Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen,
SGB IX,
SGB IX §
15 Rn. 1 ff., beck-online; Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IX, 2. Aufl. 2015, §
15 SGB IX, Rn. 24 f.). Hat dieser seinen Obliegenheiten nicht entsprochen, hat der Leistungsträger einen zureichenden Grund, die Leistung
zunächst nicht zu erbringen (Dalichau in: Wiegand,
SGB IX Teil 1 - Regelungen für behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen, 10/12, §
15 SGB IX, Rn. 9). Konnte die Leistung von der Beklagten nicht (innerhalb der Frist) erbracht werden, ist der Kläger auch im Falle
einer Fristsetzung mit Androhung der Selbstbeschaffung nicht zu einer solchen berechtigt.
b)
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Kostenersatz aus §
15 Abs.
1 Satz 4
SGB IX zu.
Insbesondere hat die Beklagte die begehrte Leistung nicht vor der Selbstbeschaffung durch den Kläger (rechtswidrig) abgelehnt.
Die Versagung mangels Mitwirkung erfolgte vielmehr erst mit Bescheid vom 3. Juli 2013 und mithin nach Aufnahme der Ausbildung
durch den Kläger. Das Schreiben vom 22. Juni 2011 stellte hingegen keinen Versagungsbescheid dar, was die Beklagte im hierauf
vom Kläger anhängig gemachten Gerichtsverfahren (S 35 R 1659/11) klargestellt hat (vgl. Bl. 99 VA-Teil 2).
Schließlich fehlt es an der Voraussetzung, dass die Beklagte eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte.
Unaufschiebbarkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn die Leistung sofort, d.h. ohne nennenswerten zeitlichen Aufschub, erbracht
werden muss (Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IX, 2. Aufl. 2015, §
15 SGB IX, Rn. 67). Die Hinnahme eines zeitlichen Aufschubs ist dem entsprechend (nur) dann unzumutbar, wenn dadurch die Zwecke der
medizinischen oder beruflichen oder sozialen Rehabilitation (§
4 Abs.
1 SGB IX) erschwert oder gar vereitelt werden würden (Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IX, 2. Aufl. 2015, §
15 SGB IX, Rn. 68). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Da die Beklagte die Gewährung der Ausbildung im Rahmen des ihr zustehenden
Ermessens von einer Arbeitserprobung abhängig machen durfte, war die Leistung ohne eine solche nicht zu erbringen.
2.
Anspruch auf Gewährung von Übergangsgeld steht dem Kläger ebenfalls nicht zu.
Gemäß §
44 Abs.
1 Nr.
1 SGB IX werden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben u.a. ergänzt durch Übergangsgeld. Dem Kläger wurde die in Rede stehende Ausbildung
jedoch nicht als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben von der Beklagten erbracht. Auch war er nicht berechtigt, sie sich
nach §
15 SGB IX selbst zu beschaffen. Die Gewährung von Übergangsgeld scheidet mithin aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG bestehen nicht.