Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Rüge einer Gehörsverletzung
Gründe
I
In dem der Beschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit macht der Kläger einen Anspruch auf Weitergewährung einer Rente wegen
voller Erwerbsminderung über den 31.5.2018 hinaus geltend. Nach Ablehnung dieses Anspruchs durch den beklagten Rentenversicherungsträger
hat das SG die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 3.5.2019). Einen Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung des Klägers hat das LSG zunächst für den 4.2.2020 anberaumt. Wegen
eines anderen Gerichtstermins der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat es den Termin auf den 15.4.2020 verlegt. Den Antrag
der Prozessbevollmächtigten, diesen Termin wegen ihres Urlaubs ebenfalls zu verlegen, hat das LSG zunächst abgelehnt. Auf
Rüge des Klägers und nach anwaltlicher Versicherung des Urlaubs durch dessen Prozessbevollmächtigte hat es den Termin wegen
deren Verhinderung schließlich doch aufgehoben (Verfügung vom 11.3.2020).
Mit Verfügung des Vorsitzenden des 4. Senats vom 4.5.2020 hat das LSG den Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 26.5.2020,
10.45 Uhr, bestimmt und die Beteiligten unter Hinweis auf §
126 SGG geladen. Die Terminsmitteilung ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 13.5.2020 zugestellt worden. Mit Telefax vom
26.5.2020, 8.15 Uhr, hat der Kläger beantragt, den für denselben Tag anberaumten Termin aufzuheben. Zur Begründung hat er
ausgeführt, die Ladungsfrist sei nicht eingehalten worden. Zudem habe er einen Anspruch auf Teilnahme am Termin, auch wenn
sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet sei. Die Teilnahme sei ihm aber zZ nicht möglich, weil er sich um seine auf
demselben Grundstück lebende Mutter kümmere, die ein schweres Krebsleiden habe und sich nach Angaben der Ärztin in der Sterbephase
befinde. Daher werde gebeten, vorerst keinen neuen Termin anzuberaumen und einen neuen Termin mit seiner Prozessbevollmächtigten
abzustimmen. Den Verlegungsantrag hat das LSG durch Beschluss des Vorsitzenden des 4. Senats abgelehnt, da der Hinderungsgrund
nicht in einer Weise dargelegt und - beispielsweise durch ein ärztliches Attest - glaubhaft gemacht worden sei, die es dem
Senat ermöglichen würde, sich selbst ein Urteil über den Hinderungsgrund zu bilden. Dies sei jedoch bei einem derart kurzfristig
gestellten Antrag zu verlangen. Der Beschluss ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers um 10.15 Uhr per Telefax übermittelt
worden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.5.2020 ist für den Kläger niemand erschienen. Nach Aufruf der Sache hat der Vorsitzende
festgestellt, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen Empfangsbekenntnis vom 13.5.2020 geladen worden und mit der
Ladung darauf hingewiesen worden sei, dass auch im Falle des Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne. Die mündliche
Verhandlung hat der Vorsitzende um 10.50 Uhr eröffnet und nach einseitiger Verhandlung mit dem Vertreter der Beklagten um
11.01 Uhr geschlossen. Nach geheimer Beratung und Wiederaufruf der Sache um 11.19 Uhr hat der Vorsitzende in Anwesenheit des
Beklagtenvertreters das Urteil verkündet. Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung auf die Gründe
des Gerichtsbescheids des SG verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, einer weitergehenden Begründung oder Auseinandersetzung mit der Argumentation des
Klägers habe es nicht bedurft, da weder der Widerspruch noch die Klage und Berufung begründet worden seien (Urteil vom 26.5.2020).
Ausweislich eines Aktenvermerks der beim LSG tätigen Justizangestellten G hatte bereits um 11.03 Uhr Herr F von der Kanzlei
der Prozessbevollmächtigten des Klägers angerufen und mitgeteilt, "dass bei Frau H ein Verdachtsfall von Corona vorliege und
sie deshalb nicht zum Termin am 26.05.2020 um 10:45 Uhr erscheinen kann". Ihm sei mitgeteilt worden, dass er dies noch schriftlich
einreichen möchte. Um 13.07 Uhr ist beim LSG ein von einer nicht kanzleiangehörigen Rechtsanwältin in Vertretung unterzeichnetes
Telefax der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers eingegangen, in dem die Aufhebung des auf den 26.5.2020 anberaumten
Termins beantragt worden ist. Hierzu ist ausgeführt worden, dass die Prozessbevollmächtigte - wie der Geschäftsstelle der
"Kammer" bereits fernmündlich mitgeteilt - krankgeschrieben worden sei. Die Krankschreibung werde umgehend nachgereicht. Eine
Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit der Prozessbevollmächtigten für die Zeit vom 26.5.2020 bis zum 29.5.2020 wegen der Diagnosen
ICD-10 U07.1 V und J06.9 G ist beim LSG per Telefax um 18.21 Uhr eingegangen. Dem beigefügt gewesen ist auch eine ärztliche
Bescheinigung vom 26.5.2020, wonach sich die Mutter des Klägers seit dem 22.3.2020 in einer hochpalliativen Situation befinde
und der kontinuierlichen Betreuung durch den Sohn bedürfe.
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG rügt der Kläger die Verletzung seines Anspruchs
auf rechtliches Gehör (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG). Dem Antrag vom 26.5.2020, 8.15 Uhr, sei deutlich zu entnehmen gewesen, dass er selbst am Termin habe teilnehmen wollen,
hieran jedoch gehindert gewesen sei, weil seine Mutter im Sterben gelegen habe. Eine Glaubhaftmachung habe das Gericht nicht
verlangt, obwohl hierfür noch ausreichend Zeit gewesen sei. Hinzu komme, dass bei seiner Prozessbevollmächtigten ein Covid
19-Verdacht bestanden habe. Wegen Atemwegsbeschwerden habe diese sich nach dem Aufhebungsantrag zum Arzt begeben, von dem
sie noch vor Übermittlung des die Terminsaufhebung ablehnenden Beschlusses um 10.15 Uhr krankgeschrieben worden sei. Dies
habe deren Mitarbeiter, Herr F, neben den Geschäftsstellen anderer Gerichte auch der Geschäftsstelle des 4. Senats des LSG
am 26.5.2020 um 10.12 Uhr mitgeteilt. Wegen der vorgeschriebenen Kontaktbeschränkungen habe die Krankschreibung erst um 18.20
Uhr dem LSG übermittelt werden können.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des ehemaligen Kanzleimitarbeiters der Prozessbevollmächtigten des Klägers
F sowie der Justizangestellten G. Hinsichtlich der Angaben der Zeugen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom
25.6.2021 Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des SG, LSG und BSG waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und haben bei der Beratung vorgelegen.
II
Die noch zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das LSG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG) nicht dadurch verletzt, dass es am 26.5.2020 über die Berufung des Klägers in dessen Abwesenheit mündlich verhandelt und
entschieden hat.
1. Das LSG ist an der mündlichen Verhandlung und Entscheidung am 26.5.2020 nicht durch das Ausbleiben des Klägers und seiner
Prozessbevollmächtigten gehindert gewesen, denn es hatte mit der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen.
Das LSG ist auch nicht verpflichtet gewesen, den Termin wegen des am Sitzungstag um 8.15 Uhr dort eingegangenen Antrags des
Klägers aufzuheben.
Grundsätzlich stellt allein der Umstand, dass ein Beteiligter außer Stande ist, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen,
und dies vorher mitteilt, keinen zwingenden Grund für eine Terminsverlegung dar (BSG Beschluss vom 24.10.2013 - B 13 R 59/13 B - juris RdNr 15 mwN; BSG Beschluss vom 17.3.2014 - B 13 R 315/13 B - juris RdNr 8). Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gericht - wie vorliegend geschehen - auf die Möglichkeit hingewiesen hat, dass bei
Fernbleiben eines Beteiligten nach Lage der Akten entschieden werden kann (vgl dazu §
110 Abs
1 Satz 2, §
126 SGG). Jedoch kann - und ggf muss - ein Termin zur mündlichen Verhandlung gemäß §
202 Satz 1
SGG iVm §
227 Abs
1 Satz 1
ZPO bei Vorliegen erheblicher Gründe aufgehoben werden, selbst wenn das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet worden
ist (vgl BSG Beschluss vom 21.7.2005 - B 11a/11 AL 261/04 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 13.11.2008 - B 13 R 277/08 B - juris RdNr
15). Ein iS des §
227 Abs
1 Satz 1
ZPO ordnungsgemäß gestellter Verlegungsantrag mit einem hinreichend substantiiert geltend und ggf glaubhaft gemachten Terminsverlegungsgrund
begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung (BSG Urteil vom 10.8.1995 - 11 RAr 51/95 - SozR 3-1750 § 227 Nr 1 - juris RdNr 17 ff; BSG Beschluss vom 24.10.2013 - B 13 R 59/13 B - juris RdNr 16 mwN).
Ein solcher hinreichend begründeter Aufhebungs- bzw Verlegungsantrag hat dem LSG am 26.5.2020 nicht vorgelegen. Beantragt
ein anwaltlich vertretener Beteiligter, dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet ist, Terminsverlegung, muss er gegenüber
dem Gericht aufzeigen, dass und weshalb seine persönliche Anwesenheit im Termin zur mündlichen Verhandlung - zusätzlich zu
der seines Prozessbevollmächtigten - unerlässlich ist (BSG Beschluss vom 15.5.1991 - 6 BKa 69/90 - juris RdNr 2; BSG Beschluss vom 5.3.2004 - B 9 SB 40/03 B - juris RdNr 6 mwN; BVerwG Urteil vom 30.8.1982 - 9 C 1/81 - DÖV 1983, 247 - juris RdNr 11 f; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
110 RdNr 5). Solche Gründe sind mit dem Antrag vom 26.5.2020 nicht vorgetragen worden (vgl zur Verhinderung eines Beteiligten wegen der Notwendigkeit sich unmittelbar nach der Beerdigung des Vaters um die betagte
Mutter zu kümmern BFH Beschluss vom 12.3.2008 - I B 157/07 - juris RdNr 10).
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob das LSG dem Antrag auch deshalb nicht folgen musste, weil der Verhinderungsgrund
nicht glaubhaft gemacht worden ist. Wird eine Terminsaufhebung bzw -verlegung - wie hier - erst am Tag der anberaumten mündlichen
Verhandlung beantragt, muss von dem Betroffenen der Verhinderungsgrund so dargelegt und untermauert werden, dass das Gericht
ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob dieser besteht (BSG Beschluss vom 7.11.2017 - B 13 R 153/17 B - juris RdNr 9; BFH Beschluss vom 8.5.2018 - XI B 5/18 - BFH/NV 2018, 958 - juris RdNr 13 mwN). Wird der Antrag zudem - wie hier - erst kurz vor dem Termin gestellt, ist das LSG auch nicht verpflichtet, dem rechtskundig
vertretenen Kläger einen entsprechenden vorherigen Hinweis zu geben, ihn zur Ergänzung seines Vortrags aufzufordern oder selbst
Nachforschungen anzustellen (vgl BSG Beschluss vom 13.10.2010 - B 6 KA 2/10 B - SozR 4-1500 § 110 Nr 1 RdNr 12 f; BSG Beschluss vom 3.7.2013 - B 12 R 38/12 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 7.11.2017 - B 13 R 153/17 B - juris RdNr 9). Dies gilt umso mehr, als die hochpalliative Situation der Mutter des Klägers ausweislich der erst um 18.20 Uhr bzw 18.21
Uhr, also lange nach der Terminsstunde, nachgereichten ärztlichen Bescheinigung vom selben Tag bereits seit dem 22.3.2020
vorlag und nicht erst kurzfristig vor dem anberaumten Termin aufgetreten ist. Insoweit hätte für den Kläger nach Zugang der
Terminsmitteilung am 13.5.2020 hinreichend Gelegenheit bestanden, frühzeitig die Aufhebung des Termins zu beantragen und einen
geeigneten Nachweis beizubringen.
Das LSG ist auch nicht deshalb zur Terminsaufhebung verpflichtet gewesen, weil die Prozessbevollmächtigte des Klägers wegen
eines Verdachts auf eine Covid 19-Infektion nicht am Termin teilnehmen konnte. Der Senat ist aufgrund der Zeugenvernehmung
davon überzeugt, dass die Mitteilung hiervon entsprechend dem Vermerk der Zeugin G in der Akte des LSG erstmalig um 11.03
Uhr telefonisch beim LSG eingegangen ist. So hat der Zeuge F bekundet, die Prozessbevollmächtigte des Klägers sei am Morgen
des 26.5.2020 zunächst noch in der Kanzlei gewesen, habe sich dann aber wegen Grippesymptomen zum Arzt begeben. Telefonisch
habe sie ihm mitgeteilt, sie müsse einen Corona-Test machen lassen. Er solle sich beim Gericht melden und den Sachverhalt
schildern. Zur Vorbereitung auf die Zeugenvernehmung habe er sich bei der Prozessbevollmächtigten des Klägers deren Akte angesehen.
Aus der Akte wisse er, dass sein Anruf beim LSG um 11.03 Uhr eingegangen sei. Dem schließe er sich vom Zeitpunkt her an. Zwar
könne er sich an die genaue Uhrzeit des Anrufs nicht erinnern und habe sich diese auch nicht notiert. Nach Einsicht in die
Akte habe er sich jedoch daran erinnert, mehrfach versucht zu haben, das LSG zu erreichen. Demgegenüber konnte sich die Zeugin
G nicht an das fragliche Telefonat erinnern. Jedoch konnte sie auf Vorhalt des Vermerks bestätigen, diesen geschrieben zu
haben. Zudem hat sie bekundet, es entspräche der üblichen Vorgehensweise, sogleich nach einem solchen Telefonat einen Vermerk
zu schreiben und bei Telefonanrufen in Terminssachen auch die Uhrzeit zu vermerken. Daran, ob und ggf wann sie den Vermerk
- wie es der Übung entspreche - an den Vorsitzenden weitergeleitet hat, könne sie sich nicht mehr erinnern. Aufgrund des Gesamtzusammenhangs
der von den Zeugen auch über das Kerngeschehen hinaus gemachten Angaben wie auch aufgrund ihres Verhaltens während der Befragung
geht der Senat davon aus, dass die Bekundungen der Erinnerung der Zeugen entsprechen. Daher hat der Senat keinerlei Anlass,
an der Richtigkeit der von der Zeugin G in dem von ihr über das am 26.5.2020 mit dem Zeugen F geführte Telefonat gefertigten
Vermerk angegebenen Uhrzeit zu zweifeln.
Dahinstehen kann, dass die Mitteilung von der Erkrankung seiner Prozessbevollmächtigten erst um 11.03 Uhr, mithin nach Beginn
der für 10.45 Uhr festgesetzten Terminsstunde und nach Schluss der mündlichen Verhandlung telefonisch auf der Geschäftsstelle
des LSG eingegangen ist (vgl zu den in solchen Situationen vom Prozessbevollmächtigten geforderten Maßnahmen zB BGH Urteil vom 25.11.2008 - VI ZR 317/07 - NJW 2009, 687 - juris RdNr 10 ff). Zwar sind auch Schriftsätze, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingehen, vom Gericht zur Kenntnis zu nehmen und
daraufhin zu überprüfen, ob ein Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung (§
156 ZPO) besteht (vgl zB BGH Urteil vom 1.2.2002 - V ZR 357/00 - MDR 2002, 658; BGH Beschluss vom 7.4.2016 - I ZR 168/15 - juris RdNr 10). Ein solcher Anlass zur Wiedereröffnung und anschließenden Vertagung der mündlichen Verhandlung hat jedoch nicht vorgelegen.
Auch wenn die Erkrankung eines Prozessbevollmächtigten grundsätzlich einen wichtigen Grund iS des §
227 Abs
1 ZPO für die Vertagung einer Verhandlung darstellen kann (vgl nur Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
110 RdNr 5 mwN), genügt die bloße Anzeige der Verhinderung am Terminstag idR nicht als Verlegungs- bzw Vertagungsantrag. So ist die bloße
Krankmeldung eines prozessbevollmächtigten Rechtsanwalts regelmäßig nicht als Aufhebungs- oder Verlegungsantrag zu verstehen,
denn von einem rechtskundigen Prozessbevollmächtigten kann erwartet werden, dass er einen entsprechenden Antrag stellt (BFH Beschluss vom 29.9.2011 - IV B 122/09 - BFH/NV 2012, 419 - juris RdNr 6; BVerwG Beschluss vom 29.4.2004 - 1 B 203/03 - Buchholz 303 §
227 ZPO Nr 32 - juris RdNr 4; vgl auch BFH Beschluss vom 19.8.2005 - IV B 191/03 - BFH/NV 2005, 2243; BVerwG Beschluss vom 22.6.2017 - 2 WD 6/17 - juris RdNr 16; BSG Beschluss vom 12.5.2017 - B 8 SO 15/16 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 14.3.2019 - B 14 AS 12/18 B - juris RdNr 7; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
110 RdNr 4c f).
Einen solchen Verlegungs- bzw Vertagungsantrag hat die eingegangene Mitteilung über die Erkrankung der Prozessbevollmächtigten
des Klägers nicht enthalten. Das Vorbringen des Klägers in der Beschwerdebegründung vom 10.9.2020 wie auch der Aktenvermerk
des LSG vom 26.5.2020 stimmen darin überein, dass sich das vom Zeugen F mit der Geschäftsstelle des 4. Senats des LSG geführte
Telefonat in der Mitteilung über eine Krankschreibung der Prozessbevollmächtigten des Klägers wegen Covid 19-Verdachts bzw
der Mitteilung über das Vorliegen eines solchen Verdachtsfalls erschöpft hat. Auch im Rahmen der Vernehmung der Zeugen F und
G durch den Senat haben sich keine Anhaltspunkte für einen darüber hinausgehenden Inhalt des Telefonats ergeben. Ein Antrag,
"den auf den 26.05.2020 anberaumten Termin aufzuheben", weil die Prozessbevollmächtigte krankgeschrieben sei, ging beim LSG
erstmalig um 13.07 Uhr - also lange nach Verkündung des Urteils um 11.19 Uhr - per Telefax ein. Das LSG musste die bloße Mitteilung
über die Erkrankung der Prozessbevollmächtigten auch nicht als Vertagungsantrag verstehen. Vielmehr durfte es infolge der
zeitlichen Abfolge von Zustellung des die Terminsverlegung ablehnenden Beschlusses um 10.15 Uhr und des Anrufs des Zeugen
F um 11.03 Uhr davon ausgehen, dass die Prozessbevollmächtigte zwischenzeitlich Kenntnis vom Ablehnungsbeschluss erlangt hatte
und die Notwendigkeit eines erneuten Verlegungs- bzw Vertagungsantrags - so dies denn gewünscht war - hat erkennen können.
Vor diesem Hintergrund konnte der Telefonanruf des Zeugen F ohne Weiteres als Entschuldigung und als Information verstanden
werden, dass das Gericht nicht auf das Erscheinen der Prozessbevollmächtigten des Klägers zu warten brauche. Daher kommt es
auch nicht darauf an, ob und wann der Vermerk der Zeugin G dem Senat zur Kenntnis gelangt ist.
2. Im Übrigen ist die Beschwerde bereits unzulässig.
Ein Verfahrensmangel dadurch, dass die Terminsmitteilung der Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht zwei Wochen vor der
mündlichen Verhandlung, also am 12.5.2020, sondern erst einen Tag später am 13.5.2020 zuging, wird entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG nicht hinreichend bezeichnet. In der Verkürzung der für die Mitteilung des Termins an Beteiligte vorgesehenen Regelfrist
von zwei Wochen nach §
110 Abs
1 Satz 1
SGG liegt von vornherein kein Verfahrensfehler, es sei denn die absolute Mindestfrist von drei Tagen des über §
202 Satz 1
SGG anwendbaren §
217 ZPO wäre unterschritten oder der Beteiligte wird durch die Nichteinhaltung der Regelfrist zugleich in seinem (Grund-)Recht auf
rechtliches Gehör aus §
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG verletzt. Für die Darlegung der etwaigen Verletzung des rechtlichen Gehörs muss im Einzelnen aufgezeigt werden, welcher entscheidungserhebliche
Vortrag durch die Verkürzung der Ladungsfrist unterblieben sei (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 18.8.1999 - B 2 U 313/98 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 28.4.2004 - B 11 AL 250/03 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 14.11.2008 - B 12 KR 82/07 B - juris RdNr 4). Dies hat der Kläger ebenso wenig dargelegt wie, dass überhaupt Vorbringen gerade wegen der um einen Tag verkürzten Ladungsfrist
unterblieben sei.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.