Gründe:
Mit Urteil vom 3.9.2010 hat das LSG Nordrhein-Westfalen einen Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Entrichtung von
Nachversicherungsbeiträgen zu Gunsten des Beigeladenen iHv 5669,63 Euro bejaht.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf
Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG.
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung vom 7.12.2010 und 10.1.2011 genügt den gesetzlichen
Anforderungen nicht, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl §
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
1. Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten
Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn
die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien
widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern
die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt
der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht
bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen
Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt
werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner
Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl BSG vom 25.9.2002 - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f mwN). Diesen
Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin trägt vor, das LSG habe im angefochtenen Urteil folgenden Rechtssatz aufgestellt:
"Ein Vorsatz im Sinne des §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV und die damit verbundene Geltung der 30-jährigen Verjährungsfrist ist auch dann anzunehmen, wenn der Dienstherr zwar organisatorische
Maßnahmen zur Durchführung der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung trifft, diese jedoch nicht den drei
nachfolgend genannten Anforderungen genügen:
- Implementierung eines Nachweissystems zur Durchführung der Nachversicherung
- Implementierung eines Kontrollsystems bei der Nachversicherungsstelle
- Implementierung eines Wiedervorlagesystems"
Das Berufungsgericht weiche hiermit von der Entscheidung des BSG vom 17.4.2008 (B 13 R 123/07 R - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2) ab, aus dessen Ausführungen "sich der folgende Rechtssatz ableiten" lasse:
"Von einem vorsätzlichen Vorenthalten im Sinne des §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV einer am Rechtsverkehr teilnehmenden Organisation ist auszugehen, wenn sich diese die Kenntnis von der Zahlungspflicht einzelner
Mitarbeiter zurechnen lassen muss. Dies ist nicht der Fall, wenn ausreichende organisatorische Maßnahmen zur Gewährleistung
des notwendigen Informationsaustausches bestanden."
Weitere Einschränkungen habe das BSG nicht vorgenommen und daher gerade nicht das Erfordernis eines abgestuften, aufeinander
aufbauenden Kontrollsystems statuiert.
Mit diesem Vorbringen ist eine Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG nicht dargetan.
Denn die einander gegenübergestellten Rechtssätze widersprechen sich nicht; vielmehr stellen die als Rechtssatz des LSG unterbreiteten
Ausführungen eine Konkretisierung des Begriffs "ausreichende organisatorische Maßnahmen" im Rechtssatz des BSG dar. Nichts
anderes ergibt sich aus den weiteren Darlegungen der Beschwerdebegründung, die zwar auch Aussagen des BSG dazu wiedergibt,
wann dieses ein Verschulden annimmt, jedoch keine Aussage, aus der sich ableiten ließe, es wolle im Gegensatz zum LSG beim
Fehlen der von diesem angeblich aufgestellten Anforderungen kein Verschulden annehmen.
Soweit die Klägerin ausführt, das LSG habe die im Urteil des BSG vom 17.4.2008 (aaO) aufgestellten Grundsätze zum vorsätzlichen
Handeln iS von §
25 Abs
1 Satz 2
SGB IV nicht zutreffend angewandt, ist auch insofern eine Divergenz nicht dargelegt. Missversteht das Berufungsgericht einen höchstrichterlichen
Rechtssatz und wendet es deshalb das Recht fehlerhaft an, kann daraus nicht geschlossen werden, es habe einen divergierenden
Rechtssatz aufgestellt. Die Bezeichnung einer Abweichung iS des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG setzt vielmehr die Darlegung voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil in Frage
stellt. Dies ist nicht der Fall, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall
lediglich verkannt haben sollte (vgl BSG vom 25.9.2002 - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN).
2. Grundsätzlich bedeutsam iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG ist eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss
daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen
sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine derartige Klärung erwarten
lässt. Um der Darlegungspflicht (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
(3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) und (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung
der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufzeigen (vgl zum Ganzen BSG vom 25.9.2002 - SozR 3-1500 § 160a
Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:
"Ist auch dann von einem schuldhaft vorsätzlichen Vorenthalten von Beiträgen im Sinne des §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV auszugehen, wenn die Nachversicherung eines ausgeschiedenen Beamten zwar tatsächlich nicht erfolgt ist, im Einzelfall aber
konkret die Möglichkeit eines Informationsaustausches zwischen den Mitarbeitern nach Maßgabe von Dienstanweisungen gegeben
war?"
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage im oben genannten Sinne - und nicht lediglich eine auf
die Gestaltung des Einzelfalls zugeschnittene Frage - formuliert hat, die im vorliegenden Verfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich)
sein könnte. Denn sie zeigt nicht hinreichend auf, dass sich die Beantwortung der gestellten Frage aus der vorhandenen höchstrichterlichen
Rechtsprechung ergebe, mithin klärungsbedürftig sei. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, sich mit dieser Rechtsprechung eingehend
auseinanderzusetzen und anhand dieser zu begründen, dass Bedarf nach einer weiteren Entscheidung des Revisionsgerichts bestehe
(vgl BSG vom 22.4.1997 - SozR 3-1500 § 160a Nr 23 S 42; BSG vom 27.6.2001 - B 6 KA 6/01 B - Juris RdNr 4). Die Klägerin trägt selbst vor, dass das BSG in seinen Urteilen vom 17.4.2008 (aaO) und 1.7.2010 (B 13 R 67/09 R - SozR 4-2400 §
24 Nr
5) über die Frage des Verschuldens gemäß §
25 Abs
1 Satz 2
SGB IV bereits entschieden habe. Soweit sie meint, dass es sich hier um eine Fallgestaltung handele, "die in dieser Form noch nicht
Gegenstand der Rechtsprechung des BSG gewesen" sei, reicht dieses Vorbringen zur Darlegung der weiteren Klärungsbedürftigkeit
nicht aus. Denn sie lässt unbeachtet, dass eine Rechtsfrage, auch wenn sie vom BSG noch nicht ausdrücklich entschieden worden
ist, gleichwohl keiner höchstrichterlichen Klärung mehr bedarf, wenn die bereits vorhandene höchstrichterliche Rechtsprechung
hinreichende Anhaltspunkte für ihre Beantwortung gibt (vgl Senatsbeschlüsse vom 21.1.1993 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; vom
31.3.1993 - SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6). Zur Klärungsbedürftigkeit der von ihr aufgeworfenen Frage in diesem Sinne hat die
Klägerin aber nicht hinreichend vorgetragen.
Zu näheren Ausführungen hierzu hätte aber schon deshalb Anlass bestanden, weil die Klägerin selbst vorträgt, dass sie "solche
(organisatorischen) Maßnahmen", die den vom BSG in den Entscheidungen vom 17.4.2008 und 1.7.2010 "aufgestellten Maßstäben
und Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kommunikation genügen dürften", eingeführt und angewandt habe. Soweit die Klägerin
in diesem Zusammenhang geltend macht, das LSG habe dennoch "vorliegend" die von ihr getroffenen organisatorischen Maßnahmen
als nicht ausreichend erachtet, und sich gegen dessen Feststellung eines Organisationsverschuldens "im konkreten Einzelfall"
wendet, rügt sie in Wirklichkeit die Beweiswürdigung durch das LSG. Eine - vermeintlich - fehlerhafte Beweiswürdigung kann
aber nicht zum Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde gemacht werden (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Es würde der Absicht des Gesetzgebers bei Einführung der Nichtzulassungsbeschwerde zuwiderlaufen, wenn ein derartiger Verstoß
gegen die Beweiswürdigung im Rahmen einer Grundsatzrüge geltend gemacht werden könnte, um auf diese Weise eine Nachprüfung
des Berufungsurteils hinsichtlich der Beweiswürdigung zu erreichen (BSG vom 5.2.1980 - 2 BU 31/79 - Juris RdNr 6; BSG vom 17.12.1992 - 6 BKa 29/91 - Juris RdNr 7).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbs 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Halbs 3
SGG iVm §
154 Abs
2, §
162 Abs
3 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach §
197a Abs
1 Satz 1 Halbs 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 47 Abs 1 und 3, § 52 Abs 3 GKG.