Notwendiger Inhalt einer Grundsatzrüge
Verfassungskonformität
Bislang fehlende höchstrichterliche Klärung
1. Soweit sich ein Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) beruft, ist in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung zu bezeichnen und schlüssig darzulegen,
dass diese klärungsbedürftig, in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den
Einzelfall hinaus von Bedeutung ist.
2. Es muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein, dass sich die Antwort auf die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres aus
dem Gesetz oder der bisherigen Rechtsprechung ergibt; hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Entscheidungen
und sonstiger einschlägiger Rechtsprechung.
3. Diese Anforderungen, die allerdings nicht überspannt werden dürfen, sind verfassungsrechtlich unbedenklich.
4. Allein die pauschale Behauptung, die Frage sei bislang höchstrichterlich nicht geklärt, genügt nicht.
Gründe:
Das Bayerische LSG hat mit Urteil vom 22.10.2014 einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf einen Verfahrensmangel und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung vom 18.12.2014 genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen,
weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl §
160a Abs
2 S 3
SGG).
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Wird - wie vorliegend - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne
Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund
derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe
des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des
LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten
Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren
Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen s Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin hat schon nicht aufgezeigt, dass sie einen
entsprechenden (prozessordnungsgemäßen) Beweisantrag gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG bis zuletzt vor dem Berufungsgericht aufrechterhalten hat. Ein - wie die Klägerin - in der Berufungsinstanz anwaltlich vertretener
Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der
mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in
seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN).
Entsprechende Darlegungen enthält die Beschwerde nicht. Es reicht nicht aus, lediglich vorzutragen, dass mit Schriftsatz vom
8.7.2013 vorgetragen worden sei, dass die vom LSG eingeholten Stellungnahmen der behandelnden Ärzte (Herr Dr. V. und Frau
V.) hinsichtlich des psychischen Zustands der Klägerin nicht mehr aktuell seien und dass sich das Berufungsgericht hätte gedrängt
fühlen müssen, ein orthopädisches Sachverständigengutachten sowie erneute Stellungnahmen der vorgenannten Ärzte einzuholen.
2. Soweit sich die Klägerin auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) beruft, ist auch diese nicht hinreichend dargelegt.
Hierfür ist in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung zu bezeichnen und schlüssig darzulegen,
dass diese klärungsbedürftig, in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den
Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 19, Nr 22 RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 2 ff, Nr 9 RdNr 4, jeweils mwN). Es muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein, dass sich die Antwort auf
die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz oder der bisherigen Rechtsprechung ergibt; hierzu bedarf es der Auseinandersetzung
mit den vorinstanzlichen Entscheidungen und sonstiger einschlägiger Rechtsprechung. Diese Anforderungen, die allerdings nicht
überspannt werden dürfen, sind verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG [Kammer] SozR 4-1500 § 160a Nr 12 RdNr 3 f, Nr 16
RdNr 4 f, Nr 24 RdNr 5 ff).
Die Vortrag der Klägerin wird diesen Erfordernissen nicht gerecht. Sie bezeichnet (sinngemäß) die Frage als grundsätzlich
bedeutsam,
ob "eine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit bei einer Person, welche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach
dem SGB II erhält", ... "mit einer vollen Erwerbsminderung gleichzusetzen" sei.
Es fehlt jedoch bereits an ausreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit der angesprochenen Frage. Allein die pauschale
Behauptung, die Frage sei bislang höchstrichterlich nicht geklärt, genügt hierfür nicht. Insbesondere fehlen jegliche Ausführungen
dazu, ob sich nicht bereits aus dem Gesetz (§
43 Abs
2 S 2
SGB VI) und insbesondere auch aus der bereits ergangenen umfangreichen Rechtsprechung des BSG zu den Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalls der "vollen Erwerbsminderung" einerseits und für das Vorliegen
von "Arbeitsunfähigkeit" andererseits genügend Anhaltspunkte für eine Beantwortung der genannten Frage ergeben bzw inwiefern
dies nicht der Fall ist.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG iVm §
169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG.