Rente wegen Berufsunfähigkeit nach altem Recht
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gehörsverletzung in Form einer Überraschungsentscheidung
Gründe
I
Der 1960 geborene Kläger begehrt im zugrunde liegenden Rechtsstreit sowohl die Gewährung einer Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsrente
nach altem Recht als auch die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der Kläger war im Bundesgebiet zuletzt bis Januar 1997 bei der Firma Holzbau S beschäftigt, einer Zimmerei. Einen in der Folgezeit
gestellten Antrag auf Gewährung einer Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsrente lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 10.7.1998, bestandskräftig). 1999 verließ der Kläger Deutschland und lebt inzwischen in Bosnien-Herzegowina. Im Juni 2014 wurde ihm nach Entwicklung
eines diabetischen Gangräns ein Unterschenkel amputiert, er bezieht deswegen Invalidenrente von zwei ausländischen Trägern.
Auf seinen erneuten Rentenantrag hin lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab (Bescheid vom 9.2.2015; Widerspruchsbescheid vom 17.7.2015). Sie lehnte zudem den vom Kläger im Zugunstenverfahren geltend gemachten Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 10.7.1998
und Gewährung einer Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsrente ab (Bescheid vom 4.11.2015; Widerspruchsbescheid vom 12.11.2015). Das SG hat die dagegen erhobenen Klagen zurückgewiesen (Gerichtsbescheide vom 16.11.2017 und 5.12.2017). Die vom Kläger jeweils eingelegte Berufung hat das LSG nach Verbindung der Verfahren zurückgewiesen. Zur Begründung hat
es ausgeführt, der im Zugunstenverfahren geltend gemachte Anspruch auf Gewährung einer Rente nach altem Recht bestehe nicht,
weil der Kläger bei Erlass des Bescheids vom 10.7.1998 weder erwerbsnoch berufsunfähig gewesen sei. Hinsichtlich der beanspruchten
Berufsunfähigkeitsrente nach §
43 Abs
1 Satz 1
SGB VI aF gelte, dass der Kläger zwar seit einem Bandscheibenvorfall im November 1996 seine körperlich schwere Tätigkeit bei der
Firma S nicht mehr habe ausüben können. Ausgehend von dem in der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschema habe er jedoch
keinen Berufsschutz als Facharbeiter in Anspruch nehmen können. Es sei daher lediglich ergänzend klarzustellen, dass die Beklagte
ihn zumutbar auf eine andere vollschichtige Tätigkeit, etwa als Registrator oder Postabfertiger, verweisen durfte. Für diese
Tätigkeiten, die in Wechselhaltung und ohne das Heben schwerer Lasten ausgeführt würden, habe sein damaliges Leistungsvermögen
ausgereicht. Ebenso wenig könne der Kläger eine Erwerbsminderungsrente beanspruchen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
hierfür hätten allenfalls bis Februar 2001 vorgelegen. Bezogen auf diesen Zeitpunkt habe sich keine Erwerbsminderung erweisen
lassen. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §
240 Abs
1 SGB VI scheide schon mangels Berufsschutz aus (Urteil vom 5.2.2020).
Das LSG hat die Revision gegen sein Urteil, das eine hinsichtlich der Beschwerde- wie der Beschwerdebegründungsfrist unrichtige
Rechtsmittelbelehrung enthält, nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, für
die er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten beantragt. Er macht verschiedene
Verfahrensmängel (Zulassungsgrund nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG) geltend, ua sinngemäß eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) in Form einer Überraschungsentscheidung, indem das LSG nicht offengelegt habe, worauf es seine Kenntnis vom Tätigkeitsprofil
der Verweisungsberufe stütze. Der Kläger macht zudem eine Divergenz geltend (Zulassungsgrund nach §
160 Abs
2 Nr
2 SGG).
II
1. Der PKH-Antrag des Klägers ist abzulehnen. Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §§
114,
121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf
Erfolg bietet. Daran fehlt es hier. Die vom Kläger durch seine beim BSG zugelassene Bevollmächtigte bereits eingelegte und begründete Nichtzulassungsbeschwerde bietet keine hinreichenden Erfolgsaussichten
(dazu unter 2.). Mit der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung seiner Bevollmächtigten
im Rahmen der PKH (§
73a Abs
1 SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).
2. Die vom Kläger unabhängig von seinem Antrag auf Bewilligung von PKH eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist insgesamt
zurückzuweisen (§
170 Abs
1 Satz 1
SGG). Hinsichtlich der gerügten Gehörsverletzung in Form einer Überraschungsentscheidung ist die noch zulässige Beschwerde unbegründet
(dazu unter a). Hinsichtlich der darüber hinaus geltend gemachten Verfahrensmängel (dazu unter b) sowie der geltend gemachten Divergenz (dazu unter c) ist sie bereits unzulässig, weil die Beschwerdebegründung insoweit nicht die maßgeblichen Darlegungsanforderungen erfüllt.
a) Die vom Kläger gerügte Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG, §
62 Halbsatz 1
SGG) in Form einer Überraschungsentscheidung stellt jedenfalls keinen Verfahrensmangel dar, auf dem das angegriffene Urteil beruhen
kann. Von einer Überraschungsentscheidung ist auszugehen, wenn sich das Gericht ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf
einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf
nicht zu rechnen brauchte (stRspr; zuletzt etwa BVerfG <Kammer> Beschluss vom 13.2.2019 - 2 BvR 633/16 - juris RdNr 24 mwN; s auch BSG Urteil vom 23.5.1996 - 13 RJ 75/95 - SozR 3-1500 § 62 Nr 12 - juris RdNr 24 ff; BSG Beschluss vom 20.12.2016 - B 5 R 242/16 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 21.1.2020 - B 13 R 287/18 B - juris RdNr 13; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
62 RdNr 8b mwN). Soweit ein Gericht eigene Sachkunde bei der Urteilsfindung tragend berücksichtigen will, muss es den Beteiligten die Grundlagen
hierfür offenbaren. Das Gericht muss in einem solchen Fall gegenüber den Beteiligten darlegen, worauf seine Sachkunde beruht
und worauf sie sich bezieht, damit die Beteiligten hierzu Stellung nehmen und ihre Prozessführung entsprechend einrichten
können (BSG Urteil vom 5.3.2002 - B 2 U 27/01 R - juris RdNr 20 f mwN; BSG Beschluss vom 15.9.2011 - B 2 U 157/11 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 17.6.2020 - B 5 R 1/20 B - juris RdNr 5; s auch zu allgemeinkundigen Tatsachen BSG Urteil vom 8.9.1982 - 5b RJ 48/82 - SozR 2200 § 1246 Nr 98 S 302 - juris RdNr 11; zu berufskundlichen Tatsachen BSG Urteil vom 23.5.1996 - 13 RJ 75/95 - SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19 - juris RdNr 24; zu historischen Tatsachen BSG Urteil vom 26.7.2007 - B 13 R 28/06 R - BSGE 99, 35 = SozR 4-5075 § 1 Nr 4, RdNr 32). Gegen diese Grundsätze hat das LSG jedenfalls nicht in Bezug auf einen tragend berücksichtigten Gesichtspunkt verstoßen.
Zwar lässt sich den vorliegenden Akten nicht entnehmen, dass das LSG die Beteiligten vor Erlass des angegriffenen Urteils
darauf hingewiesen hat, dass und auf welcher Grundlage es davon ausgehe, bei den Tätigkeiten als Registrator oder Postabfertiger
handle es sich um körperlich allenfalls mittelschwere Tätigkeiten in Wechselhaltung. Seine demnach möglicherweise überraschenden
Ausführungen im Berufungsurteil zum Tätigkeitsprofil der von der Beklagten im Bescheid vom 10.7.1997 benannten Verweisungstätigkeiten
sind jedoch nicht tragend für seine Entscheidung gewesen. Anders als vom Kläger vorgebracht, hat das LSG ihn nicht als oberen
Angelernten angesehen. Wie die Entscheidungsgründe zeigen, hat sich das LSG bei Beurteilung des Berufsschutzes an einem vierstufigen
Mehrstufenschema orientiert und die letzte versicherte Tätigkeit des Klägers ohne weitere Differenzierung der Gruppe mit dem
Leitberuf des angelernten Arbeiters zugeordnet. Nach seiner Auffassung durfte der Kläger auf alle ungelernten Tätigkeiten
verwiesen werden, ohne dass ihm eine konkrete Verweisungstätigkeit hätte benannt werden müssen. Eine schwere spezifische Leistungsminderung
oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, aus der sich eine Benennungspflicht ergeben könne, hat beim
Kläger zur Überzeugung des LSG nicht vorgelegen. Ausgehend von dieser materiellen Rechtsansicht des LSG, die bei Beurteilung
des geltend gemachten Verfahrensmangels maßgeblich ist, kam es nicht darauf an, ob der Kläger gerade zur Verrichtung der von
der Beklagten benannten Tätigkeiten in der Lage gewesen wäre. Entsprechend hat das LSG seine Ausführungen hierzu als lediglich
ergänzende Klarstellung bezeichnet.
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob das LSG in diesem Zusammenhang in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung
des BSG zur Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit (vgl etwa BSG Urteil vom 21.7.1987 - 4a RJ 39/86 - SozR 2200 § 1246 Nr 143, juris RdNr 20 mwN) abgewichen ist, weil der Kläger insoweit eine Divergenz auch nicht sinngemäß geltend macht.
b) Die darüber hinaus geltend gemachten Verfahrensmängel werden nicht anforderungsgerecht bezeichnet. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde
darauf gestützt, dass iS von §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels
zunächst die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich,
dass und warum die Entscheidung des Berufungsgerichts ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen
kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.10.2010 - B 12 KR 2/10 B - juris RdNr 5; jüngst BSG Beschluss vom 9.12.2019 - B 13 R 259/19 B - juris RdNr
4). Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Berufungsgericht ohne hinreichende Begründung nicht
gefolgt ist. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht, soweit sie sich auf die zudem behaupteten Verfahrensmängel
bezieht.
aa) Der Kläger rügt als weitere Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG), dass das LSG von einer Vernehmung des H, eines ehemaligen Arbeitskollegen, abgesehen habe. Sein Vorbringen genügt jedoch
auch unter Berücksichtigung seiner weiteren Ausführungen nicht den Anforderungen, die an die Darlegung eines solchen Verfahrensmangels
zu stellen sind. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (stRspr; BVerfG vom 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133, 145; BVerfG vom 8.12.2020 - 1 BvR 117/16 - juris RdNr 12). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen
und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich
zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten
entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfG vom 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 [146] mwN; BVerfG <Kammer> vom 8.2.2021 - 1 BvR 242/21 - juris RdNr 6 mwN; BSG vom 8.4.2020 - B 13 R 125/19 B - juris RdNr 14). Derartige besondere Umstände sind mit der Beschwerdebegründung nicht dargetan. Der Kläger behauptet selbst nicht, sein auf
Vernehmung des H gerichteter Beweisantrag sei vom LSG nicht zur Kenntnis genommen und übergangen worden (vgl zu derartigen Konstellationen BSG Beschluss vom 27.1.2021 - B 13 R 13/20 B - juris RdNr 21; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 697 mwN). Er bringt im Gegenteil vor, das LSG habe den Antrag im angegriffenen Urteil erwähnt und Gründe für seine Nichtbefassung
benannt.
Mit seinem Vorbringen, das LSG hätte sich zu der begehrten Zeugenvernehmung gedrängt fühlen müssen, um weiter zu der Tätigkeit
bei der Firma S Holzbau zu ermitteln, rügt der Kläger vielmehr sinngemäß einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§
103 Abs
1 Halbsatz 1
SGG). Die Rüge der unzureichenden Sachaufklärung durch das Berufungsgericht muss folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines
für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das Berufungsgericht nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe
der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und
zu weiterer Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme
und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des Berufungsgerichts auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme
beruhen kann, das Berufungsgericht mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt
aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigen Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5; BSG Beschluss vom 3.12.2012 - B 13 R 351/12 B - juris RdNr 6 mwN; jüngst BSG Beschluss vom 28.11.2019 - B 13 R 169/18 B - juris RdNr 4). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG ferner die Darlegung, dass ein - wie der Kläger - bereits in der Berufungsinstanz anwaltlich vertretener Beteiligter einen
Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; BSG Beschluss vom 21.2.2018 - B 13 R 28/17 R, B 13 R 285/17 B - juris RdNr 14 mwN). Selbst wenn man unterstellt, der Kläger habe mit seinem Hinweis auf einen im Schriftsatz vom 3.4.2018 enthaltenen und in
der mündlichen Verhandlung vor dem LSG wiederholten Beweisantrag dargetan, einen ordnungsgemäßen Beweisantrag iS des §
118 Abs
1 Satz 1
SGG, §
403 ZPO gestellt und aufrechterhalten zu haben, fehlt es jedenfalls an der hinreichenden Darlegung, dass das LSG seinem Antrag iS
von §
160 Abs
2 Halbsatz 2
SGG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei.
Nach dem Vorbringen des Klägers hat das LSG die begehrte Zeugenvernehmung mit der Begründung abgelehnt, der Kläger verfüge
unstreitig über keine Ausbildung zum Zimmermann. Er habe lediglich praktische Kenntnisse in der Zimmerei erworben und in Slowenien
theoretische Kurse "zum halbqualifizierten Zimmermann" absolviert. Zwar komme eine Einstufung einer Tätigkeit in die dritte
Stufe des Mehrstufenschemas als Facharbeitertätigkeit auch für Versicherte in Betracht, die, wie der Kläger, die erforderliche
Ausbildung nicht durchlaufen hätten. Dies setze jedoch voraus, dass der Versicherte in seinem Tätigkeitsbereich eine vergleichbare
Qualifikation in voller Breite erworben habe. Bezogen auf den Beruf des Zimmermanns erfordere dies umfassende theoretische
Kenntnisse, etwa zur Statik. Vor diesem Hintergrund hätte in der Beschwerdebegründung dargetan werden müssen, was die begehrte
Zeugenvernehmung insbesondere zum Umfang der theoretischen Kenntnisse des Klägers über das Zimmermannshandwerk hätte ergeben
können. Wie der Kläger mitteilt, sollte H aber lediglich bekunden, dass der Kläger ihn und andere ungelernte oder angelernte
Arbeitskräfte angelernt bzw eigenständig angeleitet und ihm dabei "viel beigebracht" habe. Selbst aus dem Gesamtvorbringen
des Klägers ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die begehrte Zeugenvernehmung weitergehende, denen
eines ausgebildeten Zimmermanns entsprechende theoretische Kenntnisse des Klägers hätte erweisen können. Im Gegenteil bringt
der Kläger selbst vor, der Zeuge habe hierzu nichts vorbringen können. Er hält es lediglich für möglich, dass das LSG aus
den Angaben des Zeugen auf theoretische Kenntnisse des Klägers hätte schließen können, die wiederum den Schluss zuließen,
diese Kenntnisse hätten denen eines Facharbeiters mit einer Regelausbildung in voller Breite entsprochen.
Mit seinem Vorbringen zur Wertigkeit seiner letzten Tätigkeit wendet sich der Kläger gegen die Würdigung der Ermittlungsergebnisse
durch das LSG. Insoweit gilt jedoch, dass die Einschränkungen des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG für die Geltendmachung eines Verfahrensmangels wegen der Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§
128 Abs
1 Satz 1
SGG) nicht durch die Berufung auf die vermeintliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör umgangen werden können (vgl BSG Beschluss vom 18.5.2016 - B 5 RS 10/16 B - juris RdNr 8 mwN; BSG Beschluss vom 29.6.2018 - B 13 R 9/16 B - juris RdNr 10; s auch BSG Beschluss vom 31.7.2019 - B 13 R 263/18 B - juris RdNr 11). Letztlich zielt auch der vom Kläger sinngemäß erhobene Vorwurf einer vorweggenommenen Beweiswürdigung auf die Beweiswürdigung
des LSG selbst, das trotz des Vorbringens des Klägers nicht die Überzeugung gewinnen konnte, dessen berufliche Qualifikation
entspreche derjenigen eines formal ausgebildeten Zimmermanns. Dass ein Beteiligter das angegriffene Urteil für inhaltlich
falsch hält, kann indes nicht zur Revisionszulassung führen (stRspr; vgl etwa BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BSG Beschluss vom 21.4.2020 - B 13 R 44/19 B - juris RdNr 8; BVerfG <Kammer> Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN). Soweit der Kläger damit eine Sachaufklärungsrüge erheben will, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
bb) Der Kläger macht ferner geltend, das LSG habe im Berufungsurteil befunden, er sei zumutbar auf die Tätigkeit eines Registrators
oder Postabfertigers verweisbar, ohne zuvor aufzuklären, ob sein verbliebenes Leistungsvermögen hierfür ausreiche, das auch
nach Überzeugung des LSG Überkopfarbeiten ausschließe. Hierin erkennt der Kläger einen Verstoß gegen die Begründungspflicht
(§
128 Abs
1 Satz 2 iVm §
136 Abs
1 Nr
6 SGG). Sinngemäß rügt er damit jedoch einen weiteren Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§
103 Abs
1 Halbsatz 1
SGG). Dieser wird schon deswegen nicht anforderungsgerecht bezeichnet, weil der Kläger nicht dartut, einen entsprechenden, auf
die Ermittlung des Tätigkeitsprofils eines Registrators oder Postabfertigers gerichteten Beweisantrag überhaupt gestellt zu
haben. Diese Darlegungsanforderung kann nicht durch eine Rüge in anderer Gestalt umgangen werden. Andernfalls liefen die Beschränkungen,
die §
160 Abs
2 Nr
3 SGG für die Sachaufklärung normiert, im Ergebnis leer (vgl BSG Beschluss vom 6.2.2007 - B 8 KN 16/05 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 7; BSG Beschluss vom 22.10.2008 - B 5 KN 1/06 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 28.9.2010 - B 5 R 202/10 B - juris RdNr 11).
b) Der Kläger legt die geltend gemachte Divergenz nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise dar. Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nicht-Übereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen
zugrunde gelegt sind. Zur ordnungsgemäßen Darlegung einer Divergenz sind ein entscheidungstragender Rechtssatz oder mehrere
derartige Rechtssätze aus dem Berufungsurteil und zu demselben Gegenstand gemachte und fortbestehende aktuelle abstrakte Aussagen
aus einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG einander gegenüberzustellen; zudem
ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung
beruht (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 §
160a Nr 32 RdNr 21; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
160a RdNr 15 ff mwN). Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen
Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung
im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz
(vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f; BSG Beschluss vom 24.4.2015 - B 13 R 37/15 B - juris RdNr 6). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger trägt unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 28.5.1991 (13/5 RJ 4/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 12, juris RdNr 23) vor, ein angelernter Arbeiter, dem Aufsichts- und Leitungsfunktionen über eine größere Gruppe von Angelernten übertragen
worden seien, sei regelmäßig in die Gruppe der Facharbeiter einzuordnen. Gemessen daran sei er als Facharbeiter anzusehen.
Er benennt jedoch keinen entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz, mit dem das LSG von einem abstrakten Rechtssatz in
der Entscheidung des BSG vom 28.5.1991 oder einer anderen Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sei. Vielmehr wendet er sich auch insoweit gegen die vom LSG vorgenommene Einordnung
seiner letzten versicherten Tätigkeit und damit gegen die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung. Dies reicht, wie erwähnt,
zur Darlegung einer Divergenz nicht aus.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von §
193 Abs
1 und 4
SGG.