Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Formgerechte Bezeichnung einer Abweichung
Tenor
Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. November 2020 - L 18 AS 441/19 - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in der genannten Entscheidung wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 Satz 2
SGG). Ungeachtet des Umstands, dass dem Kläger wegen der versäumten Frist zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde
durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war, ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig. Der Kläger hat den zur
Begründung seiner Beschwerde allein geltend gemachten Zulassungsgrund der Abweichung (Divergenz) nicht schlüssig bezeichnet
(§
160a Abs
2 Satz 3 iVm §
160 Abs
2 Nr
2 SGG).
Für die Bezeichnung einer Divergenz in der einer Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Entscheidung eines LSG gegenüber
einer Entscheidung des BSG ist das Nicht-Übereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die beiden Entscheidungen zugrunde liegen, aufzuzeigen. Die
Beschwerdebegründung muss beide Rechtssätze einander gegenüberstellen und erkennen lassen, dass das LSG dem BSG widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 §
160a Nr 34; Krasney/ Udsching, Hdb
SGG, 7. Aufl 2016, IX. Kap RdNr 196 mwN). Zudem ist näher zu begründen, inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung beruht (BSG vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG vom 25.6.2021 - B 13 R 93/20 B). Dazu muss dargetan werden, dass das LSG anders hätte entscheiden müssen, wenn es den Rechtssatz des BSG zugrunde gelegt hätte (BSG vom 29.4.2003 - B 4 RA 182/02 B; vgl auch BSG vom 9.6.2021 - B 14 AS 301/20 B).
Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.
Dem in der Beschwerdebegründung anhand des Urteils des BSG vom 22.3.2012 (B 4 AS 26/10 R - BSGE 110, 288 = SozR 4-1200 § 46 Nr 3) formulierten Rechtssatz, "… dass außerhalb spezieller Voraussetzungen und Grenzen ein grundsätzliches Verbot der Aufrechnung
bzw. Einbehaltung existenzsichernder Leistungen besteht und nicht umgangen werden darf", stellt der Kläger zwar den Rechtssatz
des LSG gegenüber, eine Auszahlung einbehaltener Regelleistungssätze sei ausgeschlossen, soweit der Einbehalt durch Aufrechnung
erfolgte und die Auszahlung somit eine rückwirkende Gewährung weiterer Sozialleistungen darstellen würde. Damit ist eine Abweichung
nicht hinreichend bezeichnet. Wenn der Entscheidung des LSG ein solcher Rechtssatz zugrunde gelegen haben sollte, wäre durch
den Kläger nämlich weiter darzulegen gewesen, dass sich das LSG bei seiner Entscheidung nicht auf spezielle Voraussetzungen
und Grenzen gestützt hat, die nach dem von ihm zum Urteil des BSG formulierten Rechtssatz eine Aufrechnung bzw. Einbehaltung weiterhin zuließen. Daran fehlt es hier.
Im Übrigen setzt sich der Kläger nicht mit dem Umstand auseinander, dass das LSG seine Entscheidung auf den Ablauf der Ausschlussfrist
des § 44 Abs 4 SGB X gestützt hat. Soweit es dabei vom Urteil des BSG vom 23.2.2017 (B 4 AS 57/15 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 34) abgewichen sein sollte, führt die Beschwerdebegründung hierzu nicht aus.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§
183,
193 SGG.