Parallelentscheidung zu BSG B 14 AS 45/21 BH v. 02.11.2021
Gründe
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde
nur, wenn einer der drei in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf
danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung
beruht (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen kann nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers keiner mit Erfolg im Beschwerdeverfahren
geltend gemacht werden.
Es ist nicht erkennbar, dass sich zur Auslegung des § 34a SGB II, auf dessen Grundlage der Kläger für die an seine Frau vom 1.1.2005 bis 31.10.2014 rechtswidrig erbrachten Leistungen nach
dem SGB II in Anspruch genommen wird, vor dem Hintergrund der dazu bestehenden Rechtsprechung des BSG (vgl BSG vom 6.8.2014 - B 11 AL 2/13 R - BSGE 116, 267 = SozR 4-4200 § 34a Nr 1; zuletzt BSG vom 12.5.2021 - B 4 AS 66/20 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen) Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung stellen.
Soweit der Kläger vorbringt, Art
3 Abs
1 GG sei verletzt, weil er "anders" behandelt würde als der Beklagte, trägt er selbst in der Sache lediglich vor, das LSG habe
unrichtig entschieden. Dass ein Rechtsanwalt mit Erfolg die Rüge der Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Regelung geltend
machen könnte, ist nach dem Inhalt der Akten nicht erkennbar. Die Rüge verlangte zur ordnungsgemäßen Begründung neben der
genauen Bezeichnung der Norm substanzieller Argumentation unter Erörterung der Ausgestaltung und des Bedeutungsgehalts der
infrage stehenden einfachgesetzlichen Regelung sowie der Auseinandersetzung mit der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung
(vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
160a RdNr 14e mwN). Anhaltspunkte für einen solchen Verfassungsverstoß bestehen nicht.
Auch Verfahrensmängel sind weder nach Aktenlage noch unter Berücksichtigung des umfangreichen Vortrags des Klägers ersichtlich.
Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör ist nicht dadurch verletzt worden, dass sein erneuter PKH-Antrag vom 14.4.2021
(richtig: 12.4.2021, per Fax dem LSG am 15.4.2021 übersandt) nicht vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 4.5.2021 beschieden
worden ist. Der Beschluss datiert vom 19.4.2021; allerdings ist in der Akte kein Nachweis darüber enthalten, dass diese Entscheidung
dem Kläger zugestellt worden ist. Selbst wenn aber eine Entscheidung über den PKH-Antrag gegenüber dem Kläger unterblieben
wäre, folgte eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§
62 SGG; Art
103 GG) daraus allenfalls dann, wenn bei rechtzeitiger Entscheidung vor dem Termin ausgehend von dem damaligen Sach- und Kenntnisstand
eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu bejahen gewesen wäre (vgl BSG vom 25.7.2013 - B 14 AS 101/13 B juris; dazu zuletzt BSG vom 3.4.2020 - B 8 SO 58/19 B - mwN). Dies ist hier nicht der Fall. Es ist nicht erkennbar, dass für das Berufungsverfahren bei unveränderter Sachlage wie zum
Zeitpunkt des ersten PKH-Beschlusses vom 17.3.2020 eine hinreichende Erfolgsaussicht (§
114 ZPO) bestanden haben sollte. Auch hat die - unterstellt - nicht rechtzeitige Bescheidung des erneuten PKH-Antrags den Kläger nicht
an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 4.5.2021 gehindert. Er hat umfangreich vorgetragen und auch
die angeblich unterbliebene Entscheidung über den PKH-Antrag weder gerügt noch einen Vertagungsantrag gestellt.
Auch auf eine Sachaufklärungsrüge wird eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht erfolgreich gestützt werden können. Soll die Nichtzulassungsbeschwerde
auf eine Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§
103 SGG) gestützt werden, muss sie sich auf einen Beweisantrag beziehen, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist
(§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Dies ist nicht der Fall. Das LSG hat vielmehr in den Entscheidungsgründen seines Urteils die vom Kläger gestellten Anträge
beschieden und ist auch im Übrigen auf die vom Kläger schriftlich formulierten Anträge zur Feststellung, dass einzelne Bescheide
des Beklagten Grundrechte verletzten, eingegangen, ungeachtet der Frage, dass es sich rechtlich nicht um Beweisanträge gehandelt
hat.
Anders als der Kläger meint, wird ein Rechtsanwalt auch aus dem Umstand, dass das LSG in seiner Entscheidung auf seine Ausführungen
in dem zwischen den Beteiligten geführten und rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren L 13 AS 77/15 Bezug genommen hat, keine Verfahrensrüge ableiten können (vgl dazu auch den ua den Kläger betreffenden Senatsbeschluss vom 14.1.2021 - B 14 AS 279/19 B). Es ist prozessrechtlich grundsätzlich zulässig, die für die gerichtliche Überzeugung leitend gewesenen Gründe durch eine
in den Entscheidungsgründen ausgesprochene Bezugnahme auf tatsächliche Feststellungen und rechtliche Erwägungen in einer genau
bezeichneten anderen Entscheidung anzugeben (BVerwG vom 3.1.2006 - 10 B 17/05 - juris).
Auf einen Verstoß gegen §
128 SGG (Beweiswürdigung durch das Gericht) kann eine Verfahrensrüge ohnehin nicht erfolgreich gestützt werden (vgl §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG).
Schließlich ist nicht ersichtlich, dass das LSG Rechtssätze aufgestellt hat, die von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweichen und auf dieser Abweichung beruhen, sodass auch eine Zulassung wegen Divergenz iS des
§
160 Abs
2 Nr
2 SGG nicht in Betracht kommt. Aus den Ausführungen des Klägers zu dem gegen ihn geführten Strafverfahren ist für die Frage der
Zulassung der Revision nichts ableitbar.
Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen
(§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 ZPO).
Soweit der Kläger zuletzt mit Schreiben vom 30.8.2021 mit einem "Eilantrag" begehrt, dass allen seinen Anträgen in der Sache
entsprochen wird, weil alle vom LSG am 4.5.2021 gefällten Urteile "wissentlich auf massivem Rechtsbruch" beruhten, war dieses
Begehren nach dem weiteren Inhalt des Schreibens so zu verstehen, dass das Gericht zeitnah über die gestellten PKH-Anträge
entscheiden möge, nicht aber als weiteren verfahrensbegründenden Antrag, über den gesondert zu entscheiden wäre.