Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung
Vergütungsanspruch für die Notfallbehandlung durch einen nicht zugelassenen Reha-Leistungserbringer als erforderliche Leistung
im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.
Die klagende Trägerin eines nach §
108 SGB V zugelassenen Krankenhauses behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) Versicherten, der aus der gesetzlichen Rentenversicherung
eine Vollrente wegen Alters bezog, ab 7.12.2009 stationär wegen der Hauptdiagnose (nach ICD-10-GM 2009) J44.12 (Chronische
obstruktive Lungenkrankheit mit akuter Exazerbation, nicht näher bezeichnet: FEV1 >= 50 % und < 70 % des Sollwertes). Auf
den durch die Klägerin veranlassten Antrag (30.12.2009) bewilligte die Beklagte eine stationäre Anschlussheilbehandlung (AHB),
vorzugsweise in der Lungenfachklinik in P. (im Folgenden: Reha-[Rehabilitations]-Einrichtung) (7.1.2010), fragte bei der Reha-Einrichtung
an, wann der Versicherte aufgenommen werden könne und informierte die Klägerin (Telefax vom 19.1.2010 mit Datum vom 18.1.2010),
dass sie ab 27.1.2010 die Kosten der AHB in der Reha-Einrichtung übernehmen werde. Die Klägerin entließ den Versicherten am
27.1.2010 aus der stationären Behandlung zur nahtlosen Aufnahme in der Reha-Einrichtung. Sie berechnete für den stationären
Aufenthalt die Fallpauschale (Diagnosis Related Group - DRG) E36Z (Intensivmedizinische Komplexbehandlung > 552 Aufwandspunkte
bei Krankheiten und Störungen der Atmungsorgane), weitere Vergütungsbestandteile (verschiedene Zu- und Abschläge) sowie ein
tagesbezogenes Entgelt von insgesamt 9998,60 Euro für zehn Tage Überschreitung der oberen Grenzverweildauer (OGVD) und erhielt
dafür von der Beklagten 36 244,01 Euro. Die Beklagte forderte später vergeblich 10 483,32 Euro zurück (OGVD-Betrag einschließlich
anteiliger Zu- und Abschläge). Krankenhausbehandlung sei jedenfalls ab dem 42. Tag der stationären Behandlung nicht mehr erforderlich
gewesen. Die Beklagte rechnete 10 483,32 Euro gegenüber unstreitigen Vergütungsforderungen der Klägerin für die Behandlung
anderer Versicherter auf. Das SG hat die Beklagte zur Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen verurteilt (Urteil vom 16.2.2017). Das LSG hat die Berufung der
Beklagten zurückgewiesen. Die Aufrechnung sei ins Leere gegangen. Die Beklagte habe keinen Erstattungsanspruch. Der von der
Klägerin geltend gemachte Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten stehe ihr zu. Der Versicherte habe bei Erreichen
der OGVD weder nach Hause entlassen noch einer Kurzzeitpflegeeinrichtung noch einer nicht auf Lungenkrankheiten spezialisierten
Reha-Einrichtung anvertraut werden können. In diesem Sinne sei die stationäre Behandlung weiterhin aus medizinischen Gründen
erforderlich gewesen, auch wenn der Versicherte schon vor Erreichen der OGVD in die Reha-Einrichtung hätte verlegt werden
können, sofern ein Behandlungsplatz zur Verfügung gestanden hätte. Das Verhalten der Beklagten sei im Übrigen treuwidrig (Urteil
vom 28.6.2018).
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von §§
39,
109 Abs
4 Satz 3
SGB V.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Juni 2018 und des Sozialgerichts Augsburg vom 16. Februar 2017 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
II
Die zulässige Revision der beklagten KK ist unbegründet (§
170 Abs
2 Satz 1
SGG). Das LSG hat zu Recht die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, das sie zur Zahlung von 10 483,32 Euro nebst Zinsen hierauf von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 18.12.2010 verurteilt hat.
Der klagenden Krankenhausträgerin steht der im Gleichordnungsverhältnis zulässigerweise mit der (echten) Leistungsklage (stRspr,
vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12) verfolgte Vergütungsanspruch aus der Behandlung anderer Versicherter zu (dazu 1.). Dieser
Vergütungsanspruch erlosch nicht infolge der Aufrechnungserklärung der beklagten KK. Die Voraussetzungen des §
387 BGB sind nicht erfüllt. Schulden danach zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann
jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern
und die ihm obliegende Leistung bewirken kann. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch wegen überzahlter Vergütung
für die Behandlung des Versicherten, mit dem die Beklagte aufrechnete, besteht nicht. Der streitige Vergütungsanspruch in
Höhe des OGVD-Betrags einschließlich anteiliger Zu- und Abschläge von 10 483,32 Euro beruht auf dem Anspruch auf Vergütung
als stationäre Reha-Notfallbehandlung in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des §
76 Abs
1 Satz 2
SGB V. Endet die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit eines Versicherten, weil dieser nicht mehr einer Versorgung mit den Mitteln
des Krankenhauses bedarf, benötigt er aber medizinisch zwingend eine spezielle stationäre medizinische Reha, weil eine auch
nur vorübergehende nichtstationäre Versorgung unzureichend ist, muss der zuständige, zeitgerecht hierüber informierte Reha-Träger
für eine unmittelbar anschließende stationäre medizinische Reha sorgen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, sodass dem Versicherten
bei einer Entlassung aus stationärer Krankenhausbehandlung eine Gesundheitsschädigung droht, ist das Krankenhaus als nicht
zugelassene Reha-Einrichtung entsprechend dem Rechtsgedanken des §
76 Abs
1 Satz 2
SGB V berechtigt, den Versicherten für die Dauer dieses Notfalls als stationären medizinischen Reha-Notfall (dazu 2.) zu den Sätzen
für Krankenhausbehandlung (dazu 3.) zu versorgen. Die Klägerin erfüllte diese Voraussetzungen der Vergütung stationärer Reha-Notfallbehandlung
(dazu 4.). Die Klägerin hat auch Anspruch auf Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2010
auf den von der Beklagten in Höhe von 10 483,32 Euro nicht erfüllten Vergütungsanspruch für Reha-Notfallleistungen (dazu 5.).
1. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlung anderer Versicherter
der Beklagten Anspruch auf die abgerechnete Vergütung von 10 483,32 Euro hatte; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats
erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 17; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 4 RdNr 8).
2. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist der Rechtsgedanke des §
76 Abs
1 Satz 2
SGB V (dazu a) in entsprechender Anwendung auf Reha-Notfallbehandlungen (dazu b). Der Anspruch richtet sich gegen den außenzuständigen
Reha-Träger (dazu c).
a) Nach §
76 Abs
1 Satz 2
SGB V dürfen Versicherte andere Ärzte als die in §
76 Abs
1 Satz 1
SGB V genannten Vertragsärzte und weiteren Leistungserbringer im ambulanten Versorgungsbereich einschließlich der ambulanten Operationen
nur in Notfällen in Anspruch nehmen. Die Gesetzesregelung enthält einen allgemeinen Rechtsgedanken für die Sicherstellung
notwendiger ärztlicher Versorgung: Versicherte dürfen im Naturalleistungssystem des
SGB V grundsätzlich nur zugelassene Leistungserbringer in Anspruch nehmen (vgl zB §
2 Abs 2 Satz 1 und
3; für stationäre medizinische Reha §
40 Abs
2 und §
111 Abs
1 SGB V; im Übrigen vgl etwa §
76 Abs
1 Satz 1; §
39 Abs 1 Satz 2 iVm §
108; §
124 Abs
1; §
126 Abs
1 Satz 1
SGB V). In Notfällen greift diese Beschränkung aber bei ärztlichen Leistungen nicht ein. Denn die Versorgung der Versicherten soll
im medizinischen Notfall zusätzlich auch durch nicht zugelassene, aber akut behandlungsbereite ärztliche Leistungserbringer
abgesichert werden.
Dementsprechend findet diese Regelung auch auf den stationären Versorgungsbereich entsprechend Anwendung (vgl BSGE 89, 39, 41 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 25 S 118; BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 47; BSG Urteil vom 8.9.2015 - B 1 KR 14/14 R - juris RdNr 14 = USK 2015-59; BSGE 119, 141 = SozR 4-2500 §
108 Nr 4, RdNr 13; Klückmann in Hauck/Noftz,
SGB V, Stand August 2019, §
76 RdNr 13a; Legde in LPK-
SGB V, 5. Aufl 2016, §
76 RdNr 13; Orlowski in Orlowski/Remmert,
SGB V, Stand Oktober 2019, §
76 RdNr 36; Rademacker in KassKomm, Stand August 2019, §
76 SGB V RdNr 8; iE ebenso Lang in Becker/Kingreen,
SGB V, 6. Aufl 2018, §
76 RdNr 19). Wird ein in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versicherter Patient als stationärer Notfall in ein nicht
zugelassenes Krankenhaus aufgenommen, so wird dieses für die Dauer der Notfallbehandlung in das öffentlich-rechtliche Naturalleistungssystem
der GKV einbezogen und erbringt seine Leistungen nach denselben Grundsätzen, die für zugelassene Krankenhäuser gelten. Der
Vergütungsanspruch richtet sich nicht gegen den Versicherten, sondern allein gegen die KK (vgl BSGE 89, 39, 41 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 25 S 118).
b) Diese Rechtsgrundsätze gelten entsprechend grundsätzlich auch in Notfällen, in denen Versicherte Anspruch nicht auf kurative
Krankenhausbehandlung, sondern auf stationäre medizinische Reha haben. Insoweit besteht im Recht der medizinischen Reha eine
planwidrige Regelungslücke (dazu aa), die nach dem in §
76 Abs
1 Satz 2
SGB V enthaltenen Rechtsgedanken und dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert (dazu bb; zu den Analogievoraussetzungen
vgl zB BSG SozR 4-1200 § 44 Nr 8 RdNr 15 mwN; BSGE 123, 10 = SozR 4-1300 § 107 Nr 7, RdNr 18 mwN; BSGE 126, 174 = SozR 4-3500 § 98 Nr 5, RdNr 20; BSGE 126, 277 = SozR 4-7610 § 812 Nr 8, RdNr 25; BSG Urteil vom 30.7.2019 - B 1 KR 15/18 R - juris RdNr 19, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen).
aa) Der Gesetzgeber hat die seltene Problematik der Notfälle bei Leistungen der stationären medizinischen Reha übersehen und
unbewusst nicht geregelt. Versicherte dürfen nach den gesetzlichen Regelungen auch für Leistungen der stationären medizinischen
Reha grundsätzlich nur zugelassene Leistungserbringer in Anspruch nehmen (vgl zB für die hier betroffene Reha-Trägerin §
40 Abs
2 und §
111 Abs
1 SGB V). Die Träger der medizinischen Reha (vgl §
6 Abs
1 Nr
1,
3 und
4 bis 7
SGB IX) erbringen ihre Leistungen jeweils regelmäßig durch zugelassene Leistungserbringer als Naturalleistung. Die Vorschriften
des
SGB IX gelten für die Leistungen zur Teilhabe, soweit sich aus den für den jeweiligen Reha-Träger geltenden Leistungsgesetzen nichts
Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach den für den
jeweiligen Reha-Träger geltenden Leistungsgesetzen (vgl §
7 SGB IX idF durch Art 1 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - [SGB IX] Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046 [aF],
inzwischen fortgeführt als Abs 1 Satz 2 durch Art 1 Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit
Behinderungen [Bundesteilhabegesetz - BTHG] vom 23.12.2016, BGBl I 3234). Außerhalb von §
76 Abs
1 Satz 2
SGB V enthalten die für den jeweiligen Reha-Träger geltenden Leistungsgesetze keine entsprechende Regelung. Der Gesetzgeber hat
damit nicht etwa bewusst ausschließen wollen, dass nicht zugelassene Leistungserbringer Versicherten im Notfall stationäre
medizinische Reha leisten. Im vom Gesetz zugrunde gelegten Regelfall sorgt der Reha-Träger bei erforderlicher medizinischer
stationärer Reha unmittelbar im Anschluss an eine stationäre Krankenhausbehandlung dafür, dass diese zeitgerecht stattfindet.
Er entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen ua über den Leistungserbringer (vgl auch BSGE 113, 231 = SozR 4-2500 § 40 Nr 7, RdNr 10 ff). Einer ausdrücklichen Regelung für den Notfall bedarf es insoweit nicht.
Dem
SGB IX ist die Wichtigkeit der zeitnahen Bewirkung der Leistungen aber bewusst (vgl zB §
22 Abs
1 Satz 2 Nr
7 SGB IX idF durch Art 8 Nr
5 Buchst a Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022 mWv 1.7.2004; s
ferner §
28 Abs
2 SGB IX idF durch Art 1 BTHG vom 23.12.2016, BGBl I 3234).
bb) Die entsprechende Anwendung der Notfallregelung des §
76 Abs
1 Satz 2
SGB V fügt sich funktionsadäquat in das Regelungssystem der stationären medizinischen Reha ein. Auch bei stationärer medizinischer
Reha geht es im Einzelfall um unverzichtbare ärztliche Leistungen, die im Notfall auch nicht zugelassene Leistungserbringer
sicherstellen. Die entsprechende Anwendung der Notfallregelung ist aber kein Mittel für den Versicherten oder das weiterbehandelnde
Krankenhaus, um eine für rechtswidrig erachtete Entscheidung des Reha-Trägers über den Reha-Bedarf zu unterlaufen: Hiergegen
steht dem Versicherten Rechtsschutz einschließlich der Erstattungsregelungen offen (vgl §
15 SGB IX aF und §
18 SGB IX idF durch Art 1 BTHG vom 23.12.2016, BGBl I 3234).
Stationäre Krankenhaus- und stationäre medizinische Reha-Behandlung überschneiden sich in Einzelkomponenten in der Sache.
Das zeigt beispielhaft der Vergleich von Krankenhäusern und Einrichtungen der stationären medizinischen Reha im Sinne des
SGB V (vgl §
107 Abs
1 und Abs
2 SGB V). So sind Krankenhäuser im Sinne des
SGB V Einrichtungen, die 1. der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen, 2. fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher
Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen
und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten, 3. mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions-
und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten
der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe
zu leisten, und in denen 4. die Patienten untergebracht und verpflegt werden können (vgl §
107 Abs
1 SGB V). Reha-Einrichtungen im Sinne des
SGB V sind Einrichtungen, die 1. der stationären Behandlung der Patienten dienen, um a) eine Schwächung der Gesundheit, die in
absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen oder einer Gefährdung der gesundheitlichen
Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken (Vorsorge) oder b) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder
Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluss an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern
oder zu festigen, auch mit dem Ziel, eine drohende Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern,
auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (Rehabilitation), wobei Leistungen der aktivierenden
Pflege nicht von den KKn übernommen werden dürfen, 2. fachlichmedizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter
Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet sind, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen
Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie
oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen,
zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen, und in denen 3. die Patienten
untergebracht und verpflegt werden können (vgl §
107 Abs
2 SGB V).
Das
SGB IX geht ausdrücklich davon aus, dass die Ziele der Leistungen zur medizinischen Reha auch bei Leistungen der Krankenbehandlung
gelten (vgl §
27 SGB IX aF mit Verweis auf §
26 Abs
1 SGB IX aF, entsprechend §
43 und §
42 SGB IX idF durch Art 1 BTHG vom 23.12.2016, BGBl I 3234). Danach werden zur medizinischen Reha behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen
die erforderlichen Leistungen erbracht, um 1. Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen,
zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten oder 2. Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit
zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen
zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern.
Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach
Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere
ärztliche Behandlung (§
28 Abs
1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung
umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation
(vgl §
39 Abs
1 Satz 3
SGB V). Die stationäre medizinische Reha-Behandlung in Reha-Einrichtungen ist dadurch gekennzeichnet, dass sie einerseits der aufwändigeren
besonderen Mittel des Krankenhauses nicht umfassend bedarf, andererseits dafür aber verstärkt der Reha-Mittel. Die Notwendigkeit
von Krankenhausbehandlung ist davon abhängig, dass die Behandlung primär dazu dient, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen,
ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (vgl §
27 Abs
1 SGB V), und dass gerade bezogen auf zumindest eines dieser Behandlungsziele die besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich
sind. Als solche Mittel hat die Rspr die apparative Mindestausstattung des Krankenhauses, besonders geschultes Pflegepersonal
und einen jederzeit präsenten bzw rufbereiten Arzt herausgestellt. Der Anspruch auf Krankenhauspflege setzt weder den Einsatz
all dieser Mittel voraus, noch genügt die Erforderlichkeit lediglich eines der Mittel (vgl BSG Beschluss vom 4.4.2006 - B 1 KR 32/04 R - juris RdNr 18; vgl auch BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4, RdNr 12 mwN; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 18).
In der Notfallsituation nimmt es die Rechtsordnung indes hin, dass nicht alle Mittel der Regelversorgung verfügbar sind, weil
eine in diesem Sinne eingeschränkte ärztliche Notfallversorgung besser ist als keine Versorgung. Ebenso, wie die kurative
stationäre Versorgung durch das Krankenhaus im Notfall außerhalb seines Versorgungsauftrags mit den dann nur eingeschränkten
Mitteln des hierauf nicht ausgelegten Krankenhauses erfolgt, gilt dies für die Versorgung eines Versicherten mit stationärer
medizinischer Reha durch ein Krankenhaus im Notfall.
Ein Notfall bei der Versorgung mit stationären medizinischen Reha-Leistungen setzt entsprechend den aufgezeigten Grundsätzen
voraus, dass der Versicherte nicht (mehr) stationärer Krankenhausbehandlung bedarf, wohl aber - ggf nach der Entscheidung
des Reha-Trägers - ohne Behandlungsunterbrechung spezifischer stationärer medizinischer Reha-Leistungen mit laufender ärztlicher
Betreuung, und dass der Reha-Träger dennoch einen Platz für stationäre medizinische Reha nicht zur Verfügung stellt. Reha-Träger
in diesem Sinne ist nach dem Regelungssystem des
SGB IX jener, der im Außenverhältnis zum Versicherten für die Reha zuständig ist (vgl §
14 SGB IX idF durch Art 1 Nr 2 Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vom 23.4.2004, BGBl I 606 - §
14 SGB IX aF -, nunmehr §§
14 f
SGB IX idF durch Art 1 BTHG vom 23.12.2016, BGBl I 3234).
c) Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses für die stationäre medizinische Notfall-Reha richtet sich entsprechend den Grundsätzen
der stationären Notfallbehandlung im Krankenhaus nicht gegen den Versicherten, sondern allein gegen den Reha-Träger (entsprechend
BSGE 89, 39, 41 f = SozR 3-2500 §
13 Nr 25 S 118), der im Außenverhältnis zum Versicherten nach §
14 SGB IX aF und seit 1.1.2018 nach §§
14 f
SGB IX der zuständige Reha-Träger ist.
Leitet der erstangegangene Reha-Träger - wie hier - den Reha-Antrag nicht weiter (vgl zur fortbestehenden Leistungszuständigkeit
des erstangegangenen Reha-Trägers BSGE 126, 269 = SozR 4-3250 § 14 Nr 29; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4), stellt er den Reha-Bedarf unverzüglich fest (§
14 Abs
2 Satz 1
SGB IX aF). Die Zuständigkeit des erstangegangenen Reha-Trägers (§
14 Abs
2 Satz 1
SGB IX aF) erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Reha-Träger auf alle Rechtsgrundlagen,
die überhaupt in dieser Bedarfssituation reha-rechtlich vorgesehen sind (vgl BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23; BSGE 126, 269 = SozR 4-3250 §
14 Nr
29, RdNr
12; s aber auch §
15 Abs
3 SGB IX idF des BTHG vom 23.12.2016, BGBl I 3234). Nach diesem Außenverhältnis zwischen dem Reha-Träger als Leistungsträger und dem
Versicherten richtet sich auch das Verhältnis zwischen dem Reha-Träger als Kostenträger und dem Krankenhaus als Reha-Notfall-Leistungserbringer.
Geht zB eine KK als Reha-Träger davon aus, dass ein anderer Reha-Träger für die Anschlussversorgung zuständig ist, nachdem
das Krankenhaus sie über die medizinisch notwendige nahtlose stationäre Reha-Anschluss-Versorgung in Kenntnis gesetzt und
dabei für den Versicherten einen Reha-Antrag gestellt hat, muss sie den Antrag fristgerecht an den anderen Reha-Träger weiterleiten
und den Leistungserbringer unverzüglich darüber informieren, dass sie mangels außenwirksamer Reha-Zuständigkeit nicht als
Kostenträger für die Notfallbehandlung aufzukommen hat, sondern der zweitangegangene Träger.
3. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses beläuft sich der Höhe nach auf die Vergütung von Krankenhausleistungen, wie wenn
das Krankenhaus im kurativen Notfall behandelt. Es kann dem Krankenhaus nicht zugemutet werden, anstelle seiner durch den
Versorgungsauftrag bestimmten Leistungsstruktur im Notfall spezifische stationäre medizinische Reha-Leistungen anzubieten.
§
76 Abs
1 Satz 2
SGB V trifft keine eigene Regelung über die Höhe der Vergütung bei Notfallbehandlungen. Dessen bedarf es auch nicht, weil die notfallbehandelnden
Ärzte und Krankenhäuser unabhängig von ihrem Zulassungsstatus in das Naturalleistungssystem grundsätzlich nach den für dieses
geltenden Vergütungsregelungen einbezogen werden (zum ambulanten Versorgungsbereich und den dortigen Modifikationen, insbesondere
zur pauschalen Honorarminderung in Höhe von 10 vH für Notfallleistungen öffentlich geförderter Krankenhäuser, vgl zur
RVO: BSGE 75, 184 = SozR 3-2500 §
120 Nr 4, mwN; zum
SGB V: BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 27 ff mwN; BSG Beschluss vom 17.7.2013 - B 6 KA 8/13 B - juris RdNr 10 mwN = KHE 2013/70; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 19 RdNr 15 ff mwN). Soweit ein zur Versorgung überhaupt nicht zugelassenes Krankenhaus oder ein seinen Versorgungsauftrag
überschreitendes, zugelassenes Krankenhaus Leistungen der erforderlichen stationären Notfall-Krankenhausbehandlung erbringt,
findet das auch ansonsten für die Vergütung der Leistungen zugelassener Krankenhäuser geltende Preisrecht Anwendung. Es ergibt
sich aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), der
Bundespflegesatzverordnung (
BPflVO) sowie den untergesetzlichen Normen einschließlich der Normverträge, insbesondere auch aus der jeweiligen Fallpauschalenvereinbarung.
Ein Krankenhaus, das unter Beachtung seiner Pflichten aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot und dem Entlassmanagement rechtmäßig
- partiell - eine stationäre Reha-Leistung anstelle einer Reha-Einrichtung als Notfallbehandlung erbringt, muss sich nicht
auf die zwischen KKn und Reha-Einrichtungen bestehenden Verträge (§§
111,
111b,
111c SGB V) verweisen lassen. Das Preisrecht der Krankenhausvergütung für öffentlich-rechtlich geförderte Krankenhäuser, das für die
zugelassenen Krankenhäuser auch dann maßgeblich ist, wenn sie ausnahmsweise keine Plankrankenhäuser oder Hochschulkliniken
(§
108 Nr 1 und 2
SGB V) sind, sondern kraft Versorgungsvertrags (§
108 Nr
3 SGB V) zugelassen sind (§
109 Abs
4 Satz 3
SGB V), bildet in pauschalierter Form den Aufwand ab, der den Krankenhäusern durch die Behandlung von Patienten unter Berücksichtigung
ihrer besonderen sächlichen und personellen Ausstattung (Vorhaltekosten) abzüglich der Investitionsförderung entsteht und
weist Ihnen dafür definierte Erlöse zu. Die Krankenhäuser sind nicht gehalten, für von ihnen nicht zu vertretende Reha-Notfallbehandlungen,
eigenständige kostengünstigere Versorgungsstrukturen zu organisieren, die sich an denen der Reha-Einrichtungen orientieren.
Dies ist auch deshalb hinnehmbar, weil es Aufgabe der Reha-Träger ist, durch eine von ihnen zu verantwortende stationäre Reha-Versorgungsstruktur
unwirtschaftliche, aber aus Notfallgründen gleichwohl notwendige Behandlungen durch Krankenhäuser zu vermeiden.
4. Die aufgezeigten Voraussetzungen des streitigen Vergütungsanspruchs sind dem Grunde (dazu a) und der Höhe nach erfüllt.
Der Klägerin steht die Vergütung für die Behandlung des Versicherten vom 17. bis 26.1.2010 in Höhe von 10 483,32 Euro zu (dazu
b).
a) Beim Versicherten lag ein Notfall im vorgenannten Sinne vor. Der Versicherte bedurfte jedenfalls ab dem 17.1.2010 nicht
mehr stationärer Krankenhausbehandlung, wohl aber ohne Behandlungsunterbrechung spezifischer stationärer medizinischer Reha-Leistungen
mit laufender ärztlicher Betreuung in einer pulmologisch ausgerichteten Reha-Einrichtung. Die Beklagte zog nicht in Zweifel,
dass der Versicherte spezifischer stationärer medizinischer Reha-Leistungen mit laufender ärztlicher Betreuung ab spätestens
17.1.2010 bedurfte, ohne dass eine Versorgung etwa in einer Pflegeeinrichtung mit vertragsärztlicher Betreuung auch nur vorübergehend
ausreichend war. Dies entsprach auch der Sachlage entsprechend den bindenden Feststellungen des LSG (§
163 SGG). Die Beklagte war nach den aufgezeigten Grundsätzen als erstangegangener Reha-Träger nach §
14 SGB IX aF im Außenverhältnis zum Versicherten leistungsverpflichtet und im Verhältnis zur Klägerin zuständiger Kostenträger für
die erbrachten Leistungen. Die Beklagte stellte dem Versicherten auch nicht zeitgerecht einen Reha-Platz zur Verfügung, sondern
erst ab 27.1.2010. Die Klägerin ergriff in Einklang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot alle ihr zumutbaren Maßnahmen, um der
Beklagten eine rechtzeitige Verlegung des Versicherten in die Reha-Einrichtung zu ermöglichen. Die Klägerin informierte die
Beklagte frühzeitig, in ausreichendem zeitlichen Abstand vor Ende der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit über die Notwendigkeit
der AHB. Die Beklagte bewilligte den Antrag des Versicherten umgehend, war jedoch nicht in der Lage, ihm vor dem 27.1.2010
einen freien AHB-Platz zur Verfügung zu stellen.
b) Der erkennende Senat kann im Revisionsverfahren von einer Vergütungsforderung iHv 10 483,32 Euro ausgehen. Der vom LSG
zugrunde gelegte übereinstimmende Beteiligtenvortrag genügt insoweit als ausreichende Tatsachengrundlage, zumal beide Beteiligten
eine besondere professionelle Kompetenz aufweisen (vgl zu den Grundsätzen zB BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 17). Insbesondere bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken dagegen, dass die Klägerin den tagesbezogenen
OGVD-Betrag ausgehend von der von der Beklagten vergüteten Fallpauschale für die Zeit vom 17. bis 26.1.2010 berechnete.
5. Der Zinsanspruch der Klägerin gründet sich auf die "Vereinbarung für den Vereinbarungs-/Pflegesatzzeitraum 2009 nach §
11 Abs. 1 KHEntgG und § 17 Abs. 1 BPlfV" (Vereinbarung 2009) zwischen der Klägerin und ua der Beklagten (vgl auch BSGE 102,
172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 10 mwN). Die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Prozesszinsen (vier Prozentpunkte
über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 12 Nr 1 Vereinbarung 2009) sind entsprechend der Rspr des erkennenden Senats (vgl BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 14; vgl auch BSGE 96, 133 = SozR 4-7610 § 291 Nr 3) aufgrund der unangegriffenen, bindenden (§
163 SGG) Feststellungen des LSG erfüllt. Vorrangige vertragliche Regelungen iS von §
112 Abs
2 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung, insbesondere der Kostenübernahme und der Abrechnung der Entgelte,
gab es in Bayern im betroffenen Zeitraum nach den bindenden Feststellungen (§
163 SGG) des LSG nicht.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.