Gründe
I
Das LSG Niedersachsen-Bremen hat mit Urteil vom 13.1.2021 den Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung für ein von ihr angeschafftes
Dreirad-Pedelec verneint. Ein Kostenerstattungsanspruch bestehe weder nach §
13 Abs
3 Satz 1 Alt 1 und 2
SGB V oder aufgrund einer Genehmigungsfiktion gemäß §
13 Abs
3a SGB V noch nach §
18 Abs
6 SGB IX. Diese Kostenerstattungsregelungen setzten voraus, dass der sog Beschaffungsweg, die Möglichkeit der Überprüfung des Leistungsanspruchs
vor der Beschaffung durch die Krankenkasse, eingehalten werde, was die Klägerin hier nicht befolgt habe.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt und beruft sich auf das Vorliegen aller Zulassungsgründe nach §
160 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin keinen der in §
160 Abs
2 SGG aufgeführten Zulassungsgründe den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargetan hat. Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde
erfolgt gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung
beruht (aaO Nr 2) oder
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Solche Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse von §
160a Abs
2 Satz 3
SGG aufgezeigt. Eine allgemeine Überprüfung der Richtigkeit der Entscheidung des LSG erfolgt im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde
nicht (stRspr; vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung
des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Klägerin meint, der Rechtssache komme aus
folgenden Gründen grundsätzliche Bedeutung zu:
"Das LSG verkennt in entscheidungserheblicher Weise die aus dem Grundgedanken des §
1 SGB I erwachsende Verpflichtung der sozialhilferechtlichen Entscheidungsträger, dem Anspruchsteller bei der Formulierung seines
Antrages die gebotene Hilfe zu leisten."
"Wie genau aber gerichtlich auf die Missachtung der durch §
1 SGB I für das gesamte Sozialrecht formulierte und durch die weiteren Bücher immer wieder den zuständigen Stellen gestellten Aufgabe
zu reagieren ist, regelt das Gesetz nicht, ist auch höchstrichterlich bisher nicht entschieden."
Mit diesem Vortrag hat die Klägerin weder eine klärungsbedürftige noch eine klärungsfähige grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage
dargelegt. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich
sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).
Soweit den zitierten Ausführungen überhaupt eine Fragestellung zu entnehmen ist, wird nicht deutlich, aus welchem Grund diese
im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich werden könnte. Das liegt zum einen daran, dass die Klägerin in ihrer
Beschwerdebegründung schon nicht den vom LSG festgestellten, entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzeigt. Im Übrigen aber
erfordert eine Rechtsfrage regelmäßig, dass sie mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden kann; das schließt nicht aus, dass
eine Frage gestellt wird, die je nach den formulierten Voraussetzungen mehrere Antworten zulässt. Unzulässig ist jedoch eine
Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalles abhängt und lediglich auf diesen bezogen ist. Ebenso
wenig geht es darum, im angestrebten Revisionsverfahren aufgeworfene Fragen gutachterlich zu beantworten (vgl nur BSG Beschlüsse vom 14.10.2019 - B 1 KR 85/18 B - juris RdNr 6; vom 19.6.2018 - B 1 KR 87/17 B - juris RdNr 6).
2. Die Klägerin hat auch keine Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG aufgezeigt. Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden
sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung
von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG
nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Abweichung (stRspr; vgl nur BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17 ).
Die Klägerin führt aus, wenn das Berufungsgericht nur am Rande erwähne, dass auch die sozialmedizinischen Voraussetzungen
für eine Leistungserbringung nicht erfüllt seien, widerspreche es der Rechtsprechung des BSG, wonach die Versorgung mit einem Dreirad dann notwendig sei, wenn es zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung diene
(Hinweis auf BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 32). Diese medizinische Indikation sei der Klägerin gestellt worden. Nach diesen Darlegungen ist bereits nicht nachvollziehbar,
welchen abstrakten divergierenden Rechtssatz das Berufungsgericht in seinem Urteil aufgestellt haben soll. Mit ihrem Vortrag
trägt die Klägerin lediglich vor, dass sie die angefochtene Entscheidung für unzutreffend hält. Nichts anderes gilt auch für
den Vortrag, dass "die Instanzgerichte" vom Urteil des BSG vom 26.5.2020 - B 1 KR 9/18 R - (BSGE 130, 200 = SozR 4-2500 § 13 Nr 53) abgewichen seien. Diesen Ausführungen ist kein gesetzlicher Zulassungsgrund für die Revision zu entnehmen.
3. Schließlich hat die Klägerin auch keinen Verfahrensfehler hinreichend aufgezeigt. Hierzu beruft sie sich auf einen Beweisantrag
auf Einholung eines Sachverständigengutachtens, dem die Instanzgerichte aufgrund ihrer Ablehnung bereits mangels eingehaltenen
Beschaffungswegs nicht gefolgt seien. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann ein geltend gemachter Verfahrensmangel auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein in der Berufungsinstanz rechtsanwaltlich vertretener Beteiligter nur dann mit
der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch
entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr; vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Nur dann hat ein Beweisantrag seine Warnfunktion dahingehend erfüllt, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des
Gerichts (§
103 SGG) als noch nicht erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; Nr 31 S 52). Wird ein Rechtsstreit - wie hier - ohne mündliche Verhandlung entschieden, tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen
Verhandlung der Zeitpunkt der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §
124 Abs
2 SGG (BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 3 S 4 f). Ausführungen dazu fehlen aber in der Beschwerdebegründung.
4. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG.