Berichtigung von vertragsärztlichen Honorarabrechnungen
Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Der Kläger, der Facharzt für Nuklearmedizin ist und zuletzt als Chefarzt des Instituts für Nuklearmedizin im Krankenhaus der
Beigeladenen tätig war, war vom 1.1.1993 bis zum 13.7.2010 - jeweils befristet - zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
für Leistungen im Rahmen seines Fachgebiets ermächtigt. Die Ermächtigungen umfassten zunächst im einzelnen bestimmte Gebührenordnungspositionen
(GOP) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen auf Überweisung von Vertragsärzten sowie von am Klinikum
S tätigen ermächtigten Ärzten oder ärztlich geleiteten Einrichtungen des Klinikums, seit dem 1.7.1993 auch GOP für radioimmunologische Bestimmungen im Rahmen der Schilddrüsendiagnostik auf Überweisung von ermächtigten Ärzten im Krankenhaus
der Beigeladenen. Seit dem 1.1.1998 war der Kläger ermächtigt, alle Leistungen seines Fachgebiets zu erbringen, jedoch nur
noch "auf Überweisung von niedergelassenen Nuklearmedizinern, niedergelassenen Fachärzten für Laborationsmedizin und Fachwissenschaftler
der Medizin". Seit dem 1.1.1999 waren die Ermächtigungen noch weitergehend beschränkt auf Leistungen auf Überweisung von niedergelassenen
Nuklearmedizinern.
Tatsächlich erbrachte der Kläger den überwiegenden Teil der Leistungen weiterhin auf Überweisung von ermächtigten Ärzten im
Krankenhaus der Beigeladenen. Die betreffenden Überweisungen wurden am Quartalsende dem zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassenen und im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) tätigen Nuklearmediziner E vorgelegt, von diesem gestempelt
und unterschrieben. Von dieser Vorgehensweise erfuhr die beklagte Kassenärztliche Vereinigung im September 2009. Die Beklagte
holte zunächst Stellungnahmen der Beteiligten zum Sachverhalt (ua Stellungnahme des Klägers vom 23.12.2009) sowie eine Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 26.2.2010 zur Erforderlichkeit, radiologische Verfahren
zur Bestimmung bestimmter Parameter einzusetzen, ein und stellte dann bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Strafantrag wegen
des Verdachts des Abrechnungsbetruges (Schreiben vom 27.5.2010).
Beinahe vier Jahre später berichtigte die Beklagte die Honorarabrechnungen der Quartale 2/2002 bis 4/2009 und forderte von
dem Kläger Honorare für die Leistungen zurück, die dieser auf Überweisung der Praxis K E erbracht hatte, ohne dass auch die
Praxis Leistungen für den betroffenen Versicherten abgerechnet hatte (insgesamt 342.147,77 Euro; Bescheid vom 7.5.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.12.2014).
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 14.12.2016). Auf die Berufung des Klägers hat das LSG den Honorarberichtigungsbescheid aufgehoben (Urteil vom 18.11.2020). Zwar hätten die Voraussetzungen für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung der Honorarbescheide vorgelegen. Jedoch sei
bei Erlass des Richtigstellungsbescheides die hier entsprechend anzuwendende einjährige Handlungsfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X bereits seit Jahren abgelaufen gewesen. Die Aufhebung eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes mit Wirkung für
die Vergangenheit habe innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen zu erfolgen, welche die Rücknahme rechtfertigten.
Hier sei zum Zeitpunkt des Beschlusses des Vorstandes der Beklagten vom 27.1.2010 von einer ausreichenden Kenntnis auszugehen.
Die Beklagte habe nach der ersten Vorstandssitzung am 18.11.2009 wegen mutmaßlicher kollusiver betrügerischer Abrechnungen
durch den Kläger und die BAG K/E zunächst Stellungnahmen aller Beteiligten zu der praktizierten Vorgehensweise und deren Gründe
eingeholt und dann nach Eingang der Stellungnahme des Klägers in der Vorstandssitzung vom 27.1.2010 beschlossen, gegen den
Kläger Strafanzeige wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges zu erstatten, ein Disziplinarverfahren einzuleiten und darüber
hinaus die Verwaltung zu beauftragen, die sachlichrechnerische Richtigstellung im Hinblick auf die in Rede stehende, mutmaßlich
vorsätzliche Falschabrechnung vorzunehmen. Somit habe die Beklagte bereits im Dezember 2009 die Anhörung des Klägers zu den
eine mögliche Rücknahme (Richtigstellung) begründenden Umständen durchgeführt. Zudem habe sie nach erfolgter Reaktion des
Klägers - zum Zeitpunkt der Sitzung des Vorstandes vom 27.1.2010 - auch aus ihrer subjektiven Sicht Kenntnis von allen Umständen
gehabt, die die Rücknahme der Honorarbescheide rechtfertigten.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht die Beklagte Rechtsprechungsabweichungen,
Verfahrensfehler sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgründe gemäß §
160 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG) geltend.
II
Die Beschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg.
1. Soweit die Beklagte den Zulassungsgrund einer Rechtsprechungsabweichung geltend macht, hat sie diesen nicht in der erforderlichen
Form dargelegt.
Zur Darlegung einer Rechtsprechungsabweichung gemäß §
160a Abs
2 Satz 3
SGG müssen abstrakte Rechtssätze des Urteils des LSG und eines Urteils des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG bezeichnet und einander gegenübergestellt werden.
Ferner ist darzulegen, dass sie nicht miteinander vereinbar sind und dass das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht
(vgl zB BSG Beschluss vom 27.6.2012 - B 6 KA 78/11 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 26.5.2021 - B 6 KA 26/20 B - juris RdNr 7 jeweils mwN). Eine Divergenz im Sinne der genannten Vorschrift liegt nicht schon vor, wenn das LSG einen Rechtssatz aus einer höchstrichterlichen
Entscheidung nicht beachtet oder unrichtig angewandt hat, sondern erst dann, wenn es diesem Rechtssatz widersprochen, also
einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung
im Einzelfall, sondern nur die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung einer Revision wegen Divergenz
(stRspr; vgl BSG Beschluss vom 29.11.2017 - B 6 KA 43/17 B - juris RdNr 13 mwN).
a) Die Beklagte rügt zunächst eine Abweichung von der Senatsentscheidung vom 24.10.2018
(B 6 KA 34/17 R - BSGE 127, 33 = SozR 4-2500 § 106d Nr 2). Der Senat habe in diesem Urteil
hinsichtlich der Handlungsfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X Folgendes klargestellt:
"Die den Beginn der Jahresfrist bestimmende Kenntnis ist anzunehmen, wenn die Behörde mangels vernünftiger objektiv gerechtfertigter
Zweifel eine hinreichende sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger Tatsachen
hat, hierzu gehören auch alle Tatsachen, die die besonderen Rücknahmevoraussetzungen beschreiben" (aaO RdNr 33).
Ergänzend erläutert die Beklagte, dass der Senat hinsichtlich des Umfangs einer sicheren Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher
für eine Rücknahmeentscheidung notwendiger Tatsachen auf das vom LSG ebenfalls angeführte BSG-Urteil vom 21.3.2018 (B 6 KA 47/16 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 18) sowie hinsichtlich aller zugehörigen Tatsachen, die die besonderen Rücknahmevoraussetzungen (zB fehlender Vertrauensschutz)
beschreiben, auf das BSG-Urteil vom 20.12.2012 (B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1 - RdNr 35) verweise.
Es kann dahinstehen, ob die Beklagte damit (auch) eine Divergenz in Bezug auf diese letzten beiden Urteile rügen will. Denn
sie stellt den zitierten Urteilspassagen keine hiervon abweichenden Rechtssätze gegenüber, die das LSG aufgestellt hätte.
Sie setzt sich insbesondere nicht damit auseinander, dass das LSG fast wortgleich den oben zitierten Rechtssatz anführt, auch
wenn es dabei nicht auf die Senatsentscheidung vom 24.10.2018 (B 6 KA 34/17 R aaO) Bezug nimmt, sondern - ebenso wie der Senat in seiner Entscheidung vom 21.3.2018 (B 6 KA 47/16 R aaO) - auf ein Urteil des 4. Senats des BSG vom 26.7.2016 (B 4 AS 47/15 R - BSGE 122, 25 = SozR 4-1500 § 114 Nr 2), welches den gleichen Rechtssatz formuliert
hat. Vielmehr trägt die Beklagte lediglich vor, die Fallkonstellation des vorliegenden Verfahrens unterscheide sich von derjenigen,
die dem Senatsurteil vom 24.10.2018 zugrunde lag, und setzt sich im Übrigen alleine mit der Beweiswürdigung des LSG auseinander.
So kritisiert sie ua die Einschätzung des LSG, sie - die Beklagte - habe bereits im Dezember 2009 die Anhörung des Klägers
zu den eine mögliche Rücknahme (Richtigstellung) begründenden Umständen durchgeführt und habe nach erfolgter Reaktion des
Klägers zum Zeitpunkt der Sitzung des Vorstandes am 27.1.2010 auch aus ihrer subjektiven Sicht Kenntnis von allen Umständen
gehabt, die die Rücknahme der Honorarbescheide rechtfertigten. Darüber hinaus meint sie, das LSG habe die Vorstandsbeschlüsse
betreffend die Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Kläger unzutreffend gewürdigt. Erst am 17.3.2010 und nicht bereits
am 27.1.2010 habe der Vorstand die Einleitung weiterer Maßnahmen beschlossen (vgl hierzu auch sogleich unter 2. a). Damit legt die Beklagte aber lediglich dar, dass das LSG - aus ihrer Sicht - den zitierten Rechtssatz aus der Senatsentscheidung
unrichtig angewandt habe. Eine Rechtsprechungsabweichung im Sinne einer Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen hat sie hierdurch
dagegen nicht dargetan.
b) Entsprechendes gilt, wenn die Beklagte eine Abweichung von der Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 8.12.2020 (B 4 AS 46/20 R - BSGE 131, 128 = SozR 4-1300 § 45 Nr 24) rügt, soweit das LSG "unzutreffend von einer Anhörung bereits im Dezember 2009 ausgeht, obwohl noch staatsanwaltliche Ermittlungen
liefen und weiter … sich mit einer unzureichenden Beweiswürdigung begnügte". Ohnehin zitiert die Beklagte dieses erst nach
Verkündung des LSG-Urteils ergangene BSG-Urteil ersichtlich in erster Linie zur Bestätigung ihrer unter III. (Abweichungen vom Urteil des BSG vom 24.10.2018 - B 6 KA 34/17 R) dargelegten Sichtweise.
2. Ein Verfahrensmangel in Form einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG, §§
62,
128 Abs 2
SGG) liegt nicht vor (dazu a). In Bezug auf die geltend gemachte Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das LSG ist die Verfahrensrüge bereits unzulässig
(dazu b).
a) Die Beklagte trägt vor, das LSG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es, wie "bereits vorstehend unter
Ziffer III näher beschrieben", nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt, insbesondere "in der Verwaltungsakte
befindliche Beweise unberücksichtigt" gelassen habe. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte mit dieser allgemeinen Bezugnahme
auf eine knapp vier Seiten umfassende Passage der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung ihren Darlegungsanforderungen gerecht
geworden ist (vgl etwa dazu, dass es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts ist, sich die maßgebenden Umstände selbst aus den Akten zusammenzusuchen
BSG Beschluss vom 9.10.2014 - B 13 R 157/14 B - juris RdNr 10; vgl aber auch BGH Beschluss vom 2.10.2018 - VI ZR 213/17 - NJW 2019, 1082 = juris RdNr 8). Jedenfalls ist eine Gehörsverletzung, auf der das Urteil des LSG beruhen könnte, nicht erkennbar.
Die Beklagte bezieht sich mit ihrem Vortrag ersichtlich auf ihre Darlegungen unter III. der Beschwerdebegründung, dass die
Einleitung weiterer Maßnahmen gegen den Kläger nicht bereits anlässlich der Vorstandssitzung vom 27.1.2010, sondern erst in
der Sitzung vom 17.3.2010 beschlossen worden sei, wie sich den in der Verwaltungsakte befindlichen Auszügen aus den Vorstandsprotokollen
entnehmen lasse. Dies trifft zwar zu. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass das LSG den wesentlichen Kern des Vorbringens
der Beklagten nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hätte (zu diesem Aspekt vgl etwa BSG Beschluss vom 14.7.2021 - B 6 KA 42/20 B - juris RdNr 11 mit zahlreichen Nachweisen). Vielmehr liegt es nahe, dass das LSG schlichtweg die Daten der beiden Vorstandssitzungen vom 27.1.2010 und vom 17.3.2010
verwechselt hat. Zudem könnte die angefochtene Entscheidung nicht auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Denn auch wenn die vom LSG bereits für den Zeitpunkt der Vorstandssitzung vom 27.1.2010 angenommene Kenntnis der Beklagten
erst zum Zeitpunkt der Vorstandssitzung vom 17.3.2010 vorgelegen hätte, wäre die hier entsprechend anzuwendende Jahresfrist
des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X bei Erlass des Honorarberichtigungsbescheides vom 7.5.2014 längst abgelaufen.
Soweit die Beklagte im Übrigen anführt, dass im Dezember 2009 noch keine Anhörung zu einer etwaigen Rücknahme von bisherigen
Honorarbescheiden erfolgt sei, richtet sich ihr Vorbringen im Kern gegen die vom LSG vorgenommene Beweiswürdigung. Insoweit
greift jedoch die Einschränkung des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des §
128 Abs
1 Satz 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden kann, die auch nicht durch die Berufung auf die Vorschriften
zum rechtlichen Gehör umgangen werden kann (vgl BSG Beschluss vom 31.7.2019 - B 13 R 263/18 B - juris RdNr 11 mwN; BSG Beschluss vom 30.9.2020 - B 6 KA 12/20 B - juris RdNr 20).
b) Soweit die Beklagte meint, das LSG habe sich zu einer weiteren Beweiserhebung gedrängt fühlen müssen, ist die Verfahrensrüge
unzulässig. Die Beklagte legt schon nicht dar, dass sie einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt habe. Auf eine
Verletzung des §
103 SGG (Verpflichtung des Gerichts zur Amtsermittlung) kann ein Verfahrensmangel aber nur gestützt werden, wenn er sich auf einen
Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§
160 Abs
2 Nr
3 2. Halbsatz aE
SGG).
3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) liegen ebenfalls nicht vor.
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig
(entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 12/15 B - SozR 4-2500 § 116 Nr 11 RdNr 5; BSG Beschluss vom 15.10.2020 - B 6 KA 16/20 B - juris RdNr 8). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres
aus den Rechtsvorschriften und/oder aus schon vorliegender Rechtsprechung klar beantworten lässt (BSG Beschluss vom 11.10.2017 - B 6 KA 29/17 B - juris RdNr 4). Klärungsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstünde
oder wenn die Bedeutung über den Einzelfall hinaus fehlt, weil eine weitergehende Bedeutung der Rechtsfrage für weitere Fälle
nicht erkennbar ist oder die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen
Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB BSG Beschluss vom 13.2.2019 - B 6 KA 17/18 B - juris RdNr 7).
Die Beklagte hält für klärungsbedürftig,
"wann eine sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger Tatsachen, einschließlich
subjektiver Momente für die Prüfung des Vertrauensschutzes besteht" sowie
"ob der Beginn der Jahresfrist einer Rücknahmeentscheidung eine vorherige qualifizierte Anhörung nach noch näher zu benennenden
Anforderungen entsprechen der vorgenannten Rechtsfrage bedingt".
Damit bezeichnet die Beklagte jedoch keine konkreten Rechtsfragen in klarer Formulierung. Den Darlegungsanforderungen des
§
160a Abs
2 Satz 3
SGG wird bei der Grundsatzrüge nur genügt, wenn der Beschwerdeführer eine Frage formuliert, deren Beantwortung nicht von den
Umständen des Einzelfalles abhängt, sondern die mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte (vgl BSG Beschluss vom 12.9.2018 - B 6 KA 12/18 B - juris RdNr 5 mwN). Daran fehlt es hier. Wann eine sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger
Tatsachen vorliegt und ob hierfür die "vorherige qualifizierte Anhörung" des Betroffenen erforderlich ist, ist eine Frage
des konkreten Einzelfalles und begründet keine grundsätzliche Bedeutung.
Zudem setzt sich die Beklagte nicht hinreichend mit der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen auseinander. So verweist sie
selbst auf Entscheidungen des BSG (Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 47/16 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 18; BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 47/15 R - BSGE 122, 25 = SozR 4-1500 § 114 Nr 2), trägt insbesondere vor, dass der Senat sich in seinem Urteil vom 21.3.2018 dahingehend geäußert habe, dass "im Einzelfall
auch der Zeitpunkt der Erstattung einer Strafanzeige in Betracht kommen" könne und sich damit befasst habe, "ob bereits aufgrund
anderer Erkenntnisquellen eine vorherige Anhörung als Bedingung für den Beginn der Jahresfrist einer Rücknahmeentscheidung
obsolet ist". Inwieweit angesichts dieser Ausführungen noch weiterer Klärungsbedarf besteht, führt sie dagegen nicht aus.
Sie verweist lediglich erneut darauf, dass die vorliegende Konstellation von der bislang vorliegenden Rechtsprechung des BSG nicht erfasst sei.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §§
154 ff
VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des von ihr ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§
154 Abs
2 VwGO). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keinen eigenen Antrag gestellt
hat (§
162 Abs
3 VwGO, vgl BSG Urteil vom 31.5.2006 - B 6 KA 62/04 R - BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).
3. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der von den Beteiligten nicht angegriffenen Festsetzung des LSG in Höhe des
von der Beklagten geforderten Betrages von 342.147,77 Euro (§
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm §
63 Abs
2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG).