Erwerbsminderungsrente nach einem Arbeitsunfall
Auswirkung einer Beeinträchtigung
Pflicht zur Benennung einer Verweisungstätigkeit
Verweisungstätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Weitergewährung einer bis 31.08.2010 befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1983 geborene Kläger ist gelernter Schreiner und war zuletzt bis 10.05.2006 als Schreinergeselle beschäftigt. An diesem
Tag erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall. Er trennte sich mit einer Kreissäge den Mittelfinger, Ringfinger und Kleinfinger
der rechten Hand (D 3 bis D 5) im Bereich des Grundgliedes ab, zudem durchschlug die Säge des Mittelglied des Zeigefingers,
wo lediglich eine radiale Hautbrücke mit Restdurchblutung erhalten blieb. Der Versuch einer Replantation der Finger D 3 bis
D 5 schlug fehl, nach Nekrosierung der reamputierten Finger erfolgte am 23.05.2006 deren Amputation. Der Kläger ist Rechtshänder.
Im August 2006 kam es zu einem Leberversagen beim Kläger, am 28.08.2006 wurde eine Lebertransplantation durchgeführt. Seither
erfolgt eine immunsuppressive Therapie mit dem Medikament Advagraf.
Der Arbeitsunfall wurde von der Holz-Berufsgenossenschaft anerkannt, die dem Kläger fortlaufend Verletztenrente auf unbestimmte
Zeit nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 vH (Bescheid vom 12.11.2009) leistet. Das Landratsamt K. hat
einen Grad der Behinderung von 100 ab dem 07.03.2009 festgestellt (Bescheid vom 09.02.2010).
Am 19.09.2006 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger zunächst
durch den Orthopäden Dr. Sch. ambulant untersuchen und begutachten, der in seinem Gutachten vom 09.02.2007 ausführte, am zweiten
Finger sei das Endglied versteift, im Mittelglied liege nur eine minimale Restbeweglichkeit vor. Die rechte Hand könne nur
noch zu einfachen Halte- und Fixierarbeiten eingesetzt werden. Bis jetzt sei bei dem Rechtshänder auch das Schreiben mit der
rechten Hand nicht möglich. Bei der Begutachtung durch den Internisten Dr. M. (Gutachten vom 02.03.2007) klagte der Kläger
über rasche Erschöpfung und Müdigkeit seit der Lebertransplantation. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 07.03.2007
Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit beginnend ab 01.02.2007, zunächst befristet bis zum 30.11.2007. Mit Bescheid
vom 23.11.2007 gewährte die Beklagte die Rente weiter bis zum 30.11.2008.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 06.08.2008 ließ die Beklagte den Kläger erneut durch den Internisten Dr. M. untersuchen.
Der Kläger gab diesem gegenüber an, er spiele mittags mit seinen Kindern im Freien und bastle mit ihnen. Zudem arbeite er
45 Minuten täglich mit seinem Sohn in einem Lernbuch. Abends schreibe er Tagebuch und erledige schriftliche Papiere, wie etwa
die Anwaltsschreiben (Gutachten vom 14.10.2008). Mit Bescheid vom 02.12.2008 gewährte die Beklagte dem Kläger erneut Rente
wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 28.08.2009.
Im Rahmen des nachfolgenden Weitergewährungsantrags vom 23.12.2008 ließ die Beklagte den Kläger durch den Facharzt für Neurologie
und Psychiatrie Dr. B. untersuchen und begutachten. Mit Gutachten vom 23.04.2009 beschrieb dieser ein wegen vielschichtiger
psychischer Probleme ganz erheblich reduziertes Leistungsvermögen des Klägers. Es bestehe keine ausreichende Belastbarkeit
für eine Tätigkeit von nennenswert wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Beklagte bewilligte daraufhin
mit Bescheid vom 19.05.2009 die Rente weiter bis zum 31.08.2010.
Am 29.04.2010 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Rente über den 31.08.2010 hinaus. Sein Hausarzt Dr. K. teile mit
Befundbericht vom 12.05.2010 mit, es bestehe weiterhin eine Funktionsunfähigkeit der rechten Hand, ferner rezidivierende Oberbauchbeschwerden
und eine mäßiggradige Leberwerterhöhung. Im Rahmen einer erneuten nervenärztlichen Begutachtung kam Dr. B. in seinem Gutachten
vom 05.07.2010 aus nervenärztlicher Sicht zur Einschätzung eines vollschichtigen Leistungsvermögens des Klägers. Er diagnostizierte
eine Anpassungsstörung und rezidivierende Kopfschmerzen. Gegenüber Dr. B. schilderte der Kläger, in seiner Freizeit Zeit vor
dem Computer zu verbringen und im Internet zu surfen, er sehe auch viel fern und mähe den Rasen im Garten des elterlichen
Hauses; schreiben (mit rechts) "geht durchaus". Dr. B. beschrieb eine gute Beweglichkeit des Zeigefingers im Grundgelenk bei
Versteifung/Fehlen von Mittel bzw Endgelenk und guter Greiffunktion des Daumens. Auch das Zuschnüren sei ihm möglich, ebenso
das Tragen von Gegenständen mit der rechten Hand. In einem internistischen Gutachten vom 18.08.2010 stellte Dr. B.-Ke. folgende
Diagnosen: Lebertransplantation 8/2006 nach toxischem Leberversagen, Amputation des III.-V. Fingers sowie Teilamputation des
II. Fingers der rechten Hand 5/2006 mit bleibender Funktionseinschränkung und Phantomschmerzen, Nebenwirkungen immunsuppressiver
Therapie, Anpassungsstörung aus vielschichtigem Überforderungssyndrom heraus, schmerzbedingte Funktionseinschränkung der LWS
und HWS, muskulär bedingt, unter immunsupressiver Medikation gehäuft Infekte, Sinusitiden, Zahnwurzelentzündungen, Diarrhoe
anamnestisch. Ihr gegenüber schilderte der Kläger, die rechte Hand sei nicht gebrauchsfähig, er könne lediglich zwischen Daumen
und zweitem Restfinger kurzfristig für maximal drei Sätze einen Kugelschreiber führen und krakelig schreiben. Dr. B.-Ke. kam
zu der Einschätzung, die rechte Hand sei lediglich als Beihand mit einzusetzen. Insbesondere durch die Verbesserung der psychischen
Situation ergebe sich aktuell eine Verbesserung des Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten über sechs Stunden. Mit Bescheid
vom 23.08.2010 lehnte die Beklagte daraufhin die Weitergewährung der Rente über den 31.08.2010 hinaus ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 31.08.2010 Widerspruch und verwies auf regelmäßig wiederkehrende Stirn- und Kieferhöhlenentzündungen,
die mit Antibiotika behandelt werden müssten. Ihm sei geraten worden, jede körperliche Anstrengung zu meiden, da ansonsten
die Gefahr einer Abstoßung der transplantieren Leber ansteige. Eine Tätigkeit als Pförtner scheide aus, denn durch häufigen
Kontakt mit wechselnden Personen steige die Infektionsgefahr und damit die Gefahr einer Organabstoßung. Mit Widerspruchsbescheid
vom 17.02.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 03.03.2011 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage.
Das SG hat den behandelnden Hausarzt Dr. K. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat mit Schreiben vom 08.08.2011
ausgeführt, die Befundsituation habe sich beim Kläger seit April 2010 weder verbessert noch verschlechtert. Die Gebrauchsfähigkeit
der rechten Hand sei massiv eingeschränkt. Aufgrund der Immunsuppression komme es in letzter Zeit zu vermehrten Infekten.
Einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit könne der Kläger im Rahmen einer fünf Tage Woche nachgehen.
Ob dies für mindestens sechs Stunden möglich sei, könne er nicht beurteilen. Zusätzlich hat das SG bei Dr. Sch. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt. Gegenüber dem Gutachter hat der Kläger angegeben, als
Pförtner wolle er auf keinen Fall arbeiten. Gezielt befragt im Hinblick auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit hat er angegeben,
die rechte Hand nicht benutzen zu können. Jeder Infekt fliege an ihn heran. Zu seinem Schreibvermögen hat er ausgeführt, er
schreibe mit rechts, dies gehe aber schlecht. Im Gutachten vom 21.11.2011 hat Dr. Sch. akzentuierte Persönlichkeitszüge und
ein Kopfschmerzleiden diagnostiziert und als weitere Diagnosen die Lebertransplantation, Amputation der Finger D 3 bis D 5,
erhöhte Infektionsneigung bei immunsuppressiver Therapie, Rückenbeschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule ohne sensomotorische
Ausfälle und Dermatitis an den Unterarmen und Unterschenkeln beidseits berücksichtigt. Die rechte Hand könne der Kläger nur
als Beihand einsetzen und Tätigkeiten mit vermehrt emotionalen Belastungen oder erhöhtem Konfliktpotenzial sowie Tätigkeiten
unter Nachtschichtbedingungen nicht mehr verrichten. Die Einschränkungen beruhten im Wesentlichen auf der Immunsuppression
bei Lebertransplantation und den Einschränkungen der rechten Hand. Aus nervenärztlicher Sicht habe der Kläger eine sehr gute
geistige Flexibilität aufgewiesen, Antriebsminderungen oder psychomotorische Hemmungen hätten nicht vorgelegen, kognitive
Defizite ebenfalls nicht. Der Kläger besitze auch die erforderliche Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, um sich innerhalb
von drei Monaten in eine neue Berufstätigkeit einarbeiten zu können. Mit den genannten qualitativen Einschränkungen könne
der Kläger mindestens sechs Stunden täglich arbeiten.
Mit Urteil vom 26.06.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei in der Lage, Arbeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes ohne vermehrt emotionale Belastungen oder erhöhtes Konfliktpotential, ohne Nachtschicht, ohne Tätigkeiten mit
vermehrter Infektionsgefahr und ohne mehr als geringe Anforderungen an die Gebrauchsfunktion der rechten Hand mindestens sechs
Stunden zu verrichten. Hierbei hat sich das SG auf die Gutachten von Dr. B. und Dr. B.-Ke. aus dem Verwaltungsverfahren und das gerichtliche Sachverständigengutachten von
Dr. Sch. gestützt. Die ursprünglich von Dr. B. beschriebenen gravierenden Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet
hätten im hier zu beurteilenden Zeitraum nicht mehr bestanden, ein manifester pathologischer psychischer Befund habe nicht
mehr erhobenen werden können. Sowohl Dr. B. als auch Dr. Sch. hätten den Kläger nach zunehmender zeitlicher Distanz zu den
Ereignissen des Jahres 2006 als psychisch stabilisiert beschrieben. Der Zustand nach Lebertransplantation mit der Notwendigkeit
zur dauerhaften Durchführung immunsuppressiver Medikation schränke zwar das Leistungsvermögen des Klägers qualitativ ein,
begründe jedoch angesichts der umfangreichen Aktivitäten, denen der Kläger regelmäßig nachzugehen in der Lage sei, kein quantitativ
auf unter sechs Stunden pro Arbeitstag eingeschränktes Leistungsvermögen. Die erhöhte Infektionsneigung führe zwar immer wieder
zu Arbeitsunfähigkeitszeiten, begründe jedoch keine überdauernde Erwerbsminderung. Bisher aufgetretene leichtgradige Abstoßungsreaktionen
führten ebenfalls lediglich zur vorübergehenden Arbeitsunfähigkeitszeiten. Aus der Amputation der Finger der rechten Hand
resultiere eine erhebliche Einschränkung der Gebrauchsfunktion der rechten Hand, diese sei im Wesentlichen nur noch als Beihand
einzusetzen. Gleichwohl sei der Kläger in der Lage, mit dieser Hand Schreibarbeiten zu erledigen, was er in der mündlichen
Verhandlung nochmals ausdrücklich bestätigt habe und was sich auch aus den zahlreichen Gutachten, den vom Kläger ausgefüllten
Anträgen und Formularen und Fragebögen zur gutachtlichen Untersuchung ergebe. Der Arbeitsmarkt sei dem Kläger nicht verschlossen.
Zwar begründeten die beschriebenen orthopädischen Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Hand als schwere spezifische
Leistungsbehinderung die Verpflichtung der Beklagten, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen. Da der Kläger die benannte
Tätigkeit eines Pförtners an einer Nebenpforte mindestens sechs Stunden verrichten könne, resultiere aber auch hieraus kein
Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Pförtnerarbeitsplätze stünden auf dem Arbeitsmarkt in ausreichendem Umfang zur Verfügung.
Es handele sich um leichte körperliche Arbeiten, die in der Regel in temperierten Räumen und überwiegend in sitzender Körperhaltung
mit Möglichkeit zum Haltungswechsel ausgeübt würden. Die Tätigkeit stelle sich folglich auch wie viele körperlich behinderte
Menschen als geeignete Beschäftigung dar. Grundsätzlich stehe einer Tätigkeit als Pförtner Einarmigkeit nicht entgegen (unter
Hinweis auf Landessozialgericht LSG Baden-Württemberg 26.03.2010, L 4 R 3765/08, [...]). Von einem Pförtner seien auch Schreibarbeiten zu verrichten, den Anforderungen sei der Kläger jedoch ohne weiteres
gewachsen. Der Kläger habe sich zwischenzeitlich an das Fehlen der Finger III bis V und die Verletzung des Mittelgliedes des
Zeigefingers nicht nur psychisch, sondern auch physisch adaptiert, was aus den vielfältigen Verrichtungen ersichtlich sei,
zu denen der Kläger nach seinen Angaben gegenüber den Gutachtern Dr. B. und Dr. Sch. in der Lage sei (Modelle bauen, Rasen
mähen und Gießen im Garten, Hausaufgabenbetreuung der Kinder, Spielen und Basteln mit den Kindern, einen PKW mit normaler
Schaltung führen, im Internet surfen). Die rechte Hand sei nicht vollständig gebrauchsunfähig. Gegenüber Dr. B. habe der Kläger
angegeben, Schreiben mit rechts gehe durchaus und dies auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2012 bestätigt.
Die Äußerungen gegenüber Dr. B.-Ke. oder Dr. Sch., maximal drei Sätze am Stück krakelig schreiben zu können bzw. das Schreiben
mit rechts schlecht gehe, lasse sich mit den übrigen Angaben nicht in Übereinstimmung bringen. Die Kammer werte dies als Ausdruck
einer zunehmenden Gutachtenerfahrung des Klägers bei gleichzeitig in den Vordergrund tretendem Rentenbegehren. Insgesamt sei
die Kammer überzeugt, dass es dem Kläger möglich sei, die im Rahmen einer Pförtnertätigkeit anfallenden Schreibarbeiten auch
in einem in der Arbeitswirklichkeit geforderten Tempo durchzuführen. Der Ausschluss für Tätigkeiten mit erhöhtem Infektionsrisiko
stehe der Ausübung einer Pförtnertätigkeit nicht entgegen. Ein besonderes Infektionsrisiko bestehe bei Pförtnertätigkeiten
nicht bereits deshalb, weil Publikumsverkehr abzufertigen sei, denn überwiegend bestehe an Pforten eine bauliche Trennung
zwischen Publikum und Pförtner, die ein Ansteckungsrisiko durch Tröpfcheninfektionen minimiere.
Hiergegen richtet sich die am 10.07.2012 eingelegte Berufung des Klägers. Er sei auch über den 31.08.2010 hinaus erwerbsgemindert.
Bei ihm liege eine sog schwere spezifische Leistungsbehinderung in der Gebrauchsfähigkeit seiner rechten Hand vor, die nach
der Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (26.03.2010, L 4 R 3765/08) einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung auslöse. Zu Unrecht gehe das SG davon aus, dass Er auf eine Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte verwiesen werden könne. Zum einen sei es ihm nicht
möglich, die hierbei anfallenden Schreibarbeiten in einem der Arbeitswirklichkeit entsprechenden Tempo zu verrichten. Er besitze
an seiner rechten Gebrauchshand nur den Daumen und das Endglied des Zeigefingers. Die rechte Hand könne deshalb nur für einfache
Halte- und Fixierarbeiten benutzt werden. Schreibarbeiten mit der rechten Hand seien nur durch Einklemmen des Schreibgeräts
zwischen Daumen und Zeigefinger möglich. Das Einklemmen erfordere einen Zeitaufwand von mindestens ein bis zwei Minuten und
müsse vor jedem Schreibvorgang wiederholt werden. Dadurch seien Schreibarbeiten in normalem Tempo von vorneherein ausgeschlossen.
Nach der Tätigkeitsbeschreibung der Agentur für Arbeit vom 15.04.2014 beinhalte die Tätigkeit des Pförtners - auch an einer
Nebenpforte - den Kontakt mit Besuchern, Personal und Lieferanten. Neben zumindest einfachen Kenntnissen in einer Fremdsprache
würden häufig auch PC-Kenntnisse erwartet. Darüber hinaus solle der Bewerber körperlich uneingeschränkt belastbar sein. Üblich
sei ferner, dass der Pförtner seinen Arbeitsplatz verlasse, um Rundgänge zu machen, Papiere zu kontrollieren, Besuche zu empfangen
oder Lieferanten einzuweisen. Die meisten Stellen im Pförtnerbereich würden durch Mitarbeiter von Wach- und Sicherheitsdiensten
besetzt. Bei diesen Personen werde - neben anderen Kompetenzen - vor allem gute körperliche Verfassung vorausgesetzt. Der
Kläger erfülle keine dieser Voraussetzungen. Auf Grund der immunsuppressiven Therapie träten bei ihm verstärkt Müdigkeit,
Infektanfälligkeit und Konzentrationsschwäche auf. Deshalb solle er häufigen und engen Kontakt mit anderen Menschen vermeiden,
ebenso bezüglich des Arbeitsumfeldes Zugluft, Nässeexposition, wechselnde Temperaturen und körperlich anstrengende Tätigkeiten.
Wie der Kläger trotz dieser Einschränkungen in der Lage sein solle, die Anforderungen als Pförtner zu erfüllen, sei nicht
nachvollziehbar. Im Erörterungstermin am 24.03.2014 hat der Kläger zusätzlich ausgeführt, nach Auskünften der Ärzte der Universitätsklinik
Mainz überlebten 80 % der Lebertransplantierten die ersten zwei Jahre nicht. Die längste Überlebensdauer nach Lebertransplantationen
in Europa seien 16 Jahre.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.06.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 23.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 17.02.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller,
hilfsweise
teilweiser Erwerbsminderung über den 31.08.2010 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes vom 15.05.2014. Hierin führt Dr. P. aus, bis zum heutigen
Tag ergebe sich kein Hinweis auf eine Abstoßungsreaktion unter bestehender immunsuppressiver Therapie. Wenn der Kläger eine
ausreichende Compliance aufweise, wie er es in den letzten sieben Jahren nach Transplantation auch gezeigt habe, sei eine
Abstoßungsreaktion bei regelmäßiger Einnahme der verordneten Medikamente nicht zu erwarten. Er könne sich im Alltagsleben
entsprechend normal verhalten. Wenn bei beruflichen Tätigkeiten der normale Tag - Nachtrhythmus beibehalten werde, keine körperliche
Schwerarbeit durchgeführt werde, der Umgang mit organischen Lösungsmitteln und der Aufenthalt in sehr kalten Räumen oder der
Wechsel zwischen kalten und warmen Räumen vermieden werde, spreche gegen eine entsprechende Tätigkeit aus sozialmedizinischer
Sicht nichts. Die Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte könne der Kläger ausüben, auch Prof. Dr. Z. halte diese Tätigkeit
für zumutbar; der beratungsärztliche Dienst (Dr. P. vom 18.12.2014) gehe von einer zeitlich uneingeschränkten Belastbarkeit
hierfür aus.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch-hepatologischen Gutachtens bei Prof. Dr. Z. Im Gutachten
vom 13.07.2013 wird ein regelrechter Befund nach Lebertransplantation am 28.08.2006, am ehesten bedingt durch eine Arzneimittel
induzierte idiosynkratische toxische Leberschädigung festgestellt. Seit der Lebertransplantation sei es zu chronisch rezidivierenden
Infekten im Bereich der oberen Atemwege mit chronischen Sinusitiden, zum Teil mehrfach wöchentlich auftretenden migräneartigen
Kopfschmerzen gekommen. Des Weiteren fänden sich polyneuropathische Schmerzen im Bereich der Unterschenkel sowie ein juckendes
Ekzem im Bereich der Unterschenkel und der Füße beidseits. Die Beschwerden seien vor allem im Zusammenhang mit der Einnahme
der Immunsuppression zu erklären. Die zwingend notwendige Einnahme dieser Medikamente beeinträchtige die körperlichen und
geistigen Funktionen des Klägers nachhaltig: Müdigkeit, Abgeschlagenheit, sowie Konzentrationsschwächen seien die Folge. Die
Leberwerte seien zum Teil mehr als dreifach erhöht und spiegelten eine Krankheitsaktivität wieder. In Zusammenschau der Lebertransplantation
mit den Folgen der Immunsuppression sei der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
von drei Stunden bis weniger als sechs Stunden täglich durchzuführen.
Dr. M. vom beratungsärztlichen Dienst der Beklagten hat unter dem 04.10.2013 Zweifel an dieser Einschätzung geäußert. Die
Gutachter würden verkennen, dass die Rentengewährung nicht auf Grund der Lebererkrankung, sondern auf Grund der psychiatrischen
Beeinträchtigung erfolgt sei. Die damals diagnostizierte schwerwiegende psychiatrische Veränderung sei nun erfreulicherweise
nicht mehr vorhanden. Mit ergänzender Stellungnahme vom 11.11.2013 hat Prof. Dr. Z. daraufhin seine Einschätzung dahingehend
revidiert, dass leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bis sechs Stunden täglich zuzumuten seien. Die psychiatrischen
Beeinträchtigungen seien neben den hepatologischen Problemen bei Zustand nach Lebertransplantation, Nebenwirkungen der Immunsuppression
und rezidivierenden Abstoßungsreaktionen natürlich auch berücksichtigt worden. Wenn die damals diagnostizierten schwerwiegenden
psychiatrischen Veränderungen nicht mehr vorlägen, werde die Beurteilung revidiert.
Zusätzlich hat der Senat von der Praxisnachfolgerin des Dr. K., Frau S., die Unterlagen über hausärztliche Behandlungen ab
2010 angefordert (Bl 77 bis 115 Senatsakte). In diesen Unterlagen sind drei Abstoßungsreaktionen dokumentiert (9/06, 5/11
und 1/12; Bericht der Universitätsklinik M. vom 24.05.2011 und des St. V. Krankenhauses K. vom 04.01.2012).
Daneben ist die Bundesagentur für Arbeit in Stuttgart angehört worden zu Anforderungen der Tätigkeit eines Pförtners. Mit
Schreiben vom 15.04.2014 ist hierzu ausgeführt worden, dass an einer Nebenpforte grundsätzlich weniger Publikumsverkehr als
an einer Hauptpforte herrsche. Eine Tätigkeit als Pförtner beinhalte jedoch berufsbedingt grundsätzlich den Kontakt mit Besuchern,
Personal und Lieferanten. Ein gepflegtes Erscheinungsbild, gute Deutschkenntnisse, zunehmend auch Englischkenntnisse würden
erwartet. Sehr oft sollten auch PC-Kenntnisse vorhanden sein. Zunehmend werde auch erwartet, dass der Bewerber um einen Arbeitsplatz
als Pförtner zumindest schon an einer Unterrichtung nach § 34 a Gewerbeordnung teilgenommen habe und körperlich uneingeschränkt belastbar sei. Eine bauliche Trennung (Pförtnerhaus und/oder eine Art Schalter
mit und ohne Glasscheibe) sei sicher üblich. Ebenso üblich sei es jedoch auch, dass ein Pförtner seinen Arbeitsplatz verlasse,
um Rundgänge zu machen, Papiere zu kontrollieren oder entgegenzunehmen, Besucher zu empfangen, Lieferanten einzuweisen etc.
Zur Frage, wie viele Arbeitsplätze es gebe, die Pförtnertätigkeiten in geschlossenen Räumen ohne oder mit nur geringem Publikumsverkehr
betreffen, könne keine Aussage getroffen werden, da ein Arbeitsplatz in Stellenangeboten in der Regel nicht in diesen Einzelheiten
beschrieben werde. Grundsätzlich würden inzwischen die meisten Stellen für den Pförtnerbereich durch Mitarbeiter von Wach-
und Sicherheitsdiensten besetzt, da dieser Bereich zunehmend an Fremdfirmen outgesourct werde. In der Praxis würden von Arbeitgebern
nur selten Stellen für reine Pförtnertätigkeiten ausgeschrieben werden und wenn, dann seien es meist nur Stellen auf geringfügiger
Basis. Die mit dem Pfortendienst beauftragten Wach- und Sicherheitsdienst stellten in der Regel hohe Ansprüche an Bewerber
für den Pförtnerbereich. Bereitschaft zur Schichtarbeit sei meist auch eine zwingende Voraussetzung.
Ergänzend ist sodann nochmals Prof. Dr. Z. als Sachverständiger einvernommen worden. Dieser hat mit Schreiben vom 09.08.2014
ausgeführt, aufgrund der immunsuppressiven Therapie sei nach wie vor ein häufiger und insbesondere enger Kontakt mit anderen
Menschen zu vermeiden. Dies bedeute, dass der Kläger nicht im Gesundheitswesen tätig werden solle oder bei Arbeitsstellen
mit größeren Menschenansammlungen (Großveranstaltungen, Supermärkte, Großraumbüro, Kindergärten oder Schulen). Bezüglich des
Arbeitsumfeldes seien Zugluft, Nässe, stark wechselnde Temperaturen und körperlich anstrengende Tätigkeiten zu vermeiden.
Aufgrund des gesteigerten Infektionsrisikos sei der Kontakt mit anderen Personen zwar einzuschränken, allerdings nicht zwangsläufig
zu vermeiden. Es spreche zB nichts gegen die gelegentliche Übernahme von Postsendungen. Eine Tätigkeit als Pförtner an der
Nebenpforte werde für gesundheitlich zumutbar erachtet bei einer Arbeitsbelastung von drei bis weniger als sechs Stunden an
fünf Tagen in der Woche. Mit Schreiben vom 29.09.2014 hat Prof. Dr. Z. mitgeteilt, dass bei der Beurteilung leider ein Fehler
unterlaufen sei. Da sich am Zustand des Patienten keine wesentliche Änderung zum Vorgutachten ergeben hätten, seien weiterhin
leichte Tätigkeiten auf dem allgemeine Arbeitsmarkt bis sechs Stunden täglich zuzumuten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§
151 Abs
1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) und statthafte (§
143 SGG) Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 17.02.2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat auch über den 31.08.2010 hinaus
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach §
43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (
SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554).
Versicherte haben nach §
43 Abs
2 Satz 1
SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach §
43 Abs
1 Satz 1
SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise
erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für
eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit
erfüllt haben (Nr 3).
Diese Voraussetzungen liegen vor. So erfüllt der Kläger ausweislich des in der Verwaltungsakte enthaltenen Versicherungsverlaufs
die geforderten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Er erfüllt die allgemeine Wartezeit (§§
50 Abs
1,
51 Abs
1 SGB VI) und auch das Vorliegen von drei Jahren Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten
fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung im Jahr 2006. Schließlich ist er auch weiterhin voll erwerbsgemindert.
Voll erwerbsgemindert sind nach §
43 Abs
2 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach §
43 Abs
1 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser
als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung
gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung
in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung
auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt.
Der Kläger ist in diesem Sinne voll erwerbsgemindert. Allerdings ist der Kläger zur Überzeugung des Senats noch in der Lage,
körperlich leichte Tätigkeiten jedenfalls sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Dies folgt übereinstimmend aus sämtlichen
vorliegenden ärztlichen Gutachten für den hier streitigen Zeitraum ab September 2010. Der Senat stützt sich insoweit auf die
Gutachten von Dr. B. (vom 05.07.2010) und Dr. B.-Ke., die im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden sowie die Gutachten
von Dr. Sch. und Prof. Dr. Z. Nachdem die Heilungsbewährung nach der Lebertransplantation abgewartet worden war, war Grund
für die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung die psychische Situation des Klägers, die zu einem vorübergehend
deutlich eingeschränkten Leistungsvermögen geführt hatte (Gutachten Dr. B. vom 23.04.2009). Nachdem sich die psychische Situation
stabilisiert hat, sind die Gründe für eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens entfallen. Es sind daher jedenfalls
ab September 2010 wieder sechs Stunden täglich Arbeiten möglich. Dies bestätigt ausdrücklich auch Prof. Dr. Z., der zunächst
in der Annahme des Fortbestehens der psychischen Einschränkungen von einem unter sechsstündigen Leistungsvermögen ausgegangen
war.
Allerdings bestehen über die Beschränkung auf körperlich leichte Tätigkeiten hinaus derart erhebliche qualitative Einschränkungen,
dass eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen ist. Auf die von der Beklagten benannte Tätigkeit als Pförtner an der
Nebenpforte kann der Kläger zur Überzeugung des Senats dabei nicht verwiesen werden.
Qualitative Einschränkungen bestehen zunächst hinsichtlich der rechten Hand, welche die Haupthand des rechtshändigen Klägers
ist. Aufgrund des Fehlens der Finger III bis V und der Teilamputation des Zeigefingers kann die rechte Hand im Wesentlichen
nur als Beihand eingesetzt werden, wie sich aus den Gutachten von Dr. Sch. und Dr. B.-Ke. ergibt. Zwar geht der Senat ebenso
wie das SG davon aus, dass der Kläger mit der rechten Hand noch Schreibarbeiten verrichten kann, dies allerdings nachvollziehbar nicht
in einem in der Arbeitswirklichkeit geforderten Tempo. Mit der verbliebenen linken Hand, die lediglich die Beihand und nicht
die Haupthand darstellt, kann der Kläger nicht schreiben. Daneben bestehen wegen der dauerhaften Einnahme der immunsuppressiven
Medikation weitere Einschränkungen: Häufiger und enger Kontakt mit anderen Menschen ist zu meiden, ebenso Einfluss von Kälte
oder Nässe, stark wechselnde Temperaturen oder Nachtschicht.
Mit diesen qualitativen Einschränkungen kann der Kläger nicht zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig
werden. Tätigkeiten wie Zureichen, Verpacken, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren oder Zusammensetzen
von Teilen (Bundessozialgericht <BSG> 19.12.2006, GS 2/95, BSGE 80, 24, 32 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8), die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, sind schon wegen der massiv
eingeschränkten Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand des Klägers ausgeschlossen. Es besteht daher die Pflicht zur Benennung
einer Verweisungstätigkeit, da eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw eine schwere spezifische Leistungsbehinderung
vorliegt (BSG 19.12.2006, aaO).
Auf die von der Beklagten benannte Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte kann der Kläger indes nicht verwiesen werden.
Dem steht bereits entgegen, dass die von einem Pförtner auch geforderten Schreibarbeiten nicht in einem von der Arbeitswirklichkeit
geforderten Tempo verrichtet werden können (Landessozialgericht <LSG> Baden-Württemberg 26.03.2010, L 4 R 3765/08, [...]). Hinzu kommt, dass nach der Auskunft der Agentur für Arbeit Stuttgart vom 15.04.2014 üblich ist, dass ein Pförtner
seinen Arbeitsplatz verlässt, um Rundgänge zu machen, Papiere zu kontrollieren oder entgegenzunehmen, Besucher zu empfangen
oder Lieferanten einzuweisen. Der Wechsel zwischen temperiertem Pförtnerhaus/-bereich und Außenbereich ist dem Kläger jedenfalls
bei kühler oder regnerischer Witterung nicht zumutbar, da wegen erhöhter Infektanfälligkeit starke Temperaturschwankungen
zu vermeiden sind. Dies ergibt sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. Z. und wird auch vom beratungsärztlichen Dienst der Beklagten
nicht in Abrede gestellt (Dr. P. vom 15.05.2014). Dass es noch eine hinreichende Zahl von Pförtnertätigkeiten gibt, bei denen
der Betreffende nur in seinem abgeschlossenen Pförtnerbereich sitzt und etwa auf ein Klingelzeichen eine Tür öffnet, erscheint
angesichts der aktuellen Auskunft der Arbeitsagentur ausgeschlossen. Darin wird ausgeführt, dass die meisten Stellen für den
Pförtnerbereich inzwischen durch Mitarbeiter von Wach- und Sicherheitsdiensten besetzt werden, die in der Regel hohe Anforderungen
an die Bewerber stellen und eine gute körperliche Verfassung voraussetzen. Reine Pförtnerstellen würden in der Praxis nur
selten ausgeschrieben, und wenn, nicht als sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Letztlich kommt es hierauf
jedoch nicht an, da der Kläger jedenfalls wie oben ausgeführt körperlich nicht in der Lage ist, die wesentlichen Anforderungen
an eine Pförtnertätigkeit (auch an der Nebenpforte) zu erfüllen.
Da eine Verweisungstätigkeit nicht benannt werden kann, besteht der Anspruch auf Rente unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage.
Nach §
102 Abs
2 S 4
SGB VI werden Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich
ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Unwahrscheinlich iSv §
102 Abs
2 Satz 4
SGB VI ist dahingehend zu verstehen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine - rentenrechtlich relevante - Besserungsaussicht
sprechen müssen, so dass ein Dauerzustand vorliegt. Ein derartiger Fall liegt hier vor, denn weder hinsichtlich der rechten
Hand noch hinsichtlich der Einschränkungen infolge der Lebertransplantation ist eine Besserung möglich. Die immunsuppressive
Medikation muss lebenslang eingenommen werden.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage
für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. Sch. und Prof. Dr. Z. haben dem Senat die für die richterliche
Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§
118 Abs
1 Satz 1
SGG, §
412 Abs
1 ZPO). Die tatsächlichen Anforderungen an die benannte Verweisungstätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte ist durch die Auskunft
der Agentur für Arbeit Stuttgart vom 15.04.2014 geklärt. Weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs
2 SGG nicht erfüllt sind.