Sozialversicherungspflicht eines technischen Betriebsleiters
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger 1) seit dem 1. März 1989 im Unternehmen seines Vaters, dem Kläger zu
2), in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig beschäftigt ist.
Der Kläger zu 2) ist seit 1975 Inhaber der Einzelfirma "G. G. S. Maschinenbau-Apparatebau, D.. 14, 7.... D.". Sein Sohn, der
Kläger zu 1), absolvierte dort nach eigenen Angaben von 1983 bis 1986 eine Ausbildung zum Maschinenbaumechaniker. Seither
arbeitet er im Unternehmen des Klägers zu 2), wobei er begleitend hierzu die Meisterausbildung in diesem Bereich mit Erfolg
abschloss. Des Weiteren nahm er von September 1985 bis Dezember 1986 an einem CNC-Technikkurs mit Erfolg teil und absolvierte
regelmäßig EDV- sowie Englischkurse. Seit dem 1. März 1989 ist er Technischer Betriebsleiter im Unternehmen des Klägers zu
2). Dieser beschäftigt darüber hinaus weitere acht Vollzeitkräfte, wozu auch die Schwester des Klägers zu 1) zählt. Der Kläger
zu 1) ist nach seinen Angaben zuständig für den Ein- und Verkauf von Material, die Kalkulations- und Angebotserstellung von
Werkaufträgen, das Führen von Preisverhandlungen und die Projektkalkulation, die die Konstruktions-, Material- und Fertigungsplanung
sowie die Montage umfasst. Des Weiteren obliegt ihm die Mitarbeiterführung, Verwaltung, Lehrlingsausbildung und Mitarbeitereinstellung
und -entlassung sowie die Gestaltung des Internetauftritts und der Prospekte für die Kundenneugewinnung. Darüber hinaus vertritt
er die Firma auch nach außen. Seit dem 1. April 1987 ist er Mitglied der Beklagten.
Nachdem die Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg im April 2004 eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Dezember
1999 bis 31. Dezember 2003 durchgeführt hatte, forderte sie für den Kläger zu 1) und dessen Schwester mit Bescheid vom 3.
August 2004 vom Kläger zu 2) Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 19.572,88 € nach. Zur Begründung wurde ausgeführt, neben
dem laufenden Gehalt seien für die betroffenen Arbeitnehmer Zuschläge für Sonntagsarbeit steuer- und sozialversicherungsfrei
abgerechnet worden, obwohl weder genaue Zeitaufzeichnungen vorgelegt noch glaubhafte Nachweise erbracht worden seien. Nachdem
der Widerspruch des Klägers zu 2) erfolglos geblieben war (Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2005) hatte dieser Klage beim
Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben (S 5 KR 1129/05). Diese Klage nahm der Kläger zu 2) zurück, nachdem sein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom SG abgelehnt worden war (Beschluss vom 1. Juni 2005 - Az S 5 KR 1920/05 ER) und die Beschwerde hiergegen durch den Senat zurückgewiesen wurde (Senatsbeschluss vom 6. September 2005 - L 11 KR 3113/05 ER-B). In seiner Beschwerdeschrift hatte der Kläger zu 2) sowohl seine Tochter als auch seinen Sohn, den Kläger zu 1), als
"Arbeitnehmer" bezeichnet, die Anspruch auf Sonntagszuschläge gehabt hätten (Schriftsatz vom 27. Juli 2005).
Mit Schreiben vom 12. April 2006 beantragten die Kläger bei der Beklagten, den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers
zu 1) festzustellen. Hierbei gaben sie an, aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehung sei die Mitarbeit durch ein gleichberechtigtes
Nebeneinander zum Firmeninhaber geprägt. Aufgrund seiner umfangreichen und hochqualifizierten Ausbildung sei der Kläger zu
1) in der Lage, die Aufgaben des Technischen Leiters eigenverantwortlich durchzuführen. Es existiere - wie in einem Familienbetrieb
üblich - kein schriftlicher Arbeitsvertrag. Die Wochenstundenzahl liege bei etwa 80 Stunden. Bei 6 ½ Arbeitstagen pro Woche
betrage der Stundenlohn mithin lediglich 9 €. Im Hinblick auf die familiäre Rücksichtnahme und das gleichberechtigte Nebeneinander
sei der Kläger zu 1) mit der geringen Entlohnung einverstanden, womit belegt werde, dass er unternehmerisch tätig sei. Auch
werde das Gehalt oft erst Monate später gezahlt. Das unternehmerische Risiko zeige sich auch dadurch, dass er der Firma ein
Darlehen in Höhe von ursprünglich 150.000 DM (76.693,78 €) zur Verfügung gestellt habe. Zur Sicherheit habe er Grundschulden
auf sein Hausanwesen aufgenommen und seinen Bausparvertrag sowie seine Lebensversicherung abgetreten. Schließlich habe er
in den Jahren 2002 und 2003 für den Fortbestand der Firma dringend erforderliche Maschinen auf eigene Rechnung angeschafft.
Ohne seine Mitarbeit müssten mindestens zwei bis drei fremde Mitarbeiter eingestellt werden. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen
Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gaben die Kläger darüber hinaus an, der Kläger zu 1) sei
nicht an Weisungen des Betriebsinhabers gebunden und dieser übe das Weisungsrecht nicht aus, der Kläger zu 1) könne seine
Tätigkeit frei bestimmen und gestalten, es sei kein Urlaubsanspruch, keine Kündigungsfrist und keine Fortzahlung von Arbeitsentgelt
bei Arbeitsunfähigkeit vereinbart. Das Gehalt (monatlich brutto 2.333,31 €) entspreche nicht dem tariflichen bzw dem ortsüblichen
Lohn, es werde jedoch regelmäßig auf das private Girokonto des Klägers zu 1) überwiesen, wobei Lohnsteuer vom Arbeitsentgelt
entrichtet und das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht werde. Zur weiteren Begründung legten die Kläger den Darlehensvertrag
zwischen dem Kläger zu 1) und der Volksbank B.-B. R. eG vom 18. Mai 1999 über die Gewährung einer Darlehenssumme von 150.000
DM vor. Als Verwendungszweck wurde angegeben: "Finanzierung des einzubringenden Eigenkapitals zur Existenzgründung der S.
GmbH & Co KG". Darüber hinaus reichten sie die Erklärung des Klägers zu 2) vom 16. März 2006 ein, der bestätigte, dass der
Kläger zu 1) seit dem 1. September 1983 in seinem Betrieb beschäftigt sei und bei der Führung des Betriebes mitwirke; weiterhin
wurden vorgelegt Seminarzertifikate für den Kläger zu 1) ("EDV-Sachbearbeiter" und "CNC-Technik" Grund- und Aufbaustufe) sowie
die Bescheinigung über den Besuch eines Englischkurses an der Volkshochschule E..
Mit Bescheid vom 18. April 2006, gerichtet an den Kläger zu 1), stellte die Beklagte fest, der Kläger zu 1) übe seit dem 1.
März 1989 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, vom Arbeitsentgelt werde
regelmäßig Lohnsteuer entrichtet, es werde als Betriebsausgabe gebucht, er erhalte ein seiner Arbeitsleistung angemessenes
Arbeitsentgelt, welches auch regelmäßig ausbezahlt werde, ohne seine Tätigkeit müsse eine fremde Arbeitskraft beschäftigt
werden, er sei wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert und es liege auch kein Unternehmerrisiko vor.
Hiergegen erhoben die Kläger am 12. Mai 2006 Widerspruch und machten geltend, der Kläger zu 1) sei nicht wie eine fremde Arbeitskraft
in den Betrieb eingegliedert, da er keinen Weisungen unterliege und das Weisungsrecht nicht ausgeübt werde. Auch existiere
keine arbeitsvertragliche Vereinbarung, sodass der Kläger zu 1) im Hinblick auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Tätigkeit frei
sei. Des Weiteren sei der Kläger zu 2) fachlich nicht in der Lage, Weisungen zu erteilen. Nur der Kläger zu 1) sei fähig,
die Maschinenbeschreibungen in Englisch zu lesen und zu verstehen. Seine Tätigkeit gehe auch über den Rahmen einer familienhafte
Mithilfe hinaus. Ohne seinen Arbeitseinsatz müssten mindestens zwei bis drei fremde Mitarbeiter eingestellt werden. Die Abführung
von Lohnsteuer für das Arbeitsentgelt beruhe auf einer Entscheidung des Steuerberaters. Im Übrigen müsse auch bei Versicherungsfreiheit
Lohnsteuer gezahlt werden. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies mit gleichlautenden Widerspruchsbescheiden vom 21.
März 2007 die Widersprüche der Kläger zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, ein weiteres Indiz für ein
abhängiges Beschäftigungsverhältnis sei, dass die Tätigkeit des Klägers zu 1) als versicherungspflichtige Beschäftigung angemeldet
worden sei. Zudem sei das Weisungsrecht durch familienhafte Rücksichtnahme stark eingeschränkt. Die eigenverantwortliche Ausübung
der Tätigkeit durch den Kläger zu 1) sei kein Anzeichen dafür, dass dem Kläger zu 2) diesbezüglich kein Weisungsrecht zukomme.
Letztlich habe der Kläger zu 2) als Inhaber des Betriebs die unternehmerische Verantwortung. Wäre eine Aufnahme des Klägers
1) in die Unternehmensleitung gewollt gewesen, hätte dies durch die Gründung einer entsprechenden Personengesellschaft dokumentiert
werden können. Auch fehle ein entsprechendes Unternehmerrisiko. Die Gewährung des Darlehens vermöge zwar eine erhöhte Anteilnahme
am Geschick des Unternehmens zum Ausdruck zu bringen, sie begründe jedoch noch keine selbständige Tätigkeit bzw Unternehmereigenschaft.
Das alleinige Unternehmerrisiko liege weiter bei dem Kläger zu 2) als alleinigem Betriebsinhaber. Er hafte für die Verbindlichkeiten
der Firma.
Mit der dagegen am 23. April 2007 beim SG erhobenen Klage haben die Kläger ihren bisherigen Vortrag im Wesentlichen wiederholt und ergänzend ausgeführt, die Darlehensaufnahme
im Mai 1999 habe der Existenzneugründung der geplanten S. GmbH & Co KG gedient. Die durchführende Bank habe jedoch die Existenzantragstellung
versäumt, sodass das Darlehen als Privatdarlehen des Klägers zu 1) aufgenommen und zur Schuldenreduzierung in der Fima des
Klägers zu 2) eingesetzt worden sei. Die Kläger haben zur weiteren Begründung ihrer Klage ua folgende Unterlagen vorgelegt:
Überweisungen des Klägers zu 1) in den Jahren 2004 in Höhe von 103,60 € für die Anschaffung eines "HP-Laserjet", in Höhe von
45,68 € für ein "Medi-Tower-Gehäuse" und 153 € für den Ersatz eines Motors einer Karusell-Drehmaschine, die Rechnung vom 27.
März 2003 über ein gebrauchtes Bearbeitungszentrum in Höhe von 1.740 €, welche der Kläger zu 1) für die Firma des Klägers
zu 2) beglichen habe, den Kontoauszug Nr 1/1999 der Volksbank B.-B. R. eG und der "Nachtrag zum Darlehensvertrag vom 30. April
1999" zwischen dem Kläger zu 1) und der "Firma G. S. Maschinenbau" vom 14. Januar 2008, wonach der Kläger zu 1) der Firma
des Klägers zu 2) das Darlehen I in Höhe von 150.00 DM und das Darlehen II in unbestimmter Höhe (Stand zum 31. Dezember 2005
17.733,34 €) gewährt habe. Diesbezüglich haben die Kläger ausgeführt, der schriftliche Darlehensvertrag datiere erst vom 14.
Januar 2008, da im Rahmen einer Betriebsprüfung die Aufklärung erfolgt sei, dass der Darlehensvertrag, der bisher nur mündlich
geschlossen worden sei, schriftlich zu erfolgen habe. Die Darlehensbeträge seien bisher nicht an den Kläger zu 1) zurückbezahlt
worden.
Das SG hat am 4. August 2008 einen Erörterungstermin durchgeführt und den Kläger zu 1) persönlich angehört. Im Hinblick auf dessen
Angaben wird auf die Niederschrift Bezug genommen (Bl 52 bis 56 der SG-Akte S 5 KR 2032/07). Mit Beschluss vom 14. August 2008 und Änderungsbeschluss vom 26. August 2008 hat das SG die Deutsche Rentenversicherung Bund (Beigeladene zu 1), die Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 2) und die Techniker
Krankenkasse - Pflegekasse - (Beigeladene zu 3) zum Verfahren beigeladen.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. März 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klagen seien zulässig, auch wenn der angefochtene
Bescheid vom 18. April 2006 ausschließlich an den Kläger zu 1) adressiert gewesen sei. Auch der Kläger zu 2) habe gegen diesen
Bescheid Widerspruch einlegen dürfen, da er als Arbeitgeber durch diesen Bescheid als Dritter, der durch den Bescheid in seinen
eigenen rechtlichen Interessen verletzt sein könne, widerspruchsbefugt sei. Die Klage sei aber nicht begründet, da der Kläger
zu 1) in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis beim Kläger zu 2) stehe. Bei der Tätigkeit des Klägers zu
1) handle es sich um eine Dienstleistung höherer Art, die dieser ausschließlich in dem vom Kläger zu 2) vorgegebenen betrieblichen
Rahmen entfalten könne. Er sei damit in einem fremden Betrieb eingegliedert. Er verfüge auch nicht über eine eigene Betriebsstätte.
Inhaber der Firma sei vielmehr der Kläger zu 2). Ein Einvernehmen zwischen den Klägern hinsichtlich des unternehmerischen
Kurses stehe der Annahme von Weisungsunterworfenheit nicht entgegen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger zu 1) eine
unternehmerische Entscheidung von Gewicht ohne oder gar gegen den Willen des Klägers zu 2) getroffen habe. Für ein Beschäftigungsverhältnis
spreche zudem das Fehlen eines Unternehmerrisikos. Denn der Kläger zu 1) setze seine Arbeitskraft nicht mit der Gefahr eines
Verlustes ein. Vielmehr sei der Ertrag seiner Arbeitskraft dadurch gesichert, dass er ein festes Arbeitsentgelt erhalte. Ein
etwaiger Lohnverzicht führe jedenfalls nicht zur Eröffnung unternehmerischer Chancen. Der Kläger zu 1) sei zudem nicht am
Unternehmensgewinn beteiligt. Auch die Gewährung von Darlehen führe zu keinem anderen Ergebnis, da sie vor allem dann anzutreffen
seien, wenn der Arbeitnehmer zur Überwindung wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Arbeitgebers beitragen wolle.
Hiergegen richtet sich die am 2. April 2009 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Kläger. Zur Begründung
wiederholen sie ihr bisheriges Vorbringen und betonen nochmals, nur der Kläger zu 1) sei aufgrund seiner Ausbildung in der
Lage, den Betrieb als Technischer Leiter zu führen. Aufgrund mangelnder Fachkenntnisse des Klägers zu 2) habe dieser nicht
die Möglichkeit, dem Kläger zu 1) Weisungen im Bereich der Technischen Leitung zu erteilen. Insofern sei die Tätigkeit des
Klägers zu 1) - entgegen der Ansicht des SG - nicht mit einer Dienstleistung höherer Art zu vergleichen. Denn bei Dienstleistungen höherer Art gebe regelmäßig der Geschäftsinhaber
Ziele vor, die zu erfüllen seien. Im Gegensatz hierzu lege der Kläger zu 1) die Ziele selbst fest. Deshalb existiere auch
kein schriftlicher Arbeitsvertrag. Der Umstand, dass der Kläger zu 1) ein Entgelt erhalte, welches unterhalb des üblicherweise
hierfür gezahlten Entgeltes liege, sei lediglich auf die familiäre Verbundenheit zurückzuführen und stelle ein Indiz dafür
dar, dass es sich um eine selbständige Tätigkeit in einem Familienunternehmen handle. Das Stellen eines Darlehens in Höhe
von 150.000 DM entspreche nicht dem Darlehen eines Arbeitnehmers zur Überwindung wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Arbeitgebers.
Auch die Tatsache, dass erst zehn Jahre später ein schriftlicher Darlehensvertrag angefertigt worden sei, zeige, dass es sich
hier um kein typisches kurzfristiges Arbeitnehmerdarlehen handle.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. März 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2006 in der
Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21. März 2007 aufzuheben sowie festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers zu 1) für
den Kläger zu 2) seit dem 1. März 1989 nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster
und zweiter Instanz, auf die beigezogenen Akten S 5 KR 1129/05, S 5 KR 1920/05 ER und L 11 KR 3113/05 ER-B sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§
143,
151 Abs
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten
ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§
124 Abs
2 SGG), ist zulässig und statthaft, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zurecht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 18. April 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide
vom 21. März 2007 (§
95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die Tätigkeit
des Klägers zu 1) für den Kläger zu 2) in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig ist.
Das SG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klage - insbesondere hinsichtlich des Klägers zu 2) - zulässig ist. Denn
Voraussetzung der Zulässigkeit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§
54 Abs
1,
55 Abs
1 Nr
1 SGG ist die Durchführung des Vorverfahrens (§
78 Abs
1 Satz 1
SGG). Mit Erlass des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2007 hat die Beklagte das Vorverfahren, welches von beiden Klägern mit
ihren Widersprüchen eingeleitet wurde (vgl §
62 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X] iVm §
83 SGG), beendet. Zwar setzt ein statthaftes Vorverfahren den Erlass des angefochtenen Bescheids und eine Beschwer des Betroffenen
voraus (Krasney in Kasseler Kommentar, § 62 SGB X Rdnr 9, Stand März 1995; Schenke in Kopp/Schenke, Kommentar zur
Verwaltungsgerichtsordnung 16. Auflage 2009 §
68 Rdnr 2). Diese Voraussetzung ist vorliegend aber erfüllt. Denn mit dem Bescheid vom 18. April 2006 hat die Beklagte gegenüber
dem Kläger zu 1) die Versicherungspflicht seiner Beschäftigung bei dem Kläger zu 2) für den Zeitraum ab dem 1. März 1989 festgestellt.
Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 37 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) demjenigen Beteiligten bekanntzugeben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Die mit Bescheid vom 18.
April 2006 getroffene Feststellung betrifft auch den Kläger zu 2), da mittelbare Folge der Versicherungspflicht einer Beschäftigung
für den Arbeitgeber die Pflicht zur Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages gemäß §
28 e Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) ist. Hierauf hat das SG zu Recht hingewiesen. Vorliegend kann aufgrund der Gesamtumstände davon ausgegangen werden, dass der Bescheid vom 18. April
2006 auch an den Kläger zu 2) bekanntgegeben werden sollte, obwohl lediglich der Kläger zu 1) im Adressfeld genannt wurde.
Dies ergibt sich daraus, dass beide Kläger bei der Beklagten die Überprüfung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers zu
1) beantragt hatten und beide durch denselben Bevollmächtigten vertreten worden sind. Diesem Bevollmächtigten hat die Beklagte
gemäß § 37 Abs 1 Satz 2
SGG den Bescheid vom 18. April 2006 bekannt gegeben. Ein entsprechender Bekanntgabewillen der Beklagten ist daher anzunehmen
(vgl Bundesverwaltungsgericht [BVerfG], Urteil vom 23. Juli 1965, VII C 175.45 = BVerwGE 22, 14; Engelmann in von Wulffen, Kommentar zum SGV X, 6. Auflage, § 37 Rdnr 3). Nachdem auch beide Kläger durch ihren Bevollmächtigten
Widerspruch eingelegt haben und der Widerspruchsausschuss der Beklagten zwei getrennte Widersprüche erlassen hat, ist das
Fehlen der Anschrift des Klägers zu 2) im Bescheid vom 18. April 2006 unschädlich (vgl allgemein hierzu auch Bundesfinanzhof
[BFH], Beschluss vom 26. Juni 2008 - IV R 89/05; Urteil vom 1. Dezember 2004 - II R 10/02; veröffentlicht in juris).
Die Berufung der Kläger ist jedoch unbegründet, weil die Beklagte zu Recht festgestellt hat, dass der Kläger zu 1) beim Kläger
zu 2) seit dem 1. März 1989 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübt.
Nach §
28 h Abs
2 Satz 1
SGB IV in der seit 1. Januar 2006 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2006 (BGBl I, 86) entscheidet die Einzugsstelle
über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
und prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenzen bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§
8 und
8 a SGB IV; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Die nach §
28 i Satz 1
SGB IV zuständige Einzugsstelle war hier die Beklagte, weil es die Krankenversicherung für den Kläger zu 1) durchführte. Da sie
auf entsprechende Anfrage der Kläger ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Sozialversicherungspflicht einleitete,
scheidet das Anfrageverfahren nach §
7 a SGB IV aus, für das die Beigeladene zu 1) zuständig ist.
Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach §
5 Abs
1 Nr
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V), in der Rentenversicherung nach §
1 Satz 1 Nr
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch ([SGB III], bis 31. Dezember 1997 § 68 Abs 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes) sowie
ab dem 1. Januar 1995 (Art 1, 68 des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit vom 26. Mai 1994
- BGBl I 1994, 1014) in der Pflegeversicherung nach §
20 Abs
1 Satz 1 und Satz 2 Nr
1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach §
7 Abs
1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit
nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§
7 Abs
1 Satz 2
SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, vgl. Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 7, Urteil vom 04. Juli 2007, B 11 a AL 5/06 R) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer
vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte
in dem Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers
unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein
einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete
Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche
Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit
Bundesverfassungsgericht SozR 3 - 2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG SozR 4
- 2400 § 7 Nr 7 Rdnr 16).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich
relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung
vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich
vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von
ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich
getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich
gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich
möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam
abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem
Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 4; SozR 3 - 4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die
tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie
rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7).
Das BSG hat in zahlreichen Entscheidungen in ständiger Rechtsprechung betont, dass es auch bei einer Familiengesellschaft
wesentlich auf die Kapitalbeteiligung und die damit verbundene Einflussnahme auf die Gesellschaft und deren Betrieb ankommt.
Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen
Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls
zu ziehen (BSG, Urteile vom 10. Mai 2007 - B 7 a AL 8/06 - und vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -, jeweils in juris veröffentlicht). Zwar führt das Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu
einer abhängigen Beschäftigung, jedoch ist in diesen Fällen von einer abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten
Einzelfällen abzugehen. Ein solcher Ausnahmefall kann zB bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit
der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die z.B. dadurch zum Ausdruck
kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften
Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen,
der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie
ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl BSG, Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 R
AR 85/86 -, veröffentlicht in juris). Dies bedeutet aber nicht, dass jede familiäre Verbundenheit zum Ausschluss eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses führt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer
nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist vielmehr ebenfalls unter Berücksichtigung
der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSGE 3, 30, 39 f; 17, 1, 7 f; 74, 275, 278 f; BSG SozR 220 § 165, Nr 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr 11).
Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen ist zudem neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem
ggfs abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers von Bedeutung, ob der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen
Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten
hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgelts lediglich Indizwirkung zu. Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung,
ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als
Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine
fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses
nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist (BSG SozR 3 - 2500 § 5 Nr 17). Der
Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im
Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt
wird (BSGE 34, 207, 210; SozR 3 - 2400 § 7 Nr 1; SozR 3 - 4100 § 168 Nr 11).
Nach Abwägung aller Gesichtspunkte steht zur Überzeugung des Senats gemessen an diesen Grundsätzen fest, dass die Tätigkeit
des Klägers zu 1) bei dem Kläger zu 2) seit dem 1. März 1989 sozialversicherungspflichtig ist. Denn die Merkmale, die für
eine abhängige Beschäftigung sprechen, überwiegend vorliegend. Dies hat das SG im Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt. Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG insoweit in vollem Umfang an und sieht deswegen von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab (§
153 Abs
2 SGG).
Ergänzend ist auszuführen, dass ein schriftlicher Arbeits- oder Ausbildungsvertrag, der grundsätzlich Ausgangspunkt für die
Überprüfung der rechtlich relevanten Umstände ist, vorliegend nach den Angaben der Kläger nicht geschlossen worden ist. Dies
ist zwar etwas überraschend, weil der Kläger zu 1) von 1983 bis 1986 eine Ausbildung in der Firma des Klägers zu 2) begonnen
hat und im Übrigen nach der ständigen Rechtsprechung des BFH Arbeitsverhältnisse unter nahen Angehörigen steuerlich nur anzuerkennen
sind, wenn sie klar vereinbart und ernsthaft gewollt sind, tatsächlich durchgeführt werden und einem Fremdvergleich standhalten
(BFH, Urteil vom 29. November 1988 - VIII R 83/82 = BFHE 155, 114). Erfahrungsgemäß legen die Finanzämter deshalb Wert darauf, dass in diesen Fällen ein schriftlicher Arbeitsvertrag vorgelegt
wird. Das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrages spricht aber nicht gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Denn
der wirksame Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages gemäß §
611 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) bedurfte weder zu Beginn der Beschäftigung noch Bedarf er heute der Schriftform.
Der Kläger zu 1) hat seine Tätigkeit im Feststellungsbogen als Technischer Betriebsleiter umschrieben und insbesondere auf
die Gewährung von Darlehen und seine Weisungsfreiheit hingewiesen. In seinem Antrag vom 12. April 2006 wurde ergänzend darauf
hingewiesen, dass er alleinverantwortlich für den Ein- und Verkauf von Material, für die Kalkulations- und Angebotserstellung
von Werkaufträgen, das Führen von Preisverhandlungen und die Projektkalkulation, die die Konstruktions-, Material-, Fertigungsplanung
und Montage erfasse. Ferner unterliegt ihm danach die Mitarbeiterführung, die Verwaltung, die Lehrlingsausbildung, die Mitarbeitereinstellung
und -entlassung sowie deren Koordination. Zur Überzeugung des Senat lässt sich die beschriebene Tätigkeit des Klägers zu 1)
ohne Weiteres mit der Stellung eines (abhängig beschäftigten) leitenden Angestellten bei dem Kläger zu 2) in Einklang bringen.
Zur Tätigkeit eines leitenden Angestellten gehört ua, Personal einzustellen und zu entlassen, so dass die Wahrnehmung von
Arbeitgeberfunktionen in der Position eines leitenden Angestellten nicht gegen eine abhängige Beschäftigung spricht. Hierfür
spricht im Übrigen auch die Erklärung des Klägers zu 2) vom 16. März 2006, wonach er "Inhaber des Maschinenbaubetriebs" sei
und den Kläger zu 1) bis auf Weiteres in seinem Betrieb beschäftige. Allein dadurch hat der Kläger zu 2) jedoch hinreichend
zum Ausdruck gebracht, dass er nicht von einer Mitinhaberschaft des Klägers zu 1) ausgeht.
In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der Kläger zu 2) in dem Verfahren L 11 KR 3113/05 ER-B den Kläger selbst als "Arbeitnehmer" bezeichnet hat (Schriftsatz vom 27. Juli 2005). Für die Arbeitnehmerschaft spricht
auch, dass der Kläger zu 1) Sonntagszuschläge erhält. Hierbei handelt es sich jedoch um typische Bestandteile einer Arbeitnehmervergütung.
Für das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung seit 1. März 1989 spricht zudem maßgeblich das fehlende Unternehmerrisiko
des Klägers zu 1). Das Maschinenbauunternehmen des Klägers zu 2) wird weiterhin als Einzelfirma vom Kläger zu 2) geführt,
der aufgrund seiner unternehmerischen Stellung die volle Haftung und damit auch allein das unternehmerische Risiko trug und
trägt. Die von dem Kläger zu 1) eingesetzte Arbeitskraft kann dem Wagniskapital eines Unternehmers nicht gleichgesetzt werden.
Bei dem Kläger zu 1) bestand und besteht nicht die Gefahr, die Arbeitskraft ohne Gegenleitung einzusetzen, auch wenn das Gehalt
teilweise verspätet gezahlt wird. Allein das unternehmerische Interesse an dem Unternehmen kann nicht zu einer Beurteilung
als selbständig Tätiger führen.
Auch die Gewährung eines Darlehens ändert hieran nichts. Zwar kann die Gewährung von Krediten ein Indiz gegen ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis sein, durch die Gewährung eines Darlehens erhält der Darlehensgeber jedoch keine Befugnisse, die
Geschicke des Betriebes zu beeinflussen. Hieraus entsteht auch kein Betriebsrisiko, denn die Tragung dieser Risiken findet
ihre Rechtfertigung in den darlehensrechtlichen Beziehungen. Ungeachtet dessen ist die Gewährung von Darlehen unter Familienangehörigen
mit der Gewährung eines Darlehens durch einen fremden Arbeitnehmer, der nicht Angehöriger des Unternehmensinhabers ist, nicht
zu vergleichen (vgl LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 15. August 2008 - L 4 KR 4577/06 und vom 10. Oktober 2008 - L 4 KR 4694/07; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Juli 2009 - L 1 KR 166/08; Senatsurteil vom 15. Dezember 2009 - L 11 KR 2296/07). Familienmitglieder und insbesondere auch potenzielle Erben bzw Unternehmensnachfolger haben in der Regel ein gesteigertes
Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Hieraus folgt aber kein wesentliches Unternehmerrisiko.
Soweit der Kläger zu 1) vorträgt, er habe in den Jahren 2002 und 2003 auf eigene Rechnung erhebliche Investitionen für die
Firma des Klägers zu 2) getätigt, rechtfertigt dies ebenfalls nicht die Annahme eines wesentlichen Unternehmerrisikos. Denn
aus den im Klageverfahren vorgelegten Überweisungen und Rechnungen ergibt sich, dass es sich hierbei jeweils nur um kleinere
Beträge (zwischen 45,68 € und 153,-- €) gehandelt hat. Lediglich die Rechnung über ein gebrauchtes Bearbeitungszentrum vom
27. März 2003 weist eine Summe von 1.740,-- € auf, die der Kläger zu 1) laut handschriftlichem Vermerk auf dieser Rechnung
privat bezahlt hat. Aber auch durch die Übernahme dieser Rechnung kann nicht von einem wesentlichen Unternehmerrisiko ausgegangen
werden.
Der Senat vermag insgesamt nicht zu erkennen, dass der Kläger zu 1) die Geschäfte des väterlichen Unternehmens faktisch wie
ein Alleinunternehmer nach eigenem Gutdünken führt(e), Geschäftspolitik betreibt, strategische Entscheidungen allein fällt
und die gegebene Betriebsordnung für ihn nicht gilt. Mangels Unternehmensbeteiligung war und ist er nicht in der Lage, gegen
den Kläger zu 2) zu entscheiden und dies wirksam durchzusetzen. Dass der Kläger zu 2), der das Baumaschinenunternehmen aufgebaut
und bis Februar 1989 (seit 1975) auch alleine geführt hat, gänzlich auf sein Weisungsrecht verzichtet, ist nicht ersichtlich
und wird auch nicht einmal vom Kläger zu 1) behauptet. Denn gegenüber dem SG hat der Kläger zu 1) angegeben, dass der Kläger zu 2) die gesamte Betriebsleitung inne hatte. Auch der technische Bereich
wurde danach vom Kläger zu 2) miterledigt. Hierbei hat der Kläger zu 1) ausdrücklich angegeben, dass es im Laufe der Zeit
keine Änderung ergab, was die Tätigkeit des Klägers zu 2) betrifft. Auch erfolgen die Entscheidungen im gemeinsamen Gespräch
(vgl zu alledem Niederschrift vom 4. August 2008, Bl 52 - 55 der SG-Akte S 5 KR 2032/07, hier insbesondere Bl 53). Daraus ergibt sich aber, dass sich der Kläger zu 2) nicht aus der Führung des Betriebes verabschiedet
hat, sondern vielmehr auch weiterhin - wenn auch zusammen mit dem Kläger zu 1) - die Geschicke des Unternehmens maßgeblich
lenkt. Hierbei hat er jedoch aufgrund der Rechtsform des Unternehmens weiterhin die Letztentscheidungsbefugnis.
Selbst wenn in der praktischen Tätigkeit das Weisungsrecht des Klägers zu 2) nicht ausgeübt wird, ist darauf hinzuweisen,
dass die Abhängigkeit unter engen Verwandten im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise
mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (vgl BSG, Urteil vom 21. April 1993 - SozR 3-4100 § 168 Nr 11). Hätte der Kläger
zu 1) tatsächlich die Geschicke des Unternehmens des Beigeladenen zu 2) selbst geleitet, wäre es naheliegend gewesen, auch
das Haftungsrisiko zu verbreitern und eine entsprechende gesellschaftsrechtliche Anpassung vorzunehmen. Dieser rechtliche
Schritt, um den Status des Klägers zu 1) weg von der abhängigen Beschäftigung hin zu Selbständigkeit zu festigen, war zwar
wohl im Jahr 1999 gewollt - wofür die Darlehensaufnahme von 150.000 DM und der Darlehensvertrag vom 18. Mai 1999 spricht -,
sie wurde jedoch bis heute nicht in die Praxis umgesetzt. Der Kläger zu 1) hat mithin bis heute keine rechtlichen Befugnisse
innerhalb der Firma. Ihm war und ist keine Rechtsmacht eingeräumt, die es ihm ermöglicht hätte, gegen den Willen des Klägers
zu 2) Geschäfte zu betreiben.
Das Verhältnis des Klägers zu 1) zum Kläger zu 2) stellt sich bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung als ein in der betrieblichen
Praxis nicht untypischer Entwicklungsprozess eines Hineinwachsens der jüngeren Familienangehörigen in die Unternehmensnachfolge
dar. Es entspricht aber der allgemeinen Lebenserfahrung, dass erst eine rechtlich durchgeführte und damit vollzogene Betriebsübergabe
von den Eltern auf die Kindern den (von allen Beteiligten auch als solchen wahrgenommenen) wirklichen "Einschnitt" in der
Unternehmensnachfolge darstellt. Erst dann endet das allmähliche Hineinwachsen in eine etwaige Unternehmensnachfolge und erst
dann existiert auch das bis dahin nach wie vor fortbestehende, wenn auch möglicherweise faktisch nicht mehr ausgeübte Weisungsrecht
nicht mehr. Bis zum rechtlichen Vollzug einer Unternehmensnachfolge besteht dagegen immer noch die Möglichkeit, an der Nichtausübung
eines Weisungsrechts jederzeit etwas zu ändern, sodass bis dahin sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht
entsprechende Unsicherheiten verbleiben (vgl Senatsurteile vom 4. Dezember 2007 - L 11 KR 1749/07; vom 15. Juli 2008 - L 11 KR 4946/07; vom 5. August 2008 - L 11 KR 4946/07; vom 14. Oktober 2008 - L 11 KR 1347/08; vom 29. September 2009 - L 11 KR 4621/08; vom 15. Dezember 2009 - L 11 KR 2296/07; BSG, SozR 3-2400 § 7 Nr 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.