Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Fallpauschalen
Anforderungen an die Kodierung einer Segmentresektion des Ileums neben einer Hemikolektomie rechts
Tatbestand
Streitig ist die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin, ein nach §
108 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassenes Hochschulklinikum, behandelte vom 19.06.2016 bis 27.06.2016 vollstationär
die Versicherte der Beklagten, G (geb. 1953). Die Versicherte war an einem Karzinom im Bereich des Blinddarms erkrankt. Am
20.06.2016 erfolgte die operative Entfernung eines Teils des Dickdarmes (Hemikolektomie rechts). Der Histologiebefund ergab
eine Infiltration des terminalen Ileums.
Am 06.07.2016 stellte die Klägerin der Beklagten für die Behandlung der Versicherten 11.955,89 € in Rechnung. Sie brachte
unter anderem den Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 5-455.91 [Resektion des Colon ascendens mit Coecum und rechter
Flexur und Colon transversum (Hemikolektomie rechts mit Transversumresektion)] zum Ansatz und rechnete mit der Diagnosis Related
Group (DRG) G02B (komplexe Eingriffe an Dünn- und Dickdarm) ab.
Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst. Sodann legte sie die Sache dem MDK zur Prüfung der Kodierung vor (Prüfanzeige
vom 28.07.2016). Im Gutachten vom 29.09.2016, das auf Grundlage einer Vorort-Prüfung von G1 am 28.09.2016 erstellt wurde,
kam der MDK zu dem Ergebnis, anstatt des OPS 5-455.91 sei der OPS 5-455.41 [Resektion des Colon ascendens mit Coecum und rechter
Flexur (Hemikolektomie rechts)] zu kodieren. Damit sei die Klägerin einverstanden. Daraus ergebe sich anstatt der DRG G02B
die DRG G18B (bestimmte Eingriffe an Dünn- und Dickdarm). In der Fallerörterung habe die Klägerin den OPS 5-454.20 (Segmentresektion
des Ileums) nachkodiert. Entsprechend dem OP-Bericht sei ein Absetzen des Ileums von ca. 40 cm vor dem tumorösen Prozess erfolgt.
Dies stelle einen integralen Bestandteil der Hemikolektomie rechts dar und könne nicht extra kodiert werden.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 13.10.2016 mit, es bestehe ein Erstattungsanspruch in Höhe von 3.084,40
€. Die Klägerin entgegnete mit Schreiben vom 06.10.2016, die Resektion sei nicht integraler Bestandteil des geänderten OPS
5-455.41. In diesem Kode sei die Mitresektion einer Ileummanschette enthalten; im vorliegenden Fall seien 40 cm Ileum entfernt
worden. Diese Länge sei eindeutig mehr als eine Manschettenresektion.
Am 07.08.2017 verrechnete die Beklagte den strittigen Betrag.
Am 29.05.2019 hat die Klägerin zum Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Kodierung des OPS 5-454.20 sei zutreffend erfolgt. Bei der Versicherten
sei eine erweiterte Hemikolektomie rechts mit partieller Omentumresektion, eine Ileumresektion und eine komplette Lymphadenektomie
bis an den Pankreaskopf und eine partielle Bauchwandresektion erfolgt. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Segmentresektion
des Ileums (OPS 5-454.20) nicht integraler Bestandteil der Hemikolektomie, welche mit OPS 5-455.41 abgebildet werde. Nach
dem OP-Bericht seien 40 cm Ileum reseziert worden. Dabei handele sich nicht um die Resektion einer Manschette, die Bestandteil
von OPS 5-455.4 sei. Zu dem Sachverständigengutachten von S (s. unten) hat sie unter Vorlage einer Stellungnahme von H vom
03.11.2019 ausgeführt, die Lokalisation des Tumors und die Infiltration aus onkologischer Sicht habe das erweiterte Ausmaß
der Resektion indiziert. Das Resektionsausmaß sei korrekt gewählt und unabdingbar erforderlich gewesen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Prüfung durch den MDK habe ergeben, dass eine andere DRG als zunächst in
der Rechnung angenommen zu vergeben sei. Dem habe sich die Klägerin angeschlossen. Der streitige Betrag stehe ihr aber nicht
zu. Die Kodierung sei nicht ordnungsgemäß. Der OPS 5-454.20 könne nicht kodiert werden, da er integraler Bestandteil der Hemikolektomie
sei. Das Sachverständigengutachten von S (s. unten) bestätige den Vergütungsanspruch nicht. Der Gutachter habe ausgeführt,
es sei wenig nachvollziehbar, warum 40 cm Ileum entfernt worden seien.
Das SG hat ein Gutachten nach Aktenlage bei S, Facharzt für Chirurgie und Sozialmedizin, eingeholt. Im Gutachten vom 07.10.2019
hat S ausgeführt, die Entfernung des terminalen Ileums sei Bestandteil einer Hemikolektomie. Die erforderliche Länge des Ileumresektates
betrage allerdings im Normalfall 10 cm (-20 cm), nicht jedoch 40 cm, soweit sich nicht Umstände ergäben, die ein davon abweichendes
Ausmaß erforderten. Insoweit könne der Einschätzung des MDK nicht zugestimmt werden. Ein Ileumsegment von 40 cm könne dem
Wortlaut nach eher nicht als Manschette bezeichnet werden, allerdings auch nicht bei einer (nach geltendem operativen Standard
üblichen) Länge von 10 (-15 bis 20 cm). Habe die Länge des resezierten Ileumabschnitts 40 cm betragen, sei das regelhaft vorzunehmende
und operationstechnisch erforderliche Ausmaß der Ileumresektion offenbar überschritten. Nach den Hinweisen zum OPS 5-455 (partielle
Resektion des Dickdarms) wäre dann auch ein Nachbarorgan teilreseziert worden und dies somit gesondert zu kodieren (5-454.20).
Habe die Ileumresektion lediglich ca. 20 cm betragen, überschreite dieses Maß nicht den operativ erforderlichen bzw. üblichen
Umfang im Rahmen einer Hemikolektomie rechts. Ob und weshalb die Entfernung von 40 cm Ileum notwendig gewesen sei, müsse offenbleiben,
da entsprechende Hinweise im Operationsbericht nicht enthalten seien.
Mit Urteil vom 18.05.2020 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin 3.084,40 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
seit dem 08.08.2017 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe im vorliegenden Fall zu Recht den OPS-Kode
5-454. 20 (Teilresektion des Ileums) angesetzt. Während der Operation der Versicherten in Form einer Hemikolektomie rechts
bei Karzinom sei im vorliegenden Fall unter anderem auch eine Segmentresektion des Ileums erfolgt. Entgegen der Auffassung
der Beklagten und des MDK sei die vorgenommene Segmentresektion aber nicht integraler Bestandteil der durchgeführten Hemikolektomie
rechts. Der entfernte Teil des Ileums sei nicht als "Ileummanschette", die aus operationstechnischen Gründen habe mit entfernt
werden müssen, im Sinne des Hinweises in 5-455.4 aufzufassen. Zum einen ergebe sich aus der Stellungnahme von H vom 03.11.2019,
dass die Teilresektion gerade nicht aus operationstechnischen Gründen erfolgt sei, sondern aus chirurgisch-onkologischen Gründen,
um den Tumor radikal und vollständig sicher zu entfernen. Die Lokalisation des Tumors in der Ileocoekalklappe und die Infiltration
des terminalen Ileums hätten aus onkologischer Sicht das erweiterte Ausmaß der Resektion oralwärts erforderlich gemacht. Mithin
sei bereits das Erfordernis des zitierten Hinweises in 5-455.4, nämlich die aus "operationstechnischen Gründen erforderliche"
Mitresektion eines Ileumsteils im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Wie sich aus dem Gutachten von S ergebe, sei zum anderen
die Mitresektion eines Ileumsegments von mehr als 10-15 cm nicht integraler Bestandteil einer Hemikolektomie rechts. Dies
werde auch gestützt durch das Vorbringen des damaligen Operateurs, H. Auch dieser teile nachvollziehbar und schlüssig mit,
dass die "übliche" Länge eines mitresezierten Ileumsegments in der Regel 10 cm sei. Aus dem Gutachten des MDK ergebe sich
an keiner Stelle, wie lang nach Auffassung des MDK normalerweise die mitentfernten Ileumteile bei einer Operation wie der
vorliegenden seien. Mithin sei das hier mit entfernte Ileumteil nicht als "Ileummanschette" im Sinne des Hinweises in OPS
4 - 455.4 zu sehen. Soweit H in seiner Stellungnahme vom 03.11.2019 angegeben habe, es könne sein, dass das entfernte Stück
nicht 40 cm, sondern auch nur 30 cm gewesen sei, ergebe sich hieraus nichts Anderes. Auch in der Pathologie sei das entfernte
Stück noch mehr als 21 cm lang gewesen. Ausgehend von den Werten, die sowohl H wie auch, mit diesem also übereinstimmend,
S angegeben hätten, nämlich von 10-15, max. 20 cm, habe im vorliegenden Fall eine weitergehende Entfernung vorgelegen. Im
Übrigen dürfte ohnehin bei einer Resektion von mehr als 10 Zentimetern nicht mehr von einer üblicherweise mitentfernten "Manschette"
zu sprechen sein; hierauf komme es vorliegend aber aus den genannten Gründen nicht an. Daraus ergebe sich, dass die vorliegend
erfolgte Segmentresektion eines Teils des Ileums nicht integraler Bestandteil einer Hemikolektomie rechts gewesen sei und
mithin nicht von OPS 5-455.41 umfasst werde. Soweit der Gutachter S am Ende seines Gutachtens angegeben habe, es sei für ihn
nicht ersichtlich gewesen, weshalb im vorliegenden Fall ein so großer Teil des Ileums reseziert worden sei, sei dies durch
H schlüssig und nachvollziehbar erläutert worden. Im vorliegenden Fall sei die Entfernung des großen Stückes eben nicht aus
operationstechnischen Gründen erfolgt, sondern aufgrund der Lage des Tumors. Um den erforderlichen Sicherheitsabstand zum
betroffenen Gewebe einzuhalten, sei es ihm Falle der Versicherten erforderlich gewesen, dieses große Stück des Ileums mit
zu entfernen. Auch dies zeige wiederum, dass die vorliegend erforderliche und erfolgte Teilresektion des Ileums nicht Bestandteil
einer "normalen" Hemikolektomie rechts sei. Der entgegenstehenden Auffassung der Beklagten unter Verweis auf den MDK könne
sich das Gericht nicht anschließen. Der MDK habe sich nur mit dem einen Satz, die Entfernung stelle einen integralen Bestandteil
der Hemikolektomie rechts dar und könne nicht extra kodiert werden, zu dem Fall geäußert. Weitere medizinische Äußerungen
lägen ansonsten von ihm nicht vor. Wie dargestellt, erweise sich dies jedoch als unzutreffend. Die Auffassung des MDK sei
daher widerlegt.
Gegen das ihr am 22.05.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.06.2020 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg
eingelegt. Sie macht geltend, die Voraussetzungen für die Kodierung des OPS 5-454.20 lägen nicht vor. Die Teilresektion des
Ileums sei integraler Bestandteil der durchgeführten Hemikolektomie (OPS 5-455.41) und könne nicht zusätzlich kodiert werden.
Dies folge aus dem eindeutigen Wortlaut des OPS 5.455, wonach die aus operationstechnischen Gründen erforderliche Mitresektion
einer Ileummanschette im Kode enthalten sei. Auch der Sachverständige bestätigte dies. Der OPS 5-455.4 unterscheide nicht
nach der Länge der mitentfernten Ileummanschette. Zudem sei die Entfernung von 40 cm Ileum nicht medizinisch notwendig gewesen.
Außerdem werde bestritten, dass überhaupt 40 cm Ileum entfernt worden seien. Das SG hätte aufklären müssen, ob die die Entfernung von 40 cm Ileum tatsächlich notwendig gewesen sei. Außerdem hätte es die Bedeutung
des Begriffs "Ileummanschette" klären müssen. Schließlich sei die Klägerin mit der Nachkodierung des OPS 5-455.4 nach § 7
Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) ausgeschlossen. Bislang sei kein entsprechender neuer Rechnungsdatensatz an die Beklagte
übermittelt worden. Ergänzend hat die Beklagte ein weiteres Gutachten des MDK vom 21.06.2021 vorgelegt. S führt darin aus,
die durchgeführte Resektion entspreche der im Code der Hemikolektomie enthaltenen operationstechnisch erforderlichen Mitresektion
des terminalen Ileumsegmentes. Ein operativer Mehraufwand zusätzlich zur üblichen Resektion im Rahmen der Ileozökalresektion
sei im OP-Bericht nicht beschrieben; die Skelettierung der Arteria ileocolica sei integraler Bestandteil der Hemikolektomie
rechts und stelle ein operatives Standardvorgehen dar. Die Mitresektion des terminalen Ileums sei medizinisch immer notwendig,
da das terminale Ileum in den Versorgungsbereich der Arteria ileocolica falle. Eine Hemikolektomie rechts ohne Mitresektion
des terminalen Ileums sei nicht möglich. Die Dokumentation der Klägerin sei widersprüchlich. Die Resektion von 40 cm im Ileum
sei weder mit dem Histologiebericht noch mit der im OP-Bericht beschriebenen durchgeführten Skelettierung in Einklang zu bringen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18.05.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der OPS 5-454.20 sei kein integraler Bestandteil der Hemikolektomie, abgebildet
mit dem OPS 5-455.41. Ausweislich des Operationsberichts seien ca. 40 cm Ileum reseziert worden. Im Operationsbericht heiße
es: "Absetzen des Ileums ca. 40 cm vor dem tumorösen Prozess mit dem GIA 55 und komplette Skelettierung des Resektates." H
habe in seiner Stellungnahme vom 03.11.2019 erklärt, dass es sich bei der im OP angegebenen Länge um eine Schätzung am gestreckten
Frischpräparat gehandelt habe. Die Länge könne intraoperativ auch lediglich 30 cm betragen haben. Dass diese nach Fixierung
mit lediglich 21,5 cm ausgemessen worden sei, sei verständlich und völlig nachvollziehbar. Bei der erfolgten Resektion des
Ileums von ca. 40 cm handele es sich nicht um eine Manschettenresektion, die im Hinweis unter dem OPS 5-455.41 verankert sei.
Eine Manschette meine im semantischen Sinne eine Ummantelung eines Gegenstands oder eines Körperteils. Bei einer Länge von
40 cm respektive 21,5 cm sei im Hinblick auf den vorliegenden Eingriff das Ausmaß einer Ummantelung hingegen überschritten.
Das SG sei zu Recht nicht auf den Begriff der Manschette eingegangen, da bereits die Voraussetzung der erforderlichen Mitresektion
aus operationstechnischen Gründen nicht vorgelegen habe. Hierzu führe der Sachverständige S in seinem Gutachten vom 07.10.2019
aus, dass lediglich die Entfernung des letzten Ileumabschnittes in einem Umfang, der eine sichere Durchblutung des terminalen
Ileums bei Wegfall der Versorgung durch die Arteria ileocolica und deren Äste gewährleiste, operationstechnisch erforderlich
sei. Das Gutachten verhalte sich nicht zu der Frage, ob die vorgenommene Resektion im Allgemeinen medizinisch notwendig gewesen
sei. Streitgegenstand sei lediglich die Frage, ob die durchgeführte Resektion von der Kodierung OPS 5-455.41 mitumfasst sei.
Da es sich vorliegend um einen fokal fortgeschrittenen, radikal entfernten Tumor gehandelt habe, der in der Ileocoekalklappe
lokalisiert und der terminale Ileum infiltriert gewesen sei, habe das hier vorliegende erweiterte Ausmaß der Resektion oralwärts
aus chirurgisch-onkologischen Gründen - nicht aus operationstechnischen Gründen - radikal reseziert werden müssen. Damit sei
gleichzeitig die medizinische Notwendigkeit der radikalen Resektion begründet. Soweit die Beklagte behaupte, die Klägerin
sei mit der "Nachkodierung" des OPS 5-455.41 nach § 7 PrüfvV ausgeschlossen, da kein entsprechender neuer Rechnungsdatensatz
an die Beklagte übermittelt worden sei, so irre sie. Da sich die abgerechnete DRG und der damit einhergehende Rechnungsbetrag
durch den Austausch des OPS und der zusätzlichen Kodierung des streitigen OPS nicht geändert habe, sei eine Rechnungskorrektur
nicht erforderlich. Zudem müsse nochmals hervorgehoben werden, dass infolge des nicht zu erzielenden Konsenses mit dem MDK
die Klägerin dem Austausch der beiden Prodezurenschlüssel nur unter der Maßgabe zugestimmt habe, dass für den Fall des Austauschs
der beiden Prozedurenschlüssel der OPS 5-454.20 kodiert werden müsse, faktisch keine geänderte Kodierung erfolgt sei. Zu dem
von der Beklagten vorgelegten Gutachten des MDK vom 21.06.2021 hat die Klägerin eingewendet: Unabhängig davon, ob es sich
um eine Länge von 40 cm oder aber 21,5 cm gehandelt habe, bleibe zu konstatieren, dass, bestätigt durch den Sachverständigen,
der entfernte Teil des Ileums nicht als "Ileummanschette", die aus operationstechnischen Gründen mitentfernt werden musste,
im Sinne des Hinweises in 5-455.4 aufzufassen sei. Da eine Abgrenzung einer "Manschette" gegenüber einem separat kodierbaren
Dünndarmsegment nicht festgelegt gewesen sei, sei im Jahr 2014 auf Vorschlag der gemeinsamen DRG-Kommission von BDC (Berufsverband
der Deutschen Chirurgen e.V.) und DGCH (Deutsche Gesellschaft für Chirurgie) in den OPS aufgenommen worden: "Eine über die
Mitresektion einer Manschette hinausgehende Resektion eines Segmentes mit seiner radiären mesenterialen Gefäßversorgung ist
gesondert zu kodieren (5-454f., 5-455ff.)." Eine ca. 2 bis 5 cm lange, über Gefäßarkaden versorgte Darm-Manschette erfülle
diese Bedingung nicht. Längere Darmabschnitte beziehungsweise Darmsegmente seien dagegen als Segmentresektion zusätzlich kodierbar
(Quelle: https://www.bdc.de/diagnosen- und prozedurenkodierung2014-chirurgisch-relevante-aenderungen-3-icd-10-gm- und-ops/).
Dies stütze die Feststellungen des Sachverständigen, dass jedenfalls bei einer Länge von 10 bis 15 cm nicht von einer Manschette
gesprochen werden könne und damit die vorgenommene Segmentresektion auch nicht integraler Bestandteil der stattgehabten Hemikolektomie
gewesen sei. Der entfernte Teil des Ileums sei nicht als "Ileummanschette" zu begreifen, die aus operationstechnischen Gründen
mitentfernt werden musste.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des
SG, die von der Klägerin vorgelegte Patientenakte der Versicherten sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die gemäß §
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht erhobene und gemäß §
143 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet
(§
124 Abs.
2 SGG), ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung, da der maßgebliche Beschwerdewert nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG von 750,00 € überschritten ist. Die Beklagte wehrt sich gegen eine Forderung der Klägerin für die Krankenhausbehandlung der
Versicherten in Höhe von 3.084,40 €.
2. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von (weiteren) 3.084,40
€ zzgl. Zinsen aufgrund der stationären Behandlung der Versicherten im Zeitraum vom 19.06.2016 bis 27.06.2016. Zu Unrecht
hat die Beklagte in dieser Höhe gegen andere (unstreitige) Forderungen der Klägerin aufgerechnet.
a) Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des §
54 Abs.
5 SGG die richtige Klageart gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten
Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in
dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (ständige Rechtsprechung vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil
vom 20.01.2021 - B 1 KR 31/20 R -, Urteil vom 17.12.2019 - B 1 KR 19/19 R -, in juris, Rn. 8 m.w.N.). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten
(BSG, Urteil vom 13.11.2013 - B 3 KR 33/12 R -, in juris, Rn. 9). Der mit dem Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz (MPEUAnpG) vom 28.04.2020 (BGBl. I 960) eingefügte §
17c Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) fand vorliegend noch keine Anwendung. Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert. Dies gilt auch für den
geltend gemachten Zinsanspruch. Insofern reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz aus (vgl. Becker-Eberhard, in: Münchener
Kommentar zur
ZPO, 4. Aufl. 2013, §
253 Rn. 132).
b) Die Klage ist auch begründet. Der Klägerin steht ein Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung der Versicherten im Zeitraum
vom 19.06.2016 bis 27.06.2016 in Höhe von (weiteren) 3.084,40 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 08.08.2017 zu. Zwar hatte die Beklagte ursprünglich den gesamten von der Klägerin (zunächst) geltend
gemachten Betrag in Höhe von 11.955,89 € gezahlt, jedoch nachträglich den Vergütungsanspruch in Höhe von 3.084,40 € mit zwischen
den Beteiligten nicht streitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen gegen die Beklagte aufgerechnet.
Eine für die Aufrechnung erforderliche Gegenforderung der Beklagten, mit der sie gegen die Hauptforderung der Klägerin wegen
Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten analog §
387 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) aufrechnen kann (zur Aufrechnung analog §
387 BGB vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2014 - B 1 KR 24/13 R -, in juris), liegt jedoch nicht vor. Der Beklagten steht entgegen ihrer Auffassung als Grundlage für ihre Gegenforderung
ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch i.H.v. 3.084,40 € nicht zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch
bei Überzahlung von Krankenhausentgelten BSG, Urteil vom 28.11.2013 -B 3 KR 33/12 R - und BSG, Urteil vom 01.07.2014 - B 1 KR 24/13 R -, beide in juris), denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte (der Höhe nach) zu Recht. Der Klägerin steht für
die Behandlung der Versicherten eine (weitere) Vergütung i.H.v. 3.084,40 € zu.
(1) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist §
109 Abs.
4 Satz 3
SGB V in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG (beide i.d.F. des KHSG vom 10.12.2015, BGBl I 2229) sowie § 17b KHG (ebenfalls i.d.F. vom 10.12.2015) und die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2016 (Fallpauschalenvereinbarung
2016 - FPV-2016) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 sowie dem durch Entscheidung der Landesschiedsstelle vom 21.09.2005 festgesetzten
Vertrag nach §
112 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB V über "Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung" zwischen der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und
den Verbänden der Krankenkassen mit Ausnahme der vom BSG beanstandeten Regelung in § 19 Abs. 2 (BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 27/11 R -, in juris).
Nach §
109 Abs.
4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach §
109 Abs.
1 SGB V das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus
ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§
39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des
SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der
Bundespflegesatzverordnung (
BPflV) zu führen. Bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften als Abschluss des Versorgungsvertrages
(§
109 Abs.
1 Satz 2
SGB V). Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten und damit korrespondierend die
Zahlungspflicht einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der
Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne
von §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 17.12.2019 - B 1 KR 19/19 R -, in juris, Rn. 10; Urteile vom 14.10.2014 - B 1 KR 25/13 R -, in juris, Rn. 8 und - B 1 KR 26/13 R -, in juris, Rn. 8). Nach §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§
108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre,
vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern
mit verschiedenen, in den Nummern 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung
von Fallpauschalen (DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 KHEntgG).
Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung haben nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 KHEntgG gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragspartner
(§ 11 KHEntgG i.V.m. § 18 Abs. 2 KHG - Krankenhausträger und Sozialleistungsträger) einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie
Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge
zu vereinbaren. Die Grundlage dieser Regelungen des KHEntgG findet sich in § 17b KHG, auf den § 9 KHEntgG auch mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes
Vergütungssystem einzuführen. Dieses hat nach § 17b Abs. 1 Satz 2 KHG Komplexitäten und Komorbitäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1
werden nach § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet.
Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG wird in einem ersten Schritt die Diagnose nach der Internationalen
Klassifikation der Krankheiten - dem ICD-10 - in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und
Information (DIMDI; jetzt Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit
herausgegebenen deutschen Fassung verschlüsselt (§
301 Abs.
2 Satz 1
SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung ("Kodierung") haben die Vertragspartner auf Bundesebene "Kodierrichtlinien"
beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der
dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung
errechnet wird. Diesem als "Groupierung" bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus
zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus
eingegebenen Kode nach dem ICD-10 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl. BSG, Urteil vom 18.07.2013 - B 3 KR 7/12 R -, in juris, Rn. 12). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt
aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (BSG, Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 25/13 R -, in juris, Rn. 12 m.w.N.).
(2) Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Beklagte ist - wie sie auch nicht
bestreitet - verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten in der Klinik der Klägerin für den Zeitraum
vom 19.06.2016 bis 27.06.2016 zu vergüten. Bei der Versicherten lagen bei Aufnahme in das nach §
108 Nr. 1
SGB V zugelassene Krankenhaus der Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung
vor. Sie war wegen eines Karzinoms im Bereich des Blinddarms krankenhausbehandlungsbedürftig. Auch dies steht zwischen den
Beteiligten zu Recht nicht in Streit.
(3) Vorliegend ist die DRG G02B der Vergütung der stationären Behandlung der Versicherten zugrunde zu legen, die über den
Grouper angesteuert wird, wenn zusätzlich zu den hier nicht streitigen, von der Klägerin angesetzten bzw. zwischen den Beteiligten
einvernehmlich korrigierten Diagnosen und Prozeduren zusätzlich der OPS 5-454.20 kodiert wird. Die Klägerin hat den OPS 5-454.20
vorliegend zu Recht geltend gemacht.
(a) Dem Ansatz der streitigen Prozedur steht nicht entgegen, dass der OPS nicht in der ursprünglich eingereichten Rechnung
mit aufgeführt ist, sondern nachträglich geltend gemacht wurde. Ausweislich des im MDK-Gutachten vom 29.09.2016 dokumentierten
Verfahrensablaufs fand ein sog. Falldialog im Sinne von § 5 PrüfvV vom 01.09.2014 statt. Während eines solchen Falldialogs
kann das Krankenhaus die Datensätze nach §
301 SGB V ändern (§
5 Abs.
4 Satz 2 PrüfvV). Die Notwendigkeit der Einreichung einer geänderten Rechnung ergibt sich für den Fall einer Datenänderung
während des Falldialogs, der wie vorliegend nicht mit einer Einigung zum Abschluss gebracht wurde, aus der PrüfvV nicht. Die
in § 5 PrüfvV vorgesehenen Rechnungskorrekturen sind zudem nur "gegebenenfalls" vorzunehmen (vgl. Abs. 5 Satz 2 und Abs. 1).
Führt wie vorliegend die Datenkorrektur nicht zu einer Änderung der abgerechneten DRG entspräche das Erfordernis einer korrigierten
Rechnung einem bloßen Formalismus.
(b) Die Voraussetzungen des OPS 5-454.20 sind erfüllt. Der Abrechnung der vorgenommenen Segmentresektion des Ileums steht
nicht der (unstreitige) Ansatz des OPS 5-455.41 entgegen.
Vergütungsregelungen für die routinemäßige Abwicklung in zahlreichen Behandlungsfällen sind streng nach ihrem Wortlaut und
den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben; dabei gibt es grundsätzlich keinen Raum für weitere Bewertungen und Abwägungen
(z.B. BSG, Urteil vom 16.08.2021 - B 1 KR 11/21 R -, in juris Rn. 7; BSG, Urteil vom 08.10.2019 - B 1 KR 35/18 R -, in juris, Rn. 13; Urteil vom 09.04.2019 - B 1 KR 27/18 R -, in juris, Rn. 14). Ergeben sich bei der Abrechnung Wertungswidersprüche und sonstige Ungereimtheiten, haben es die zuständigen
Stellen durch Änderung des Fallpauschalenkatalogs in der Hand, für die Zukunft Abhilfe zu schaffen. Eine systematische Interpretation
der Vorschriften kann lediglich im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks
erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen (BSG, Urteil vom 18.07.2013 - B 3 KR 7/12 R -, in juris, Rn. 13 m.w.N.). Der OPS kann Begriffe entweder ausdrücklich definieren oder deren spezifische Bedeutung kann
sich ergänzend aus der Systematik der Regelung ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 27.10.2020 - B 1 KR 25/19 R -, in juris Rn. 18 zur multimodalen Schmerztherapie). Ferner kann der Wortlaut ausdrücklich oder implizit ein an anderer
Stelle normativ determiniertes Begriffsverständnis in Bezug nehmen; fehlt es an solchen normativen definitorischen Vorgaben,
gilt der Grundsatz, dass medizinische Begriffe im Sinne eines faktisch bestehenden, einheitlichen wissenschaftlich-medizinischen
Sprachgebrauchs zu verstehen sind; ergeben sich danach keine eindeutigen Ergebnisse, ist der allgemeinsprachliche Begriffskern
maßgeblich (BSG, Urteil vom 16.08.2021 - B 1 KR 11/21 R -, in juris Rn. 7 m.w.N. zum Begriff "Blutbank").
Der OPS für die Dünndarmresektion (5-454) unterscheidet bei der Resektion des Ileums zwischen Segmentresektion (5-454.2**)
und (Teil-)Resektion (5-454.6**) des Ileums. Darüber hinaus sieht der OPS 5-454 für "sonstige" Resektionen des Dünndarms den
Auffangkode 5-454.x vor. Je nach Zugang ist präzisierend "0" für "offen chirurgisch", "1" für "laparoskopisch" und "2" für
"umsteigen laparoskopisch - offen chirurgisch" zu kodieren. Unstreitig wurde der Versicherten vorliegend offen chirurgisch
der terminale Ileum und damit ein Segment des Ileums entfernt. Dies bestätigt der MDK im Gutachten vom 21.06.2021 ("die durchgeführte
Resektion entspricht... Mitresektion des terminalen Ileumsegmentes"). Eine Teilresektion des Ileums lag dagegen nicht vor.
Dies hat der Sachverständige S nachvollziehbar verneint. Seinen Ausführungen nach erfordert die Resektion eines Teils des
Ileums die Skelettierung des zu entfernenden Dünndarmabschnitts an zwei Resektionslinien und die Durchtrennung an zwei Stellen
sowie Wiedervereinigung der beiden Darmenden durch eine Naht. Diese Prozedur wurde bei der Versicherten ausweislich des Operationsberichts
nicht vorgenommen. In Anwendung des OPS für die Dünndarmresektionen ist somit der OPS 5-454.20 der zutreffende Kode für die
vorgenommene Prozedur.
Der Ansatz des OPS 5-454.20 ist vorliegend nicht durch die mit OPS 5-455.41 verschlüsselte Prozedur (offen chirurgische Hemikolektomie
rechts) ausgeschlossen. Nach dem Hinweis zur Leistungslegende ist "die aus operationstechnischen Gründen erforderliche Mitresektion
einer Ileummanschette [...] im Kode enthalten". Wie das SG bereits zutreffend festgestellt hat, wurde vorliegend das entfernte Ileumsegment nicht "aus operationstechnischen Gründen"
mitentfernt. Bereits deshalb scheidet eine Anwendung des Ausschlusstatbestandes aus. Auf die Frage, was unter dem Begriff
"Manschette" zu verstehen ist, kommt es deshalb vorliegend nicht an.
Operationstechnische Gründen sind Umstände, die ihren Ursprung im Ablauf der durchgeführten Operation haben. Führt die Operation
beispielsweise zu einer Unterversorgung eines an sich nicht erkrankten Gewebes und muss dieses deshalb mitentfernt werden,
gründet die Entfernung auf operationstechnischen Umständen. Nach übereinstimmender Ansicht des Sachverständigen S, des behandelnden
Arztes H und des MDK-Arztes S gehört die Mitentfernung eines Teils des terminalen Ileums aus operationstechnischen Gründen
zur Hemikolektomie dazu. Der Sachverständige begründet dies nachvollziehbar mit der sicheren Durchblutung des terminalen Ileums
bei Wegfall der Versorgung durch die entfernte Arteria ileocolica und deren Äste. Dabei ist der Umfang der Entfernung auf
den letzten Ileumabschnitt begrenzt, soweit eine sichere Durchblutung des terminalen (Rest-)Ileums gewährleistet ist. Übereinstimmend
gehen S, H und S von einer üblichen Länge der Mitresektion von 10 (bis 20) cm aus. Operationstechnische Gründe, die eine Entfernung
über dieses übliche Maß hinaus erforderlich machen, lagen nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht vor. Solche Gründe
sind beispielsweise präparatorische Läsionen oder eine unzureichende Mobilisierbarkeit oder Perfusion des terminalen Ileums.
Im Operationsbericht sind solche Gründe nicht vermerkt. Die Entfernung des Ileumsegmets ist nach den schlüssigen Ausführungen
des behandelnden Arztes H im Fall der Versicherten nicht auf operationstechnische, sondern auf chirurgisch-onkologische Gründe
zurückzuführen. Anders als bei einer "üblichen" Hemikolektomie, bei der aus operationstechnischen Gründen der letzte Ileumabschnitt
mitentfernt wird, war vorliegend ein Teil des Ileums selbst erkrankt. Der Operateur führte deshalb eine "radikale" Operation
durch und entfernte einen längeren Ileumabschnitt als dies im Fall eines (vermuteten) gesunden Ileums üblich gewesen wäre.
Der Histologiebefund bestätigte schließlich die Annahme des Operateurs, dass sich das Tumorgewebe auf die umliegenden Organe
ausgebreitet hatte. Der von H gewählte Sicherheitsabstand war somit erforderlich, was auch S vom MDK im Gutachten vom 21.06.2021
bestätigt. Dabei hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Größe des entfernten Ileumabschnitts die bei einer operationstechnisch
mit zu entfernende, übliche Länge von 10 (bis 20) cm überschritt. Mit der im Operationsbericht genannten Länge von geschätzten
40 cm Ileum dokumentierte H die Durchführung einer "radikalen", über das übliche Maß hinausgehenden Hemikolektomie. Aber auch
die vom Pathologen gemessene Länge des entnommenen Ileumteils von 21,5 cm liegt oberhalb des genannten Normbereichs, zumal
zu berücksichtigen ist, dass das Präparat nach Fixierung durch den Pathologen schrumpft, so dass von einem längeren Frischpräparat
auszugehen ist, wie H in seiner Stellungnahme vom 03.11.2019 nachvollziehbar schildert. Es kommt letztlich somit nicht darauf
an, ob die geschätzten 40 cm angesichts des herabgesetzten Tonus der Darmmuskulatur während der Operation auch tatsächlich
zutrafen oder ob es "nur" 30 cm waren, wie es H im Nachgang für möglich hielt. Soweit der Gutachter des MDK S einwendet, im
OP-Bericht sei nicht beschrieben, dass eine zusätzliche Skelettierung zu der üblichen Skelettierung zur Erweiterung der Resektionsgrenzen
auf 40 cm erfolgt sei, weshalb die angegebenen 40 cm nicht zur durchgeführten Skelettierung passten, kann dieser Einwand überdies
nicht nachvollzogen werden. Aus dem Operationsbericht ergibt sich die "weitere Skelettierung in Richtung Ileum" und die "komplette
Skelettierung des Resektates". Eine Widersprüchlichkeit der Dokumentation ist damit nicht gegeben.
Insgesamt lag damit zur Überzeugung des Senats keine "aus operationstechnischen Gründen erforderliche Mitresektion einer Ileummanschette"
vor, so dass vorliegend die Abrechnung des OPS 5-454.20 nicht durch den Ansatz des OPS 5-455.41 ausgeschlossen ist.
(4) Der Zinsanspruch folgt aus §
19 Abs.
3 des Landesvertrages gemäß §
112 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB V.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. §
160 Abs.
2 SGG) nicht vorliegen.
5. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
63 Abs.
2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei war der Verzinsungsantrag nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich insofern um eine Nebenforderung
im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG handelt.