Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung trotz eines Leistungsvermögens von 6 Stunden und mehr für leichte Arbeiten auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt bei Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1951 geborene Klägerin absolvierte nach der mittleren Reife von September 1968 bis Juli 1971 eine Fachschule (Hauswirtschaft)
mit anschließender Ausbildung zur Fachlehrerin. Von Oktober 1972 bis Juli 1978 studierte sie Pädagogik, Psychologie und Soziologie
mit einem Abschluss zum Magister Artium. Am 6. Februar 1991 legte sie die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf "Reiseverkehrskauffrau,
Reisevermittlung/Reiseveranstaltung" erfolgreich ab. Sie war von April bis September 1978 und von Juni 1979 bis August 1980
als Reiseleiterin, von März 1984 bis Oktober 1985 als Fremdsprachensekretärin, von August bis September 1986 als Reiseleiterin,
von Januar 1987 bis März 1990 als Reisevermittlerin in einem Reisebüro, von September 1991 - mit Unterbrechungen - bis Mai
1995 als Reiseverkehrskauffrau, von August 1996 bis März 1997 als Rezeptionsangestellte, von April 2001 bis März 2002 und
anschließend von April 2002 bis Oktober 2002 als Reiseleiterin bei der A. O. GmbH (Saisonvertrag) und zuletzt von September
2004 bis August 2005 im Rahmen eines befristeten Vertrags halbtags als Justizangestellte (Vorlesekraft für einen blinden Mitarbeiter)
versicherungspflichtig beschäftigt. Daran anschließend war sie arbeitslos bzw. seit 9. Januar 2006 arbeitsunfähig. Seit 1.
November 2011 bezieht die Klägerin aufgrund des Bescheids vom 26. August 2011 Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Nachdem ein erster Rentenantrag der Klägerin vom 10. Juli 1998 erfolglos geblieben war, begehrte die Klägerin mit Antrag vom
6. April 2006 erneut Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Die Beklagte holte Auskünfte der Firma A. O. GmbH sowie
des Oberlandesgerichts A-Stadt über die Tätigkeiten der Klägerin als Reiseleiterin bzw. Justizangestellte sowie ein internistisches
Gutachten von Dr. S. vom 19. März 2007, ein orthopädisches Gutachten von Dr. W. vom 25. März 2007 und ein nervenärztliches
Gutachten von Dr. G. vom 12. April 2007 ein.
Dr. S. stellte bei der Klägerin ein gemischtförmiges Asthma bronchiale, ein Wirbelsäulensyndrom (BWS, LWS), eine Gonalgie
beidseits, kardiovaskuläre Risikofaktoren (alimentäre Adipositas, arterielle Hypertonie), einen Verdacht auf Angst und depressive
Störung, posttraumatische Belastungsstörung sowie anamnestisch eine Harndrang-Inkontinenz Grad I und einen Zustand nach "Karzinoma
in situ" linke Mamma in 2000 (nicht belegt) fest. Die Klägerin könne noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten
auch als Magister für Pädagogik/Soziologie/Psychologie und als Justizangestellte über 6 Stunden täglich verrichten. Ein Leistungsvermögen
für die Tätigkeit als Reiseleiterin sei nicht mehr gegeben.
Dr. W. diagnostizierte bei der Klägerin ein Lumbalsyndrom mit Wurzelreizung L 5 und S 1 links bei degenerativen Veränderungen
L 4-S 1, ein Halswirbelsäulensyndrom bei Osteochondrose C 5/C 6, ein Brustwirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen
Th 4 bis Th11, eine Chondropathia patellae beidseits, eine Innenmeniskusläsion links, einen Senk-Spreizfuß mit Hallux valgus
beidseits sowie ein Übergewicht mit ungünstiger Auswirkung auf die Wirbelsäule und die lasttragenden Körpergelenke. Die Klägerin
könne noch leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten vorzugsweise in Wechselbelastung, insbesondere leichte
Bürotätigkeiten, vollschichtig verrichten. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.
Dr. G. diagnostizierte schließlich eine posttraumatische Belastungsstörung. Die Klägerin sei noch vollschichtig auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt sowie als Justizangestellte leistungsfähig.
Der Antrag wurde daraufhin mit angefochtenem Bescheid vom 4. Juni 2007 abgelehnt. Die Klägerin sei noch in der Lage, auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt eine Erwerbstätigkeit mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten sowie ihren Hauptberuf als Justizangestellte
(Teilzeit) auszuüben.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs hat die Klägerin darauf verwiesen, ihr Hauptberuf sei derjenige der zweisprachigen
Reiseleiterin. Diesen Beruf habe sie gesundheitsbedingt aufgeben müssen. Bei der Tätigkeit als Vorlesekraft habe es sich um
eine vorübergehende Tätigkeit gehandelt, welche nur eine äußerst geringe Qualifikation erfordere und auch nur eine geringe
Verdienstmöglichkeit biete. Die Stelle sei befristet gewesen. Eine Verweisung auf leichte Bürotätigkeiten sei nicht möglich.
Sie leide auch nicht an einer alimentären Adipositas. Ihr Übergewicht sei durch krankheitsbedingte Bewegungseinschränkungen
sowie durch Nebenwirkungen eines von ihr eingenommenen Medikaments hervorgerufen. Entgegen den Angaben von Dr. W. sei sie
auch nicht in der Lage gewesen, den Zehenspitzengang und den Einbeinstand auszuführen. Ihr bereite das Anziehen von Schuhen
und Strümpfen sowie das Treppensteigen erhebliche Schwierigkeiten.
Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 2. August 2007 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen den Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Ihre Wegefähigkeit sei
aufgrund der Knieerkrankung erheblich eingeschränkt. Längere Wege seien wegen der festgestellten Inkontinenz belastend.
Das SG hat diverse Befundberichte sowie Auskünfte des Oberlandesgerichts A-Stadt und der Firma A. O. beigezogen und gemäß §
106 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Internisten M., des Orthopäden Dr. K. und des Nervenarztes Dr. B ...
Der Internist M. hat in seinem Gutachten vom 15. November 2007 bei der Klägerin ein intrinsisches Asthma, eine posttraumatische
Belastungsreaktion, eine Drang- und Stressinkontinenz, einen Zustand nach Karzinoma in situ der linken Mamma sowie degenerative
Veränderungen der Wirbelsäule und der Kniegelenke festgestellt. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte, fallweise mittelschwere
Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen zu verrichten. Nicht zumutbar seien
Tätigkeiten, die mit inhalativen Noxen wie Rauch, Gas, Dampf oder Staub verbunden sind. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs
zur Arbeitsstätte bestünden nicht.
Dr. K. hat folgende Diagnosen gestellt (Gutachten vom 21. Februar 2008):
1. Degeneratives Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit multisegmentalen degenerativen Veränderungen sowie pseudoradikulärer
Schmerzausstrahlung in den linken Oberschenkel, leichte skoliotische Fehlstatik und Rundrückenfehlhaltung mit erheblicher
muskulärer Inbalance und Entwicklung einer chronischen Schmerzkrankheit mit dringendem Verdacht auf psychiatrische Überlagerung
2. Knorpelschaden Kniegelenke beidseits medial- und retropatellarbetont. Chondropathia patellae.
3. Statische Verformung beider Vorfüße mit Senk-Spreizfuß-Deformität, Hammerzehenbildung und Hallux valgus-Bildung beidseits.
Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Arbeiten gehend, stehend und sitzend mit der Notwendigkeit der sitzenden Arbeitsanteile
von etwa ein Drittel der Arbeitsschicht sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen vollschichtig mit den arbeitsüblichen
Pausen zu verrichten. Nicht mehr zumutbar seien das Heben und Tragen von schweren Lasten, Arbeiten aus ungünstigen wirbelsäulenbelastenden
Positionen heraus sowie stark kniebelastende Tätigkeiten. Eine wesentliche Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht.
Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 3. Juli 2008 bei der Klägerin ein Mischsyndrom bestehend aus einer leicht ausgeprägten
depressiven Verstimmung und einer diffusen Angststörung, eine Teilsymptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie
ein chronifiziertes Schmerzsyndrom bei degenerativem Wirbelsäulensyndrom und anhaltender somatoformer Schmerzstörung festgestellt.
Die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen im Freien und in geschlossenen Räumen
vollschichtig mit den üblichen Pausen verrichten. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten unter Zeitdruck (Fließband-, Akkordarbeit)
sowie Nachtschichttätigkeiten. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht.
In ihrer Stellungnahme hierzu hat die Klägerin vorgetragen, es fehle eine gutachterliche Gesamtschau, welches sämtliche gesundheitlichen
Einschränkungen insgesamt bewerte. Ein Arbeitsplatz mit den von den Gutachtern festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen
stehe auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Insoweit sei ein berufskundliches Gutachten einzuholen.
Mit Urteil vom 14. Oktober 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit sei darauf zu verweisen, dass sich die Klägerin von dem Beruf
der Reiseverkehrskauffrau im Jahr 1997 freiwillig gelöst habe. Sie habe sich dann der Tätigkeit eine Reiseleiterin zugewandt,
für die jedoch kein Berufsschutz gegeben sei. Nach der Auskunft des Arbeitgebers sei von einer ungelernten Tätigkeit auszugehen.
Aus der Tätigkeit als Justizangestellte beim OLG A-Stadt lasse sich ebenfalls kein Berufsschutz ableiten. Es handele sich
hierbei um eine obere Anlerntätigkeit. Tätigkeiten im Bürobereich sowie Sortier- und Verpackungstätigkeiten seien der Klägerin
zuzumuten. Bei dem von den Gutachtern festgestellten vollschichtigen Leistungsvermögen bestehe damit kein Rentenanspruch.
Einer erneuten Begutachtung bedürfe es nicht.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht unter dem Az.: L 13 R 970/08 eingelegt und vorgetragen, das Gericht hätte dem Beweisantrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens, in dem eine gutachterliche
Gesamtschau vorgenommen werde, folgen müssen. Auch hätte ein berufskundliches Gutachten eingeholt werden müssen, ob die Klägerin
mit all ihren Einschränkungen eine Vollzeittätigkeit noch unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen verrichten könne und dass
derartige Arbeitsplätze allenfalls als Schonarbeitsplätze vorkommen, welche nicht an Betriebsfremde vergeben würden. Inzwischen
habe sich auch geklärt, worauf die von ihr seit Jahren beklagte Schwäche der linken Hand beruhe. Es sei eine Exotose diagnostiziert
worden, welche die äußerst schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Daumens erkläre. Eine Operation sei für den 8. Dezember
2008 vorgesehen. Auch habe das SG nicht berücksichtigt, dass die Klägerin bei ihrer Tätigkeit bei A. O. ein erheblich höheres Einkommen erzielt habe, als sie
es bei einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hätte erzielen können.
Der Senat hat Befundberichte des ambulanten OP-Zentrums O. A-Stadt, der Orthopädin Dr. M., der Allgemeinärztin Dr. K., der
Orthopäden Dr. S. und Dr. B., des Neurologen und Psychiaters Dr. T., der Neurologinnen und Psychiaterinnen Dr. K. und Dr.
R., der Internisten M. und Dr. W. sowie der Psychiaterin Dr. S. beigezogen. Die aufgrund einer geltendgemachten Tinnituserkrankung
beantragte Beiziehung eines Befundberichts des HNO-Arztes Dr. E. unterblieb.
Der Senat hat - unter Übersendung berufskundlichen Materials - gemäß §
106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines chirurgisch-orthopädischen Gutachtens von Dr. B. vom 15. September 2009 und eines psychiatrischen
Gutachtens von Dr. M. vom 19. Oktober 2009.
Dr. B. hat bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Leichtgradigstes Halswirbelsäulensyndrom, leichtes, allenfalls mittelschweres Lendenwirbelsäulensyndrom mit sich daraus
ergebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes
2. Gonalgien bei Chondropathia patellae, Senk-Spreizfüßen und Hallux valgus Deformität beidseits mit leichtgradig verminderter
Geh- und Stehfähigkeit
3. Unspezifische Handgelenksarthralgien links bei freier Funktion unter Ausschluss einer Tendovaginitis stenosans.
Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten im Wechsel der Körperposition von Gehen, Stehen und Sitzen mit gewisser Regelmäßigkeit
in geschlossenen Räumen, kurzfristig im Freien mindestens 6 Stunden täglich mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen verrichten.
Nicht mehr zumutbar seien Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord, am Fließband, in Wechselschicht und bei Nacht, Arbeiten mit
Zwangshaltungen, das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken, häufiges Treppensteigen, häufige Arbeiten auf
Leitern und Gerüsten sowie die Exposition gegenüber Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft, Nässe, Lärm, Staub,
Gas, Dampf, Rauch und Reizstoffen. Arbeiten an Maschinen, insbesondere an Büromaschinen oder Bildschirmgeräten sollten nicht
das ausschließliche Berufskriterium darstellen. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Auch Tätigkeiten als Reiseverkehrskauffrau,
Justizangestellte im Vorlesedienst und Poststellenmitarbeiterin seien ohne Schaden für die Restgesundheit ausübbar. Lediglich
die Tätigkeit als Registratorin sei nur noch 3 bis unter 6 Stunden möglich.
Dr. M. hat bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1.
Dysthymie im Sinne einer chronisch depressiven Entwicklung
2.
Teilsymptome einer posttraumatischen Belastungsstörung
3.
Somatoforme Schmerzstörung
4.
Unspezifische Handgelenksarthralgien links
5.
HWS- und LWS-abhängige Beschwerden bei degenerativen Veränderungen ohne neurologische Funktionsausfälle
6.
Tinnitus beidseits
7.
Harndrang-Inkontinenz (vordiagnostiziert)
8.
Orthopädische Gesundheitsstörungen laut Gutachten Dr. B ...
Die Klägerin sei noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten abwechselnd im Gehen, Stehen oder Sitzen überwiegend in geschlossenen
Räumen, gelegentlich im Freien mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Besondere Anforderungen an die Ausdauer, nervliche
Stressbelastbarkeit und Stresstoleranz könnten nicht gestellt werden. Die Klägerin könnte auch als Reiseverkehrskauffrau im
Reisebüro, als Justizangestellte und Poststellenmitarbeiterin arbeiten, nicht mehr hingegen als Reiseleiterin für Busausflüge.
Auf telefonische richterliche Anforderung nahm Dr. M. unter dem 3. November 2009 noch ergänzend Stellung zu dem bei der Klägerin
bestehenden Tinnitus beidseits. Dieser sei kompensiert und bedinge keine relevanten Folgeerscheinungen körperlicher oder psychischer
Art. Bei grob-klinischer Prüfung habe sich ein intaktes Hörvermögen gezeigt. Die Einholung eines HNO-ärztlichen Gutachtens
sei nicht erforderlich.
In einer ersten Stellungnahme hierzu hat die Klägerin geltend gemacht, bei ihr liege kein intaktes Hörvermögen, sondern eine
Schwerhörigkeit vor. Dies sei von Dr. E. festgestellt worden. Der Tinnitus sei nicht kompensiert. Es lägen psychische Begleiterscheinungen
bei ihr vor. Es müsse daher ein Befundbericht von Dr. E. beigezogen werden und ein HNO-ärztliches Gutachten eingeholt werden.
Ferner hat sie vorgetragen, bei ihr sei eine Tendinitis der Langfinger links diagnostiziert worden. Der Senat hat daraufhin
einen Befundbericht von Dr. W. eingeholt.
Die Klägerin hat darüber hinaus geltend gemacht, Dr. B. habe seine Einschätzung auf unzutreffende Befundtatsachen (nicht korrigierter
Befundbericht von Dr. W.) gestützt. Er habe anerkannt, dass sie am Daumen der linken Hand eine Orthese tragen müsse. Damit
könne aber nicht von einer vollen Gebrauchsfähigkeit der Hände betreffend Fingerfertigkeit und Griffsicherheit ausgegangen
werden. Gerade bei einfachen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt würden typischerweise beide Hände voll benötigt.
Auch sei die Feststellung von Dr. B. unzutreffend, die Funktion der Schultergelenke und der Wirbelsäule hätten sich verbessert.
Die Feststellungen von Dr. K. zu den multisegmentalen degenerativen Veränderungen seien nach wie vor zutreffend. Seitdem sei
eher eine Verschlechterung eingetreten. Dr. B. habe sich auch nicht mit der somatoformen Schmerzstörung auseinandergesetzt.
Bei der Frage der Einschränkung der Wegefähigkeit habe Dr. B. ausschließlich die Gonalgie, die Senk-Spreizfüße und die Hallux
valgus-Deformität berücksichtigt. Aber auch von der Wirbelsäule ausgehende Schmerzen würden ihre Wegefähigkeit einschränken.
Öffentliche Verkehrsmittel könne sie nur außerhalb der Hauptverkehrszeit benutzen, da sie einen Sitzplatz benötige. Sie stehe
sehr unsicher und könne sich wegen der Einschränkungen an der linken Hand nicht mit beiden Händen festhalten. Sie sei schon
vielfach gestürzt. Auch müsse sie wegen der Harninkontinenz häufig eine Toilette aufsuchen. Aufgrund dieser Erkrankung benötige
sie auch zusätzliche Arbeitspausen.
Das Gutachten von Dr. M. leide darunter, dass sie alle Angaben der Klägerin mit der Behauptung vom Tisch gewischt habe, die
Angaben seien von einem Rentenwunsch getragen und daher nicht glaubhaft. Das Ergebnis der testpsychologischen Zusatzbefundung
sei daher nicht zutreffend gewürdigt worden. Auch habe sie entgegen der Annahme von Dr. M. mehrere Anläufe unternommen, sich
in nervenärztliche oder psychotherapeutische Behandlung zu begeben. Das chronische Asthma bronchiale sei nicht hinreichend
gewürdigt worden. Die Ladung der Sachverständigen Dr. B. und Dr. M. zum Termin wurde beantragt. Auf Anforderung des Senats
hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2010 einen Katalog von Fragen an Dr. M. und Dr. B. vorgelegt.
Mit Urteil vom 27. Januar 2010 ist die Berufung unter Berufung auf die Gutachten von Dr. B. und Dr. M. zurückgewiesen worden.
Rentenrelevante psychische Störungen lägen bei der Klägerin nicht vor. Die kognitiven Fähigkeiten seien in hinreichendem Maße
erhalten. Auch die Tinnituserkrankung vermöge der Klägerin nicht zu einer Rente wegen Erwerbsminderung zu verhelfen. Diese
Gesundheitsstörung sei umfassend gewürdigt worden. Eine rentenrelevante Hörminderung liege nicht vor. Dies habe sich auch
in der mündlichen Verhandlung gezeigt. Die Beweisanträge auf Einholung eines HNO-ärztlichen Befundberichts sowie einer ergänzenden
Anhörung von Dr. B. und Dr. M. in der mündlichen Verhandlung, hilfsweise schriftlich, sind abgelehnt worden. Für sämtliche
Fragen bestehe kein Klärungsbedarf. Die Ausführungen der Sachverständigen seien erschöpfend und widerspruchsfrei. Nach den
Maßstäben der gerichtlichen Amtsermittlungspflicht habe kein weiterer Ermittlungsbedarf bestanden. Es bestehe auch kein Anspruch
auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die Klägerin sei jedenfalls noch in der Lage, den von ihr
erlernten Beruf als Reiseverkehrskauffrau im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Dies sei von Dr. M. und Dr.
B. bestätigt worden. Die Revision gegen das Urteil ist nicht zugelassen worden.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hin hat das BSG mit Beschluss vom 9. Dezember 2010 das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27. Januar 2010 aufgehoben und die
Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Das LSG habe die Sachverständigen
Dr. B. und Dr. M. zu Unrecht nicht - schriftlich bzw. durch Ladung zur mündlichen Verhandlung - erneut angehört. Insoweit
liege ein Verfahrensmangel im Sinne von §
160 Abs.
2 Nr.
3 SGG vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne. Ob auch ein Befundbericht des HNO-Arztes Dr. E. einzuholen gewesen
wäre, könne damit offen bleiben.
Der Senat hat daraufhin den Rechtsstreit unter dem Az. L 13 R 29/11 fortgeführt und einen allgemeinärztlichen sowie eine HNO-ärztlichen Befundbericht des Ärztezentrums am O. sowie einen Befundbericht
von Dr. E. beigezogen.
Er hat Dr. B. und Dr. M. zu den von der Klägerin aufgeworfenen Fragen und Äußerungen sowie zu den weiteren Befundberichten
ergänzend angehört. Dr. B. und Dr. M. haben in ihren Stellungnahmen vom 30. Mai 2011 und 25. Juli 2011 bzw. 10. August 2011
an ihren sozialmedizinischen Bewertungen festgehalten. Die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen seien ausreichend
gewürdigt worden. Die Einholung weiterer Gutachten sei nicht erforderlich.
Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, auch das von Dr. B. vorgeschlagene Rhizoloc (Orthese am linken Daumen) würde den Gebrauch
der linken Hand erheblich einschränken. Ein Zugang zum Arbeitsmarkt sei damit nicht möglich. Dr. B. befasste sich nicht mit
der somatoformen Schmerzstörung. Bei der Frage der Wegefähigkeit blende er die geltend gemachten Schmerzen aus und halte die
Frage nach einer sozialmedizinisch relevanten Einschränkungen der Wegefähigkeit im Hinblick auf einen Mix von degenerativen
Veränderungen der Wirbelsäule und einer somatoformen Schmerzstörung für unzulässig. Dieser Mix sei aber Bestandteil der Definition
dieser Erkrankung nach den Kriterien der WHO. Auch Dr. M. widme den bei der Klägerin vorhandenen Schmerzen im Bereich der
Gelenke und der Wirbelsäule nur einen kurzen Absatz, in dem sie auf das Gutachten von Dr. B. verweise. Soweit Dr. M. erwähne,
aus den Schriftsätzen könnten Rückschlüsse auf ihre Fähigkeiten, eine Computertastatur zu bedienen, gezogen werden, sei dies
unzutreffend. Denn die Schriftsätze sei nicht von ihr getippt worden. Auch das gemischtförmige Asthma bronchiale und die kardiovaskulären
Risikofaktoren seien von Dr. M. nicht erwähnt worden. In Bezug auf die Harninkontinenz sei das von Dr. M. angesonnene Tragen
von Einlagen oder Windeln bei Mitberücksichtigung des Asthma bronchiale völlig unzumutbar. Sie könne sich nicht mit nassen
Windeln in der kalten Jahreszeit im Freien aufhalten. Auch sei Dr. M. nicht auf die testpsychologischen Zusatzbefunde eingegangen,
die auf ein schweres depressives Syndrom hinwiesen. Von ihrem Fragenkatalog seien die Fragen 4, 6, 8, 12 nicht beantwortet,
der gemessene Blutdruck sei unzutreffend wiedergegeben worden. Auch könne sie sich nicht mehr auf den Beruf der Reiseverkehrskauffrau
umstellen. Sie habe ihre Ausbildung im Februar 1991 abgeschlossen. Die damaligen Buchungssysteme seien nicht mehr aktuell.
Die jetzt verwendeten würden von ihr nicht beherrscht. Sie könne sich nicht innerhalb von drei Monaten auf die aktuellen Anforderungen
an den Beruf der Reiseverkehrskauffrau umstellen. Insoweit werde die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens beantragt.
Auch werde beantragt, ein Zusatzgutachten auf dem Gebiet der interdisziplinären Schmerztherapie einzuholen. Die Einholung
weiterer ergänzenden Stellungnahmen durch Dr. M. und Dr.B., hilfsweise deren mündliche Anhörung, wurde beantragt.
Der Senat hat Dr. B. und Dr. M. unter Übersendung eine Auskunft des Landesarbeitsamtes Hessen vom 28. Februar 2010 erneut
um ergänzende Stellungnahme zum Vortrag der Klägerin und darüber hinaus zu der Frage gebeten, ob die Klägerin mindestens 6
Stunden täglich Tätigkeiten als Telefonistin oder Mitarbeiterin einer Poststelle, Warenaufmacherin oder Pförtnerin verrichten
kann. Dies wurde von Dr. B. in seiner Stellungnahme vom 21. Februar 2012 im Hinblick auf die Tätigkeiten als Telefonistin,
Mitarbeiterin einer Poststelle und Pförtnerin bejaht. Die Tätigkeit als Warenaufmacherin sei nur noch 3 bis unter 6 Stunden
täglich möglich. Zu diesem Ergebnis kam auch Dr. M. in ihrer Stellungnahme vom 19. März 2012, wobei sie anmerkte, dass aus
psychiatrischer Sicht der Klägerin auch Tätigkeiten als Warenaufmacherin zumutbar seien.
Hierzu hat die Klägerin ausgeführt, Tätigkeiten als Pförtnerin oder Telefonistin seien ihr nicht zumutbar, da hier auch Arbeiten
in Wechselschicht anfallen würden Auch sei nicht ersichtlich, warum an die Tätigkeit einer Mitarbeiterin in der Poststelle
keine Anforderungen an die Geschicklichkeit der Hände gestellt werden. Ihr Gangbild sei als zögerlich, kleinschrittig und
wenig raumgreifend beschrieben worden. Dies sei in die Bewertung der Wegefähigkeit nicht eingeflossen. Auch seien diverse
andere Befunde unberücksichtigt geblieben, insbesondere eine Bandscheibenprotrusio rechtsseitig und eine Chondromalazie bis
Grad III. Dr. M. sehe sich nicht in der Lage, das Asthma bronchiale und die kardiovaskulären Risikofaktoren seriös zu beurteilen.
Nachdem sie bereits den gemessenen Blutdruck nicht zutreffend wiedergeben habe, könne sie sich dem anschließen. Der Fragenkatalog
sei in den ergänzenden Stellungnahmen nicht ausreichend beantwortet worden. Dass sie mit ihren blutig gekratzten Fingern auch
keine Stelle als Telefonistin oder Poststellenmitarbeiterin bekommen würde, werde nicht erörtert. Sie sei nahezu die Hälfte
ihres Erwerbslebens auf Leistungen nach dem AFG angewiesen. Dies zeige, dass ihre Erwerbsfähigkeit bereits damals erheblich eingeschränkt gewesen sei.
Die Beklagte teilte nach Durchführung eines Erörterungstermins mit, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nur
erfüllt, wenn der Versicherungsfall spätestens im August 2008 eingetreten sei. Der letzte Pflichtbeitrag sei im Juni 2006
entrichtet worden. Die Versicherungsbiografie sei ab 1. Januar 1984 nicht geschlossen.
Mit Schreiben vom 26. September 2012 hat die Klägerin erneut vorgetragen, Dr. M. müsse erneut ergänzend gehört werden, ob
sie bei der Beurteilung der Wegefähigkeit folgende Umstände berücksichtigt hat:
1.
Das von ihr selbst und auch von Dr. B. festgestellte vorsichtige, zögerliche unsichere, wenig raumgreifende Gangbild und die
geklagten Knieschmerzen.
2.
Die Feststellungen im Gutachten von Dr. K., der ein degeneratives Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit multisegmentalen
degenerativen Veränderungen sowie pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung in den linken Oberschenkel festgestellt hat.
3.
Die von Dr. K. anlässlich der Kernspintomographie im Bereich L 4/5 festgestellte rechtsseitige Bandscheibenprotrusion.
4.
Die im linken Knie festgestellte Chondromalazie Grad III. Wie gewichte Dr. M. diesen Umstand?
Auch sei der Umstand, dass sie nur bedarfsmäßig das Schmerzmittel Novalgin einnehme, durch Dr. M. anders zu beurteilen, wenn
ihr vorgehalten werde, dass sie eben nicht mehr den Belastungen eines mehr als sechsstündigen Arbeitstages zuzüglich den Belastungen
durch die tägliche Wegstrecke zwischen Arbeitsplatz und Wohnung ausgesetzt sei. Die Auflistung von Fragen ließe sich fortsetzen.
Auch würden die gestellten Beweisanträge auf Einholung weiterer Gutachten aufrechterhalten. Auf diverse Urteile des BGH sowie
die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2012, Az. 1 BvR 2728/10 wurde hingewiesen.
Nachdem die Klägerin dem Senat nach Ladung zur mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2012 mit Schreiben vom 26. September
2012 einen umfangreichen Fragenkatalog übermittelt hatte, hat er die Sachverständige Dr. M. zur mündlichen Verhandlung geladen.
Im Termin wurde der Fragenkatalog von der Klägerin unter Übernahme der mit Schreiben vom 26. September gestellten Fragen auf
insgesamt 22 Fragen erweitert. Zu den ersten 9 Fragen wurde die Sachverständige uneidlich einvernommen. Die Beteiligten wurden
vom Vorsitzenden darauf hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur dann erfüllt sein dürften, wenn
der Leistungsfall spätestens im Juli 2008 eingetreten ist. Die Verhandlung wurde schließlich vertagt und die Sachverständige
gebeten, die verbliebenen Fragen 10 bis 19.3 schriftlich zu beantworten.
In ihrer Stellungnahme vom 15. November 2012 hat Dr. M. die noch offenen Fragen beantwortet und kam abschließend zu der Einschätzung,
dass sich aus den gestellten Fragen keine Änderung der sozialmedizinischen Beurteilung ergebe, wie sie sich aus dem Gutachten
vom 9. Oktober 2009 ergebe. Hierzu hat die Klägerin eine erneute Stellungnahme vom 29. Dezember 2012 übermittelt, in der weitere
Nachfragen an die Sachverständigen Dr. M. und Dr. B. gestellt werden.
Die Klägerin beantragt,
1.
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 14. Oktober 2008 sowie des Bescheids der Beklagten
vom 4. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. August 2007 zu verurteilen, der Klägerin ab 1. April 2006
Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren
2.
hilfsweise die schriftliche oder mündliche Anhörung der Sachverständigen Dr. B. und Dr. M. zu den von der Klägerin vorgelegten
Fragenkatalogen, insbesondere dem Fragenkatalog vom 29. Dezember 2012,
3.
hilfsweise die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens und eines Gutachtens auf dem Gebiet der interdisziplinären Schmerztherapie,
wie im Schriftsatz vom 15. September 2011 beantragt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akten des BSG, des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 4. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. August 2007
zu Recht abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf
Rente wegen voller Erwerbsminderung (§
43 Abs.
2 SGB VI), teilweiser Erwerbsminderung (§
43 Abs.
1 SGB VI) bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§§
240 Abs.
1,
2; 43 Abs.
1 SGB VI) hat.
Streitgegenstand sind nur die oben angegebenen Bescheide, mit dem die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt
worden ist. Entgegen der Angaben der Beklagten im Altersrentenbescheid vom 26. August 2011 wurde dieser Bescheid nicht Gegenstand
des anhängigen Berufungsverfahrens, da durch diesen die hier angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des §
96 SGG abgeändert oder ersetzt worden sind.
Der Klägerin steht keine Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung gemäß §
43 Abs.
1,
2 SGB VI zu.
Gem. §
43 Abs.
1,
2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1.
teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer
Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig
zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. §
43 Abs.
3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein
kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Eine quantitative Leistungseinschränkung der Klägerin auch für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liegt
nicht vor.
Dies ergibt sich aus den überzeugenden Gutachten von Dr. M. und Dr. B ... Hier verweist der Senat zunächst auf die Ausführungen
im Senatsurteil vom 27. Januar 2010. Die dort getätigten Ausführungen zum Leistungsvermögen der Klägerin, die insoweit vom
BSG nicht beanstandet wurden, macht sich der hier erkennende Senat zu Eigen und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst
auf diese.
Auch die vom Senat vorgenommene ergänzende Anhörung von Dr. M. und Dr. B. hat zu keinem anderen Ergebnis geführt. Dr. B. hat
für den Senat nachvollziehbar klargestellt, dass das der Klägerin angeratene Tragen einer leichten Daumenorthese eine volle
Gebrauchsfähigkeit der Finger nicht ausschließe. Damit seien sehr wohl Oppositionsgriffe, Fein- und Grobgriffformen praktikabel.
Der Ausschluss der Tätigkeit als Registratorin resultiere nur daraus, dass er insoweit von einer extremen Beanspruchung der
Finger der linken Hand ausgehe. Arbeiten an Büromaschinen und am Bildschirm seien aber durchaus möglich. Er hat nochmals betont,
dass sich an der Hals- und Lendenwirbelsäule kein Bandscheibenvorfall positivieren ließ. Die Bandscheibenvorwölbungen seien
altersgemäß. Sie seien durch das aufgestellte Erfordernis eines Wechsels der Körperposition mit gewisser Regelmäßigkeit hinreichend
berücksichtigt. Dr. M. hat insoweit ergänzt, dass bei der Klägerin am linken Daumen bei Zustand nach Tendinitis nur ein leichtgradiges
Funktionsdefizit vorliege. Auch den bestehenden wirbelsäulenabhängigen Beschwerden und weiteren Gelenkbeschwerden werde durch
die Feststellung, dass die Klägerin nur mehr körperlich leichte Arbeiten verrichten könne, ausreichend Rechnung getragen.
Auch aus dem geltend gemachten Tinnitus folgt nach Einschätzung des Senats unter Berücksichtigung der überzeugenden Ausführungen
von Dr. M. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 25. Juli 2011 keine rentenrelevante Leistungseinschränkung. Ein größerer
Leidensdruck in Bezug auf den Tinnitus besteht nach den Ausführungen von Dr. M. bei der Klägerin offenbar nicht, da diese
nach wie vor das bei der letzten Konsultation des HNO-Arztes im Oktober 2009 von Dr. E. verordnete Medikament zur Verbesserung
der Durchblutung einnimmt und es nicht zu einer Änderung der Medikation gekommen ist. Der Tinnitus führt bei der Klägerin
zwar zu einer gewissen Stressintoleranz, aber nicht zu psychischen Sekundärsymptomen oder einer gravierenden psychischen Komorbidität
wie etwa einer schwergradig ausgeprägten Depression oder einer Angsterkrankung. Die Klägerin hat nur manchmal auftretende
Einschlafstörungen sowie Albträume im Zusammenhang mit der posttraumatischen Belastungsstörung (Erleben des Tsunami in Thailand)
angegeben, jedoch nicht über Gedächtnisstörungen geklagt, sondern vielmehr ein gutes Gedächtnis angegeben. Auch den behandelnden
Nervenärzten gegenüber hat sie weder auf eine Geräuschüberempfindlichkeit hingewiesen noch von einer großen Angst vor Verschlimmerung
durch geringste Trigger berichtet. Der von der Klägerin geschilderte Tagesablauf (Lesen von Büchern) weist nach den überzeugenden
Feststellungen von Dr. M. darauf hin, dass die Klägerin sich konzentrieren und vom Tinnitus durchaus ablenken kann. Daraus
hat Dr. M. für den Senat nachvollziehbar abgeleitet, dass der Tinnitus als kompensiert anzusehen ist. Die Schwerhörigkeit
der Klägerin ist ausweislich des Befundberichts von Dr. E. nur diskret. Es kam nicht zu einer Verordnung von Hörgeräten. Dr.
M. hat erneut darauf verwiesen, dass eine Verständigung in Umgangssprache mit der Klägerin gut möglich war, was sich auch
in den beiden mündlichen Verhandlungen bestätigt hat. Der Senat kann damit nicht erkennen, warum hieraus eine quantitative
oder rentenrelevante qualitative Leistungseinschränkung der Klägerin folgen sollte.
Dr. M. hat ferner darauf verwiesen, dass bei der Klägerin eine Dysthymie im Sinne einer chronischen, wenigstens mehrere Jahre
andauernden depressiven Verstimmung vorliegt, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um
die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen. Hierbei ist auch
berücksichtigt, dass im Jahre 2006 bei der Klägerin eine depressive Dekompensation bei psychosozialer Krise aufgetreten ist.
Jedoch liegt keine durchgehend schwergradig ausgeprägte depressive Symptomatik vor. Zentrale Symptome einer Depression (phasenhaft
auftretende Depressionen, tages- oder jahreszeitlich abhängige Stimmungsschwankungen, Antriebshemmung oder Suizidalität) liegen
bei der Klägerin nicht vor. Gegen eine stärkere Beeinträchtigung spricht auch der Umstand, dass die Klägerin keine Psychopharmaka
einnimmt und sich auch entgegen ärztlicher Empfehlungen nicht in nervenärztlicher oder psychotherapeutischer Behandlung befindet.
Daraus folgt für den Senat nachvollziehbar, dass aus dieser Gesundheitsstörung keine rentenrelevante Leistungseinschränkung
bei der Klägerin abzuleiten ist.
In Bezug auf die geltend gemachte posttraumatische Belastungsstörung hat Dr. M. darauf verwiesen, dass bereits der behandelnde
Nervenarzt Dr. T. die Kriterien für eine solche bei der Klägerin nicht als erfüllt angesehen hat. Die Klägerin machte dort
einige belastende Erinnerungen geltend, möglicherweise mit der unbewussten Tendenz, dass eine posttraumatische Belastungsstörung
diagnostiziert werden solle. Dr. M. hat demgegenüber zumindest Teilsymptome einer posttraumatischen Belastungsstörung feststellen
können (flashbackartige Erinnerungen bei starkem Regen und Albträume), aus der aber mit Sicherheit keine Einschränkungen der
Leistungsfähigkeit resultieren. Dies gilt auch für die abgebissenen Fingernägel. Diesen ist keine Krankheitswertigkeit beizumessen.
Durch die Harninkontinenz wird nach den Ausführungen von Dr. M. der Tagesablauf der Klägerin nicht gestört. Es gibt auch keine
urologischen Befundberichte, die auf eine Erkrankung der Harnwege hinweisen könnten. Dr. M. hat - in voller Kenntnis der bei
der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen - ggf. das Tragen von Windeln bzw. Einlagen für zumutbar erachtet. Auch der
Senat hält es für zumutbar, dass die Klägerin eventuelles unwillkürliches Abgehen von Urin durch das Tragen von Vorlagen kompensiert.
Die Klägerin hat darüber hinaus auch bei der Begutachtung im Jahr 2009 nicht angegeben, auf das Tragen von Windeln bzw. Einlagen
angewiesen zu sein. Hier hat sie lediglich darauf verwiesen, wegen Harndrangs oft auf die Toilette zu müssen. Der Senat sieht
keinen Anlass, die Sachverständige Dr. M. hierzu nochmals zu befragen. Ein darauf abzielender Antrag wird als nicht objektiv
sachdienlich abgelehnt.
In ihrer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 19. März 2012 hat Dr. M. die darüber hinaus erhobenen Einwendungen überzeugend
widerlegt. Insbesondere hat sie hier dargelegt, dass auch aus dem Asthma bronchiale keine quantitative Leistungseinschränkung
abzuleiten ist. Sie hat erklärt, dass nach den Befundberichten das Asthma bronchiale medikamentös stabil eingestellt ist.
Bei der Klägerin liegen eine normale Lungenfunktion und meist normale Blutgase vor. Hinweise für eine obstruktive Ventilationsstörung
im Bereich der großen Atemwege oder eine restriktive Ventilationsstörung gibt es keine. Auch nach Auffassung des Senats ergibt
sich damit in Übereinstimmung mit der Begutachtung des Internisten M. nur eine qualitative Leistungseinschränkung dahingehend,
dass Rauch, Dampf, Reizgase usw. der Klägerin nicht zugemutet werden können. Die kardiovaskulären Risikofaktoren (Bluthochdruck,
erhöhte Fettwerte, weitere Stoffwechselstörungen) bedingen keine gravierenden Leistungseinschränkungen.
Die Sachverständige Dr. M. war auch berechtigt, im Rahmen der vom Gericht erbetenen, alle Fachgebiete umfassenden Stellungnahme
in Bezug auf die Gesundheitsstörungen der Klägerin auf internistischem Fachgebiet auf das Gutachten des Internisten M. und
dessen Erkenntnisse zu verweisen. Der Auftrag zu einer Abgabe einer alle Fachgebiete umfassenden Stellungnahme hat den Zweck
festzustellen, ob die von den einzelnen Sachverständigen auf ihrem Gebiet festgestellten Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens,
die für sich genommen noch nicht die Annahme einer Erwerbsminderung rechtfertigen, bei einer Gesamtschau aller Fachgebiete
zu einem anderen Ergebnis führen. Der die zusammenfassende Stellungnahme erstellende Sachverständige ist also gehalten zu
beurteilen, ob sich aus einer derartigen Gesamtschau doch eine rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens
ergibt. Es ist jedoch nicht seine Aufgabe, ein erneutes Gutachten in einem für ihn fremden Fachgebiet zu erstellen. Der Sachverständige
M. hat unmissverständlich klargestellt, dass aus dem bei der Klägerin vorliegenden Asthma bronchiale mit den daraus resultierenden
Auswirkungen wie Husten, Auswurf, Atemnot usw. nur qualitative Leistungseinschränkungen wie der Ausschluss von Arbeiten unter
Einfluss von Rauch, Dampf und Reizgasen resultieren. Eine erneute Befragung der Sachverständigen Dr. M. hierzu wird als nicht
objektiv sachdienlich abgelehnt.
Der Senat sieht auch keine Veranlassung, Dr. M. erneut mit dem bereits im Schriftsatz vom 7. November 2011 vorgetragenen Vortrag
zu konfrontieren, bei der Klägerin hätten in der Vergangenheit längere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitslosigkeit
vorgelegen. Der Senat ist davon überzeugt, dass die sorgfältig arbeitende Sachverständige Dr. M. diesen Vortrag zur Kenntnis
genommen und keinen Anlass gesehen hat, hieraus eine abweichende Leistungseinschätzung abzuleiten. Anhaltspunkte dafür, dass
der Vortrag unbeachtet geblieben ist, sind weder ersichtlich noch von der Klägerin dargelegt worden.
Im Rahmen ihrer Einvernahme in der mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2012 sowie mit ihrer weiteren ergänzenden Stellungnahme
vom 15. November 2012 hat sich die Sachverständige Dr. M. noch einmal eingehend mit den von der Klägerin vorgebrachten Vorhalten
befasst und diese überzeugend ausgeräumt. Sie hat darauf verwiesen, dass die Klägerin zwar im Rahmen der durchgeführten Testverfahren
die Schwelle zur schweren Depression erreicht habe, diese Verfahren aber nicht für eine Begutachtung, sondern für eine Therapie-Verlaufskontrolle
entwickelt worden sind und bei der Beurteilung der depressiven Symptomatik nur eine nachrangige Bedeutung haben.
Den Antrag der Klägerin, die Sachverständige erneut zu befragen, welche der Angaben der Klägerin im Rahmen des Beck'schen
Depressionsinventars und der Befindlichkeitsskala nach von Zerssen von den von Dr. M. in ihrem Gutachten genannten Motivations-
und Kooperationsfaktoren beeinflusst sind und nicht dem tatsächlichen Zustand der Klägerin entsprechen, lehnt der Senat als
nicht objektiv sachdienlich ab. Dr. M. hat klar und für den Senat überzeugend zum Ausdruck gebracht, dass diesen Testverfahren
im Rentenverfahren nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Der Grund hierfür liegt auch auf der Hand. Anders als bei dem
Einsatz dieser Instrumente im Rahmen einer Therapie besteht für ein Rentenbewerber kein Anreiz, die dort gestellten Fragen
zutreffend zu beantworten. Vielmehr ist hier die Auswahl einer Antwortmöglichkeit, die auf eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung
hindeutet, besonders attraktiv, um damit eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens zu belegen. Die bloße Behauptung
einer schwerwiegenden Beeinträchtigung - unabhängig davon, ob diese im Rahmen eines Testverfahrens oder eines Klageschriftsatzes
erfolgt - genügt aber nicht, um eine solche zu beweisen. Die Antworten in diesen Testbatterien sind daher nur ein Mosaikstein,
aber kein Beleg für eine schwere, zu einer Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit führenden depressiven Erkrankung.
Dr. M. hat an anderer Stelle hinreichend und überzeugend deutlich gemacht, dass sie aufgrund anderer Faktoren (nur leichtgradige
Antriebsminderung, selbstständige Aktivitäten im Alltag, fehlende Beeinträchtigung der Interessen, eher geringer Leidensdruck
in Bezug auf psychische Beschwerden) nicht von einer zu einer Berentung führenden schweren depressiven Störung ausgeht. Dieser
Einschätzung schließt sich der Senat an.
Die Sachverständige Dr. M. hat in der mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2012 auch nochmals überzeugend ausgeführt, dass
aus der Tinnituserkrankung keine relevante Leistungseinschränkung der Klägerin resultiert. Die Klägerin habe ihr nicht mitgeteilt,
dass die Klägerin nachts vom Tinnitus aufwache.
Die Klägerin hat hier darauf hingewiesen, sie habe die Sachverständige ausweislich des Gutachtens vom 19. Oktober 2009, Seite
8, darüber informiert, bei Albträumen aufzuwachen und die Umgebung als zu laut zu empfinden. Der Senat lehnt den neuerlichen
Antrag, die Sachverständige angesichts dieses Vorhalts erneut zu befragen, ob sie ihre Beurteilung ändere, als nicht objektiv
sachdienlich ab. Ursache für das Erwachen waren nach den Angaben der Klägerin die Albträume, nicht die subjektive Empfindung,
die Umgebung sei "zu laut". Tinnitusgeräusche spielen sich im Ohr oder im Kopf ab, nicht in der Umgebung. Für den Senat ist
darüber hinaus auch nicht ansatzweise ersichtlich, welche rentenrelevanten funktionellen Einschränkungen aus dieser behaupteten,
aber noch nicht einmal zur Überzeugung des Senats nachgewiesenen Empfindung resultieren sollen. Schließlich ist darauf zu
verweisen, dass eine Tinnituserkrankung ausweislich des Befundberichts des Ärztezentrums am O. , bei Gericht eingegangen am
11. Mai 2011, erst am 17. September 2009 nachweislich festgestellt wurde. Die erste HNO-ärztliche Vorstellung der Klägerin
fand auch erst am 23. Juli 2009 statt. Zu diesen Zeitpunkten sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jedoch schon
nicht mehr erfüllt.
Der Senat lehnt auch den mit Schreiben vom 29. Dezember 2012 gestellten Antrag als nicht objektiv sachdienlich ab, die Sachverständige
Dr. M. erneut dazu befragen, ob beim Vorliegen der von ihr festgestellten psychischen Beeinträchtigungen ein Zusammenhang
mit dem Tinnitus deshalb auszuschließen ist, weil diese Symptome auch auf die festgestellten psychischen Beeinträchtigungen
zurückgeführt werden können. Die Sachverständige hat diese Frage bereits ausführlich in der mündlichen Verhandlung beantwortet
und klargestellt, dass bei der Klägerin ein kompensierter und nicht ein dekompensierter Tinnitus vorliegt. Die von der Klägerin
genannten Beeinträchtigungen (Depressionen, Angstzustände, innere Unruhe, Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, allgemeine
vegetative Labilität, Verzweiflung, Gefühl, in der Beeinträchtigung nicht verstanden zu werden) stellten Symptome der Dysthymia
und Teilsymptome der posttraumatischen Belastungsstörung dar. Darüber hinaus ist auch hier darauf zu verweisen, dass der Tinnitus
erst zu einem Zeitpunkt nachgewiesen ist, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind.
Dr. M. hat auch für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass bei der Klägerin ein eher geringer Leidensdruck in Bezug auf
die psychischen Beschwerden vorliegt. Insoweit ist zunächst darauf zu verweisen, dass die psychischen Beeinträchtigungen sich
als nicht tiefergehend dargestellt haben. Die Klägerin hat etwa ausführlich bei Dr. M. dargelegt, was sie alles machen würde,
wenn sie finanziell besser gestellt wäre (insbesondere ausführliche Schilderung von Reiseplänen). Dabei wirkte die Klägerin
psychisch deutlich aufgelockerter. Dr. M. hat daraus schlüssig abgeleitet, dass dies gegen einen grundsätzlich schweren Antriebsmangel
oder einen Verlust von Interessen spreche. Auch das Fehlen einer konsequenten nervenärztlichen oder psychotherapeutischen
Behandlung deute nicht auf einen größeren Leidensdruck hin. Dr. M. hat auch klargestellt, dass sie die Klägerin nicht zu der
Gruppe von Betroffenen rechnet, bei denen eine schwerwiegende psychische Beeinträchtigung vorliegt, ohne dass sich diese Patienten
in nervenärztliche oder psychotherapeutische Behandlung begeben. Angesichts des von Dr. M. festgestellten fehlenden Antriebsmangels
und der insgesamt nur geringgradigen depressiven Verstimmung ist diese Einschätzung für den Senat nachvollziehbar. Die psychische
Beeinträchtigung der Klägerin ist nicht so schwer, dass sie aufgrund eines dadurch ausgelösten Antriebsmangels nicht in der
Lage wäre, sich in angemessene Behandlung zu begeben.
Die Klägerin hat auf einen Befundbericht der behandelnden Hausärztin Dr. K. vom 27. August 2009 verwiesen, in dem ihr ein
Zustand nach einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen und akute reaktive Depressionen bescheinigt wurde
und die Sachverständige Dr. M. befragt, ob dieser Befundbericht zu einer Änderung ihrer Auffassung führe. Dr. M. hat hierzu
nachvollziehbar ausgeführt, dass dies nicht der Fall sei. Dieser Befundbericht sei von ihr zitiert worden. Eine derartige
Symptomatik habe sie selbst jedoch nicht feststellen können und sei auch sonst nirgendwo belegt. Auch sei die behandelnde
Hausärztin Allgemeinärztin.
Der Senat lehnt den Antrag der Klägerin auf erneute Befragung von Dr. M. als nicht objektiv sachdienlich ab, ob sie angesichts
des nervenärztlichen Befundberichts von Dr. K. über die Untersuchung vom 17. Juli 2006 ihre Auffassung ändere. In diesem Befundbericht
sei eine akute depressive Dekompensation bei rezidivierender depressiver Störung diagnostiziert worden. Das Antidepressivum
Paroxat sei verordnet und die Injektion von Fluspirilen für angezeigt angesehen worden.
Dr. M. hat ihr Gutachten und ihre Leistungsbeurteilung in Kenntnis der von Dr. K. verordneten Medikamente erstellt. Auf Bl.
6 ihres Gutachtens hat sie die Verordnung des Medikaments Paroxetin und die Verabreichung einer Spritze (Fluspi) ausdrücklich
erwähnt. Der Senat sieht keinerlei Veranlassung dafür, Dr. M. noch einmal zu befragen, ob sie ihre Einschätzung aufgrund der
ihr bei der Gutachtenserstellung bekannten Unterlagen ändert. Im übrigen wurde in diesem Befundbericht auch gerade nicht eine
schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen bescheinigt, sondern nur eine akute depressive Dekompensation bei rezidivierender
depressiver Störung. Eine Aussage über den Schweregrad der depressiven Störung ist in dem Befundbericht von Dr. K. gerade
nicht enthalten.
Der Senat sieht auch keine Veranlassung, die Sachverständige erneut zu befragen, ob die von ihr und von mehreren anderen Sachverständigen
gestellte Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung falsch war bzw. ob sie nunmehr von der Diagnose einer anhaltenden
somatoformen Schmerzstörung abrücken will. Die entsprechenden Anträge werden ebenfalls abgelehnt, da auch insoweit keine objektive
Sachdienlichkeit vorliegt. Für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten sind nicht Diagnosen, sondern arbeitsrelevante
Funktionseinschränkungen entscheidend. Dr. M. hat wiederholt dargelegt, dass die bei der Klägerin vorliegende anhaltende somatoforme
Schmerzstörung nicht ein solches Ausmaß angenommen hat, dass es zu rentenrelevanten Funktionseinschränkungen bei der Klägerin
kommt. Die von der Klägerin behaupteten Schmerzen sind nicht objektiv nachweisbar. Entsprechende objektive Beweis-Parameter
gibt es nicht. Die Sachverständigen sind daher darauf beschränkt zu überprüfen, ob die behaupteten Schmerzen zu funktionellen
Einschränkungen, Auswirkungen auf psychischem Gebiet und auf der Verhaltensebene geführt haben und ob diese Auswirkungen noch
mit einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vereinbar sind. Dr. M. hat nachvollziehbar
dargelegt, dass bei Berücksichtigung der Gutachten von Dr. B. und Dr. K. aus den orthopädischen Gesundheitsstörungen nur leichtgradige
Funktionseinschränkungen resultieren. Psychisch weist die Klägerin nur eine leichtgradige Antriebsminderung bei selbstständiger
Gestaltung des Alltags mit inner- und außerhäuslichen Aktivitäten ohne Beeinträchtigung der Interessensphären, der planerischen
und organisatorischen Fähigkeiten und der arbeitsrelevanten Funktionen wie Konzentrationsfähigkeit auf. Die von der Gerichtsachverständigen
Dr. M. anlässlich der Behauptungen der Klägerin als wahr unterstellten Schmerzen haben jedoch nicht dazu geführt, dass es
zu einem Schmerzmittelmissbrauch gekommen ist oder die Klägerin ihren Tagesablauf den chronischen Schmerzen unterordnet. Forderungen
nach invasiven diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen sind ebenso wenig zu beobachten wie übermäßig häufiger Arztbesuch.
Schließlich hat Dr. M. auch darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin keine erkennbare Schonhaltungen (Unfähigkeit, längere
Zeit sitzen zu können, häufiger Wechsel der Sitzposition, psychomotorische Unruhe, schmerzbedingte Einschränkungen bei den
Beweglichkeitsprüfungen) festzustellen waren. Dies alles sind für den Senat nachvollziehbare Indizien dafür, dass die somatoforme
Schmerzstörung bei der Klägerin nicht ein Ausmaß erreicht hat, das eine Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt belegen könnte.
Der Senat ist nach alledem davon überzeugt, dass die Klägerin im strittigen Zeitraum bis Oktober 2011 noch in der Lage war,
mindestens 6 Stunden täglich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Trotz dieses festgestellten Leistungsvermögens der Klägerin von 6 Stunden und mehr für leichte Arbeiten auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt wäre ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung jedoch dann gegeben, wenn bei ihr eine
Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt und der Klägerin
keine Tätigkeit benannt werden kann, die sie trotz ihrer qualitativen Leistungseinschränkungen noch mindestens 6 Stunden täglich
verrichten kann. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende
Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B5 RJ 64/02 R). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen.
Das Merkmal " Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl
von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche
Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine
konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten
keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende
Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG Urteil vom 10. Dezember 2003, B5 RJ 64/02 R, in [...]).
Bei der Prüfung der Frage, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt, sind grundsätzlich alle qualitativen
Einschränkungen zu berücksichtigen, die nicht bereits von dem Erfordernis "körperlich leichte Arbeit" erfasst werden. Es umfasst
begrifflich unter anderem solche Leistungseinschränkungen, die das Seh- und Hörvermögen, die Handbeweglichkeit oder die Einwirkung
bestimmter Witterungseinflüsse (Kälte, Nässe, Staub) betreffen (Kassler Kommentar zum SGB, §
43 SGB VI Rn. 47). Hier genügt jedenfalls die Bezeichnung von Arbeitsfeldern wie Prüfer, Montierer oder Verpacker von Kleinteilen (KassKomm-Niesel
§
240 SGB VI Rdn. 117, BSG; Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 57/96, in [...]).
Die bei der Klägerin vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen sind nicht ungewöhnlich und sie treten auch nicht
in einer solchen Vielzahl auf, dass zu befürchten wäre, der allgemeine Arbeitsmarkt wäre für die Klägerin verschlossen. In
Betracht käme hier allenfalls die Annahme einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung im Hinblick auf die von der Klägerin,
die Rechtshänderin ist, geltend gemachten Bewegungseinschränkungen an der linken Hand. Insoweit haben Dr. B. und Dr. M. jedoch
übereinstimmend ausgeführt, dass hieraus keine, allenfalls eine leichte Funktionsminderung resultiert, die der Klägerin nur
das ausschließliche Bedienen von Tastaturen unmöglich macht. Eine vergleichbar schwere Leistungsbehinderung, wie sie bei einem
Einarmigen vorliegt, ist damit nicht einmal im Ansatz gegeben. Dr. M. hat auch klargestellt, dass sie eine relevante Einschränkung
der Fingerbeweglichkeit auch dann nicht annimmt, wenn die Schriftsätze nicht - wie von ihr ursprünglich angenommen - von der
Klägerin selbst getippt, sondern die Klägerin sich diese nach Lektüre zu eigen gemacht und selbst unterschrieben hat. Aus
diesem Umstand kann kein Schluss auf eine gravierende Leistungseinschränkung gezogen werden.
Selbst wenn man eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung
annehmen sollte, ist die Klägerin jedenfalls aber noch in der Lage, Tätigkeiten als Telefonistin zu verrichten. Hierbei handelt
es sich nach der vom Senat in das Verfahren eingeführten berufskundlichen Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Hessen vom
28. Februar 2010 um eine körperlich leichte Tätigkeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit kann in wechselnder
Haltung, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen verrichtet werden. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch
den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Gelegentlich ist zwar Zeitdruck nicht auszuschließen,
Dr. M. hat aber nur Zeitdruckarbeiten im Sinne von Akkord- oder Fließbandarbeiten für unzumutbar erachtet. Die Hörfähigkeit
der Klägerin ist nach dem vorgelegten Befundbericht von Dr. E. auch nicht in einem Maße eingeschränkt, dass der Klägerin eine
Tätigkeit als Telefonistin unmöglich wäre. Die allgemeinen PC-Kenntnisse sind bei der Klägerin aufgrund ihres bisherigen Berufswegs,
der auch durch die Verwendung von Computern geprägt ist, vorhanden. Jedenfalls hat der Senat keinen Zweifel daran, dass sie
sich diese Kenntnisse innerhalb von 3 Monaten aneignen kann. Auch Dr. B. und Dr. M. haben keine Umstände gesehen, die der
Klägerin die Tätigkeit als Telefonistin unmöglich machen würde. Schließlich handelt es sich bei den Arbeitsstellen als Telefonistin
nicht um Schonarbeitsplätze. Diese sind auch in zureichender Zahl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhanden.
Darüber hinaus kann die Klägerin auch auf Tätigkeiten als Reiseverkehrskauffrau verrichten. Dies ergibt sich aus den Gutachten
von Dr. B. und Dr. M., die unter Zuhilfenahme entsprechenden berufskundlichen Materials eine diesbezügliche Einsetzbarkeit
der Klägerin bejaht haben. Den qualitativen Leistungseinschränkungen der Klägerin wird hier ausreichend Rechnung getragen.
Dies stellt die Klägerin auch nicht grundsätzlich in Abrede, sondern meint, ihr könne die Tätigkeit als Reiseverkehrskauffrau
nicht mehr zugemutet werden, weil sie mit den neuesten Buchungsprogrammen nicht vertraut ist. Der Senat kann aber keinen triftigen
Grund erkennen, warum die Klägerin nicht in der Lage sein sollte, sich die Bedienung eines ggf. für sie neuen Programms innerhalb
von 3 Monaten anzueignen. Die Klägerin hat den Beruf der Reiseverkehrskauffrau erlernt und jahrelang ausgeübt. Sie ist computererfahren.
Nach dem Internetauftritt der Schule für Touristik W. KG wird das von der Klägerin angeführte für sie neue Programm Amadeus
(Amadeus 1: Touristik und Grundlagen; Amadeus 2: Reservierung Flug) in Schulungen von einer Dauer von jeweils 2 Tagen, insgesamt
also 4 Tagen, angeboten. Der zeitliche Aufwand für das Erlernen dieses Systems ist also sehr begrenzt. Angesichts dieser Umstände
fühlt sich der Senat nicht zu einer Einholung einer berufskundlichen Stellungnahme gedrängt.
Schließlich liegt auch keine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit der Klägerin vor.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle
aufzusuchen. Das BSG hält dabei eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke
von mehr als 500 m in jeweils ca. 20 Minuten zurückzulegen, für eine derart schwere Leistungseinschränkung, dass der Arbeitsmarkt
trotz vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögen als verschlossen anzusehen ist (BSG, Urteil vom 21. März 2006, B 5 RJ 51/04 unter Hinweis auf Großer Senat in BSGE 80, 24, 35). Die Sachverständigen gehen übereinstimmend davon aus, dass der Klägerin das Zurücklegen von Wegstrecken von jeweils
mehr als 500 m viermal am Tag in weniger als 20 Minuten und damit in dem vom BSG abgesteckten Zeitrahmen zumutbar ist. Eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit liegt damit nicht vor. Die hiergegen
von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen konnten den Senat nicht überzeugen. Aus der Kombination von somatoformer Schmerzstörung
und den festgestellten Wirbelsäulenbeschwerden sowie dem festgestellten kleinschrittigen Gang folgt noch nicht zur Überzeugung
des Senats, dass die Zurücklegung von Wegstrecken in dem genannten Umfang nicht mehr möglich und zumutbar wäre. Es gibt keine
objektiven Befunde, die es plausibel erschienen ließen, dass die Wegefähigkeit der Klägerin eingeschränkt wäre. Dies gilt
auch für die Kniegelenkserkrankung. Dr. K. hat in seinem Gutachten festgehalten, dass die Knorpelschäden an beiden Kniegelenken
geringgradig ausgeprägt sind. Radiologisch seien beide Kniegelenke noch kongruent und die Beweglichkeit nur endgradig in Bezug
auf die Beugung behindert. Der Bandapparat ist nach den Feststellungen von Dr. K. stabil und die muskuläre Ummantelung noch
ausreichend kräftig. Hieraus hat der erfahrene Sachverständige überzeugend abgeleitet, dass sich aus der Kniegelenkserkrankung
nur qualitative Leistungseinschränkungen im Form eines Ausschlusses von besonders kniebelastenden Tätigkeiten ergibt, jedoch
keine Einschränkung der Wegefähigkeit. Zu demselben Ergebnis ist auch Dr. B. im Rahmen seiner Begutachtung im Berufungsverfahren
gekommen. Auch aus den Befundberichten der behandelnden Ärzte lässt sich in keiner Weise eine gravierende Einschränkung der
Wegefähigkeit der Klägerin ableiten. Schließlich sieht der Senat es auch nicht als unmöglich für die Klägerin an, ein öffentliches
Verkehrsmittel zu benutzen. Wie Dr. M. überzeugend ausgeführt hat, kann sich die Klägerin jedenfalls mit der rechten Hand
ausreichend festhalten. Den Auswirkungen der Harninkontinenz kann durch Verwendung von Einlagen oder Windeln in Kombination
mit dem Tragen von warmer Kleidung ausreichend Rechnung getragen werden.
Die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Dezember 2012 zu der Frage der Wegefähigkeit der Klägerin führen zu keinem
anderen Ergebnis. Die Klägerin hatte die Sachverständige Dr. M. gefragt, ob sie die von Dr. K. festgestellten orthopädischen
Gesundheitsstörungen (Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit multisegmentalen degenerativen Veränderungen sowie pseudoradikulärer
Schmerzausstrahlung in den linken Oberschenkel, rechtzeitige Bandscheibenprotrusionen laut Befundbericht von Dr. K., beginnende
Chondromalazie bis Grad III) sowie das von ihm attestierte vorsichtige, unsichere Gangbild mit Knieschmerzen berücksichtigt
habe. Dr. M. hat insoweit für den Senat nachvollziehbar darauf verwiesen, dass weder Dr. K. noch Dr. B. hieraus eine wegstreckenmäßige
Einschränkung abgeleitet hat. Neurologische Defizite seien zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden. Dr. K. habe auch bestätigt,
dass kein Bandscheibenvorfall vorliege, sondern sich radiologisch nur eine Bandscheibenvorwölbung darstelle. Dr. M. hat auch
zu Recht darauf verwiesen, dass nicht bildgebende Verfahren, sondern Funktionseinschränkungen bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit
maßgeblich sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin bedeutet dies nicht, die Sachverständige habe diesen Befund ausgeblendet.
Denn aus einem radiologischen Befund folgt nicht per se eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Erst wenn
der radiologische Befund zu nachweisbaren Funktionseinschränkungen führt, kann dies der Fall sein. Derartige nachweisbare
Funktionseinschränkungen, die zu einer rentenrelevanten Verminderung der Wegefähigkeit der Klägerin führen, liegen jedoch
nicht vor. Der Senat lehnt auch den Antrag, bei der Sachverständigen erneut nachzufragen, welche Zeit sie für den Weg zur
Untersuchung bzw. für die gelegentlichen Spaziergängen benötigt hat, als objektiv nicht sachdienlich ab. Entscheidend ist
nicht die Frage, wie viel Zeit sich die Klägerin für einen Spaziergang oder den Weg zur Untersuchung nimmt, sondern ob aus
objektiven Befunden Funktionseinschränkungen resultieren, die es der Klägerin unmöglich machen, Wege im oben genannten Umfang
zurückzulegen. Auch angesichts der von den Sachverständigen festgestellten normalen Fußsohlenbeschwielung, dem übereinstimmenden
Votum aller Sachverständigen, dem Umstand, dass die Klägerin ausgiebig ihre Reisepläne geschildert hat, die bei einer Einschränkung
der Wegefähigkeit auf unter 500 m wohl wenig realistisch wären, und dem Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung
selbst gewonnen hat, ist der Senat davon überzeugt, dass eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit bei der Klägerin nicht
vorliegt.
Die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß §
43 Abs.
1,
2 SGB VI kommt damit nicht in Betracht.
Der Klägerin steht auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §
240 Abs.
1,
2 SGB VI i.V.m. §
43 Abs.
1 SGB VI zu.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben auch vor dem 2. Januar 1961 geborene Versicherte, die berufsunfähig
sind (§
240 Abs.
1 SGB VI).
Berufsunfähig sind nach §
240 Abs.
2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig
und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als
sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist,
umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des
Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet
werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation
mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs
Stunden verrichten kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt für die Beurteilung des "vergleichbaren Versicherten" ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf". Dieser ergibt sich in der Regel aus der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit
in Deutschland. Es ist die Berufstätigkeit zugrunde zu legen, die bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur
vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130, 164). Zur Feststellung des qualitativen Werts des bisherigen Berufs und damit zur Bestimmung der zumutbaren Verweisungstätigkeiten
hat das BSG zunächst für die Arbeiterberufe, dann jedoch auch für Angestellte ein Mehrstufenschema entwickelt (BSGE 55, 45 = SozR 2200 § 1246 Nr. 107; BSGE 57, 291 = SozR 2200 Nr. 126; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 2, 41). Im Bereich der Angestellten sind damit folgende Stufen zu unterscheiden (vgl. zusammenfassend BSG, Beschluss vom 27. August 2009, Az.: B 13 R 85/09 B):
1. Stufe: Ungelernte Berufe
2. Stufe: Berufe mit einer Ausbildung bis zu 2 Jahren
3. Stufe: Berufe mit einer Ausbildung von mehr als 2 Jahren
4. Stufe: Berufe, die zusätzliche Qualifikationen oder Erfahrung oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen;
zu ihr gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe
mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung
5. Stufe: Berufe, die einen erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule oder eine zumindest gleichwertige Berufsausbildung
voraussetzen.
6. Stufe: Berufe, deren hohe Qualität regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht.
Von dem erlernten Beruf der Reiseverkehrskauffrau hat sich die Klägerin bereits im August 1996 mit der Aufnahme der Tätigkeit
als Reisleiterin freiwillig gelöst. Das bis Mai 1995 bestehende Arbeitsverhältnis als Reiseverkehrskauffrau endete nach den
eigenen Angaben der Klägerin nicht aufgrund einer Erkrankung, sondern weil nach Ablauf der Probezeit keine Weiterbeschäftigung
erfolgte. Während die anschließende Tätigkeit als Rezeptionsangestellte noch nicht zu einer Lösung vom Beruf der Reiseverkehrskauffrau
geführt hat, da diese nur vorübergehend von ihr ausgeübt wurde (tatsächliche Beschäftigung nach eigenen Angaben nur drei Monate),
war die Klägerin als Reiseleiterin deutlich über ein Jahr beschäftigt, wobei die Beschäftigung aufgrund einer Kündigung durch
den Arbeitgeber endete. Das Beschäftigungsverhältnis war also nicht von vornherein befristet. Von einem bloß vorübergehenden
Arbeitsverhältnis, das eine Lösung vom bisherigen Beruf nicht auslösen würde, kann insoweit keine Rede sein. Durch die länger
andauernde Hinwendung zu der Tätigkeit als Reiseleiterin, die sie auch zuvor bereits ausgeübt hatte, ist eine Lösung vom Beruf
eingetreten.
Die Tätigkeit als Reiseleiterin ist nach den Angaben des Arbeitgebers als ungelernte Tätigkeit einzustufen. Sie könnte danach
von betriebsfremden ungelernten Kräften nach 2 Wochen Einweisung verrichtet werden. Berufsschutz resultiert aus dieser Tätigkeit
nach dem Stufenschema des BSG nicht. Ein Berufsschutz als Ausgebildete folgt auch nicht aus der später noch verrichteten Tätigkeit als Justizangestellte.
Der Arbeitgeber hatte insoweit angegeben, es handele sich bei diesen Tätigkeiten um Arbeiten, die im allgemeinen von Mitarbeiterinnen
verrichtet werden können, die eine längere betriebliche Anlernung erfahren haben. Zum genauen Umfang der notwendigen Anlernung
konnte der Arbeitgeber keine Auskünfte erteilen. Als erforderliche Vorkenntnisse wurden nur PC-Kenntnisse als Anwenderin des
Betriebssystems MS Windows und der MS Office-Standardprodukte angegeben. Der Senat ist aufgrund der eigenen Angaben der Klägerin,
bei dieser Arbeit als Vorlesekraft habe es sich um allereinfachste Tätigkeiten gehandelt, die keinerlei Qualifikation erforderten,
davon überzeugt, dass es sich auch hierbei um nur einfach angelernte Tätigkeiten gehandelt hat, die keine längere Einweisung
als ein Jahr erfordern. Damit lässt sich auch aus dieser Tätigkeit kein Berufsschutz ableiten. Die Klägerin ist vielmehr uneingeschränkt
auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Nach den überzeugenden Feststellungen sämtlicher Gerichtssachverständigen ist die Klägerin aber noch in der Lage, auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest 6 Stunden täglich leichte Arbeiten zu verrichten. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt damit ebenfalls nicht in Betracht.
Jedenfalls konnte die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum und auch darüber hinaus aber auch noch mindestens 6 Stunden täglich
Arbeiten als Telefonistin und Reiseverkehrskauffrau ausüben und damit Tätigkeiten, die - im Falle der Telefonistin aufgrund
der tariflichen Einstufung - als Arbeiten von Ausgebildeten und damit höher einzustufen sind als die von ihr zuletzt ausgeübten
ungelernten oder einfach angelernten Tätigkeiten. Damit scheidet eine Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
bei Berufsunfähigkeit auch aus diesem Grund aus.
Die Sachverständige hat zu Recht die Beantwortung der Frage abgelehnt, ob die Klägerin mit ihren blutig gekratzten Fingern
eine Chance hat, auf dem Arbeitsmarkt eine Stelle als Telefonistin, Poststellenmitarbeiterin oder Pförtnerin zu bekommen.
Die Vermittlungschancen von Versicherten am Arbeitsmarkt sind nicht von medizinischen Sachverständigen zu beurteilen. Dr.
M. hat klargestellt, dass den blutig gekratzten Fingernägeln kein Krankheitswert zukommt. Ob daraus eine Verschlechterung
der Arbeitsmarktchancen für die Klägerin resultiert, ist unerheblich. Eine auf einer Gesundheitsstörung beruhende Einschränkung
der Erwerbsfähigkeit der Klägerin bedingen die blutig gekratzten Finger jedenfalls nicht. Eine Einstandspflicht der Beklagten
für dieses Verhalten der Klägerin besteht damit keinesfalls.
Auch die Anträge auf erneute Befragung von Dr. B. werden als nicht objektiv sachdienlich abgelehnt. Dr. B. hat ausgeführt,
dass die Klägerin den Beruf der Warenaufmacherin nur noch 3 bis unter 6 Stunden täglich verrichten könne. Diese Tätigkeit
kommt damit als Verweisungstätigkeit nicht mehr in Betracht. Ob die Klägerin diesen überhaupt noch ausüben kann oder nicht,
ist damit nicht mehr entscheidungsrelevant. Die Klägerin wird vom Senat auch nicht auf Tätigkeiten als Pförtnerin oder Mitarbeiterin
in einer Poststelle verwiesen, so dass die diesbezüglichen Fragen ebenfalls nicht entscheidungsrelevant sind. Dr. M. hat in
Kenntnis der Harn-Inkontinenz und der berufskundlichen Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Hessen vom 28. Oktober 2010 überzeugend
dargelegt, dass die Klägerin die Tätigkeit einer Telefonistin ausüben kann. Aus der berufskundlichen Stellungnahme ergibt
sich nicht, dass eine Harndrang-Inkontinenz mit der Tätigkeit einer Telefonistin nicht vereinbar sein könnte. Es handelt sich
um eine Tätigkeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Toiletten müssen nach der Arbeitsplatzverordnung vorhanden sein.
Die Klägerin kann auch, wie Dr. M. ausgeführt hat, Windeln oder Vorlagen benutzen. Auch Dr. B. hat in Kenntnis sämtlicher
medizinischer und berufskundlicher Unterlagen die Frage bejaht, dass die Klägerin noch als Telefonistin tätig sein kann. Es
gibt keinerlei Veranlassung ihn hierzu erneut zu befragen. Schließlich hat Dr. B. darauf verwiesen, dass die somatoforme Schmerzstörung
Gegenstand des Gutachtens von Dr. M. ist. Dr. M. hat sich eingehend hiermit befasst. Eine erneute Befragung von Dr. B., ob
er sich mit der Definition der somatoformen Schmerzstörung auseinandergesetzt hat, kommt damit nicht in Betracht. Dies gilt
erst recht für die beantragte erneute Befragung von Dr. B. zu den Fragenkatalogen der Klägerin, mit denen Dr. B. sich bereits
in früheren Stellungnahmen auseinandergesetzt hat.
Abschließend möchte der Senat anmerken, dass aus seiner Sicht jedenfalls mit dem letzten Schriftsatz vom 29. Dezember 2012
und der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung auf erneute Befragung der Sachverständigen Dr. M. und Dr. B. die Grenze
zum Rechtsmissbrauch angesichts der bereits mehrfach vorliegenden Stellungnahmen dieser Sachverständigen zu den wiederholten
Fragen der Klägerin überschritten worden ist. Zu einer erneuten Anhörung der Sachverständigen gibt es keinen nachvollziehbaren
Anlass mehr. Die Sachverständigen haben sich umfassend mit den zahlreichen Fragen der Klägerin befasst und diese - jedenfalls
für den Senat - nachvollziehbar beantwortet. Dr.M. hat eine Stellungnahme unter ausdrücklicher Würdigung auch der Gesundheitsstörungen
der Klägerin auf den anderen Fachgebieten abgegeben. Der Senat hält es nicht für erforderlich, sie immer wieder zu befragen,
ob sie diese oder jene Einzelheit aus einem der Vorgutachten oder einem der Befundberichte der behandelnden Ärzte auch berücksichtigt
hat, zumal seitens der Klägerin weder Anhaltspunkte dafür aufgezeigt wurden, dass die betreffende Einzelheit unberücksichtigt
geblieben ist, noch dargetan wurde, welche Auswirkungen ihre Berücksichtigung zumindest nach Auffassung der Klägerin auf die
medizinische Leistungsbeurteilung hätte. Für den Senat steht schließlich ebenfalls außer Zweifel, dass Dr. M. bei ihrer Leistungseinschätzung
in Rechnung gestellt hat, dass die Klägerin derzeit in keinem Arbeitsverhältnis steht. In dem fortgesetzten, im Wesentlichen
nur wiederholenden Stellen weiterer Fragen sieht der Senat ein rechtsmissbräuchliches Verhalten. Nach der Rechtsprechung des
BSG bedarf es in einem solchen Fall keiner weiteren Befragung der Sachverständigen. Dem steht auch die zitierte Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2012 (Az.1 BvR 2728/10) nicht entgegen. Im Gegensatz zu dem dort entschiedenen Fall hat der Senat die Sachverständigen erneut angehört und dies
sogar mehrfach. Das BSG hat in seiner zurückverweisenden Entscheidung klargestellt, dass die Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung,
aber auch schriftlich erfolgen kann. Durch die wiederholte schriftliche und teilweise auch mündliche Anhörung der Sachverständigen
Dr. B. und Dr. M. wurde dem Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Sicht des Senats hinreichend Rechnung getragen.
Für die Einholung eines weiteren Gutachtens besteht ebenfalls kein Anlass. Die Klägerin wurde umfassend (insgesamt fünfmal
in den gerichtlichen Verfahren und dreimal im Verwaltungsverfahren) und auf allen in Betracht kommenden Fachgebieten begutachtet.
Sämtliche Sachverständigen sind zu einem medizinischen Ergebnis gekommen, das die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung
nicht zulässt. Hinzu kommt, dass nur noch ein Rentenanspruch für die Vergangenheit bis Oktober 2011 strittig ist und die versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen bei letztmaliger Beitragsentrichtung im Juni 2006 und nicht geschlossener Versicherungsbiographie seit 1.
Januar 1984 nur bei einem Eintritt des Leistungsfalls spätestens im Juli 2008 gegeben sind. Zu einer weiteren Beweiserhebung
durch Einholung eines weiteren Gutachtens fühlt sich der Senat angesichts dieser Gesamtumstände nicht gedrängt. Ein medizinisches
Fachgebiet "interdisziplinäre Schmerztherapie" existiert darüber hinaus ohnehin nicht. Der Antrag auf Einholung eines weiteren
medizinischen Gutachtens wird daher abgelehnt. Auch die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens kommt nicht in Betracht.
Der entsprechende Antrag der Klägerin wird ebenfalls abgelehnt. Die Sachverständigen haben ihre Bewertung, ob die Klägerin
noch die Verweisungstätigkeiten als Telefonistin oder Reiseverkehrskauffrau ausüben kann, unter Zuhilfenahme von berufskundlichem
Material (Auszüge aus dem berufenet der Bundesagentur für Arbeit) gemacht. Dies ist ausreichend.
Die Berufung war damit vollumfänglich zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§
193 SGG) berücksichtigt den Umstand, dass die Klägerin im Revisionsverfahren erfolgreich, im Übrigen aber erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), liegen nicht vor.