Gründe:
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Sachverständigen Dr. L. besteht.
Der 1954 geborene Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden Bf) begehrt im Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (Az.:
S 24 U 122/10) die Gewährung einer Rente aufgrund eines am 15.02.2008 erlittenen Arbeitsunfalls. Die Beklagte hatte dies mit Bescheid vom
23.09.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2010 abgelehnt.
Mit Beweisanordnung vom 15.04.2010 hat das Sozialgericht den Chirurgen, Unfallchirurgen Dr. R. L. mit der Erstellung eines
Gutachtens beauftragt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 03.07.2010 zum Ergebnis gelangt, dass es durch den Unfall zu einer
Prellung und Kontusion des linken Kniegelenkes mit präpatellarer Schürfung und Schleimbeuteleinblutung sowie zu seiner wohl
eher nur leichtgradigen Prellung der linken Handwurzel- und Handgelenksregion gekommen sei. Eine unfallbedingte Minderung
der Erwerbsfähigkeit (MdE) habe bei dem Bf aufgrund des Unfalls zu keiner Zeit bestanden.
Das Gutachten wurde den Beteiligten mit Schreiben vom 13.07.2010 übersandt. Mit Schreiben vom 09.08.2010, persönlich abgegeben
am gleichen Tag, nahm der Bf zu dem Gutachten Stellung. Er beantragte eine erneute gutachterliche Überprüfung bzw. ergänzende
Stellungnahme des Gutachters zu den von ihm aufgeworfenen Fragen. Hierzu hat das Sozialgericht eine ergänzende Stellungnahme
des Dr. L. vom 14.08.2010 nach Aktenlage eingeholt, der an seinem Gutachtensergebnis festgehalten hat. Die Stellungnahme wurde
dem Bf mit Schreiben vom 18.08.2010 übersandt. Hierzu hat er mit Schreiben vom 06.10.2010, eingegangen am 07.10.2010 Stellung
genommen. Auch die ergänzende Stellungnahme sei nicht überzeugend und lückenhaft. Es werde daher beantragt, wegen des Verdachts
der Befangenheit einen anderen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zu der Beweisfrage zu betrauen. Dr. L.
habe sich bei seiner Beurteilung auf die "nicht manipulierbaren Befunde der bildgebenden Untersuchungen" gestützt. Jedoch
seien gerade die am Unfalltag angefertigten Röntgenaufnahmen nicht auffindbar, ebenso die privaten CD-Aufnahmen des Bf in
der Uniklinik W. nach drei Tagen Aufenthalt. Diese Reihe der Verluste sei als Manipulation von wichtigen Dokumenten zu werten.
Dies hätte vom Sachverständigen im Auftrag der Wahrheitsfindung berücksichtigt werden müssen und stelle insofern die Richtigkeit
der bisherigen Untersuchungen in Frage. In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 11.10.2010 hat der Sachverständige
die Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen.
Das Sozialgericht hat den Ablehnungsantrag mit Beschluss vom 21.10.2010 zurückgewiesen. Die Befangenheitsgründe, die sich
auf das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme beziehen, seien als verspätet zurückzuweisen. Das Gutachten sei dem Bf
am 13.07.2010 und die ergänzende Stellungnahme am 18.08.2010 zugeleitet worden. Der Befangenheitsantrag vom 06.10.2010 sei
deutlich verspätet gestellt.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde hat der Bf vorgebracht, dass der Befangenheitsantrag nicht verspätet gestellt
worden sei. Es sei ein richterlicher Hinweis angezeigt gewesen. Bereits aus den vorhergehenden Schreiben sei der Vorwurf der
Befangenheit zwar nicht wortwörtlich, allerdings sinngemäß herauszulesen gewesen. Deshalb hätte es einen entsprechenden Hinweis
geben müssen. Der Bf sei nicht anwaltlich vertreten. Des weiteren habe er sich in der Zeit vom 14.08. bis 22.08. sowie 11.09.
bis 26.09.2010 im Ausland befunden. Aus der weiteren ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen ergebe sich ebenfalls
ein Grund, den Vorwurf der Befangenheit aufrecht zu erhalten. Es seien die Dokumente verwertet worden, welche nicht der Wahrheit
entsprächen und die Tatsachen dadurch verändert worden.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Nach §
118 Abs.
1 SGG sind im sozialgerichtlichen Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen die Vorschriften der
ZPO anzuwenden. Nach §§
406 Abs.
2 Satz 1,
411 Abs.
1 ZPO ist der Ablehnungsantrag bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, zwei Wochen nach Verkündung
oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung zu stellen und zu einem späteren Zeitpunkt nach §
406 Abs.
2 Satz 2
ZPO nur dann, wenn der Antragsteller Gründe nennen kann, dass er die Befangenheit ohne sein Verschulden erst zu einem späteren
Zeitpunkt geltend machen konnte. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Ablehnungsgrund erst aus dem schriftlich abgefassten
Gutachten ersichtlich wird. In diesem Fall läuft die Frist für den Ablehnungsantrag mit dem Ablauf der Frist, die das Gericht
dem Beteiligten zur Stellungnahme zum Gutachten eingeräumt hat, ab. Die vom Bf zur Begründung seines Ablehnungsantrages geführten
Einwendungen beziehen sich auf den Inhalt des Gutachtens des Dr. L ... Frühester Zeitpunkt zur Geltendmachung eines Befangenheitsgesuchs
ist damit die Bekanntgabe des Gutachtens. Dies ist nach dem Akteninhalt der 13.07.2010 und bezüglich der ergänzenden Stellungnahme
der 18.08.2010. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 15.03.2005 - VI ZB 74/04) endet die Frist zur Anbringung des Ablehnungsgesuchs gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme
zu dem Gutachten. Das SG übersandte das Gutachten ohne zur Stellungnahme hierauf ausdrücklich eine Frist zu setzen. Trotzdem hat der Bf innerhalb
weniger Wochen hierzu ausführlich Stellung genommen. Die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen wurde ihm unverzüglich
übersandt. Hierauf nahm der Bf nicht unverzüglich, das heißt ohne verschuldete Verspätung, Stellung, insbesondere stellte
er seinen Befangenheitsantrag verspätet. §
406 Abs.
2 ZPO ergibt insoweit einen Anhaltspunkt, als der Ablehnungsantrag bei Gericht spätestens binnen zwei Wochen nach Verkündung oder
Zustellung des Beschlusses über die Ernennung des Sachverständigen zu stellen ist. Später ist ein Ablehnungsantrag nur zulässig,
wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu
machen (vgl. §
67 Abs.
1 SGG). Zweck der Regelung ist die Beschleunigung des Verfahrens. Sie gilt auch für das
SGG. Die Beteiligten können ausreichend prüfen und überlegen. Dann ist der Befangenheitsantrag ohne schuldhafte Verzögerung zu
stellen. Längstens ist eine Frist von einem Monat anzunehmen (vgl. Jens Meyer-Ladewig, Kommentar zum
SGG, §
118 Rn. 12 b m.w.N.).
Der Bf hat den Befangenheitsantrag insoweit nicht unverzüglich gestellt, weil dieser erst mehr als einen Monat nach Zugang
der ergänzenden Stellungnahme eingegangen ist. Daran ändert weder die Abwesenheit des Bf in den Zeiten vom 14.08. bis 22.08.2010
und 11.09. bis 26.09.2010 etwas, weil der Bf auch in diesen nicht gehindert war, seine Rechtsangelegenheiten wahrzunehmen,
noch die auf dem gerichtlichen Schreiben offenbar fehlende Aufforderung zur Stellungnahme, weil es selbstverständlich jederzeit
dem Bf selbst obliegt, zu prüfen, ob die vom Gericht übersandten Unterlagen seiner Ansicht nach einer Stellungnahme bedürfen.
Dies gilt auch, wenn der Bf nicht rechtskundig vertreten ist, denn ob er sich selbst vertritt oder sich eines Rechtsbeistandes
bedient, ist seine freie Entscheidung. Die Verletzung einer Hinweispflicht nach §
106 Abs.
1 SGG vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen Dr. L. ist damit verspätet und als
unzulässig zurückzuweisen.
Letztlich kann der Senat diese Frage sowie die Frage, ob ein Wiedereinsetzungsgrund z.B. wegen urlaubsbedingter Abwesenheit
vorliegt, dahingestellt lassen, da die Ablehnung des Sachverständigen Dr. L. auch nicht begründet ist. Der Bf ist mit dem
Ausgang des Gutachtens des Dr. L. nicht einverstanden und wendet sich gegen die von diesem verwendeten Unterlagen. Eventuelle
Unzulänglichkeiten des Gutachtens treffen jedoch beide Parteien. Diese können lediglich dazu führen, die Rechte des Prozessrechts
in Anspruch zu nehmen, insbesondere ein neues Gutachten einzuholen (vgl. §
412 ZPO). Derartige Mängel eines Gutachtens können dieses allenfalls entwerten. Die inhaltliche Bewertung des Gutachtens obliegt
dem entscheidenden Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§
128 Abs.
1 Satz 1
SGG). Im Übrigen hat der Bf die Möglichkeit, ein Gutachten bei einem Arzt seines Vertrauens gemäß §
109 SGG einholen zu lassen.
Das Sozialgericht hat damit zutreffend den Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. L. zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.